Am Puls 3/2012 (pdf 1,5 mb - AK - Niederösterreich - Arbeiterkammer
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Kritik an Arbeitsbedingungen<br />
in Landespflegeheimen<br />
Ich teile Ihnen mit, dass die Arbeitsbedingungen<br />
der Landesbediensteten<br />
in den Pflegeheimen<br />
immer unmenschlicher und<br />
sklavenähnlicher werden.<br />
Es wird außer Acht gelassen,<br />
dass es sich beim Pflegepersonal<br />
um menschliche Wesen handelt,<br />
die physisch und psychisch<br />
12 Stunden und darüber hinaus<br />
aufs Höchste gefordert werden.<br />
Durch die immer länger werdenden<br />
Dienstübergaben nach<br />
offiziellem Dienstschluss, dehnt<br />
sich die Arbeitszeit von 12 auf<br />
12,5 Std. aus, wobei die letzte<br />
halbe Stunde nicht bezahlt wird.<br />
Mittags findet seit Kurzem ebenfalls<br />
eine halbstündliche Dienstbesprechung<br />
statt, die offenbar<br />
unsere offizielle Mittagszeit darstellen<br />
soll.<br />
Pausen stehen dem Pflegepersonal<br />
nicht zu, da dies angeblich<br />
vom Land nicht vorgesehen<br />
ist, da 12 Stunden pro Dienst<br />
bezahlt werden. Das heißt, wir<br />
„hackeln“ wie die Irren über 12<br />
Stunden ohne Pause durch. Es<br />
gibt auch keinen Speiseraum für<br />
das Personal, oder sonst einen<br />
Raum, in welchem man sich für<br />
kurze Zeit ungestört zurückziehen<br />
könnte.<br />
Auffallend ist in letzter Zeit,<br />
dass das Pflegepersonal immer<br />
mehr unter enormen Druck<br />
und den daraus resultierenden<br />
Rücken- und Fuß- bzw. Knieschmerzen<br />
leidet. Einige der<br />
Pflegepersonen sind bereits<br />
über 50 Jahre alt und sind daher<br />
den altersbedingten Schmerzen<br />
des Bewegungsapparates besonders<br />
ausgesetzt, überhaupt<br />
unter diesen unmenschlichen<br />
Arbeitsbedingungen. Auch jüngere<br />
Kolleginnen klagen immer<br />
öfter unter dem unmenschlichen<br />
Druck und den daraus resultierenden<br />
Rückenschmerzen.<br />
Nicht außer Acht gelassen<br />
werden dürfen die ebenfalls<br />
zunehmenden psychischen Erkrankungen,<br />
die sich in zunehmendem<br />
Maße in letzter Zeit<br />
häufen. Ebenfalls auffallend ist,<br />
dass viele von uns vermehrt unter<br />
erhöhter Herzfrequenz und<br />
Hypertonie leidet.<br />
Auffallend ist außerdem, dass<br />
die Angehörigen der Hei<strong>mb</strong>ewohner,<br />
welchen ein enormes<br />
6 AM PULS<br />
Mitspracherecht im pflegerischen<br />
Alltag der Hei<strong>mb</strong>ewohner<br />
eingeräumt wird, immer mehr<br />
auf das Pflegepersonal losgehen<br />
und sich nicht nur bei der<br />
Stationsleitung und der Pflegedienstleitung,<br />
sondern auch<br />
direkt beim Dienstgeber, dem<br />
Land NÖ, beschweren. Es handelt<br />
sich hierbei meist um selbst<br />
mit dem Leid ihrer Angehörigen<br />
völlig überlastete Personen, die<br />
ihren Alltagsfrust auf das Pflegepersonal<br />
abladen.<br />
Die Folge dieser ungerechten<br />
„Behandlung“ ist, dass wir<br />
Pflegepersonen ein absolutes<br />
Verbot bekamen, wonach wir<br />
uns gemeinsam auf die Terrasse<br />
zum Einnehmen eines Kaffees<br />
einfinden und austauschen dürfen,<br />
da Angehörige der Hei<strong>mb</strong>ewohner<br />
befinden, dass das<br />
Pflegepersonal zu viele Pausen<br />
macht. Da aber viele Angehörige<br />
zwischen 12 und 13 Uhr ihre Besuche<br />
abhalten, sehen sie das<br />
Pflegepersonal für eine viertel<br />
Stunde beisammen sitzen, und<br />
das darf nach ihren Empfindungen<br />
nicht sein.<br />
Wenn dies in der Pflege so<br />
weitergeht, ist ein „Massen-<br />
Burn-out“ vorprogrammiert und<br />
das Verschleißmaterial „Pflegepersonal“<br />
wird noch öfter getauscht<br />
werden müssen, als dies<br />
ohnehin bereits passiert. Ob<br />
dies für das Wohl der Hei<strong>mb</strong>ewohner<br />
zuträglich sein wird, sich<br />
ständig an „Neue“ gewöhnen zu<br />
müssen?<br />
Ich weiß von einigen Pflegepersonen,<br />
die ihren Alltag nur mit<br />
Psychopharmaka „überstehen“.<br />
D. h., wenn diese Personen<br />
überhaupt bis zum Pensionsantritt<br />
ihren Dienst durchstehen,<br />
werden sie nach ihrem Pensionsantritt<br />
ebenfalls irgendwann<br />
auf der Psychiatrie oder in einer<br />
Pflegeheimeinrichtung landen,<br />
da diese Personen starke psychische<br />
Veränderungen aufweisen<br />
und dies stimmt bedenklich.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Namen der Redaktion bekannt<br />
Ist es wirklich so arg? Oder übertreibt<br />
die Leserin? Was meinen<br />
Sie? Die Redaktion.<br />
Dazu erhielten wir folgende<br />
Stellungnahme von der NÖ.<br />
Landesregierung:<br />
Für das Land als Rechtsträger<br />
von 49 Landespflegeheimen<br />
Schreiben Sie an: peter.sonnberger@aknoe.at<br />
oder AM PULS, <strong>AK</strong>NÖ, 1060 Wien, Windmühlgasse 28<br />
mit ca. 5800 BewohnerInnen<br />
und 4500 MitarbeiterInnen gibt<br />
es natürlich klare personelle<br />
Vorgaben und damit auch Pflege-<br />
und Betreuungsstandards,<br />
die wir gemeinsam mit unseren<br />
MitarbeiterInnen und dem Zentralbetriebsrat<br />
als unserem Sozialpartner<br />
erarbeitet haben. Dass<br />
bei diesen Standards immer der<br />
Mensch im Mittelpunkt steht,<br />
seien es unsere BewohnerInnen<br />
oder MitarbeiterInnen darf beim<br />
Land als Arbeitgeber wohl als<br />
bekannt vorausgesetzt werden.<br />
Dass wir die Belastungen der<br />
Pflegepersonen dessen ungeachtet<br />
erkennen und ständig an<br />
einer Verbesserung arbeiten,<br />
kann anhand von drei neuen<br />
und konkreten Initiativen des<br />
Landes veranschaulicht werden:<br />
1. Weil der anonyme Schreiber<br />
den 12-Stundendienst als<br />
enorme Belastung sieht, sind<br />
wir gerade dabei, in sehr vielen<br />
Heimen auf kürzere 8 Stundendienste<br />
oder geteilte Dienste umzustellen.<br />
Gerade dabei machen<br />
wir die oft für uns nicht nachvollziehbare<br />
Erfahrung, dass diese<br />
Dienste im Umstellungsprozess<br />
vielfach beharrlich aus Sicht der<br />
betroffenen KollegInnen vertei-<br />
digt werden, weil sie dabei eine<br />
bessere Vereinbarkeit von Beruf<br />
und Familie sehen. (…)<br />
2. Dass das beschriebene<br />
Stimmungsbild mit den Wahrnehmungen<br />
des Schreibers<br />
nicht übereinstimmt, belegt<br />
folgendes: Als Teil unserer betrieblichen<br />
Steuerung ist vor<br />
allem die Zufriedenheit der Beschäftigten<br />
als wichtigste Erfolgskennzahl<br />
definiert. Deshalb<br />
finden seit April dieses Jahres<br />
regelmäßige anonyme Umfragen<br />
unter allen MitarbeiterInnen<br />
statt. Verbesserungspotenziale<br />
sollen dabei aufgezeigt und die<br />
Arbeitsbedingungen laufend<br />
optimiert werden. Die aktuelle<br />
Juni-Umfrage unter allen MitarbeiterInnen<br />
in den NÖ Landespflegeheimen<br />
erzielte eine<br />
exzellent hohe Beteiligung von<br />
66,2 Prozent und einen guten<br />
Mittelwert von „1,89“, nach dem<br />
Schulnotensystem. Abgefragt<br />
wurde Betriebsklima, Teamwork,<br />
die Zusammenarbeit mit den<br />
Vorgesetzten, Arbeitsbedingungen<br />
und der subjektive gefühlte<br />
Gesundheitszustand. Der Mittelwert<br />
auf die Frage nach der<br />
persönlichen Gesundheit lag übrigens<br />
bei „1,97“.<br />
3. Für die Gesundheit der<br />
MitarbeiterInnen ist heuer ein<br />
wesentlicher Schwerpunkt für<br />
betriebliche Gesundheitsvorsorge<br />
in den Landesheimen<br />
bereits gesetzt worden bzw im<br />
Laufen, auch weil wir im Gegensatz<br />
zu manchem Mitbewerber<br />
überdurchschnittlich viele ältere<br />
ArbeitnehmerInnen mit sehr langen<br />
Beschäftigungszeiten beschäftigen.<br />
(…)<br />
NÖ Landesregierung, im Auftrag<br />
Dr. Huber, Gruppenleiter<br />
Anm.: Die komplette Fassung<br />
hat die Redaktion an die Leserin<br />
weitergeleitet.<br />
Betrifft: AM PULS-Echo<br />
Warte auf das nächste Heft<br />
AM PULS lese ich jedes Mal von<br />
A bis Z und halte es wirklich für<br />
eine gut gemachte Zeitschrift für<br />
die Gesundheitsberufe. Auch<br />
meine Schwester, die in einem<br />
Krankenhaus arbeitet, findet das<br />
Heft sehr gut. Ich warte schon<br />
auf die nächste Ausgabe mit<br />
weiteren Informationen für mein<br />
Berufsleben.<br />
Gertrude Obenaus,<br />
Arztangestellte, Horn