Fezer, Klausurenkurs im Handelsrecht, 5. Auflage, 2009, Fall

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Fall 13 Rechtsfolgen der negativen Publizitätswirkung des Handelsregisters – ,,Rosinentheorie“ – Kaufmannseigenschaft eines Kommanditisten – Grundsatz der Firmenbeständigkeit – Einwilligung in die Firmenfortführung bei Ausscheiden des Erben des Firmengründers Ausgangsfälle BGH, Urt. v. 1. 12. 1975 (II ZR 62/75) = BGHZ 65, 309 = NJW 1976, 569 = BB 1976, 154 = DB 1976, 331 = JZ 1976, 213 = MDR 1976, 295 = WM 1976, 130. BGH, Urt. v. 2. 6. 1966 (VII ZR 292/64) = BGHZ 45, 282 = NJW 1966, 1960. BGH, Urt. v. 9. 7. 1984 (II ZR 231/83) = BGHZ 92, 79 = NJW 1985, 59 = BB 1984, 1962 = DB 1984, 2459 = WM 1984, 1425 = ZIP 1984, 1343 = JZ 1986, 150 m. Anm. Schlüter. Friederike A ist die Nichte von Franz A. Dieser war Inhaber eines 1898 als ,,A'sche Buch- und Kunsthandlung“ gegründeten Unternehmens, das er seit 1928 unter der Firma ,,Universitäts- Buchhandlung Franz A“ betrieb. Friederike A führte ab 1963 das Unternehmen als Erbin des Franz A unter der bisherigen Firma als KG fort, nachdem sie den B als weiteren persönlich haftenden Gesellschafter und den C als Kommanditisten aufgenommen hatte. Nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Inhalt des Handelsregisters waren die beiden persönlich haftenden Gesellschafter Friederike A und B nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 schied Friederike A wegen persönlicher Schwierigkeiten mit B aus der Gesellschaft aus; dies wurde jedoch erst im November 2008 in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht. Im Januar 2008 bestellte B im Namen der KG Waren bei der D-GmbH. Die damalige finanzielle Situation der KG war angespannt; daher verbürgte sich der vermögende Kommanditist C telefonisch gegenüber dem Geschäftsführer der D-GmbH für die Zahlung der Verbindlichkeiten aus den Warenlieferungen. Da die KG zum Fälligkeitstermin nicht zahlte, möchte die D-GmbH wissen, ob sie Friederike A oder den Kommanditisten C in Anspruch nehmen kann. Die D-GmbH macht geltend, Friederike A hafte ihr, weil deren Ausscheiden aus der Gesellschaft bei Bestellung und Lieferung der Waren aus dem Kaufvertrag noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Friederike A wendet ein, die D-GmbH müsse sich, wenn sie sich auf das Handelsregister berufe, auch entgegenhalten lassen, dass sie – Friederike A –, wäre sie noch persönlich haftende Gesellschafterin gewesen, als Gesamtvertreterin bei Abschluss der Kaufverträge hätte mitwirken müssen und dass, da dies nicht geschehen sei, die Verträge unwirksam wären. Außerdem möchte Friederike A wissen, ob sie nicht verlangen könne, dass der KG verboten werde, weiterhin unter der Firma ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ zu firmieren. Denn sie möchte ,,ihren“ Namen ,,A“ für den Aufbau eines eigenen Unternehmens verwenden und nicht mit der ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ geschäftlich in Verbindung gebracht werden. Am Geschäftslokal der KG hängt ein Schild ,,Universitäts- Buchhandlung Franz A KG“; außerdem werden Prospekte vertrieben, in denen werbend auf die ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ hingewiesen wird. Fragen: 1. Kann die D-GmbH Friederike A und den C in Anspruch nehmen? 2. Hat Friederike A gegen die KG einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des

<strong>Fall</strong> 13<br />

Rechtsfolgen der negativen Publizitätswirkung des Handelsregisters – ,,Rosinentheorie“ –<br />

Kaufmannseigenschaft eines Kommanditisten – Grundsatz der Firmenbeständigkeit –<br />

Einwilligung in die Firmenfortführung bei Ausscheiden des Erben des Firmengründers<br />

Ausgangsfälle<br />

BGH, Urt. v. 1. 12. 1975 (II ZR 62/75) = BGHZ 65, 309 = NJW 1976, 569 = BB 1976, 154 = DB 1976, 331 = JZ 1976, 213 =<br />

MDR 1976, 295 = WM 1976, 130.<br />

BGH, Urt. v. 2. 6. 1966 (VII ZR 292/64) = BGHZ 45, 282 = NJW 1966, 1960.<br />

BGH, Urt. v. 9. 7. 1984 (II ZR 231/83) = BGHZ 92, 79 = NJW 1985, 59 = BB 1984, 1962 = DB 1984, 2459 = WM 1984,<br />

1425 = ZIP 1984, 1343 = JZ 1986, 150 m. Anm. Schlüter.<br />

Friederike A ist die Nichte von Franz A. Dieser war Inhaber eines 1898 als ,,A'sche Buch- und<br />

Kunsthandlung“ gegründeten Unternehmens, das er seit 1928 unter der Firma ,,Universitäts-<br />

Buchhandlung Franz A“ betrieb. Friederike A führte ab 1963 das Unternehmen als Erbin des Franz<br />

A unter der bisherigen Firma als KG fort, nachdem sie den B als weiteren persönlich haftenden<br />

Gesellschafter und den C als Kommanditisten aufgenommen hatte. Nach dem Gesellschaftsvertrag<br />

und dem Inhalt des Handelsregisters waren die beiden persönlich haftenden Gesellschafter<br />

Friederike A und B nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Mit Wirkung<br />

vom 1. Oktober 2007 schied Friederike A wegen persönlicher Schwierigkeiten mit B aus der<br />

Gesellschaft aus; dies wurde jedoch erst <strong>im</strong> November 2008 in das Handelsregister eingetragen und<br />

bekannt gemacht. Im Januar 2008 bestellte B <strong>im</strong> Namen der KG Waren bei der D-GmbH. Die<br />

damalige finanzielle Situation der KG war angespannt; daher verbürgte sich der vermögende<br />

Kommanditist C telefonisch gegenüber dem Geschäftsführer der D-GmbH für die Zahlung der<br />

Verbindlichkeiten aus den Warenlieferungen. Da die KG zum Fälligkeitstermin nicht zahlte, möchte<br />

die D-GmbH wissen, ob sie Friederike A oder den Kommanditisten C in Anspruch nehmen kann.<br />

Die D-GmbH macht geltend, Friederike A hafte ihr, weil deren Ausscheiden aus der Gesellschaft bei<br />

Bestellung und Lieferung der Waren aus dem Kaufvertrag noch nicht <strong>im</strong> Handelsregister<br />

eingetragen gewesen sei. Friederike A wendet ein, die D-GmbH müsse sich, wenn sie sich auf das<br />

Handelsregister berufe, auch entgegenhalten lassen, dass sie – Friederike A –, wäre sie noch<br />

persönlich haftende Gesellschafterin gewesen, als Gesamtvertreterin bei Abschluss der Kaufverträge<br />

hätte mitwirken müssen und dass, da dies nicht geschehen sei, die Verträge unwirksam wären.<br />

Außerdem möchte Friederike A wissen, ob sie nicht verlangen könne, dass der KG verboten werde,<br />

weiterhin unter der Firma ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ zu firmieren. Denn sie möchte<br />

,,ihren“ Namen ,,A“ für den Aufbau eines eigenen Unternehmens verwenden und nicht mit der<br />

,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ geschäftlich in Verbindung gebracht werden. Am<br />

Geschäftslokal der KG hängt ein Schild ,,Universitäts- Buchhandlung Franz A KG“; außerdem<br />

werden Prospekte vertrieben, in denen werbend auf die ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“<br />

hingewiesen wird.<br />

Fragen:<br />

1. Kann die D-GmbH Friederike A und den C in Anspruch nehmen?<br />

2. Hat Friederike A gegen die KG einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des


Namens ,,Franz A“ in der von ihr geführten Firma?


Gliederung<br />

Frage 1:<br />

Ansprüche der D-GmbH<br />

I. Anspruch der D-GmbH gegen Friederike A auf Kaufpreiszahlung nach §§ 433 Abs. 2<br />

BGB iVm. 161 Abs. 2, 128 S. 1 HGB<br />

1. Nach außen wirksame KG besteht<br />

2. Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

3. Gesellschafterin der KG nach §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 S. 1 HGB<br />

a) Ausscheiden der Friederike A bereits am 1. Oktober 2007<br />

b) Wirkung des § 15 Abs. 1 HGB<br />

4. Problematik des teilweisen Berufens auf den Registerinhalt<br />

a) Prinzip der Meistbegünstigung des Dritten<br />

b) Handelsregisterinhalt als Einheit<br />

c) Auseinandersetzung mit den vertretenen Auffassungen<br />

II. Anspruch der D-GmbH gegen C aus der Bürgschaft nach §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 S.<br />

1, 433 Abs. 2 BGB<br />

1. Bestehen einer Hauptschuld<br />

2. Wirksame Bürgschaftserklärung<br />

a) Kaufmannseigenschaft des persönlich haftenden Gesellschafters<br />

b) Keine Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten<br />

c) Kritik der Literatur<br />

d) Auseinandersetzung mit den vertretenen Auffassungen<br />

e) Lehre vom Unternehmensrecht – ein anderer Ansatz<br />

Frage 2:<br />

Anspruch der Friederike A gegen die KG auf Unterlassung des Firmenbestandteils ,,Franz A“<br />

nach § 37 Abs. 2 S. 1 HGB<br />

I. Grundsatz der Firmenwahrheit<br />

II. Grundsatz der Firmenbeständigkeit<br />

III. Einwilligungserfordernis des § 24 Abs. 2 HGB bei Ausscheiden des namensgebenden<br />

Gesellschafters<br />

1. Grundsätzlich nur der eigene Name erfasst<br />

2. Ausnahmefall der neu gegründeten Gesellschaft<br />

3. Ablehnung der BGH-Auffassung aufgrund der geänderten Rechtslage<br />

IV. Kein unbefugter Firmengebrauch<br />

Ergänzende Hinweise


Das Prinzip der positiven Publizität nach § 15 Abs. 3 HGB<br />

(a) Dogmatische Einordnung<br />

(b) Unrichtigkeit iSd. § 15 Abs. 3 HGB<br />

(c) Veranlassungsprinzip<br />

(d) Keine Wirkung zu Ungunsten Minderjähriger<br />

(e) Keine Geltung <strong>im</strong> Unrechtsverkehr


Lösung Frage 1<br />

Ansprüche der D-GmbH<br />

I. Anspruch der D-GmbH gegen Friederike A auf Kaufpreiszahlung nach<br />

§§ 433 Abs. 2 BGB iVm. 161 Abs. 2, 128 S. 1 HGB<br />

Die D-GmbH könnte gegen Friederike A einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach §§ 433 Abs. 2<br />

BGB iVm. 161 Abs. 2, 128 S. 1 HGB haben.<br />

1. Nach außen wirksame KG besteht<br />

Eine nach außen wirksame KG ist vorhanden nach §§ 161 Abs. 2, 123 Abs. 1 HGB.<br />

2. Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

Weitere Voraussetzung für eine Haftung der Friederike A nach §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 HGB<br />

ist, dass eine Gesellschaftsverbindlichkeit entstanden ist (Grundsatz der akzessorischen Haftung<br />

der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft). Dies könnte eine Kaufpreisschuld der KG<br />

gegenüber der D-GmbH sein.<br />

Die D-GmbH, nach § 35 Abs. 1 GmbHG vertreten durch ihren Geschäftsführer, und die KG,<br />

vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter B nach §§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1, 126 Abs.<br />

1 HGB, könnten einen Kaufvertrag geschlossen haben. Dieser Vertrag konnte aber nur mit der KG<br />

zustande kommen, wenn B nach §§ 161 Abs. 2, 125 HGB, 164 Abs. 1 S. 1 BGB Vertretungsmacht<br />

hatte. Vor dem Ausscheiden der Friederike A war <strong>im</strong> Gesellschaftsvertrag echte Gesamtvertretung<br />

durch Friederike A und B nach §§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 2 HGB vereinbart, die auch in das<br />

Handelsregister eingetragen war (siehe § 107 HGB 1 ). Nach dem Ausscheiden der Friederike A<br />

könnte B als einziger Komplementär der KG alleinvertretungsberechtigt geworden sein (siehe § 125<br />

Abs. 1 HGB). Zwar führt bei zwei Gesamtvertretern der Fortfall des einen Gesellschafters nicht<br />

automatisch zur Alleinvertretungsmacht des anderen. 2 Denn grundsätzlich beabsichtigten die<br />

Gesellschafter eben keine Alleinvertretung durch einen Gesellschafter, wie sich aus der<br />

abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelung ergibt. Anders ist die Sachlage aber zu<br />

beurteilen, wenn nur ein Komplementär in der KG verbleibt. Einerseits ergibt sich aus der<br />

zwingenden Vorschrift des § 170 HGB, dass keine Gesamtvertretung mit dem Kommanditisten<br />

möglich ist, weil dieser nicht organschaftlicher Vertreter einer KG sein kann. Andererseits erfordert<br />

das bei allen Personenhandelsgesellschaften geltende Prinzip der Selbstorganschaft, wonach<br />

mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter organschaftliche Vertretungsmacht haben muss,<br />

dass der letzte verbleibende Komplementär vertretungsberechtigt bleiben muss. Der verbleibende<br />

Komplementär muss also Alleinvertretungsmacht erhalten, um die Handlungsfähigkeit der KG zu<br />

erhalten. 3 Folglich ist B mit dem Ausscheiden der Friederike A alleinvertretungsberechtigt<br />

1<br />

Durch das Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation vom 12. 12. 2001 (BGBl. I S. 3422) wurde § 124 Abs.<br />

4 HGB gestrichen und durch § 107 Alt. 4 BGB ersetzt.<br />

2<br />

E/B/J/S/Hillmann, § 125 HGB, Rn. 25; Großkomm/Habersack, § 125 HGB, Rn. 43; Hueck, Recht der OHG, S. 289.<br />

3<br />

BGHZ 41, 367, 369; Großkomm/Habersack, § 125 HGB, Rn. 43; MünchKomm/K. Schmidt, § 125 HGB, Rn. 52; Tiedke, DB 1979, 245; für<br />

die Rechtfertigung des Grundsatzes der Selbstorganschaft wird insbesondere darauf hingewiesen, dass einzelne Mitgliedschaftsrechte nicht


geworden. Das Erlöschen der Gesamtvertretung ist zwar eine eintragungspflichtige Tatsache nach<br />

§§ 161 Abs. 2, 107 HGB. Die Eintragung hat aber lediglich deklaratorische Bedeutung 4 , so dass die<br />

KG wirksam durch die Erklärung des B verpflichtet worden ist.<br />

3. Gesellschafterin der KG nach §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 S. 1 HGB<br />

Weitere Voraussetzung für die Haftung der Friederike A nach §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 S. 1<br />

HGB ist, dass sie zum Zeitpunkt der Bestellung der Waren <strong>im</strong> Januar 2008 noch Gesellschafterin<br />

der KG war.<br />

a) Ausscheiden der Friederike A bereits am 1. Oktober 2007<br />

Friederike A schied jedoch bereits am 1. Oktober 2007 aus. Das Ausscheiden des Gesellschafters<br />

einer KG ist eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nach §§ 161 Abs. 2, 143 Abs. 2<br />

HGB. Diese Eintragung in das Handelsregister hat jedoch nur deklaratorische Bedeutung, deshalb ist<br />

das Ausscheiden der Friederike A aus der KG materiellrechtlich wirksam.<br />

b) Wirkung des § 15 Abs. 1 HGB<br />

Friederike A könnte jedoch der D-GmbH ihr Ausscheiden aus der KG nicht entgegenhalten, wenn<br />

die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB erfüllt wären. Ihr Ausscheiden war bei Bestellung der<br />

Waren weder <strong>im</strong> Handelsregister eingetragen noch öffentlich bekannt gemacht. Es handelte sich<br />

hierbei, wie dargelegt, um eine einzutragende Tatsache nach §§ 161 Abs. 2, 143 Abs. 2 HGB. Die<br />

D-GmbH hatte von dieser Veränderung in der personellen Zusammensetzung der KG auch keine<br />

positive Kenntnis. Das Ausscheiden der Friederike A war in deren Angelegenheit einzutragen, so<br />

dass sie der D-GmbH nach § 15 Abs. 1 HGB ihr Ausscheiden nicht entgegenhalten kann. Friederike<br />

A würde demnach gegenüber der D-GmbH für die Kaufpreisschuld der KG persönlich und<br />

unbeschränkt nach §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 S. 1 HGB iVm. 15 Abs. 1 HGB haften.<br />

4. Problematik des teilweisen Berufens auf den Registerinhalt<br />

Dieses Ergebnis ist höchst umstritten, weil einerseits – soweit es die Alleinvertretungsmacht des B<br />

betrifft – auf die wahre Rechtslage abgestellt wird und andererseits – soweit es die<br />

Gesellschafterstellung der Friederike A betrifft – die Fiktion des § 15 Abs. 1 HGB eingreift. Würdigt<br />

man nämlich den Handelsregisterinhalt als einheitlichen und stellt also insgesamt auf die<br />

Handelsregistereintragungen ab, so scheidet eine Haftung der Friederike A aus, weil aufgrund der<br />

noch nicht gelöschten ursprünglichen Gesamtvertretungsregelung nach dem Handelsregisterinhalt B<br />

allein keine Vertretungsmacht für die KG besaß. Stellt man demgegenüber insgesamt auf die<br />

Rechtslage ohne Berücksichtigung des Rechtsscheins des Handelsregisters ab, so ist die KG zwar<br />

wirksam durch den nunmehr alleinvertretungsberechtigten B vertreten worden, materiellrechtlich<br />

war Friederike A zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr Gesellschafterin der KG. Auch wenn man<br />

insgesamt auf die wahre Rechtslage abstellt, ist somit eine Haftung der Friederike A nicht gegeben.<br />

von der Gesellschafterstellung abgespalten werden dürfen (§§ 717 BGB, 105 Abs. 3 HGB). Die Gesellschafter müssten auch vor der<br />

Einmischung Dritter in die Gesellschaftsangelegenheiten geschützt werden, da nur die Gesellschafter die Haftung für<br />

Gesellschaftsverbindlichkeiten treffe (siehe umfassend K. Schmidt, GesellschaftsR, § 14 II 2, S. 409 ff.; Hopt, GesellschaftsR, Rn. 441 f.).<br />

4 Zur deklaratorischen Wirkung von Handelsregistereintragungen siehe umfassend <strong>Fall</strong> 12.


Es ist fraglich, ob das durch § 15 Abs. 1 HGB begründete Wahlrecht, sich auch auf die wahre<br />

Rechtslage berufen zu können, dem Dritten auch ermöglicht, dass er sich teilweise auf die wahre<br />

Rechtslage (Alleinvertretungsmacht des B) und teilweise auf § 15 Abs. 1 HGB berufen kann<br />

(Fiktion des Nichtausscheidens der Friederike A).<br />

a) Prinzip der Meistbegünstigung des Dritten<br />

Der BGH 5 und ein Teil des Schrifttums 6 gestehen dem Dritten auch eine teilweise Ausübung des<br />

Wahlrechts zu (Prinzip der Meistbegünstigung des Dritten). Die Anwendung des § 15 Abs. 1 HGB<br />

ergibt sich nach Auffassung des BGH bereits aus schlichter Gesetzesanwendung, die nicht durch<br />

die Prüfung von Alternativsachverhalten rückgängig gemacht werden könne. 7 Die Vorschrift des §<br />

15 Abs. 1 HGB setze gerade nicht voraus, dass das Handelsregister tatsächlich eingesehen werde.<br />

Folglich könne auch nicht dahingehend argumentiert werden, bei Einsichtnahme in das<br />

Handelsregister wäre dem Dritten auch die ihm ungünstige Tatsache (vorliegend die<br />

Gesamtvertretungsregelung) bekannt geworden. Das Gesetz lasse nämlich gerade die Möglichkeit,<br />

sich anhand des Handelsregisters zu informieren, als Grundlage für den Vertrauensschutz nach § 15<br />

Abs. 1 HGB ausreichen, so dass es auf eine Einsichtnahme in das Handelsregister nicht ankommen<br />

könne. 8 Diese Auffassung stellt folglich den Charakter des § 15 Abs. 1 HGB als abstrakte<br />

Vertrauensschutznorm bzw. typisierten Rechtsscheintatbestand in den Vordergrund. 9<br />

b) Handelsregisterinhalt als Einheit<br />

Die Gegenauffassung 10 lehnt ein Wahlrecht, wonach sich der Dritte nach § 15 Abs. 1 HGB teilweise<br />

auf die fiktive Rechtslage, teilweise auf die wahre Rechtslage berufen könne, ab. Die<br />

,,Rosinentheorie“ des BGH, 11 nach der sich der Dritte gleichzeitig aus der durch das<br />

Handelsregister bezeugten und aus der wahren Rechtslage, die für ihn in ihrer Gesamtkombination<br />

günstigsten Tatbestandsstücke wie Rosinen herauspicken könne, übersehe, dass der<br />

Handelsregisterinhalt nur in seiner Gesamtheit gewürdigt werden könne. Folglich müsse sich<br />

derjenige, der sich hinsichtlich einer Tatsache auf den Handelsregisterinhalt berufe, entsprechend<br />

dem Gesamtinhalt des Handelsregisters behandeln lassen. Ein ,,gespaltenes Vertrauen“ hinsichtlich<br />

des Handelsregisterinhalts könne es nicht geben. Der Dritte kann sich nicht eine ihm günstige<br />

Rechtslage ,,zusammenstücken“. 12 Der entscheidende Gesichtspunkt gegen die Auffassung des<br />

BGH sei, dass der Dritte nach der Lösung des BGH besser stehe, als wenn die scheinbare Rechtslage<br />

der Wirklichkeit entspräche. Denn die Regelung des § 15 Abs. 1 HGB sei Ausdruck des allgemeinen<br />

5<br />

BGHZ 65, 309, 310 f.<br />

6<br />

MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 54; Röhricht/v. Westphalen/Ammon, § 15 HGB, Rn. 21; K. Schmidt, HandelsR, § 14 II 4c–d, S. 399 ff.;<br />

Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, § 15 HGB, Rn. 13; Kindler, GK Handels- und Gesellschaftsrecht, § 3, Rn. 33; <strong>im</strong> Ergebnis auch<br />

Großkomm/Hüffer, § 15 HGB, Rn. 27, der zwar der Kritik der Gegenmeinung die Berechtigung nicht abspricht, aber das Ergebnis des BGH<br />

mit der Begründung rechtfertigt, dass der Konflikt zwischen der akzessorischen Gesellschafterhaftung und der eine Haftungsbeschränkung<br />

bewirkenden vertraglichen Vertretungsregelung zugunsten der Haftung des Gesellschafters zu entscheiden sei.<br />

7<br />

So BGHZ 65, 309, 310 f.; zust<strong>im</strong>mend K. Schmidt, HandelsR, § 14 II 4c, S. 401.<br />

8<br />

BGHZ 65, 309, 311; siehe auch OLG Frankfurt OLGZ 1973, 20, 25; Baumbach/Hopt, § 15 HGB, Rn. 9; Gemeinschaftskomm/Ensthaler, §<br />

15 HGB, Rn. 14; Kreutz, Jura 1982, 626, 637.<br />

9<br />

Siehe dazu <strong>Fall</strong> 1<strong>5.</strong><br />

10<br />

Großkomm/Brüggemann, Anh. zu § 5 HGB, Rn. 42; Hübner, HandelsR, Rn. 153; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 26; Steinbeck, HandelsR, § 11,<br />

Rn. 16; John, ZHR 140 (1976), 236, 254; Brox/Henssler, HandelsR, Rn. 86; jeweils mit abweichender Begründung Tiedtke, DB 1979, 245,<br />

247; Schilken, AcP 187 (1987), 1, 10 f.; Reinicke, JZ 1985, 272, 276 f.<br />

11<br />

Einprägsames Schlagwort von John, ZHR 140 (1976), 236, 254.<br />

12 Großkomm/Brüggemann, Anhang zu § 5 HGB, Rn. 42.


Prinzips der Vertrauenshaftung und damit Teil der allgemeinen Rechtsscheinhaftung. 13 Allen Fällen<br />

der Rechtsscheinhaftung ist aber gemein, dass der auf den Rechtsschein (die Registerpublizität)<br />

Vertrauende nicht besser gestellt werden kann, als er nach seinem Vertrauen verdiente. Sein<br />

Vertrauen soll ihn mithin nicht über den Rechtsschein hinaus privilegieren. Entscheidend sei nicht,<br />

dass § 15 Abs. 1 HGB unabhängig davon eingreife, ob das Register eingesehen wurde oder nicht,<br />

sondern dass der Handelsregisterinhalt stets ein einheitlicher sei und dass er nur mit seinem<br />

jeweiligen Gesamtbestand geeignet sei, eine Publizitätswirkung zu erzeugen. 14<br />

c) Auseinandersetzung mit den vertretenen Auffassungen<br />

Diese Auslegung des § 15 Abs. 1 HGB findet aber <strong>im</strong> Wortlaut des Gesetzes keinen Rückhalt.<br />

Grundsätzlich ist die Norm nur so anzuwenden, dass sich der Dritte ihm ungünstige Tatsachen nicht<br />

entgegenhalten lassen muss. Er kann sich aber <strong>im</strong>mer auf die wahren Tatsachen berufen, wenn ihm<br />

dies günstig erscheint. Deshalb ist nicht der gesamte Registerinhalt für ihn bindend, sondern er ist in<br />

seinem Vertrauen auf das Schweigen des Handelsregisters bezüglich der für ihn günstigen Tatsachen<br />

geschützt. 15 Dies zeigt auch die durchgeführte systematische Lösung des <strong>Fall</strong>es. 16 Es ist also nicht<br />

erforderlich, die in § 15 Abs. 1 HGB gezogenen Grenzen der Schutzwirkung durch Auslegung zu<br />

verändern, wenn sie tatbestandsmäßig normiert sind 17 und <strong>im</strong> Gesamtzusammenhang eine st<strong>im</strong>mige<br />

Lösung ergeben. 18 Letztlich ist dies ein Problem der Verteilung des Insolvenzrisikos. Dabei ist der<br />

Rechtsverkehr nach handelsrechtlichen Grundsätzen mehr zu schützen als der ausgeschiedene<br />

Gesellschafter. Friederike A muss sich also nach §§ 15 Abs. 1, 161 Abs. 2, 128 S. 1, 143 Abs. 2<br />

HGB so behandeln lassen, als sei sie noch Gesellschafterin der KG.<br />

Ergebnis:<br />

Die D-GmbH hat gegen Friederike A einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach §§ 433 Abs. 2<br />

BGB, 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128, 143 Abs. 2, 15 Abs. 1 HGB.<br />

II. Anspruch der D-GmbH gegen C aus der Bürgschaft nach §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 S. 1,<br />

433 Abs. 2 BGB<br />

Die D-GmbH könnte gegen den Kommanditisten C einen Anspruch nach §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1<br />

S. 1, 433 Abs. 2 BGB haben.<br />

1. Bestehen einer Hauptschuld<br />

Das setzt zunächst wegen des Grundsatzes der Akzessorietät der Bürgschaft eine bestehende<br />

Hauptschuld voraus. 19 Dies könnte eine Kaufpreisschuld der KG nach § 433 Abs. 2 BGB aus<br />

Warenlieferungen sein. Die KG ist durch ihren alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter B<br />

wirksam verpflichtet worden (§§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1, 124 Abs. 1 HGB, 164 Abs. 1 S. 1 BGB).<br />

13<br />

Siehe Reinicke, JZ 1985, 272, 276.<br />

14<br />

Großkomm/Brüggemann, Anhang zu § 5 HGB, Rn. 42; John, ZHR 140 (1976), 236, 254.<br />

15<br />

Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, § 15 HGB, Rn. 13.<br />

16<br />

So auch K. Schmidt, HandelsR, § 14 II 4d, S. 401 f.<br />

17<br />

BGHZ 65, 309, 311.<br />

18<br />

Siehe K. Schmidt, HandelsR, § 14 II 4d, S. 401 f., denn auch die KG haftet nach §§ 433 Abs. 2 BGB, 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB ebenso wie<br />

B nach §§ 433 Abs. 2 BGB, 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 HGB. Zwar ist diese Lösung des <strong>Fall</strong>es systematisch, aber dennoch eher bedenklich.<br />

Der Gesetzeswortlaut lässt jedoch keinen Spielraum, daher ist es Sache des Gesetzgebers dies neu zu regeln.<br />

19<br />

Jauernig/Stadler, § 767 BGB, Rn. 3.


Zwar ist <strong>im</strong> Handelsregister entgegen der materiellen Rechtslage Gesamtvertretung nach § 125 Abs.<br />

2 HGB zwischen Friederike A und B eingetragen (vgl. § 125 Abs. 2 HGB). Dies kann der D-GmbH<br />

aber nicht entgegengehalten werden, denn § 15 Abs. 1 HGB wirkt <strong>im</strong>mer nur zugunsten des<br />

Dritten, nicht aber zu seinem Nachteil. 20 Vorliegend ist also eine wirksame Verpflichtung der KG<br />

zur Kaufpreiszahlung entstanden.<br />

2. Wirksame Bürgschaftserklärung<br />

Weiter müsste eine wirksame Bürgschaftserklärung des C vorliegen. Dazu müsste das<br />

Schriftformerfordernis des § 766 S. 1 BGB erfüllt sein. Vorliegend erklärte C nur telefonisch, dass er<br />

sich für die Kaufpreisforderung der D-GmbH verbürge. Damit ist die Bürgschaftserklärung aber<br />

grundsätzlich nicht wirksam abgegeben. Ausnahmsweise könnte aber die Schriftform der<br />

Bürgschaftserklärung wegen der Sonderbest<strong>im</strong>mung des § 350 HGB entbehrlich sein.<br />

Voraussetzung hierfür ist, dass die Bürgschaft für den Kommanditisten C ein Handelsgeschäft nach<br />

§§ 350, 343 Abs. 1 HGB ist. Handelsgeschäfte sind nach § 343 Abs. 1 HGB die Geschäfte eines<br />

Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Umstritten ist, ob der Kommanditist<br />

durch die bloße Beteiligung an der KG Kaufmann wird. Kaufmann <strong>im</strong> Sinne des<br />

Handelsgesetzbuches ist grundsätzlich nur, wer ein Handelsgewerbe ,,betreibt“ (§ 1 Abs. 1 HGB).<br />

Aufgrund der rechtlichen Verselbständigung der OHG (§ 124 Abs. 1 HGB) und der KG (§§ 161,<br />

124 Abs. 1 HGB), die diese einer juristischen Person annähern, liegt die Annahme nahe, dass nur die<br />

Gesellschaft das Handelsgewerbe ,,betreibt“ und daher nur diese Kaufmann ist. Denn nur die<br />

Handelsgesellschaft – und nicht der einzelne Gesellschafter – ist Trägerin des Unternehmens und<br />

damit Kaufmann. 21<br />

a) Kaufmannseigenschaft des persönlich haftenden Gesellschafters<br />

Der BGH hat gleichwohl für persönlich haftende Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften<br />

unter Bezugnahme auf das Gesamthandsprinzip entschieden, dass diese Kaufleute sind. 22 Die OHG<br />

und die KG seien trotz ihrer starken rechtlichen Verselbständigung (siehe § 124 HGB) keine<br />

juristischen Personen, sondern Träger der Rechte und Pflichten seien die Gesellschafter selbst in<br />

ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Daraus ergibt sich nach Auffassung des BGH, dass die<br />

Gesellschafter einer OHG und der Komplementär einer KG stets Kaufleute seien und sie ein<br />

Handelsgewerbe betrieben. 23 Im Hinblick auf die persönliche Haftung nach § 128 S. 1 HGB bzw.<br />

nach §§ 161 Abs. 2, 128 S. 1 HGB erscheint diese Auffassung überzeugend, weil die Wirkungen der<br />

von der Gesellschaft eingegangenen Geschäfte auch die persönlich haftenden Gesellschafter voll<br />

treffen. Ohnehin finden nach § 343 HGB handelsrechtliche Vorschriften nicht auf Privatgeschäfte<br />

Anwendung – wozu beispielsweise auch die Bürgschaft für eine Gesellschaftsschuld gehören kann –<br />

, sondern nur auf solche Geschäfte, die mit dem Betrieb der Gesellschaft in Zusammenhang stehen. 24<br />

Rechtsdogmatische Bedenken daraus, dass nur dasjenige Rechtssubjekt Kaufmann sein kann, in<br />

20 BGHZ 55, 267, 273; 65, 309, 310; K. Schmidt, HandelsR, § 14 II 4b, S. 397; Großkomm/Hüffer, § 15 HGB, Rn. 26 f.<br />

21 K. Schmidt, HandelsR, § 5 I 1b, S. 90; ders., ZIP 1986, 1510, 1511.<br />

22 BGHZ 34, 293, 296 f.; 45, 282, 284; ebenso die hL.: Hübner, HandelsR, Rn. 37; Großkomm/Brüggemann, § 1 HGB, Rn. 32; Canaris,<br />

HandelsR, § 2, Rn. 20; Steinbeck, HandelsR, § 8, Rn. 13; aA. MünchKomm/K. Schmidt, § 1 HGB, Rn. 67; Zöllner, DB 1964, 795, 796; Lieb,<br />

DB 1967, 759, 761 ff.; nach Großkomm/Ulmer, § 105 HGB, Rn. 80 kommt den Gesellschaftern zwar keine Kaufmannseigenschaft zu,<br />

allerdings sollen die Kaufmannsvorschriften unter best<strong>im</strong>mten Bedingungen auf die Gesellschafter analog anwendbar sein.<br />

23 BGHZ 34, 293, 296 f.<br />

24 BGH BB 1968, 1053.


dessen Namen das Unternehmen betrieben wird, also die Gesellschaft, nicht aber der<br />

Gesellschafter, müssten dagegen zurücktreten. 25<br />

b) Keine Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten<br />

Dagegen wird die Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten vom BGH und der überwiegenden<br />

Auffassung <strong>im</strong> Schrifttum abgelehnt. 26 Der BGH führt zur Begründung aus, dass die KG nicht mit<br />

dem Namen des Kommanditisten geführt werde (siehe § 19 Abs. 2 und 4 HGB a.F., heute wohl § 18<br />

Abs. 2 HGB n.F.), außerdem hafte der Kommanditist für die Verbindlichkeiten nur mit seiner<br />

Einlage (§ 171 Abs. 1 HGB), von Geschäftsführung (§ 164 Abs. 1 HGB) und Vertretung (§ 170<br />

HGB) sei er ausgeschlossen und es bestehe für den Kommanditisten schließlich kein<br />

Wettbewerbsverbot (§ 165 HGB). Nach Auffassung des BGH könne bei einer derart beschränkten<br />

Rechtsstellung nicht mehr davon gesprochen werden, dass der Kommanditist die Geschäfte der<br />

Gesellschaft mitbetreibe oder dass dies der persönlich haftende Gesellschafter für ihn und in seinem<br />

Namen tue. 27<br />

c) Kritik der Literatur<br />

In der Literatur 28 werden aber Bedenken gegen diese Ausführungen geltend gemacht. Denn auch bei<br />

einem persönlich haftenden Gesellschafter könne durch vertragliche Abrede die Aufnahme seines<br />

Namens in die Firma ausgeschlossen sein. Überdies hafte der Kommanditist bis zu seiner<br />

Eintragung in das Handelsregister nach § 176 HGB unbeschränkt persönlich. Die herrschende<br />

Auffassung müsse sich daher die sinnwidrige Frage stellen, ob die Kaufmannseigenschaft des<br />

Kommanditisten insoweit zeitlich beschränkt sein solle bis zum Zeitpunkt der Eintragung in das<br />

Handelsregister. 29 Dass der Kommanditist nach § 170 HGB von der organschaftlichen Vertretung<br />

der Gesellschaft zwingend ausgeschlossen ist, könne deshalb nicht ausschlaggebend sein, weil auch<br />

sonst der Inhaber des Unternehmens von dessen Vertretung zwingend ausgeschlossen sein kann, wie<br />

zB. der geschäftsunfähige Inhaber oder der Gemeinschuldner. 30<br />

d) Auseinandersetzung mit den vertretenen Auffassungen<br />

Gleichwohl ist <strong>im</strong> Ergebnis der vorherrschenden Auffassung zu folgen, denn die Anknüpfung des<br />

Handelsgesetzbuches an den Begriff des Kaufmanns zwingt dazu, auch hinsichtlich der<br />

Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten zu typisieren. Die Rechtssicherheit verlangt hier nach<br />

einer eindeutigen Festlegung der Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten, weil der<br />

Handelsverkehr bei der Vielzahl von unterschiedlichen gesellschaftsvertraglichen Regelungen<br />

25 BGHZ 34, 293, 296; aA. Landwehr, JZ 1967, 198, 203; Lieb, DB 1967, 759, 761 f.<br />

26 BGHZ 45, 282, 285; NJW 1980, 1572, 1574; 1982, 569, 570; Baumbach/Hopt, § 161 HGB, Rn. 5; Hübner, HandelsR, Rn. 37;<br />

Großkomm/Schilling, § 161 HGB, Rn. 12; Canaris, HandelsR, § 2, Rn. 21; Steinbeck, HandelsR, § 8, Rn. 13; Westermann,<br />

PersonengesellschaftsR, Rn. 859.<br />

27 BGHZ 45, 282, 28<strong>5.</strong><br />

28 Großkomm/Brüggemann, § 1 HGB, Rn. 35; ähnlich Landwehr, JZ 1967, 198, 201 f.; Lieb, DB 1967, 759, 761. Die beiden letztgenannten<br />

Autoren gehen davon aus, dass Kommanditisten ebenso wie Komplementäre nur in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Kaufleute sind<br />

(,,Gemeinschaftskaufleute“). Wiederum anders Ballerstedt (JuS 1963, 253, 259): Er bejaht die Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten<br />

bezüglich seiner gesellschaftlichen Teilhabe am gemeinsamen Zweck und an der gemeinschaftlichen Firma der Personenhandelsgesellschaft.<br />

29 Großkomm/Brüggemann, § 1 HGB, Rn. 3<strong>5.</strong><br />

30 Siehe zur umfassenden Kritik Großkomm/Brüggemann, § 1 HGB, Rn. 3<strong>5.</strong>


hinsichtlich der Rechtsstellung des Kommanditisten auf klare Rechtsgrundlagen angewiesen ist. 31<br />

Regelmäßig haftet der Kommanditist aber nur mit seiner Einlage und die gesetzliche Regelung sieht<br />

den Kommanditisten – wie die oben zitierten Vorschriften über die Rechtsstellung des<br />

Kommanditisten belegen – als bloß kapitalmäßig beteiligten Gesellschafter an. Die bloß<br />

kapitalmäßige Beteiligung begründet aber keine Kaufmannseigenschaft. 32 Ob die Übernahme der<br />

Bürgschaft gegenüber der D-GmbH zum Betrieb des Handelsgewerbes des Kommanditisten<br />

gehörte (siehe § 343 Abs. 1 HGB), kann daher dahingestellt bleiben, weil es schon daran fehlt, dass<br />

der Kommanditist Kaufmann ist. 33<br />

e) Lehre vom Unternehmensrecht – ein anderer Ansatz<br />

Einen grundsätzlich anderen Ansatz zur Auslegung des § 350 HGB vertritt die von K. Schmidt<br />

vertretene Lehre vom Unternehmensrecht. 34 Die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft seien –<br />

gleich, ob geschäftsführend oder nicht geschäftsführend, und gleich, ob unbeschränkt haftend oder<br />

nicht – nicht selbst Träger des Unternehmens der Gesellschaft. Kaufmannseigenschaft besitze<br />

grundsätzlich nur die Gesellschaft. Folglich sind Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften<br />

nach dieser Auffassung nie Kaufleute. Das schließe aber nicht aus, unter best<strong>im</strong>mten<br />

Voraussetzungen Rechtsgeschäfte von Gesellschaftern den für Handelsgeschäfte geltenden Regeln –<br />

also der Vorschrift des § 350 HGB – zu unterstellen. Seitdem rechtstatsächlich der Einzelkaufmann<br />

<strong>im</strong> kaufmännischen Bereich zur Seltenheit geworden sei, sei eine unmittelbare Anwendung des §<br />

350 HGB nur noch in seltenen Fällen möglich, so dass jedenfalls der geschäftsführende und<br />

vertretungsberechtigte Gesellschafter – obwohl nicht selbst Träger des Unternehmens und damit<br />

nicht Kaufmann – einem Kaufmann gleichgestellt werden müsse. Vieles spreche dafür, auch einen<br />

geschäftsleitenden Kommanditisten dem § 350 HGB zu unterwerfen. 35 Obwohl Karsten Schmidt<br />

seine Auslegung de lege lata für möglich hält, 36 erscheint dies nicht zulässig, weil § 350 HGB<br />

ausdrücklich ein Handelsgeschäft voraussetzt und damit zwingende Voraussetzung der<br />

Anwendbarkeit die Kaufmannseigenschaft des Bürgen ist (§ 343 Abs. 1 HGB).<br />

Ergebnis:<br />

Die D-GmbH hat keinen Anspruch gegen den Kommanditisten C nach §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1,<br />

433 Abs. 2 BGB.<br />

31<br />

Es könnte zB. für die Bejahung der Kaufmannseigenschaft eines Kommanditisten ausreichen, dass diesem entgegen § 170 HGB, der nur die<br />

organschaftliche Vertretung regelt, rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Prokura) eingeräumt worden ist. Dann müsste der Rechtsverkehr<br />

aber <strong>im</strong>mer zuerst das Handelsregister einsehen, bevor er mit einem Kommanditisten verhandelt.<br />

32<br />

Diese Betrachtungsweise entspricht der Ablehnung der Kaufmannseigenschaft des ,,Stillen“ bei stiller Gesellschaft (§ 230 HGB); siehe dazu<br />

nur Baumbach/Hopt, § 1 HGB, Rn. 50.<br />

33<br />

§ 350 HGB ist auch unanwendbar, weil Rechtsgeschäfte eines Gesellschafters und damit auch Bürgschaften nicht zur Unternehmenssphäre<br />

der Gesellschaft gehören, sondern zur Privatsphäre des Gesellschafters. Die Übernahme einer Sicherheit durch den Gesellschafter gehöre zur<br />

Privatsphäre, denn die Beteiligten gingen gerade davon aus, zusätzlich zur Gesellschaft einen weiteren (privaten) Schuldner zu erhalten (so<br />

BGH BB 1968, 1053; siehe auch Großkomm/Brüggemann, § 1 HGB, Rn. 33; Baumbach/Hopt, § 105 HGB, Rn. 22 f.).<br />

34<br />

K. Schmidt, HandelsR, § 5 I 1b, S. 90 f., § 18 I 1d aa, S. 519 f.; ders., ZIP 1986, 1510, 1512; MünchKomm/K. Schmidt, § 105 HGB, Rn. 14;<br />

Großkomm/Ulmer, § 105 HGB, Rn. 77; zust<strong>im</strong>mend, was die Notwendigkeit einer geänderten Auslegung des § 350 HGB angeht, aber anders<br />

in der dogmatischen Begründung Canaris, HandelsR, § 24, Rn. 12.<br />

35<br />

K. Schmidt, HandelsR, § 18 I 1d aa, S. 519 f.; ders., ZIP 1986, 1510, 151<strong>5.</strong> K. Schmidt bezieht sich auf ein Urteil des BGH, in dem zu<br />

entscheiden war, ob der Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer sog. Einpersonen-GmbH (siehe dazu umfassend<br />

Baumbach/Hueck/Fastrich, § 1 GmbHG, Rn. 49 ff.) eine formfreie Bürgschaft (§ 350 HGB) abgeben konnte. Der BGH entschied auf der<br />

Linie seiner bisherigen Rspr., dass die Kaufmannseigenschaft allein dem Rechtssubjekt zukomme, in dessen Namen das Unternehmen<br />

betrieben werde, also der GmbH. Der Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH sei dagegen nicht selbst Kaufmann (BGH NJW-<br />

RR 1987, 42, 43).<br />

36<br />

K. Schmidt, ZIP 1986, 1510, 1517.


Lösung Frage 2<br />

Anspruch der Friederike A gegen die KG auf Unterlassung des Firmenbestandteils ,,Franz A“<br />

nach § 37 Abs. 2 S. 1 HGB<br />

Friederike A könnte gegen die KG einen Anspruch nach § 37 Abs. 2 S. 1 HGB auf Unterlassung der<br />

Verwendung des Firmenbestandteils ,,Franz A“ in der von der KG geführten Firma ,,Universitäts-<br />

Buchhandlung Franz A KG“ haben. 37 Voraussetzung hierfür ist, dass ein anderer eine Firma<br />

unbefugt gebraucht und Friederike A dadurch in ihren Rechten verletzt würde. Unbefugt<br />

gebraucht iSd. § 37 Abs. 2 HGB wird eine Firma dann, wenn sie gegen die Vorschriften der §§ 18<br />

ff. HGB verstößt. Verstöße gegenüber anderen Vorschriften (zB. § 15 MarkenG, §§ 3, 5 UWG, § 12<br />

BGB) sind insoweit unbeachtlich. 38<br />

I. Grundsatz der Firmenwahrheit<br />

Die KG bildete vorliegend eine Personenfirma. Diese muss wie auch Sach- und Phantasiefirmen<br />

grundsätzlich folgende drei Funktionen erfüllen:<br />

(1) Funktion der Unterscheidungskraft und der damit einhergehenden Kennzeichnungswirkung,<br />

(2) Funktion der Ersichtlichkeit der Gesellschaftsverhältnisse und<br />

(3) Funktion der Offenlegung der Haftungsverhältnisse.<br />

Nach dem geltenden Recht soll jede Firma, die diese drei Kriterien erfüllt, grundsätzlich<br />

eintragungsfähig sein. 39 Weiter ist bei der Firmenbildung das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2<br />

HGB zu beachten. Es bezieht sich auf sämtliche Firmenbestandteile. 40<br />

37<br />

Rechtslage vor der <strong>Handelsrecht</strong>reform: Die KG hätte vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform unter ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A“ ohne<br />

Rechtsformzusatz firmiert. Dies war firmenrechtlich nach hM. vom Grundsatz der Firmenbeständigkeit gedeckt (§§ 22, 24 HGB), der<br />

wiederum eine Ausnahme vom Grundsatz der Firmenwahrheit darstellt (dazu umfassend <strong>Fall</strong> 5). Das äußere Erscheinungsbild der Firma<br />

,,Universitäts-Buchhandlung Franz A“ ließ zwar nur die Existenz eines einzigen Inhabers vermuten; unter dieser Firma verbarg sich aber eine<br />

Mehrzahl von haftenden Personen, was dem auf die Firma vertrauenden Publikum nur vorteilhaft sein konnte, da ein stärkeres<br />

Haftungspotential vorhanden war, als durch die Firmierung zum Ausdruck gebracht wurde (hM. BGHZ 62, 216, 224 f.; OLG Düsseldorf<br />

NJW 1960, 2148, 2149; 1960, 2289, 2290 f.; Großkomm/Hüffer, § 22 HGB, Rn. 77 und 79; Bokelmann, Das Recht der Firmen- u.<br />

Geschäftsbezeichnungen, Rn. 745; Gierke/Sandrock, Handels- u. WirtschaftsR, § 17 III 3c, S. 253). AA. Canaris, HandelsR, 22. Aufl., § 11 I<br />

2d, S. 175 f.; Wiedemann, ZGR 1975, 354, 358 f.; Lindacher, BB 1977, 1676, 1680 f.; Vollmer, JA 1984, 333, 339; Wiek, JuS 1981, 105, 107<br />

f. Diese Autoren nahmen entgegen der Rspr. des BGH eine Pflicht zur Offenlegung mit dem Hinweis darauf an, dass die Täuschungsgefahr<br />

bei Weglassen eines Rechtsformzusatzes daraus herzuleiten sei, dass es für den auf die Firma vertrauenden Verkehr von Interesse sei zu<br />

erfahren, ob er es mit einer einzigen natürlichen Person als Unternehmer zu tun habe, die selbständig die Fäden der Geschäftspolitik in der<br />

Hand halte, oder ob eine Gruppe von Personen Einfluss auf das Geschäftsgebaren nehmen könne. – Bei Firmenfortführung<br />

einzelkaufmännischer Unternehmen durch eine AG oder GmbH waren schon früher die §§ 4 Abs. 2, 279 Abs. 2 AktG, 4 Abs. 1 S. 3, Abs. 2<br />

GmbHG (alle a.F.) zu beachten. Danach war ein zwingend vorgeschriebener Rechtsformzusatz bei Firmenfortführung erforderlich<br />

(Einzelkaufmann-Firma: ,,Armin Stahl, Eisenwaren“; GmbH als Firmenfortführer: ,,Armin Stahl-Eisenwaren-GmbH“). Heute stellt sich diese<br />

Problematik nicht mehr, da nach § 19 HGB für alle Rechtsformen ein Zusatz obligatorisch ist. Dadurch soll dem Anliegen des Rechtsverkehrs<br />

Rechnung getragen werden, dass die Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse eines Unternehmens trotz der Zulassung von Sach- und<br />

Phantasiefirmen transparent sind (Begründung zum HRefG, BT-Drucks. 13/8444 vom 29. 8. 1997, S. 37 f.). So ist bei der Firma<br />

,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ kein Irrtum über die Haftungsverhältnisse zu befürchten.<br />

38<br />

MünchKomm/Krebs, § 37 HGB, Rn. 42 mwN.<br />

39<br />

Begründung zum HRefG, BT-Drucks. 13/8444 vom 29. 8. 1997, S. 36.<br />

40<br />

Begründung zum HRefG, BT-Drucks. 13/8444 vom 29. 8. 1997, S. 52. Anders vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform: Der § 18 Abs. 2 HGB a.F.<br />

normierte lediglich ein Irreführungsverbot für Firmenzusätze.


Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Irreführungsverbots könnte darin liegen, dass die KG in der<br />

Firma ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ den Namen einer Person führen will, die in keiner<br />

Verbindung mehr zu der Gesellschaft steht. Nach der Streichung des § 19 Abs. 4 HGB a.F., nach<br />

dem die Firma einer Personenhandelsgesellschaft nur die Namen der persönlich haftenden<br />

Gesellschafter beinhalten durfte, ist streitig, ob auch fremde Personennamen in die Firma<br />

aufgenommen werden dürfen.<br />

Nach der weitestgehenden Auffassung kann eine Personenfirma auch den Namen eines<br />

Nichtgesellschafters beinhalten. 41 Die Gefahr einer Irreführung sei nicht gegeben. Die Tatsache, ob<br />

der Namensgeber in irgendeiner sonstigen Beziehung zum betreffenden Unternehmen stehe, sei kein<br />

verkehrswesentliches geschäftliches Verhältnis. 42 Demnach käme allenfalls eine Täuschung über<br />

die persönlichen Haftungsverhältnisse in Betracht. Aber auch eine solche Täuschung sei nicht<br />

gegeben. Weder bei den Kapitalgesellschaften noch bei den Personenhandelsgesellschaften könne<br />

der Verkehr aus der Firma auf eine persönliche Haftung der genannten Personen schließen, bei<br />

letzteren deshalb nicht, da die Möglichkeit der Firmenfortführung trotz Inhaber- und<br />

Gesellschafterwechsel bestehe und da auch die Aufnahme der Namen der Kommanditisten möglich<br />

sei, die gerade nicht persönlich haften. 43<br />

Zutreffend ist zwar, dass der Verkehr bei der Firma einer Personenhandelsgesellschaft anders als bei<br />

einem Einzelhandelskaufmann nicht auf die Haftungsverhältnisse und die unternehmenslenkenden<br />

Gesellschafter schließen kann. Allerdings wird der Verkehr aus einem Personennamen in der Firma<br />

darauf schließen, dass der Namensgeber in irgendeiner Weise mit dem Unternehmen verbunden ist,<br />

und sei es nur als kapitalstiftender Kommanditist oder als früherer Beteiligter an der Gesellschaft.<br />

Wird ein Name einer rechtlich nicht mit der Gesellschaft verbundenen Person in der Firma<br />

verwendet, führt dies zu einer Irreführung des Verkehrs. 44 Dass es sich dabei auch um ein<br />

verkehrswesentliches geschäftliches Verhältnis handelt, ergibt sich schon daraus, dass die<br />

Verwendung des Namens irgendeines Dritten allein den Sinn haben kann, den Verkehr über die<br />

Unternehmensstruktur zu täuschen. 45 Da ,,Franz A“ nicht der Name eines Gesellschafters ist, hätte<br />

das Registergericht nach § 18 Abs. 2 HGB eine solche durch die KG angemeldete Firma nicht in das<br />

Handelsregister eintragen dürfen.<br />

II. Grundsatz der Firmenbeständigkeit<br />

Eine Ausnahme hiervon machen die §§ 22 Abs. 1, 24 Abs. 1 HGB nach dem Grundsatz der<br />

Firmenbeständigkeit. 46 Hiernach darf die Firma, auch wenn sie den Namen des bisherigen<br />

41<br />

MünchKomm/Heidinger, § 18 HGB, Rn. 168 f.; ähnlich LG Wiesbaden NJW-RR 2004, 1106, das davon ausgeht, dass allenfalls die<br />

Verwendung des Namens einer überregional bekannten Persönlichkeit irreführend sein könnte.<br />

42<br />

MünchKomm/Heidinger, § 18 HGB, Rn. 168; Heidinger, DB 2005, 815, 819.<br />

43<br />

MünchKomm/Heidinger, § 18 HGB, Rn. 169.<br />

44<br />

LG Frankfurt GmbHR 2002, 966; Röhricht/v. Westphalen/Ammon/Ries, § 19 HGB, Rn. 24; Canaris, HandelsR, § 11, Rn. 6; Hofmann,<br />

HandelsR, D IV 1a aa, S. 94; die Auffassung (E/B/J/S/Z<strong>im</strong>mer, § 18 HGB, Rn. 11; Bokelmann, GmbHR 1998, 57, 59; Jung, ZIP 1998, 677,<br />

681), dass auch nach der <strong>Handelsrecht</strong>sreform nur die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter in die Firma aufgenommen werden<br />

dürfen, ist abzulehnen, da sie die Liberalisierung durch die <strong>Handelsrecht</strong>sreform geradezu ignoriert.<br />

45<br />

Canaris, HandelsR, § 11, Rn. 6; Hofmann, HandelsR, D IV 1a aa, S. 93.<br />

46<br />

Rechtslage vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform: Da die Namen anderer Personen als der persönlich haftenden Gesellschafter nach § 19 Abs. 4 HGB<br />

a.F. in die Firma einer KG nicht aufgenommen werden durften, stellt sich be<strong>im</strong> Ausscheiden des Gesellschafters, der seinen Namen zur<br />

Neubildung der Firma der KG aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 19 Abs. 2 HGB a.F. zur Verfügung gestellt hatte, die Frage, ob<br />

dieser seinen in der Firma enthaltenen Namen ,,mitnehmen“ durfte. Dies regelte auch vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform grundsätzlich § 24 Abs. 2<br />

HGB.


Geschäftsinhabers enthält, bei einem Erwerb eines Unternehmens unter Lebenden oder von Todes<br />

wegen bzw. bei einer Änderung <strong>im</strong> Gesellschafterbestand fortgeführt werden. Nach diesen<br />

Grundsätzen könnte die KG trotz des Ausscheidens der Frederike A die zulässig gebildete Firma<br />

,,Universitäts-Buchhandlung Franz A KG“ weiterhin führen.<br />

III. Einwilligungserfordernis des § 24 Abs. 2 HGB bei Ausscheiden des namensgebenden<br />

Gesellschafters<br />

Nach § 24 Abs. 2 HGB steht aber demjenigen, der seinen Namen in die Firma der KG eingebracht<br />

hat, auch das Recht zu, ihn bei seinem Ausscheiden aus der KG wieder mit hinauszunehmen. Denn<br />

zur Fortführung der Firma ist die ausdrückliche Einwilligung des Firmengründers oder seiner<br />

Erben erforderlich. Das Gesetz entscheidet also den Interessenwiderstreit zwischen der Gesellschaft,<br />

die daran interessiert sein muss, den in der Firma enthaltenen Vermögenswert (,,good will“) zu<br />

erhalten, und dem Gesellschafter, der seinen Namen zur Firmenbildung der Gesellschaft gegeben hat<br />

und diesen bei seinem Ausscheiden wieder mitnehmen möchte, durch § 24 Abs. 2 HGB zugunsten<br />

des Namensrechts (§ 12 BGB) des Namensgebers. 47<br />

Im Ausgangsfall wurde die Firma ,,Universitäts-Buchhandlung Franz A“ jedoch von Franz A und<br />

nicht von dessen Nichte Friederike A gebildet. Diese war also nicht die sog. Firmengründerin,<br />

sondern hat als Rechtsnachfolgerin des Franz A die Firma nur fortgeführt, indem sie diese in eine<br />

von ihr mitbegründete KG eingebracht hat. Vorliegend wurde die Firma also nicht aus dem eigenen<br />

Namen der Friederike A, sondern aus dem Namen ihres Rechtsvorgängers Franz A gebildet. Es ist<br />

fraglich, ob § 24 Abs. 2 HGB auch dann anzuwenden ist, wenn jemand eine abgeleitete Firma, in der<br />

zwar nicht sein Vorname, wohl aber sein Familienname mit einem anderen Vornamen enthalten ist,<br />

einer Gesellschaft zur Verfügung stellt, oder ob das Tatbestandsmerkmal ,,dessen Namen“ iSd. § 24<br />

Abs. 2 HGB nicht dahingehend ausgelegt werden muss, dass die Firma gerade aus dem Namen des<br />

ausscheidenden Gesellschafters gebildet worden sein muss.<br />

1. Grundsätzlich nur der eigene Name erfasst<br />

Grundsätzlich muss sich an dem Gesetzeswortlaut ,,Ausscheiden eines Gesellschafters, dessen<br />

Name in der Firma enthalten ist“ (§ 24 Abs. 2 HGB), orientiert werden, so dass § 24 Abs. 2 HGB<br />

nur dann Anwendung findet, wenn gerade der ausscheidende Gesellschafter seinen Namen zur<br />

Firmenbildung hergegeben hat. 48 § 24 Abs. 2 HGB hat die Aufgabe, den Konflikt zwischen dem<br />

Persönlichkeitsrecht des ausscheidenden Gesellschafters und dem Interesse der verbleibenden<br />

Gesellschafter an der Erhaltung des mit der Firma verbundenen Wertes (,,good will“) zu lösen. Es<br />

liegt aber insbesondere wegen des hohen wirtschaftlichen Interesses, ein Geschäft mit unveränderter<br />

Firma weiterzuführen, nicht <strong>im</strong> Interesse des Gesetzes, wenn jedes durch die Gleichheit des Namens<br />

begründete Interesse genügen würde, um den Ausscheidenden gegenüber den anderen<br />

Gesellschaftern ein stärkeres Recht an der Firma zu verleihen. Die bloße (zufällige)<br />

Namensübereinst<strong>im</strong>mung zwischen dem ausscheidenden Gesellschafter (Friederike ,,A“) und dem<br />

Firmengründer (Franz ,,A“) kann daher nicht genügen. Denn sonst könnte jemand, der erst später in<br />

die Gesellschaft eingetreten ist und nur rein zufällig den in der Firma enthaltenen Familiennamen<br />

47 Ebenso Canaris, HandelsR, § 10, Rn. 44.<br />

48 So bereits RG JW 1891, 473 = Gruchot 36 (1892), 1152, 1155 f.; Großkomm/Hüffer, § 24 HGB, Rn. 16; E/B/J/S/Z<strong>im</strong>mer, § 24 HGB, Rn. 26;<br />

K. Schmidt, HandelsR, § 12 III 2b cc, S. 369; Canaris, HandelsR, § 10, Rn. 51.


führt, bei seinem Ausscheiden den übrigen Gesellschaftern die Weiterführung dieser Firma<br />

verbieten.<br />

Insbesondere <strong>im</strong> <strong>Fall</strong> des erbfallsbedingten Einrückens in die Gesellschafterposition des<br />

namensgleichen Erblassers findet § 24 Abs. 2 HGB keine Anwendung. 49 Der Erbe hat bereits mit<br />

der Fortführung des Handelsgeschäfts in die Beibehaltung der namensgleichen Personenfirma<br />

eingewilligt und damit über die Firma disponiert. Zwar kann er dann aufgrund dieser Einwilligung<br />

nach seinem späteren Ausscheiden in die Zwangslage kommen, sich bei Gründung eines eigenen<br />

Unternehmens in dem Gebrauch seines Namens aus firmen- und wettbewerbsrechtlichen Gründen<br />

mit Rücksicht auf das ältere Recht der Gesellschaft einschränken zu müssen. Dies rechtfertigt jedoch<br />

nicht, ihm bei seinem Ausscheiden ein weiteres Mal die Befugnis zuzubilligen, über das Recht der<br />

Gesellschaft zur Fortführung der ihr vom Erblasser verliehenen Firma zu disponieren. Da die dem<br />

Erben vom Gesetz eingeräumte Verfügungsmacht über den in der Gesellschaftsfirma enthaltenen<br />

Familiennamen diesen nicht selber zum Firmenstifter macht und mit ihrer Ausübung durch die<br />

Firmenfortführung erlischt, steht der Erbe bei seinem späteren Ausscheiden aus der Gesellschaft<br />

nicht anders da als sonstige Gesellschafter. Auch derjenige, der der Gesellschaft bei seinem Austritt<br />

das Recht zur Weiterführung der Firma belassen hat, sieht sich bei einer späteren eigenen<br />

Unternehmensgründung den Beschränkungen unterworfen, die aus der Existenz eines älteren<br />

Handelsgeschäfts folgen, dessen Träger in seiner Firma rechtmäßig denselben Familiennamen führt.<br />

Gleiches gilt für denjenigen, der nach der Firmengründung als namensgleiches Familienmitglied des<br />

Firmenstifters zum Kreis der Gesellschafter hinzugestoßen ist. 50<br />

2. Ausnahmefall der neu gegründeten Gesellschaft<br />

Der BGH hat jedoch vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform die Auffassung vertreten, dass von diesem<br />

Grundsatz eine Ausnahme zu machen sei, wenn der ausscheidende Gesellschafter den in der Firma<br />

enthaltenen Familiennamen trage, er als Erbe des Firmengründers Gesellschafter geworden sei<br />

und die ,,ererbte“ Firma in eine mit einem Dritten gegründete Gesellschaft eingebracht habe. 51<br />

Diese Rechtsauffassung fußte auf § 19 Abs. 4 HGB a.F. Danach durften in die Firma einer<br />

Personenhandelsgesellschaft keine anderen Namen als die der persönlich haftenden Gesellschafter<br />

aufgenommen werden. Nach Auffassung des BGH gewährte § 24 Abs. 2 HGB dem Ausscheidenden<br />

gerade deshalb das Recht, be<strong>im</strong> Ausscheiden seinen Namen von der Gesellschaft wieder<br />

zurückzuziehen, weil wegen der zwingenden firmenrechtlichen Erfordernisse des § 19 HGB a.F. bei<br />

der Gesellschaftsgründung einer der Gesellschafter notwendigerweise seinen Namen für die Firma<br />

zur Verfügung stellen müsse. In diesem <strong>Fall</strong> gingen nach der Interessenbewertung des § 24 Abs. 2<br />

HGB die Interessen des ausscheidenden Gesellschafters vor, der die weitere Verwendung seines<br />

Namens in der Firma der Gesellschaft auch nach Verlassen der Gesellschaft nicht dulden müsse.<br />

Wenn der namensgleiche Angehörige und Erbe aus Anlass des Erbfalls eine Gesellschaft gründen<br />

wolle, habe er zwar die Wahl, ob er der OHG oder KG seinen bürgerlichen Namen geben oder die<br />

ererbte Firma als Gesellschaftsnamen verwenden wolle, die aber wiederum seinen Familiennamen<br />

enthalte. Folglich nütze diese Wahlmöglichkeit dem Erben nichts, weil sein Familienname in jedem<br />

49 BGHZ 100, 75, 80.<br />

50 BGHZ 100, 75, 80.<br />

51 BGHZ 92, 79, 82 f.; 100, 75, 78; NJW 1989, 1798, 1799; zust<strong>im</strong>mend vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform: Hüffer, ZGR 1986, 137, 143 f.;<br />

Heymann/Emmerich, § 24 HGB, Rn. 12a; ablehnend Schlüter, Anm. zu BGH JZ 1986, 150, S. 151 f.; K. Schmidt, HandelsR, § 12 III 2b cc, S.<br />

369.


<strong>Fall</strong> in der Gesellschaftsfirma erscheine (siehe § 19 Abs. 2 und 4 HGB a.F.). 52 Der namensgleiche<br />

Erbe befinde sich daher in der gleichen Zwangslage wie der Erblasser, denn in jedem <strong>Fall</strong>e, ob der<br />

namensgleiche Erbe die Firma weiterführe oder nicht, werde sein Familienname in die Firma der zu<br />

gründenden Gesellschaft aufgenommen. Weil daher die Zwangslage des namensgleichen<br />

Angehörigen und Erben der des Firmengründers entspreche, müsse das Einwilligungserfordernis des<br />

§ 24 Abs. 2 HGB ausnahmsweise <strong>im</strong> Ausgangsfall auch auf den ausscheidenden namensgleichen<br />

Angehörigen und Erben erstreckt werden, denn in beiden Fällen könne von einer freiwilligen<br />

Preisgabe und einer be<strong>im</strong> späteren Ausscheiden nicht mehr schutzwürdigen ,,Kommerzialisierung“<br />

des Namens keine Rede sein. 53 § 24 Abs. 2 HGB musste also <strong>im</strong> vorliegenden <strong>Fall</strong> grundsätzlich<br />

seinem Normzweck entsprechend angewandt werden. Dieser Rechtsprechung folgend hätte<br />

Friederike A der Verwendung des Namens ,,Franz A“ in der von der KG geführten Firma<br />

zust<strong>im</strong>men müssen.<br />

3. Ablehnung der BGH-Auffassung aufgrund der geänderten Rechtslage<br />

Die vom BGH aufgestellte Ausnahme kann nach der <strong>Handelsrecht</strong>sreform allerdings keine<br />

Gültigkeit mehr haben. Da § 19 Abs. 4 HGB a.F. gestrichen wurde und damit bei der<br />

Personenhandelsgesellschaft Phantasiefirmen möglich sind, ergibt sich für den Erben die dargestellte<br />

Zwangslage nicht mehr. Der <strong>Fall</strong> unterscheidet sich insofern nicht mehr von dem schlichten Eintritt<br />

des Erben in eine vorhandene Gesellschaft. Da Friederike A bei der Gründung der KG bereits ein<br />

erstes Mal über die Firma ,,Franz A“ verfügt hat, kann ihr die Disposition über die Firma nicht ein<br />

zweites Mal zur Verfügung stehen. So muss also in Zukunft § 24 Abs. 2 HGB wortlautgetreu<br />

ausgelegt werden. 54 ,,Dessen Name“ ist nur der Name desjenigen, der ihn als seinen eigenen Namen<br />

in die Personenfirma eingebracht hat. 55<br />

IV. Kein unbefugter Firmengebrauch<br />

Somit wurde die Firma durch die KG nicht unbefugt gebraucht.<br />

Ergebnis Frage 2:<br />

Friederike A hat gegen die KG keinen Anspruch nach § 37 Abs. 2 S. 1 HGB auf Unterlassung der<br />

Verwendung der Firmenbestandteile ,,Franz A“ in der Firma „Universitäts-Buchhandlung Franz A<br />

KG“. 56<br />

52 BGHZ 92, 79, 83; Hüffer, ZGR 1986, 137, 143.<br />

53 BGHZ 92, 79, 83. Zust<strong>im</strong>mend Hüffer, ZGR 1986, 137, 143. Der BGH n<strong>im</strong>mt nicht ausdrücklich dazu Stellung, ob es sich um eine analoge<br />

Anwendung des § 24 Abs. 2 HGB handelt. Dies muss aber bejaht werden, weil grundsätzlich der Wortlaut des § 24 Abs. 2 HGB mit dem RG<br />

(JW 1891, 473 = Gruchot 36 (1892), 1152, 1155) nur dahin verstanden werden kann, dass der ausscheidende Gesellschafter auch der<br />

Namensstifter gewesen sein muss.<br />

54 Ebenso Canaris, HandelsR, § 10, Rn. 51; <strong>im</strong> Ergebnis ebenso K. Schmidt, HandelsR, § 12 III 2a cc, S. 369, der aber darauf abstellt, dass man<br />

den Familiennamen ,,A“ bereits grundsätzlich nicht als ,,ihr“ Name (dh. als Namen der Friederike A) <strong>im</strong> Sinne von § 24 Abs. 2 HGB<br />

auffassen könne; in der neueren Kommentarliteratur wird bisher nur unreflektiert auf BGHZ 92, 79 verwiesen (siehe MünchKomm/<br />

Heidinger, § 24 HGB, Rn. 17; E/B/J/S/Z<strong>im</strong>mer, § 24 HGB, Rn. 27; Röhricht/v. Westphalen/Ammon/Ries, § 24 HGB, Rn. 20, ebenso Hübner,<br />

HandelsR, Rn. 215).<br />

55 Canaris (HandelsR, § 10, Rn. 56) will außerdem be<strong>im</strong> Ausscheiden eines Kommanditisten eine Ausnahme machen. In diesem <strong>Fall</strong> finde § 24<br />

Abs. 2 HGB keine Anwendung. Der Kommanditist sei vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform dem Mitglied einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen<br />

gewesen, weil die Aufnahme des Namens in die Firma nicht erforderlich (und überhaupt nur in Ausnahmefällen erlaubt gewesen) sei. Deshalb<br />

dürfe er heute nicht besser stehen als der Kapitalgesellschafter, auf den § 24 Abs. 2 HGB heute keine Anwendung finde. Diese Auffassung ist<br />

allerdings nach der hier vertretenen Auffassung abzulehnen. § 24 Abs. 2 HGB muss aufgrund der Liberalisierung des Firmenrechts auf alle<br />

Personalfirmen von Gesellschaften Anwendung finden.<br />

56 Rechtslage vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform: Nach der alten Rechtslage musste der Rechtsprechung des BGH zugest<strong>im</strong>mt werden. Der Erbe, der


Ergänzende Hinweise<br />

Das Prinzip der positiven Publizität nach § 15 Abs. 3 HGB<br />

Das Prinzip der negativen Publizität in § 15 Abs. 1 HGB bietet nur einen eingeschränkten Verkehrsschutz, weil es nicht den<br />

guten Glauben an den Inhalt des Registers oder der Bekanntmachung schützt, also keine positive Publizitätswirkung<br />

entfaltet. 57 Bis zur Verankerung des Prinzips der positiven Publizität in § 15 Abs. 3 HGB <strong>im</strong> Jahre 1969 war die allgemeine<br />

Rechtsscheinhaftung 58 Grundlage des Vertrauensschutzes bei unrichtigem Registerinhalt. Gewohnheitsrechtlich galten zwei<br />

ungeschriebene ,,Ergänzungssätze“ zu § 15 Abs. 1 HGB: Wer eine ihn betreffende unrichtige Eintragung <strong>im</strong> Handelsregister<br />

zurechenbar veranlasst, kann an dieser von einem gutgläubigen Dritten festgehalten werden. Wer eine ihn betreffende<br />

unrichtige Eintragung schuldhaft nicht beseitigt, muss sich gutgläubigen Dritten gegenüber, die in berechtigtem Vertrauen<br />

auf die Eintragung gehandelt haben, so behandeln lassen, als sei die Eintragung richtig. 59<br />

(a) Dogmatische Einordnung<br />

Dogmatisch lässt sich § 15 Abs. 3 HGB, ebenso wie § 15 Abs. 1 HGB, als typisierter Rechtsscheintatbestand begreifen. 60 §<br />

15 Abs. 3 HGB geht zurück auf Art. 3 VI der ersten Richtlinie des Rats der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung<br />

des Gesellschaftsrechts in den (damals) sechs Mitgliedstaaten. 61 In der Gerichtspraxis ist diese Norm aber bisher ohne<br />

Bedeutung geblieben, was in bemerkenswertem Widerspruch zu der Fülle von Streitfragen steht, die § 15 Abs. 3 HGB in der<br />

Literatur aufgeworfen hat. 62<br />

Die Grundfrage der Rechtsprobleme zu § 15 Abs. 3 HGB geht dahin, ob die Vorschrift restriktiv entsprechend den dargelegten<br />

hergebrachten Rechtsscheingrundsätzen interpretiert werden soll oder ob eine dem Wortlaut entsprechende weite Auslegung<br />

erfolgen muss. 63<br />

sich in einer Zwangslage befand, in jedem <strong>Fall</strong> seinen eigenen Nachnamen für die Firma zur Verfügung stellen zu müssen, musste auch bei<br />

seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft über diesen Namen verfügen können. Insofern war § 24 Abs. 2 HGB zugunsten der Friederike A<br />

anwendbar.<br />

Es stellte sich dann aber das Problem, dass die Namensübereinst<strong>im</strong>mung sich nur auf den Familiennamen ,,A“ beschränkte, die Vornamen<br />

(,,Friederike“ und ,,Franz“) aber voneinander abwichen. Der BGH hielt die Übereinst<strong>im</strong>mung des Nachnamens in Anknüpfung an frühere<br />

Entscheidungen für ausreichend (BGHZ 8, 318, 321; 32, 103 ff.; 92, 79, 83; Hüffer, ZGR 1986, 137, 145; aA. Schlüter, Anm. zu BGH JZ<br />

1986, 150, 151 f.). Dafür sprach, dass die Vorschrift unter anderem auch das Interesse des Namensträgers daran schützt, mit dem früheren<br />

Gesellschaftsunternehmen nicht mehr in Verbindung gebracht zu werden. Dieser Schutzzweck wurde aber durch die Weiterverwendung auch<br />

nur des Familiennamens teilweise verfehlt, weil der Betrieb der Gesellschaft der Familie und damit auch dem Namensträger als ihrem Mitglied<br />

zugerechnet würde.<br />

Weitere Voraussetzung des § 24 Abs. 2 HGB war wie heute eine ausdrückliche Einwilligung des Namensinhabers in die Firmenfortführung.<br />

Erforderlich war jedoch auch vor der Handelsreform nicht, dass der Einwilligungsberechtigte sein Einverständnis mit der Firmenfortführung<br />

durch die Verwendung best<strong>im</strong>mter Begriffe zum Ausdruck brachte; vielmehr war und ist es ausreichend, aber zugleich notwendig, dass sein<br />

entsprechender Wille eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck kommt. Allein die Duldung der Firmenfortführung genügte, wie heute, in aller<br />

Regel nicht. Nach diesen Grundsätzen hatte Friederike A also auch nicht in die Firmenfortführung eingewilligt.<br />

Schließlich stellte sich dann <strong>im</strong> Rahmen des § 37 Abs. 2 HGB das Problem der Verletzung der eigenen Rechte. Als verletztes absolutes Recht<br />

kam wie auch vor der <strong>Handelsrecht</strong>sreform allein das Recht am bürgerlichen Namen nach § 12 BGB in Betracht. Fraglich war, ob allein der<br />

Gebrauch des Familiennamens bei unterschiedlichen Vornamen eine Verletzung des Namensrechts iSd. § 12 BGB zu begründen vermochte.<br />

Nach vorzugswürdiger Auffassung der hM. (siehe BGHZ 8, 318, 320 ff.) verletzte der unbefugte Gebrauch des Familiennamens das absolut<br />

geschützte Namensrecht mit der Folge, dass jeder Träger des Familiennamens unabhängig von seinem eigenen Vornamen auf Unterlassung<br />

klagen konnte. Somit war Friederike A in ihrem Namensrecht nach § 12 BGB und damit nach § 37 Abs. 2 HGB in ihren Rechten verletzt und<br />

konnte gem. §§ 37 Abs. 2 HGB iVm. 12 BGB von der KG verlangen, die Verwendung des Namens ,,Franz A“ in der von ihr geführten Firma<br />

zu unterlassen (dazu ausführlich die Vorauflage Rn. 264 ff).<br />

57<br />

Bestellt zB. ein geschäftsunfähiger Prinzipal einen Prokuristen, so ist die Prokuraerteilung trotz Eintragung (§ 53 Abs. 1 HGB) nach § 105<br />

Abs. 1 BGB unwirksam. § 15 Abs. 1 HGB schützt den gutgläubigen Dritten nicht in seinem Glauben, dass die Prokura wirksam erteilt worden<br />

ist, denn dies wäre positive Publizität.<br />

58<br />

Siehe dazu umfassend <strong>Fall</strong> 1<strong>5.</strong><br />

59<br />

BGHZ 22, 234, 238; umfassend Kreutz, Jura 1982, 626, 632 f.; Hübner, HandelsR, Rn. 157; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 43;<br />

MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 80; Hopt, HandelsR, Rn. 19<strong>5.</strong><br />

60<br />

Hopt, HandelsR, Rn. 196; Baumbach/Hopt, § 15 HGB, Rn. 18; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 43.<br />

61<br />

Abl. Nr. L 65/8 vom 14. 3. 1968 = Lutter, Europäisches Gesellschaftsrecht, S. 85 ff. Hier findet sich auf S. 27 f. auch eine kurze Erläuterung<br />

zu der Richtlinie und der Text des Gesetzes zur Durchführung der Ersten Richtlinie auf S. 89 ff.<br />

62<br />

Siehe dazu MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 82 mit Nachweisen von sieben Urteilen.<br />

63 Siehe nur K. Schmidt, HandelsR, § 14 III 1c, S. 405 f.


(b) Unrichtigkeit iSd. § 15 Abs. 3 HGB<br />

Voraussetzung des § 15 Abs. 3 HGB ist zunächst eine unrichtige Bekanntmachung. Umstritten ist, ob für den <strong>Fall</strong> richtiger<br />

Bekanntmachung einer bloß fehlerhaften Eintragung § 15 Abs. 3 HGB entsprechend angewandt werden kann. Entgegen<br />

einer teilweise bejahenden Auffassung 64 ist § 15 Abs. 3 HGB nicht auf sog. isolierte Eintragungsfehler anzuwenden. 65<br />

Gegen eine analoge Anwendung spricht bereits der klare Wortlaut; außerdem ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass §<br />

15 Abs. 3 HGB nicht für den <strong>Fall</strong> isolierter Eintragungsfehler gelten soll. 66 Anzuwenden sind daher allein die beiden<br />

ungeschriebenen gewohnheitsrechtlichen Rechtssätze über falsche Eintragungen <strong>im</strong> Handelsregister.<br />

Richtiger Auffassung nach liegt eine Unrichtigkeit iSd. § 15 Abs. 3 HGB auch dann vor, wenn gleichzeitig Eintragung und<br />

Bekanntmachung unrichtig sind. 67 Ist nämlich die Tatsache nicht nur falsch bekannt gemacht, sondern auch bereits falsch<br />

eingetragen worden, dann ist der durch sie erzeugte Rechtsschein stärker als <strong>im</strong> <strong>Fall</strong>e einer nur falschen Bekanntmachung.<br />

Darüber hinaus war es auch das Ziel des Gesetzgebers, nicht nur die Divergenz zwischen Eintragung und Bekanntmachung,<br />

sondern auch den praktischen Hauptfall zu erfassen, dass die Bekanntmachung deshalb falsch ist, weil schon die Eintragung<br />

nicht richtig war. 68<br />

(c) Veranlassungsprinzip<br />

Die dogmatisch umstrittenste – wenn auch wohl praktisch weniger wichtige – Frage bei der Auslegung des § 15 Abs. 3 HGB<br />

ist, ob es sich um einen <strong>Fall</strong> der reinen Rechtsscheinhaftung handelt. Bezüglich der beiden gewohnheitsrechtlichen<br />

Ergänzungssätze zu § 15 HGB war das Zurechenbarkeitserfordernis anerkannt, wobei lediglich umstritten war, ob insoweit das<br />

Veranlassungs-, das Verschuldens- oder das Risikoprinzip maßgeblich war. 69 Die Anwendung des reinen Rechtsscheinprinzips<br />

– welches auch den §§ 892, 2366 BGB zugrunde liegt – führt jedoch zu grob unbilligen Ergebnissen. Wenn zB. P irrtümlich<br />

wegen eines Druckfehlers oder eines Versehens des Registergerichts als Prokurist des Beyer statt des Meyer bekannt gemacht<br />

wird, müsste Beyer alle Rechtsgeschäfte, die P in seinem Namen abschließt, gegen sich gelten lassen. Eine Mindermeinung<br />

n<strong>im</strong>mt derartige Konsequenzen in Kauf und bejaht unter Berufung auf den Wortlaut des § 15 Abs. 3 HGB die Haftung des bis<br />

dahin völlig Unbeteiligten allein aufgrund des in der Bekanntmachung liegenden Rechtsscheins. Der unbeteiligte Dritte<br />

könne bei Pflichtverletzung des Registergerichts Haftungsansprüche nach Art. 34 GG, § 839 BGB geltend machen. 70 Die<br />

vorherrschende Auffassung geht dagegen zu Recht in Anlehnung an die Grundsätze der allgemeinen Rechtsscheinhaftung, die<br />

eine Zurechenbarkeit eines Scheintatbestandes erfordern, davon aus, dass der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 HGB durch<br />

das Veranlassungsprinzip beschränkt wird. Daher wirke die Vorschrift nur zu Lasten desjenigen, der die unrichtige<br />

Verlautbarung zumindest mittelbar, wenn auch durch einen richtigen Eintragungsantrag verursacht hat. Diese Auslegung<br />

ergibt sich auch aus dem Wortlaut der Vorschrift: das Bekanntgemachte wirkt nach § 15 Abs. 3 HGB nur zu Lasten<br />

desjenigen, ,,in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war“. Davon kann aber nur dann die Rede sein, wenn der<br />

Betroffene wenigstens einen, wenn auch richtigen, Eintragungsantrag gestellt hat. 71<br />

(d) Keine Wirkung zu Ungunsten Minderjähriger<br />

Umstritten ist weiter, ob § 15 Abs. 3 HGB auch zuungunsten Minderjähriger und anderer nicht voll Geschäftsfähiger wirkt.<br />

64<br />

Bürck, AcP 171 (1971), 328, 338; Sandberger, JA 1973, 215, 219.<br />

65<br />

Ebenso Großkomm/Hüffer, § 15 HGB, Rn. 51; MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 89; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 46; K. Schmidt,<br />

HandelsR, § 14 III 2b, S. 407; Hübner, HandelsR, Rn. 160; Brox/Henssler, HandelsR, Rn. 99.<br />

66<br />

Regierungsbegründung zum Gesetz zur Durchführung der Ersten Gesellschaftsrechtsrichtlinie, BT- Drucks. 5/3862 vom 13. 2. 1969, S. 11.<br />

67<br />

K. Schmidt, HandelsR, § 14 III 2 b und c, S. 407 f.; MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 88; Baumbach/Hopt, § 15 HGB, Rn. 18;<br />

Brox/Henssler, HandelsR, Rn. 98; Hübner, HandelsR, Rn. 159; Schilken, AcP 187 (1987), 1, 12 f.; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 46; aA.<br />

Beuthien, NJW 1970, 2283, 2284, der bei falscher Eintragung und falscher Bekanntmachung nur die gewohnheitsrechtlichen Ergänzungssätze<br />

angewendet wissen will.<br />

68<br />

Regierungsbegründung zum Gesetz zur Durchführung der Ersten Gesellschaftsrechtsrichtlinie, BT- Drucks. 5/3862 vom 13. 2. 1969, S. 11.<br />

69<br />

Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 51.<br />

70<br />

MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 83 ff; Brox/Henssler, HandelsR, Rn. 102; Schilken, AcP 187 (1987), 1, 16 ff.; Hofmann, JA 1980, 264,<br />

270; ders., HandelsR, C V 3c bb, S. 76 f.; Gierke/Sandrock, Handels- und WirtschaftsR, § 11 III 3c g, S. 154 f.<br />

71<br />

Großkomm/Hüffer, § 15 HGB, Rn. 47 f.; E/B/J/S/Gerhlein, § 15 HGB, Rn. 33; Baumbach/Hopt, § 15 HGB, Rn. 19; Hopt, HandelsR, Rn.<br />

197; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 51 ff; ders., Vertrauenshaftung, S. 165 f.; Hübner, HandelsR, Rn. 162; Steinbeck, HandelsR, § 11, Rn. 33;<br />

Sandberger, JA 1973, 215, 218; Kreutz, Jura 1982, 626, 641. Wiederum anders Steckhan, DNotZ 1971, 211, 224 ff.; ders., NJW 1971, 1594,<br />

1595; K. Schmidt, HandelsR, § 14 III 2d, S. 409 f.: Als Alternative zum Veranlassungsprinzip der hM. sei es vorzugswürdig, den von § 15<br />

Abs. 3 HGB betroffenen Personenkreis einzuschränken. § 15 Abs. 3 HGB belaste – auch ohne Antrag – all diejenigen, die registerpflichtige<br />

Angelegenheiten hätten, also nur Kaufleute. Der Privatmann brauche § 15 Abs. 3 HGB nicht zu fürchten, auch wenn er unversehens,<br />

beispielsweise als OHG-Gesellschafter, in einer Bekanntmachung erscheine. Denn er betreibe keine registerpflichtigen ,,Angelegenheiten“<br />

iSd. § 15 Abs. 3 HGB.


Eine Auffassung sieht den Verkehrsschutz als vorrangig vor dem Minderjährigenschutz an. 72 Die Gegenmeinung geht dagegen<br />

zu Recht davon aus, dass die Haftung nach § 15 Abs. 3 HGB auf den Gedanken der Zurechenbarkeit aufbaut und daher<br />

konsequenterweise bei Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit nicht eingreift, da insofern die<br />

Zurechnungsfähigkeit fehlt. 73<br />

(e) Keine Geltung <strong>im</strong> Unrechtsverkehr<br />

Ebenso wie bei § 15 Abs. 1 HGB wird auch <strong>im</strong> Rahmen des § 15 Abs. 3 HGB die Zugehörigkeit des rechtsbegründenden<br />

Vorgangs zum Geschäftsverkehr gefordert. Denn Rechtsscheinschutz scheidet da aus, wo nicht einmal abstrakter<br />

Vertrauensschutz am Platze ist, also <strong>im</strong> reinen Unrechtsverkehr. 74<br />

72<br />

K. Schmidt, HandelsR, § 14 III 3b, S. 410 f.; ders., JuS 1977, 209, 216 f.; MünchKomm/Krebs, § 15 HGB, Rn. 92; Großkomm/Hüffer, § 15<br />

HGB, Rn. 5<strong>5.</strong><br />

73<br />

Baumbach/Hopt, § 15 HGB, Rn. 19; E/B/J/S/Gerhlein, § 15 HGB, Rn. 34; Canaris, HandelsR, § 5, Rn. 54; ders, Vertrauenshaftung, S. 166;<br />

Hübner, HandelsR, Rn. 170 f.<br />

74 Siehe nur K. Schmidt, HandelsR, § 14 III 3a, S. 410.

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