MBZ Ausgabe 02/2013 - Zahnärztekammer Berlin
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Panorama<br />
stellte Formsteine aber gestatteten eine<br />
Ornamentierung mit Lisenen, Zacken-,<br />
Rundbogen- und Sägezahnfriesen.<br />
Stendal<br />
Unser nächstes Ziel war nicht weit entfernt,<br />
aber auf der jenseitigen Elbeseite:<br />
die Hansestadt Stendal; hier konnten wir<br />
bei sommerlicher Sonne auf dem malerischen<br />
Marktplatz und im Angesicht des<br />
drittgrößten Rolands Deutschlands die<br />
Stände inspizieren: Attraktiv für die Tieresser<br />
waren Angebote von<br />
Pferdewurst oder Hirsch-<br />
Schinken. Das war der richtige<br />
Auftakt für das Mittagessen<br />
und die Pause, der<br />
Vormittag war anstrengend<br />
genug.<br />
Die Siedlung Stendal erhielt<br />
1160 von dem uns<br />
vertrauten Albrecht das<br />
Marktrecht. Die Bauten der<br />
Pfarrkirche St. Jacobi, des<br />
Franziskanerklosters und<br />
der Marienkirche wurden<br />
begonnen, und um 1300<br />
bekam das Ganze eine<br />
umfassende Stadtmauer<br />
mit mehreren Stadttoren.<br />
Erst 1423 begann man<br />
mit dem Dombau, am Ort<br />
der früheren Burg. Stendal<br />
war eine von sieben Städten<br />
im altmärkischen Städtebund<br />
und von 1358 bis<br />
1518 Mitglied der Hanse;<br />
die Stadt wurde zur reichsten<br />
und schönsten in der<br />
Mark. Der Handel mit den<br />
Produkten der Tuchmacher<br />
und Gewandschneider,<br />
aber auch Privilegien wie<br />
Zollfreiheit und Münzrecht,<br />
wurde zum Motor des wirtschaftlichenAufschwunges.<br />
Die bedeutende Profanarchitektur<br />
ist nur noch<br />
im Rathaus sichtbar – der Dreißigjährige<br />
Krieg hat in der Stadt gewütet. Dass<br />
heute die Kirchen und Stadttore noch<br />
zu sehen sind, ist den restauratorischen<br />
Bemühungen der Zeit der Romantik zu<br />
danken, einem bedeutenden Mann wie<br />
Winckelmann stand auch eine stattliche<br />
Geburtsstadt zu.<br />
56 <strong>MBZ</strong> <strong>02</strong> <strong>2013</strong><br />
Der Roland von Stendal<br />
Das Rathaus<br />
Unser Nachmittag begann mit der Besichtigung<br />
des Rathauses, der Höhepunkt<br />
dort ist die Raumvertäfelung von<br />
1462 in der alten Ratsstube, sie gilt als<br />
älteste profane Holzschnitzerei nördlich<br />
der Alpen. Noch Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
war die Holzwand vollständig erhalten.<br />
Sie zeigte den Kaiser und die sieben<br />
Kurfürsten des Reiches, unter ihnen<br />
den Markgrafen von Brandenburg, als<br />
Personifikationen der reichsstädtischen<br />
Ordnung; erhalten blieb davon die Sitzfigur<br />
des Erzbischofs von Köln. Die Wand<br />
zeigt ferner zwei Szenen aus dem Alten<br />
Testament: Jonas mit dem Walfisch und<br />
Simson, den Löwen zerreißend. Simson<br />
galt im Mittelalter als der biblische Herkules.<br />
War seine Stärke ein Vorbild für<br />
die Stadt Stendal?<br />
Die Marienkirche<br />
Direkt neben dem Rathaus steht die<br />
Marienkirche, ein Zeichen bürgerlichen<br />
Selbstbewusstseins der hanseatischen<br />
Kaufmannschaft. Mit ihrer Besichtigung<br />
schlagen wir einen großen Bogen von<br />
den Klosteranlagen der ersten Christianisierungsphase<br />
mit ihren romanischen<br />
Basiliken zu den gotischen Stadtpfarrkirchen<br />
des 14. und 15. Jahrhunderts,<br />
die als mehrschiffige Hallen gebaut wurden.<br />
Den Typ der Hallenkirche mit mehreren<br />
Schiffen gleicher Höhe<br />
in gotischer Einwölbung<br />
brachten die Bettelorden<br />
(Franziskaner, Dominikaner)<br />
mit. Sie benötigten großräumige<br />
Predigerkirchen inmitten<br />
der Städte. Da es<br />
kein Gestühl im Gemeindeteil<br />
der Kirchen gab, konnten<br />
Tausende Besucher der<br />
Verkündigung lauschen (die<br />
Marienkirche in Danzig fasst<br />
bis zu 25.000 Menschen!).<br />
Die Stendaler Marienkirche,<br />
erbaut auf den Fundamenten<br />
einer Vorgängerkirche,<br />
wurde 1447 geweiht: eine<br />
dreischiffige Backstein-Hallenkirche<br />
mit Umgangschor<br />
und Kapellenkranz; das ist<br />
der dominierende Bautyp<br />
der Spätgotik in der Mark<br />
und im gesamten Hansegebiet.<br />
Der Umgangschor<br />
öffnet optisch den Kirchenraum<br />
nach Osten, historisch<br />
bedingt ist er durch das Bedürfnis,<br />
den Pilgerströmen<br />
den Kontakt zu den im Altarraum<br />
aufbewahrten Reliquien<br />
zu gewähren und<br />
einen reibungslosen liturgischen<br />
Ablauf zu garantieren.<br />
Die zusätzlichen Kapellen<br />
am Umgang beherbergten<br />
diverse Nebenaltäre: Die<br />
Altarstiftungen der wohlhabenden Familien<br />
dienten der Jenseitsvorsorge der<br />
Menschen; hier gab es 1540 immerhin<br />
26 solcher Zelebrationsorte.<br />
Die heutige Innenausstattung der Kirche<br />
entstammt der Bauzeit, alle Kunstwerke<br />
sind im Original erhalten und qualitativ<br />
äußerst hochwertig. Lediglich die Kanzel