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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Im Gebiet der Zivilstadt <strong>Augusta</strong> <strong>Raurica</strong> <strong>und</strong> der<br />

früh- <strong>und</strong> spätrömischen militärischen Anlagen haben<br />

sich r<strong>und</strong> 450 figürliche Kleinbronzen (Statuetten,<br />

Statuettenteile <strong>und</strong> -zubehör, Appliken, Geräte-, Gefäss-<br />

<strong>und</strong> Möbelteile, Amulette) erhalten; von knapp<br />

drei Vierteln kennt man die F<strong>und</strong>stelle innerhalb<br />

dieses Gebiets 223<br />

. Es scheint deshalb lohnend zu überprüfen,<br />

ob sich die Art der F<strong>und</strong>e in den verschieden<br />

genutzten Stadtteilen (öffentliche Bauten, Wohnquartiere,<br />

Gewerbezonen, militärisch genutztes Gebiet)<br />

unterscheidet <strong>und</strong> ob die vertikale Verteilung<br />

der F<strong>und</strong>e zeitlich bedingte Unterschiede erkennen<br />

lässt 224<br />

. Dabei muss man sich aber von vornherein darüber<br />

im klaren sein, dass aufgr<strong>und</strong> der Eigenschaften<br />

des untersuchten Materials <strong>und</strong> der auf einzelne<br />

Kategorien bezogenen geringen Menge an Objekten<br />

höchstens Tendenzen, kaum aber statistisch relevante<br />

Ergebnisse zu erwarten sind.<br />

Der wichtigste, für die Auslese negative Faktor liegt<br />

in der Zufälligkeit des Erhaltenen, was mit der mehrfachen<br />

Verwendbarkeit von Metall zusammenhängt.<br />

Im Unterschied zu Objekten <strong>aus</strong> Keramik, Knochen<br />

oder Stein, die durch Beschädigung meist unbrauchbar<br />

wurden 225<br />

<strong>und</strong> zum grössten Teil als Bruchstücke<br />

in den Boden gelangten, landeten defekte Metallobjekte<br />

kaum je im Abfall, da man sie wieder einschmelzen<br />

<strong>und</strong> das Metall neu verarbeiten konnte. So<br />

gesehen, sind alle Bronzeobjekte, die bei Grabungen<br />

gef<strong>und</strong>en werden, <strong>aus</strong> Versehen in den Boden gekommen<br />

226<br />

, <strong>und</strong> <strong>aus</strong> ihrer Zahl lässt sich nicht auf<br />

die ursprünglich vorhandene Menge an Metallgegenständen<br />

schliessen; fest steht lediglich, dass aufgr<strong>und</strong><br />

einer rein zufälligen Auslese ein verschwindend<br />

kleiner Teil der ursprünglich vorhandenen Gesamtmenge<br />

erhalten geblieben ist.<br />

Eine zweite Einschränkung betrifft die Aussage der<br />

vertikalen Gliederung, das heisst der datierten Objekte.<br />

Knapp die Hälfte aller Bronzen stammt <strong>aus</strong><br />

bestimmbaren F<strong>und</strong>komplexen, die sich - vor allem<br />

durch die mitgef<strong>und</strong>ene Keramik - zeitlich einordnen<br />

lassen (vgl. Tabelle Abb. 108) 227<br />

. Diese F<strong>und</strong>komplexdatierung<br />

kann aber höchstens einen terminus ante<br />

quem liefern, das heisst ein Bronzeobjekt wurde in<br />

der Regel spätestens zur gleichen Zeit wie die mitgef<strong>und</strong>ene<br />

Keramik dem Gebrauch entzogen <strong>und</strong><br />

eingelagert, war aber möglicherweise lange vorher<br />

hergestellt worden. Gerade die religiös wichtigen<br />

Bronzestatuetten oder das wertvolle Bronzegeschirr<br />

wurden nachweislich jahrh<strong>und</strong>ertelang verwendet<br />

(vgl. unten mit Anm. 508). Daneben findet sich auch<br />

der umgekehrte Fall: beim Einsturz eines H<strong>aus</strong>es oder<br />

bei absichtlicher Vergrabung konnten jüngere Objekte<br />

in ältere Schichten geraten (vgl. etwa unten mit Anm.<br />

422). In jedem Fall ist es angebracht, F<strong>und</strong>komplexdatierungen<br />

nur als Richtwerte, nicht als absolute<br />

Zahlen aufzufassen 228<br />

.<br />

Als weiterer wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen<br />

gilt, ist die sehr unterschiedliche Erforschung<br />

des Geländes zu nennen. Seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert sind<br />

Nachrichten über Ruinen <strong>und</strong> F<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> der römischen<br />

Siedlung überliefert; systematische Grabungen<br />

werden seit dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert durchgeführt 229<br />

. In<br />

unserem Jahrh<strong>und</strong>ert sind es vor allem moderne Bauvorhaben,<br />

die die Untersuchung des Geländes voran­<br />

treiben <strong>und</strong> die bestimmen, ob nur ein Sondierschnitt<br />

angelegt wird oder grossflächig bis zum gewachsenen<br />

Boden <strong>aus</strong>gegraben werden kann. So ist die Ausdehnung<br />

der römischen Zivilstadt - zumindest der<br />

Oberstadt - zwar weitgehend bekannt, doch konnten<br />

bisher nur zwei Insulae, 24 <strong>und</strong> 30, sowie die sogenannten<br />

Frauenthermen in Insula 17 vollständig<br />

untersucht werden, was einen Vergleich zwischen<br />

einzelnen Stadtteilen sehr schwierig macht oder gar<br />

verunmöglicht 230<br />

. Dazu kommt, dass es auch in gut<br />

untersuchten Häusern nur sehr selten möglich war,<br />

die Funktion der einzelnen Räume zu bestimmen;<br />

Aufschlüsse darüber, in welchen Räumen Bronzen,<br />

insbesondere Statuetten, aufbewahrt <strong>und</strong> verwendet<br />

wurden, sind also kaum zu erwarten.<br />

Einschränkungen ergeben sich schliesslich <strong>aus</strong> der<br />

Art des untersuchten Materials: der Katalog erfasst<br />

nicht sämtliche Bronzeobjekte, sondern nur die figürlichen<br />

<strong>und</strong> figürlich verzierten Kleinbronzen. Es ist<br />

hier nicht der Ort, Vor- <strong>und</strong> Nachteile dieser Auswahl<br />

abzuwägen; es gilt lediglich, sich bewusst zu sein, dass<br />

das untersuchte Material keinen Aufschluss über<br />

223 Auch an dieser Stelle möchte ich Constant Clareboets, Augst,<br />

herzlich für die zum Teil mühevolle Arbeit der F<strong>und</strong>kartierung<br />

danken. - Die figürlichen Bronzen ohne bekannte F<strong>und</strong>stelle<br />

lassen sich über das F<strong>und</strong>ortverzeichnis in den beiden Katalogbänden<br />

(S. 182 bzw. 215) leicht auffinden.<br />

224 Den Diskussionen mit Peter-Andrew Schwarz, Augst, verdanke<br />

ich zahlreiche Hinweise zur Interpretation von Bef<strong>und</strong>en<br />

sowie Ergänzungen <strong>und</strong> Berichtigungen in diesem Kapitel.<br />

225 Vgl. allenfalls St. <strong>und</strong> M. Martin-Kilcher, Geflicktes Geschirr<br />

<strong>aus</strong> dem römischen Augst BL. Regio Basiliensis 18, 1977,<br />

148-171; St. Martin-Kilcher, Römische Geschirrflicker, Augster<br />

Blätter zur Römerzeit 2 (Augst 1992 2<br />

); zum Wiedereinschmelzen<br />

von Glas vgl. Rütti 1991,19.152-162.<br />

226 Ausgenommen sind hier natürlich absichtlich vergrabene Objekte;<br />

vgl. etwa Depot mit Statuettengruppe <strong>und</strong> Geschirr (D3)<br />

<strong>aus</strong> Insula 18 oder Depot mit Larariumsstatuetten <strong>und</strong> Geschirr<br />

(D12) <strong>aus</strong> Region 20,X.<br />

227 Zu Methode <strong>und</strong> Problemen der Augster F<strong>und</strong>komplexdatierung<br />

vgl. Martin-Kilcher 1987,26-48; 1994,462-465.<br />

228 Die F<strong>und</strong>komplexdatierung stützt sich fast <strong>aus</strong>schliesslich auf<br />

die Keramik; Münzen sind in der Regel nicht berücksichtigt.<br />

Für eine eigentliche Schichtdatierung müssten Bef<strong>und</strong> wie<br />

Mitf<strong>und</strong>e gleichermassen herangezogen werden - ein aufwendiges<br />

Unterfangen, das sich jedenfalls für die Bronzen<br />

nicht lohnte. - Da in den letzten Jahren eine grosse Zahl von<br />

F<strong>und</strong>komplexen vor allem in Zusammenhang mit der Bearbeitung<br />

der Amphoren (Martin-Kilcher 1987 <strong>und</strong> 1994) überprüft<br />

oder neu datiert wurde, kann die im folgenden zu den<br />

einzelnen Objekten angegebene Keramikdatierung in Einzelfällen<br />

von der im Katalog publizierten abweichen. Seit wenigen<br />

Jahren wird auch die Qualität des F<strong>und</strong>komplexes bzw.<br />

der Datierung kurz kommentiert (in Klammern angegeben).<br />

In den seltenen Fällen, wo trotz nicht datierbarem F<strong>und</strong>komplex<br />

eine Zeitangabe (in Klammern) steht (z.B. zu S29 <strong>aus</strong> Insula<br />

11), beruht diese auf der Interpretation des Bef<strong>und</strong>es.<br />

229 Kurzer Abriss der Forschungsgeschichte bei Martin 1987,<br />

7-13.<br />

230 Zu den Problemen beim Vergleich von unterschiedlich gut erforschten<br />

Insulae bzw. von verschieden grossen F<strong>und</strong>mengen<br />

<strong>aus</strong> verschiedenen Insulae am Beispiel der Schlangentöpfe<br />

vgl. Schmid 1991, 37f. Immerhin entfällt bei Metallobjekten<br />

der bei Keramik stets zu berücksichtigende Faktor der Auslese<br />

während <strong>und</strong> nach der Ausgrabung (vgl. Martin-Kilcher<br />

1987, 22-24; Rütti 1991,20-22); was an antiken Metallgegenständen<br />

in antiker Zeit, dem Kreislauf der Wiederverwendung<br />

entzogen, in den Boden gelangt ist, wird in der Regel bei der<br />

Ausgrabung auch aufbewahrt.

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