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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Norditalien um die Mitte des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts in verschiedenen<br />

Werkstätten nördlich der Alpen hergestellt;<br />

ein Schwerpunkt scheint sich in Ostgallien <strong>und</strong><br />

in der Nordschweiz abzuzeichnen (vgl. Karte Abb. 8).<br />

Es ist anzunehmen, dass bronzene Reibstäbchen<br />

eine regional <strong>und</strong> zeitlich begrenzte Sonderform<br />

darstellten, da diese wohl zum Verreiben von Pasten<br />

verwendeten Geräte sonst üblicherweise <strong>aus</strong> Glas<br />

bestanden 91<br />

.<br />

Die Stilelemente des hockenden H<strong>und</strong>es auf dem<br />

mutmasslich <strong>aus</strong> Langres stammenden Reibstäbchen<br />

Abb. 7,13 - gerade Rückenlinie, kaum Unterschiede<br />

im Volumen von Extremitäten <strong>und</strong> Rumpf - finden<br />

sich an H<strong>und</strong>e(?)figuren wieder, die den oberen<br />

Abschluss von Haarnadeln bildeten (Abb. 7,21-28).<br />

Die Haarnadeln mit tiergestaltigem Aufsatz bestehen<br />

meist <strong>aus</strong> zwei Teilen, der Tierfigur auf hohlgegossenem<br />

kapitellartigem Sockel <strong>und</strong> dem oft eisernen<br />

Stab, der in den Sockel oder durch diesen hindurch<br />

gesteckt wurde. Leider lässt sich diese Gruppe von<br />

Haarnadeln zeitlich oder regional nicht eingrenzen;<br />

so muss offenbleiben, ob die stilistische Verwandtschaft<br />

mit gewissen Reibstäbchen nur zufällig ist oder<br />

auf gemeinsame Werkstätten schliessen lassen könnte<br />

(vgl. Karte Abb. 8) 92<br />

.<br />

Messergriffe<br />

Ein Typus von Messergriffen, der in Augst <strong>und</strong> Kaiseraugst<br />

durch die Exemplare 231-233, S216 <strong>und</strong> S221<br />

belegt ist, weist einen im Querschnitt r<strong>und</strong>en oder<br />

polygonalen Schaft auf, der sich beim Übergang zur<br />

eisernen Klinge auf zwei Seiten verjüngt. Oben endet<br />

er in einem Panther-, H<strong>und</strong>e- oder Widderkopf, in<br />

einer ganzen Tierfigur, einer stilisierten Hand oder<br />

einem Frauenkopf. Charakteristisch ist zudem die<br />

Gliederung des Schaftes in mehrere r<strong>und</strong>umlaufende<br />

Zonen, die mit einem Blattmuster oder mit <strong>aus</strong><br />

feinen Punzpunkten zusammengesetzten, nicht ganz<br />

geschlossenen Kreisen gefüllt sind (Abb. 9 <strong>und</strong> 10).<br />

Die F<strong>und</strong>orte der Messergriffe zeigen einen Schwerpunkt<br />

im Gebiet der Nord- <strong>und</strong> Westschweiz (vgl.<br />

Karte Abb. 11): von den mir bekannten 45 Exemplaren<br />

stammen je fünf <strong>aus</strong> dem Stadtgebiet von <strong>Augusta</strong><br />

<strong>Raurica</strong> (Abb. 9,15-19) <strong>und</strong> <strong>aus</strong> dem Legionslager<br />

von Vindonissa (Abb. 9,20-23.25, evtl. 24), weitere zwei<br />

<strong>aus</strong> Avenches (Abb. 9,13.14) bzw. <strong>aus</strong> dem Vicus von<br />

Oberwinterthur (Abb. 9,27.28) sowie eines <strong>aus</strong> Baden<br />

(Abb. 9,26). Einzelne Exemplare wurden im angrenzenden<br />

Häduer- <strong>und</strong> Sequanergebiet gef<strong>und</strong>en<br />

(Abb. 9,1-4.6-11, evtl. 12). Die übrigen Messergriffe<br />

sind zu einem grossen Teil in Militärlagern entlang<br />

dem Rhein (Abb. 9,30-33.35, evtl. 34) <strong>und</strong> in England<br />

(Abb. 9,36-41) gef<strong>und</strong>en worden. Ein Exemplar<br />

(Abb. 9,42) ist sogar ins freie Germanien gelangt.<br />

Die geographische Streuung legt nahe, ein Produktionszentrum<br />

für diesen Typus von Messergriffen in<br />

<strong>Augusta</strong> <strong>Raurica</strong> oder Vindonissa anzunehmen.<br />

Die Messer, deren genauer Verwendungszweck<br />

noch nicht abschliessend geklärt ist 93<br />

, wurden offenbar<br />

vorwiegend, aber nicht <strong>aus</strong>schliesslich im militärischen<br />

Bereich verwendet; wahrscheinlich brachte das Militär<br />

die am Niederrhein <strong>und</strong> in Britannien gef<strong>und</strong>enen<br />

Exemplare von Süden mit. Die frühesten zeitlichen<br />

Anhaltspunkte - diejenigen der Exemplare Abb.<br />

9,15.18 <strong>und</strong> 27 - sprechen für eine Datierung um die<br />

Mitte <strong>und</strong> in der zweiten Hälfte des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts;<br />

dabei lässt sich nicht entscheiden, ob die Produktion<br />

schon in der ersten Hälfte des Jahrh<strong>und</strong>erts eingesetzt<br />

hat.<br />

Unklar ist ferner, wie die von J. Garbsch zusammengestellten<br />

kastenförmigen Messergriffe mit fisch-<br />

9 4<br />

blasenförmiger Aussparung (Typ A) mit den Griffen<br />

des hier behandelten Typus zusammenhängen. Eines<br />

der wenigen Exemplare mit figürlichem Abschluss -<br />

gef<strong>und</strong>en im Bezirk des gallorömischen Heiligtums<br />

von Villards-d'Héria - weist einen stilistisch mit den<br />

Griffen Abb. 9,17.24.25 <strong>und</strong> 34 übereinstimmenden,<br />

ebenfalls mit Punzkreisen verzierten Tierkopf auf,<br />

während ein Teil der nicht figürlich verzierten Griffe<br />

das schraffierte Blattmuster zeigt 95<br />

. Nach Ausweis der<br />

bei Garbsch angegebenen Datierungen scheinen die<br />

kastenförmigen Messergriffen eher etwas später einzusetzen<br />

als die Griffe mit polygonalem Querschnitt,<br />

doch könnten zeitweise auch beide Typen nebeneinander<br />

in Gebrauch gewesen sein.<br />

Von besonderem Interesse ist schliesslich ein Gerätegriff<br />

mit ovalem Querschnitt <strong>und</strong> Blattmuster, der sehr<br />

wahrscheinlich <strong>aus</strong> Pompeji stammt (Abb. 9,46); leider<br />

scheint es ein Einzelexemplar zu sein, so dass sich<br />

keine weiteren Schlüsse dar<strong>aus</strong> ziehen lassen 96<br />

.<br />

91 Vgl. Riha 1986,41; Biaggio Simona (Anm. 90) 220-226. - Das<br />

Exemplar Abb. 7,10 wäre demnach länger als üblich in Gebrauch<br />

gewesen.<br />

92 Von den Tieraufsätzen auf Haarnadeln ist durch Exemplare <strong>aus</strong><br />

Trier (F<strong>aus</strong>t [wie zu Abb. 7,24] Nr. 35), Köln (Menzel, Bonn<br />

Nr. 389 Taf. 134), Heddernheim (?) (Kohlert-Németh, Nida-<br />

Heddernheim II Nr. 51) <strong>und</strong> vielleicht Augst (240) eine weniger<br />

schematische Variante belegt, für die aber ebenfalls alle<br />

zeitlichen Anhaltspunkte fehlen.<br />

93 J. Garbsch (1975, 69) schlägt für die schmalen Messer mit<br />

typologisch verwandtem Griff eine Verwendung als Rasiermesser<br />

vor; dieselbe Funktion möchte Michel Feugère<br />

(Montagnac) auch für unseren Typ annehmen (brieflich).<br />

Möglicherweise diente das Exemplar <strong>aus</strong> der Umgebung von<br />

Sens (Abb. 9,1), das eine bronzene, nicht eine eiserne Klinge<br />

aufweist, als Votivgabe (so C. Rolley in: J.-P Guillaumet u.a.<br />

[s. Abbildungsnachweis]).<br />

94 Garbsch 1975,69-73 Abb. 1.<br />

95 Garbsch 1975,69ff. Abb. 1,7.12.13. Michel Feugère machte mich<br />

auf zwei weitere Exemplare der Mischform Villards-d'Héria<br />

<strong>aus</strong> Nijmegen (?) (Rijksmuseum van Oudheden, Leiden) <strong>und</strong><br />

in Nîmes aufmerksam (beide unpubliziert),die das schraffierte<br />

Blattmuster aufweisen <strong>und</strong> in einem Pantherkopf ähnlich dem<br />

der Griffe Abb. 9,5 <strong>und</strong> 33 enden.<br />

96 R. Jackson, Medical Instruments in the «Antiquarium» at Pompeii.<br />

In: L. J. Bliquez, Roman Surgical Instruments and Other<br />

Minor Objects in the National Archaeological Museum of<br />

Naples (Mainz 1994) 211 A43 Abb. 223.224. 230.

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