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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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ältere Objekte - Eisenwerkzeug <strong>und</strong> Statuetten<br />

unterschiedlichen Alters - <strong>aus</strong> der nahegelegenen<br />

Villa sichern wollte (vgl. auch unten mit Anm. 663f.<br />

<strong>und</strong> Anhang II GF64) 76<br />

. Beide Laren, derjenige von<br />

Straubing wie der von Augst, sind offenbar campanische<br />

Erzeugnisse des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts, wobei das<br />

Augster Exemplar in iulisch-claudische Zeit zu datieren<br />

sein dürfte (vgl. unten Exkurs I); zum Laren <strong>aus</strong><br />

Straubing ist kürzlich eine sehr nahe Parallele <strong>aus</strong><br />

Pompeji 77<br />

bekanntgeworden.<br />

J. Frels Gliederung überzeugt dort, wo er innerhalb<br />

derselben Gattung handschriftliche Stileigenheiten zu<br />

unterscheiden versucht, wird jedoch problematisch,<br />

wenn er Objekte <strong>aus</strong> verschiedenen Gattungen miteinander<br />

vergleicht, ohne konsequent stilistische <strong>und</strong><br />

typologische Merkmale <strong>aus</strong>einanderzuhalten. Die <strong>aus</strong><br />

gegossenen <strong>und</strong> getriebenen Teilen zusammengesetzte<br />

Minervabüste <strong>aus</strong> Augst S41 zeigt, wie schwierig es<br />

ist, übergeordnete gemeinsame Stilmerkmale zu erkennen;<br />

hinzu kommt, dass wir nicht einmal in diesem<br />

Fall wissen, ob wirklich derselbe Handwerker die gegossenen<br />

wie die getriebenen Partien hergestellt hat.<br />

Die zweite eingehende Untersuchung zu Werkstattzusammenhängen<br />

unter Einbezug von Augster<br />

Material stammt von M. Kemkes; er befasst sich mit<br />

Herstellungstechnik, Stil <strong>und</strong> Funktion bronzener<br />

Truhenbeschläge <strong>aus</strong> der Villa von Eckartsbrunn 78<br />

. Er<br />

macht wahrscheinlich, dass die verschiedenen eisernen<br />

<strong>und</strong> bronzenen Bestandteile - Büsten, Lunulae,<br />

Bleche, Unterlegscheiben, Henkel <strong>und</strong> Scharniere - in<br />

der gleichen Werkstatt hergestellt worden sind. Die<br />

stilistisch nächste Parallele zu den künstlerisch anspruchslosen,<br />

recht nachlässig gearbeiteten Bacchusbüsten<br />

sieht er in einer typologisch ganz ungewöhnlichen,<br />

qualitativ sehr bescheidenen Venusstatuette<br />

<strong>aus</strong> Augst (71), die er der gleichen, in der Gegend<br />

Hochrhein-Nordschweiz zu lokalisierenden Werkstatt<br />

zuweisen möchte. Bestätigend kommt für ihn hinzu,<br />

dass sich auch für die Delphinhenkel eine lokal begrenzte<br />

Werkstatttradition abzeichnet, indem einige<br />

typologische Merkmale die Henkel <strong>aus</strong> Eckartsbrunn<br />

mit Exemplaren <strong>aus</strong> Augst verbinden 79<br />

.<br />

Weniger überzeugend als Kemkes' Beobachtungen<br />

zu den Henkeln scheint mir die von ihm postulierte<br />

stilistische Übereinstimmung zwischen den Bacchusbüsten<br />

<strong>und</strong> der Augster Venus. An beiden Objekten<br />

bzw. Objektgruppen herrschen einheimisch-gallische<br />

Stilmerkmale vor; die technische Ausführung ist deutlich<br />

nachlässig <strong>und</strong> unpräzis. In der Art der Kaltarbeit<br />

zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede: so sind<br />

etwa die kurzen tiefen Kerben, die die Gewandfalten<br />

<strong>und</strong> die Haarsträhnen der Venus unterteilen, schematisch<br />

aneinandergereiht, während sie bei den Bacchusbüsten<br />

weniger tief eingeschlagen sind <strong>und</strong> unregelmässiger<br />

verlaufen. Entscheidend scheint mir aber vor<br />

allem, dass die stilistischen Eigenheiten der Venus<br />

offensichtlich direkt auf das ihr zugr<strong>und</strong>e liegende<br />

Vorbild zurückzuführen sind, was bei den Büsten nicht<br />

in gleicher Weise der Fall ist. Während nämlich Statuetten<br />

im allgemeinen auf eigentliche Kleinbronzetypen<br />

zurückgehen (s. unten mit Anm. 168f.), gibt die<br />

Venus von Augst 71 (Abb. 5,1) einen Terrakottatypus<br />

wieder, <strong>und</strong> zwar den recht selten in Zentralgallien <strong>und</strong><br />

Obergermanien vertretenen, hier leicht abgewandel-<br />

Abb. 5,1 Venus 71. M. 2: 3.<br />

1 2<br />

Abb. 5,2 Terrakottastatuette der Venus <strong>aus</strong> Rheinzabern (Rheinland-Pfalz,<br />

D). M. 1 : 2.<br />

ten Typus der von Eule, Adler <strong>und</strong> Delphin begleiteten<br />

Göttin (Abb. 5,2) 8()<br />

. Gewand <strong>und</strong> Tiere beidseits<br />

der Göttin sowie die für Bronzen in dieser Form<br />

sonst nicht belegte Standfläche sind weitgehend übernommen,<br />

wenn auch Adler <strong>und</strong> Delphin im einzelnen<br />

nicht mehr kenntlich sind; <strong>aus</strong> der auf der linken<br />

Schulter hockenden Eule ist ein zweites, unverstandenes<br />

Strähnenbündel geworden. Abgeändert ist nur<br />

die rechte Hand, die, statt zur Schulter erhoben, eine<br />

Schale nach vorn streckt. Vom Terrakottatypus vorgegeben<br />

sind aber offenbar <strong>aus</strong>ser motivischen auch<br />

stilistische Elemente: die kleinen, verkümmerten<br />

Füsse, die unförmigen Hände sowie die Kerben<br />

zur Charakterisierung der Haarsträhnen <strong>und</strong> der<br />

Gewandfalten. Wir wissen nicht, weshalb hier - <strong>und</strong><br />

meines Wissens nur hier - für eine Bronzestatuette<br />

auf ein Terrakottavorbild zurückgegriffen wurde;<br />

76 Garbsch 1978,47.<br />

77 Franchi dell'Orto/Varone 1994 Nr. 12 (hier Abb. 153).<br />

78 Kemkes 1991 (Bacchusbüsten 329ff.).<br />

79 Für seine Annahme spricht auch, dass zwei Delphinhenkel <strong>aus</strong><br />

Zürich (Kaufmann-Heinimann, Suppl. Nr. 192 Taf. 75) bzw.<br />

Zurzach (A. Leib<strong>und</strong>gut, Bronzen <strong>aus</strong> der Villa Brüggliwiesen<br />

in Zurzach. Argovia 108,1996,146f. Abb. 59. 60) - die er noch<br />

nicht kennen konnte - dieselben Merkmale, so etwa das durchbrochen<br />

gearbeitete Delphinmaul, aufweisen.<br />

80 M. Rouvier-Jeanlin, Les figurines gallo-romaines en terre cuite<br />

au Musée des Antiquités Nationales. Gallia Suppl. 24 (Paris<br />

1972) Nr. 34 (Typ IA); G. Schauerte, Terrakotten mütterlicher<br />

Gottheiten. BJb Beiheft 45 (Köln/Bonn 1985) 192f. Nr. 291-293<br />

Taf. 37,1.2 (Variante V 5.3.1). Datierung: viertes Viertel des<br />

1. Jh.; Herkunft: Zentralgallien. - Die Übereinstimmung zwischen<br />

Terrakottatyp <strong>und</strong> Bronzefigur hat auch M. Rouvier-<br />

Jeanlin bemerkt (Les figurines gallo-romaines en terre cuite.<br />

Ausstellungskat. Dijon 1985,42 Nr. 106). Vgl. auch v. Gonzenbach<br />

1995,127f.

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