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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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den 69<br />

. Alle Statuetten weisen dieselben Stilmerkmale<br />

auf; für Statuetten des gleichen Typus wurden offenbar<br />

übereinstimmende, vom gleichen Urmodell abgenommene<br />

Negativformen verwendet. Leider steht die<br />

Gruppe in ihrem Umfang bisher einzig da. Meist<br />

gelingt es nur an wenigen, zudem qualitativ eher<br />

bescheidenen Statuetten dieselben Charakteristika<br />

zu finden; bei klassizistischen Statuetten werden<br />

«handschriftliche» Eigenheiten offenbar bewusst vermieden<br />

70<br />

. Auch das Augster Material bildet hier keine<br />

Ausnahme; bevor aber eigene Werkstattgruppierungen<br />

vorgestellt werden, soll von zwei Beiträgen <strong>aus</strong> der<br />

neueren Forschung die Rede sein, in denen Augster<br />

Objekte zu anderen Bronzen in Beziehung gesetzt<br />

werden.<br />

J. Frei unternimmt den Versuch, <strong>aus</strong>gehend von den<br />

zum Teil signierten Paraderüstungen des Schatzf<strong>und</strong>s<br />

von Straubing, stilistisch verwandte Werke demselben<br />

Umkreis zuzuordnen sowie weitere «Handschriften»<br />

zu identifizieren 71<br />

. Dabei beschränkt er sich nicht auf<br />

eine Gattung, sondern bezieht getriebene wie gegossene<br />

Objekte, Teile der militärischen Ausrüstung<br />

wie zivile Kultgegenstände mit ein - ein sehr interessantes,<br />

wenn auch beim heutigen Kenntnisstand teilweise<br />

problematisches Unterfangen. Aufgr<strong>und</strong> festgestellter<br />

gleicher Stilmerkmale nimmt er an, dass<br />

es gr<strong>und</strong>sätzlich dieselben Handwerker waren, die<br />

Rüstungsteile <strong>und</strong> Statuetten verfertigten. So findet er<br />

etwa an dem als Gerätstütze verwendeten Triton <strong>aus</strong><br />

Augst 192 denselben Gesichts<strong>aus</strong>druck <strong>und</strong> dieselbe<br />

dreieckige Schwellung der Nasenwurzel wie an den<br />

Gesichtsmasken von Straubing wieder <strong>und</strong> weist deshalb<br />

die ganze Gruppe dem - syrischen oder rätischen<br />

- «Straubinger Meister» zu. Nun zeigen sich im Triton<br />

wie in den Gesichtsmasken offenk<strong>und</strong>ig die gleichen<br />

Stiltendenzen des späten 2. <strong>und</strong> frühen 3. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

aber im einzelnen reichen die zum Teil nur typologischen<br />

Gemeinsamkeiten nicht <strong>aus</strong>, um dieselbe<br />

Hand erkennen zu lassen 72<br />

. Noch weniger einleuchtend<br />

scheint es mir, die von Eroten begleitete Venus<br />

<strong>aus</strong> Augst 68 dem Umkreis des Straubinger Meisters<br />

zuzuweisen. Wieder ist allenfalls der Zeitstil vergleichbar,<br />

aber schon die schlichte exedraförmige<br />

Basis der Augster Gruppe hebt sich deutlich von den<br />

von R. Fleischer zusammengetragenen syrischen<br />

Sockeln mit Mitteltreppe 73<br />

ab, so dass eine östliche<br />

Provenienz der Gruppe keineswegs zwingend erscheint.<br />

Im weiteren Umkreis des Straubinger Meisters siedelt<br />

J. Frei drei in Augst bzw. Kaiseraugst gef<strong>und</strong>ene<br />

Bronzeobjekte an, die er alle dem «Augster Graveur»<br />

(«Augst Engraver») zuschreibt; es sind dies die beiden<br />

Blechfragmente 167 <strong>und</strong> 168 sowie die Fortunastatuette<br />

74. Seine Datierung der Reliefs in das frühe<br />

3. Jahrh<strong>und</strong>ert ist durch<strong>aus</strong> erwägenswert 74<br />

, auch betont<br />

er zu Recht, dass an der Statuette die Kaltarbeit,<br />

nicht die plastische Gliederung vorherrscht; er vermag<br />

jedoch keine für alle drei Objekte charakteristischen<br />

Stilelemente zu nennen. In einem Exkurs streift<br />

J. Frei die beiden stilistisch ganz anders, d.h. nach<br />

Italien orientierten Statuetten eines Laren <strong>und</strong> eines<br />

Amor in Rüstung <strong>aus</strong> dem Schatzf<strong>und</strong> von Straubing,<br />

<strong>und</strong> stellt sie dem Laren 52 sowie den beiden Amorfiguren<br />

38 <strong>und</strong> 49 75<br />

<strong>aus</strong> Augst gegenüber. Aus dem<br />

Vergleich schliesst er, dass die Augster Statuetten im<br />

1. Jahrh<strong>und</strong>ert in Italien oder lokal als Imitationen<br />

italischer Vorbilder hergestellt wurden, die Straubinger<br />

Exemplare jedoch erst um 200 n. Chr., ebenfalls<br />

nach italischen Vorlagen, aber wohl in der Werkstatt<br />

des Straubinger Meisters. Indem J. Frei auf diese Weise<br />

alle Bestandteile des Straubinger Schatzf<strong>und</strong>es einer<br />

einzigen Werkstatt - oder allenfalls einem von ihr abhängigen<br />

Werkstattkreis - zuweist, verkennt er meines<br />

Erachtens dessen heterogenen Charakter völlig. J.<br />

Garbsch hat dagegen wahrscheinlich gemacht, dass<br />

es die Beute eines Plünderers war, der sich neuere<br />

militärische Ausrüstungsteile <strong>aus</strong> dem Kastell sowie<br />

69 Fleischer 1977; Frei 1987, 66f. Nr. 48-63. In Frels Liste noch<br />

nicht aufgeführt: Merkur <strong>aus</strong> M<strong>und</strong>erkingen (Abb. 4,2), Amor<br />

in Rüstung <strong>aus</strong> Regensburg (Abb. 4,7; der schlechte Erhaltungszustand<br />

der Statuette lässt die charakteristischen Stileigenheiten<br />

mehr erahnen als erkennen), Victoria <strong>aus</strong> Krepca<br />

(Abb. 4,16), Sockel <strong>aus</strong> Frankenwinheim (Abb. 4,20).<br />

70 Prinzipiell ist anzunehmen, dass jede kaiserzeitliche Bronzegusswerkstatt<br />

die Technik des indirekten Wachs<strong>aus</strong>schmelzverfahrens<br />

kannte, da dadurch die Arbeit rationalisiert wurde<br />

<strong>und</strong> missratene Güsse mit geringem Zeitaufwand wiederholt<br />

werden konnten; es liegt lediglich an der zu geringen Zahl erhaltener<br />

Objekte, dass sich das Verfahren oft nicht nachweisen<br />

lässt. Gerade qualitativ hochstehende Statuetten erwecken oft<br />

den Eindruck origineller Einzelschöpfungen, während in Wirklichkeit<br />

derselbe Bronzegiesser wahrscheinlich zahlreiche weitere<br />

Exemplare des gleichen Typus herstellte, die heute aber<br />

verloren sind. Zum Problem vgl. auch Stupperich 1988, 520f.<br />

Die Verwendung gleicher Negativformen legen etwa zwei klassizistische<br />

halblebensgrosse Bacchusfiguren <strong>aus</strong> Champigneulles<br />

(Meurthe-et-Moselle, F) bzw. in London nahe (Manfrini-<br />

Aragno 1987,63f. Abb. 46.47).<br />

71 Frei 1987.<br />

72 Den glatten, gespannten Gesichtsflächen <strong>und</strong> der kleinteiligen,<br />

ornamentalen Haar- <strong>und</strong> Brauengestaltung bei den Masken<br />

stehen beim Triton wie aufgeblasen wirkende Wölbungen des<br />

Rumpfs sowie das grosszügiger, weniger sorgfältig wiedergegebene<br />

Haupt- <strong>und</strong> Barthaar gegenüber. Den charakteristischen<br />

dreieckigen Stirnwulst halte ich eher für ein typologisches<br />

Element. - In der Victoria <strong>aus</strong> Augst 75 sieht J. Frei ein<br />

Verbindungsglied zwischen der Straubinger <strong>und</strong> der Eininger<br />

Werkstatt, wobei er an ihr wie am Ganymed <strong>aus</strong> Augst 191a zu<br />

Recht stärker typologische als stilistische Verwandtschaft mit<br />

den Rüstungsteilen erkennt.<br />

73 R. Fleischer, Eine Gruppe syrisch-phönikischer Bronzestatuetten-Basen.<br />

Damaszener Mitteilungen 1,1983, 31-42 Taf. 1-12.<br />

- Zu gallorömischen Sockelformen vgl. jetzt Künzl 1996,<br />

458-460.<br />

74 Mangels enger stilistischer Parallelen ist die zeitliche Einordnung<br />

der Bleche nach wie vor schwierig. J. Manser, der sich<br />

in einer (ungedruckten) Lizentiatsarbeit mit den Blechen befasste,<br />

setzte aufgr<strong>und</strong> stilistischer Unterschiede das Blech 168<br />

in die erste Hälfte des 3. Jh., das Blech 167 in die erste Hälfte<br />

des 4. Jh. (J. Manser, Zwei spätrömische Bronzereliefs <strong>aus</strong> dem<br />

Gebiet der Colonia <strong>Augusta</strong> <strong>Raurica</strong>, Lizentiatsarbeit Universität<br />

Basel 1985). Im Katalog hatte ich für beide eine Werkstatt<br />

der ersten Hälfte des 4. Jh. vorgeschlagen, ohne ihre stilistische<br />

<strong>und</strong> motivische Verwandtschaft mit den Reliefs auf den Paraderüstungen<br />

genügend zu beachten (vgl. etwa Binnengliederung<br />

des Merkur auf 167 mit der von Herkules <strong>und</strong> Mars auf<br />

Beinschienen <strong>aus</strong> Straubing, Garbsch 1978 B 10.11 Taf. 3, oder<br />

den kragenartig umgeklappten Ägisrand der Minerva des Berliner<br />

Reliefs mit dem gleichen Motiv auf verschiedenen Rüstungsteilen,<br />

ebd. B 22. E 6. P 28. R 5. 7.16 Taf. 6. 9.13. 37.42).<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Paraderüstungen spricht nun sehr<br />

viel für J. Frels Datierung der Bleche in das frühe 3. Jh., jedenfalls<br />

für eine gleiche Zeitstufe von Blechen <strong>und</strong> Rüstungen,<br />

auch wenn zumindest das Blech 167 qualitativ deutlich über<br />

dem Grossteil der Paraderüstungen steht.<br />

75 Zur Deutung von 49 vgl. unten Exkurs I.

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