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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Zusammensetzung von Statuettengruppen in öffentlichen Heiligtümern<br />

Im folgenden geht es darum, vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der oben untersuchten Larariumsstatuetten einige<br />

Charakteristika von Statuetten <strong>aus</strong> öffentlichen Heiligtümern<br />

zusammenzustellen. Dabei gilt es sich bewusst<br />

zu sein, dass sich üblicherweise in einem Larariumsinventar<br />

weit mehr an antiker Realität erhalten hat als<br />

im Hort eines öffentlichen Heiligtums, der höchstens<br />

eine gezielte Auswahl <strong>aus</strong> der Vielfalt <strong>und</strong> Objektfülle<br />

eines Tempelbetriebs überliefern kann.<br />

Format, Material<br />

Es ist klar, dass Votivstatuetten jeder Grösse in einem<br />

Heiligtum Platz finden konnten. Die rings um die erwähnten<br />

Heiligtümer der Trierer Gegend gef<strong>und</strong>enen<br />

Statuetten (s. oben mit Anm. 700) entsprechen mit<br />

einer Höhe von 6-14 cm etwa durchschnittlichen<br />

Larariumsstatuetten. Die zwei erhaltenenen stehenden<br />

Statuetten der Rosmerta <strong>und</strong> des Merkur im F<strong>und</strong><br />

von Champoulet (GF23) sind 24 bzw. 50 cm hoch;<br />

noch grösser sind die beiden Merkurstatuetten <strong>aus</strong><br />

Berthouville (GF17).<br />

Was das Material anbelangt, so sind es wieder die<br />

«offenen» oder in situ erhaltenen Sakralensembles, die<br />

am ehesten ein wirklichkeitsnahes Bild vermitteln.<br />

Beim Tempel in Thalfang-Dhronecken (s. Anm. 700)<br />

haben sich über 200 Terrakotten neben wenigen<br />

Bronzen erhalten. Im Fall von Poncey (GF40) ist an<br />

die zahlreichen Holz- <strong>und</strong> Steinstatuen zu erinnern,<br />

die die Hauptmenge der bei den Seinequellen dargebrachten<br />

Votive bildeten 723<br />

. Für das Verwahren in<br />

Horten wurden an sich gezielt die kostbaren Metallstatuetten<br />

<strong>aus</strong>gelesen, doch gehörte etwa zum Ensemble<br />

von Clermont-Ferrand (GF26) eine steinerne<br />

Sucellusstatuette, wie sich auch im Kultraum von Vichy<br />

(GF48) erhalten hat.<br />

Anzahl, Stil, Datierung<br />

Nicht nur der Umfang eines Sakralhorts ist sehr<br />

unterschiedlich, auch der Anteil der Statuetten an der<br />

Gesamtmenge der Votivgaben variiert stark. Der zu<br />

erschliessende ursprüngliche Bestand des F<strong>und</strong>es von<br />

Champoulet (GF23), der <strong>aus</strong> dem Heiligtum eines<br />

Landgutes stammt, weist mit wohl sechs Statuetten<br />

<strong>und</strong> etwa gleich vielen Gefässen eine <strong>aus</strong>gewogene<br />

Verteilung auf, während in den Horten der Regionalheiligtümer<br />

von Berthouville (GF17) <strong>und</strong> Mauer an<br />

der Uri (GF105) Statuetten nur einen geringen Teil der<br />

Weihgeschenke <strong>aus</strong>machen.<br />

Was die stilistische Zusammensetzung der Statuettengruppen<br />

in Sakralhorten angeht, so finden<br />

sich neben uneinheitlichen, über längere Zeit oder<br />

von verschiedenen Seiten zusammengekommenen<br />

Ensembles auch stilistisch geschlossene Gruppen oder<br />

solche, bei denen sich eine einheitliche Gruppe vom<br />

übrigen Inventar abhebt. In Felmingham Hall (GF5)<br />

wurde zusammen mit britanno-römischen <strong>Götter</strong>köpfen,<br />

zwei Raben <strong>und</strong> Kultgerät, ein italischer<br />

Lar verwahrt. Das Ensemble von Clermont-Ferrand<br />

(GF26) enthält zwei vorzügliche frühkaiserzeitliche<br />

Statuetten eines Genius <strong>und</strong> der Fortuna neben einer<br />

Reihe von bescheidenen, wohl einheimischen <strong>Götter</strong>figuren.<br />

Eine stilistisch geschlossene Gruppe bilden die erwähnten<br />

Statuetten von Champoulet (GF23), die im<br />

späteren 2. oder frühen 3. Jahrh<strong>und</strong>ert wohl <strong>aus</strong> Anlass<br />

einer gemeinsamen Weihung vermutlich lokal hergestellt<br />

wurden. Ein einheitliches Bild vermittelt auch<br />

der Sakralhort vom Lindberg bei Winterthur (GF85),<br />

der stilistisch <strong>und</strong> von seiner Zusammensetzung her<br />

zu den interessantesten Sakralhorten gehört: in den<br />

Eberfiguren leben vorrömische Elemente weiter 724<br />

,<br />

die hockenden H<strong>und</strong>e geben offenbar den in Terrakotta<br />

bekannten Typus des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts wieder 725<br />

,<br />

die Tiere im allgemeinen erscheinen als eigenständige,<br />

kraftvolle Figuren <strong>und</strong> sind als solche den unsicher<br />

modellierten, kümmerlichen Merkurstatuetten eher<br />

überlegen als ihnen untergeordnet. Es fällt schwer, ein<br />

solches Ensemble zeitlich einzuordnen; jedenfalls<br />

scheint es mir nicht zwingend, die Vergrabung im Zusammenhang<br />

mit den politischen Krisen des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zu sehen 726<br />

. Auch in der frühen Kaiserzeit<br />

könnte das Gelübde eines einzelnen oder eine private<br />

Weihung an einem heiligen Platz sie veranlasst haben.<br />

In Southbroom (GF8) waren zusammen mit den<br />

neun nach dem gleichen Schema gefertigten einheimischen<br />

<strong>Götter</strong>figuren, die sich nur zum Teil benennen<br />

lassen, ursprünglich fünf weitere klassizistische Statuetten<br />

vergraben. Auch der grosse Sakralhort von<br />

Neuvy-en-Sullias (GF38) setzt sich gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

<strong>aus</strong> zwei verschiedenen Stilgruppen zusammen, <strong>aus</strong><br />

einer keltisierenden, zu der eine Reihe von bewegten<br />

Männer- <strong>und</strong> Frauenfiguren, grosse getriebene Eberstatuetten<br />

sowie das mächtige, dem Gott Rudiobus<br />

geweihte Pferd gehören, sowie <strong>aus</strong> einer klassizistischrömischen<br />

mit wenigen <strong>Götter</strong>figuren <strong>und</strong> einer Stierstatuette.<br />

Im Fall von Muri (GF80) wurde offenbar<br />

eine einzige Werkstatt beauftragt, nicht nur von den<br />

<strong>Götter</strong>n der kapitolinischen Trias, sondern auch<br />

von zwei einheimischen Göttinnen, Artio <strong>und</strong> Naria,<br />

Statuetten anzufertigen; sie werden ergänzt durch<br />

die Statuette eines frühkaiserzeitlichen, sicher importierten<br />

Laren. Man möchte annehmen, dass die<br />

noch stark keltischer Tradition verpflichtete Figurengruppe<br />

des Horts von Neuvy-en-Sullias (GF38), gleich<br />

723 S. Deyts, Les bois sculptés des sources de la Seine. Gallia<br />

Suppl. 42 (Paris 1983); dies., Un peuple de pèlerins. Offrandes<br />

de pierre et de bronze des sources de la Seine. RAE Suppl. 13<br />

(Dijon 1994).<br />

724 Vgl. etwa die Eberstatuetten <strong>aus</strong> dem F<strong>und</strong> von Gutenberg bei<br />

Balzers (Pauli [wie Anm. 722] 847 Taf. 11) <strong>und</strong> <strong>aus</strong> Karlstadt<br />

(St. Gerlach, Eine spätkeltische Eberstatuette <strong>aus</strong> Karlstadt<br />

am Main, Lkr. Main-Spessart, Unterfranken. Archäologisches<br />

Korrespondenzblatt 29,1990,427-437 Abb. 1 Taf. 65).<br />

725 Vgl. z.B.v. Gonzenbach 1986,46 Nr. 29 Taf. 41,1.<br />

726 So Fellmann 1992,278.

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