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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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erhalten geblieben ist 700<br />

. Im Vicus von Kruishoutem-<br />

Kapellekrouter kamen im Umkreis eines quadratischen<br />

F<strong>und</strong>aments, wohl eines Heiligtums, über<br />

zwanzig Bronzestatuetten, vor allem des Mars, zum<br />

Vorschein 701<br />

.<br />

Zwei Bef<strong>und</strong>e in Vichy (GF48) <strong>und</strong> in Ostia (GF95)<br />

können eine Vorstellung von der Innen<strong>aus</strong>stattung<br />

von Kulträumen geben. Ein Kultraum in Vichy wurde<br />

nach einem Brand wohl im späteren 2. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

offenbar weder geräumt noch wieder instand gestellt;<br />

deshalb scheint sich ein grosser Teil seiner Ausstattung<br />

erhalten zu haben. Neben Opfergerät, Platten mit Getreidekörnern,<br />

Hirschgeweihen <strong>und</strong> Phalerae sollen<br />

zehn Bronzestatuetten verschiedener Gottheiten sowie<br />

eine Steinstatuette des Sucellus gef<strong>und</strong>en worden<br />

sein. Auch das Inventar eines Silvanus-Heiligtums<br />

in Ostia war anscheinend weitgehend erhalten geblieben;<br />

in den F<strong>und</strong>berichten werden r<strong>und</strong> fünfzig<br />

Bronze- <strong>und</strong> Silberstatuetten genannt.<br />

In Sakralhorten<br />

Häufiger als in Zufallsf<strong>und</strong>en einzelner Objekte auf<br />

dem Gelände eines Heiligtums haben sich in dessen<br />

Nähe oder an baulich nicht hervorgehobenen heiligen<br />

Plätzen kostbare Votivgaben <strong>und</strong> Tempelgut in Horten<br />

erhalten (vgl. Abb. 140 <strong>und</strong> unten Tabelle II) 702<br />

. Unter<br />

den vielfältigen Motiven, die zum Anlegen eines<br />

Sakralhorts geführt haben können, lässt sich heute<br />

kaum je das im Einzelfall richtige ergründen. Deshalb<br />

gilt es, jeweils die verschiedenen Möglichkeiten im<br />

Auge zu behalten: sakrale Gegenstände werden von<br />

einem oder mehreren Stiftern in Erfüllung eines<br />

Gelübdes an einem heiligen Ort niedergelegt, das<br />

Inventar eines Heiligtums wird zum Schutz vor Profanierung<br />

irreversibel deponiert oder aber <strong>aus</strong> Anlass<br />

einer drohenden Gefahr vorübergehend vergraben 703<br />

.<br />

Zur Verwahrung diente eine Grube, mit Ziegeln oder<br />

Steinen <strong>aus</strong>gelegt oder gedeckt (GF8 Southbroom,<br />

GF17 Berthouville, GF38 Neuvy-en-Sullias, GF40<br />

Poncey, GF47 Vichy), ein Ton-, Holz- oder Metallgefäss<br />

(GF5 Felmingham Hall, GF9 Willingham Fen,<br />

GF105 Mauer an der Uri), oder die Objekte wurden<br />

ohne (erhaltene) Verpackung dem Boden anvertraut.<br />

Meist fehlt ein architektonischer Zusammenhang 704<br />

.<br />

Zu einem kleinen Teil verwahrte man die Horte in unmittelbarer<br />

Nähe von Heiligtümern (GF3 Bruton,<br />

GF17 Berthouville, GF40 Poncey, GFl 19 Nehavend),<br />

wobei gerade im Fall von Bruton (GF3) <strong>und</strong> Nehavend<br />

(GFl 19) die Lage allein für die Deutung der Statuettengruppen<br />

als Sakralhort <strong>aus</strong>schlaggebend ist 705<br />

.<br />

Der Umfang der Ensembles variiert stark; die Horte<br />

können <strong>aus</strong> einigen wenigen Objekten bestehen<br />

(GF40 Poncey, GF82 Ursins, GF84 Waldenburg) 706<br />

oder aber ein ganzes Tempelinventar mit Statuetten<br />

<strong>und</strong> Gerätschaften umfassen (GF17 Berthouville,<br />

GF25 Chavagnes, GF38 Neuvy-en-Sullias, GF105<br />

Mauer an der Uri). Im Fall von Berthouville bilden<br />

Votivgaben den Hauptteil des Schatzes; beim Inventar<br />

<strong>aus</strong> dem Dolichenusheiligtums von Mauer an der Uri<br />

kommen eine ganze Reihe von Gerätschaften <strong>aus</strong> dem<br />

Wirtschaftsteil des Heiligtums hinzu 707<br />

. Schwierig zu<br />

beurteilen, aber in seiner Vielfalt typisch ist das Ensemble<br />

von Marengo (GF92), das <strong>aus</strong>schliesslich <strong>aus</strong><br />

silbernen Objekten besteht. An Votivobjekten haben<br />

sich Teile einer Victoriastatuette, eine lebensgrosse<br />

Büste des Lucius Verus sowie das Votivtäfelchen für<br />

Fortuna melior des M. Vindius Verianus erhalten,<br />

der um 200 n.Chr. Präfekt der Donauflotte war. Die<br />

übrigen Objekte sind grösstenteils Ausstattungsteile.<br />

Man gewinnt den Eindruck, als habe ein für das Heiligtum<br />

Verantwortlicher alles <strong>aus</strong> Silber Bestehende vorübergehend<br />

sicherstellen wollen.<br />

Tempelschätze, die zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

<strong>aus</strong> Sicherheitsgründen verwahrt wurden, könnten an<br />

sich <strong>aus</strong>ser Votivgaben <strong>und</strong> Gerätschaften auch die<br />

Kultstatuen des Heiligtums enthalten; allerdings sind<br />

diese nicht unbedingt eindeutig von Weihgeschenken<br />

zu unterscheiden. Als Kultstatue diente sicher die r<strong>und</strong><br />

2 m hohe Apollostatue von Lillebonne, die mit zwei<br />

Votivstatuetten vergraben wurde (GF31), während die<br />

beiden r<strong>und</strong> 40 bzw. 60 cm grossen Merkurstatuetten<br />

<strong>aus</strong> dem Tempelhort von Berthouville (GFl7) wohl<br />

eher Weihgeschenke waren. Die zwei <strong>Götter</strong>masken<br />

im F<strong>und</strong> von Chavagnes (GF25) dürften hölzerne<br />

Kultstatuen verkleidet haben, könnten als solche aber<br />

700 Thalfang-Dhronecken: acht Bronzestatuetten <strong>und</strong> über 200<br />

Terrakotten verschiedener Gottheiten; Tholey-Wareswald:<br />

50-60 Bronzestatuetten des Merkur. Die meisten Statuetten<br />

sind heute verschollen. Vgl. F. Hettner, Drei Tempelbezirke<br />

im Trevererlande (Trier 1901) 43f. 57-81 Taf. 5.8-14, dazu Bemerkung<br />

bei Künzl 1993,101 ; H. Cüppers (Hrsg.), Die Römer<br />

in Rheinland-Pfalz (Stuttgart 1990) 571ff.; W. Zimmermann,<br />

Die Kunstdenkmäler der Kreise Ottweiler <strong>und</strong> Saarlouis<br />

(Düsseldorf 1934) 317; Kyll (wie Anm. 598) 42-53.<br />

701 M. Rogge u. a., Ein bemerkenswerter F<strong>und</strong> römischer Bronzestatuetten<br />

<strong>aus</strong> Kruishoutem (Ostflandern). Archäologisches<br />

Korrespondenzblatt 25,1995,193-207 Abb. 3.<br />

702 Zu Tempelgut <strong>und</strong> Sakralinventaren vgl. F. Baratte, Les trésors<br />

de temple dans le monde romain: Une expression particulière<br />

de la piété. In: S. A. Boyd, M. M. Mango (Hrsg.), Ecclestiastical<br />

Silver Plate in Sixth-Century Byzantium (Washington 1993)<br />

111-121; Künzl 1993, 93-99; Künzl 1997. - Der Begriff des<br />

Sakralhorts wird im folgenden <strong>aus</strong>schliesslich für zusammen<br />

verwahrte, sakral gebrauchte Objekte <strong>aus</strong> öffentlichen (nicht<br />

privaten) Heiligtümern verwendet.<br />

703 Zum Thema der Hortf<strong>und</strong>e allg. vgl. Reallexikon der germanischen<br />

Altertumsk<strong>und</strong>e 5 (Berlin/New York 1984) s. v.<br />

Depotf<strong>und</strong>, Hortf<strong>und</strong> (H. Geisslinger) sowie die in Anm. 651<br />

genannte Literatur. - Unter dem letztgenannten Aspekt<br />

liessen sich die hier erfassten Sakralinventare zum Teil auch<br />

als Angstdepots bezeichnen; hier ist jedoch die Zusammensetzung<br />

der Inventare massgebend.<br />

704 Bei der recht grossen Zahl von Altf<strong>und</strong>en ist immer auch<br />

damit zu rechnen, dass die Umgebung einer F<strong>und</strong>stelle nicht<br />

untersucht <strong>und</strong> deshalb ein möglicherweise zugehöriges Gebäude<br />

bisher nicht aufgedeckt wurde.<br />

705 Von der Zusammensetzung her könnten es auch Statuetten<br />

<strong>aus</strong> einem Lararium sein, die als Angstdepot vergraben<br />

wurden. Auch in anderen Fällen lässt sich nicht sicher<br />

zwischen Larariumsinventar <strong>und</strong> kleinem Sakralhort unterscheiden<br />

(vgl. etwa GF4 Exeter, GFl 9 Besançon, GF41<br />

Reims); gr<strong>und</strong>sätzlich werden jedoch reine Statuettenensembles,<br />

bei denen alle Hinweise auf öffentlich sakralen<br />

Zusammenhang fehlen, zu den Larariumsinventaren gerechnet<br />

(vgl. auch oben Anm. 659).<br />

706 Dabei ist immer auch möglich, dass sich nur ein Teil eines<br />

ursprünglichen Ganzen erhalten hat.<br />

707 Trotz weitgehend verwandter Zusammensetzung ist anzunehmen,<br />

dass die Horte von Straubing (GF64) <strong>und</strong> Weissenburg<br />

(GF66) mit ihrer <strong>aus</strong>geprägten militärischen Komponente von<br />

Plünderern, derjenige von Mauer an der Uri jedoch vom Kultpersonal<br />

oder anderen für das Heiligtum Zuständigen verwahrt<br />

wurde. Vgl. Künzl 1996,469-473.

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