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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Statuetten in öffentlichen Heiligtümern<br />

Ein Vergleich zwischen Statuetten eines beliebigen<br />

Larariums <strong>und</strong> Figuren, die sich auf dem Gelände<br />

eines öffentlichen Heiligtums erhalten haben, zeigt,<br />

dass gr<strong>und</strong>sätzlich kein Unterschied zwischen beiden<br />

Kategorien bestanden hat (zu Statuetten <strong>aus</strong> öffentlichen<br />

Heiligtümern vgl. Abb. 140 <strong>und</strong> 142 sowie unten<br />

Tabelle II). Eine einzelne <strong>Götter</strong>statuette, die man<br />

beim Bronzegiesser oder beim Devotionalienhändler<br />

kaufte, konnte ebenso gut im H<strong>aus</strong>heiligtum aufgestellt<br />

wie als Votivgabe in einen Tempel gestiftet<br />

werden. Erst die Zusammensetzung einer Statuettengruppe,<br />

charakteristische Mitf<strong>und</strong>e, Beischriften oder<br />

die F<strong>und</strong>stelle erlauben eine Zuweisung zum einen<br />

oder zum anderen Bereich. In einigen Fällen ist keine<br />

sichere Entscheidung möglich.<br />

In situ<br />

Weit seltener als in <strong>Lararien</strong> haben sich in öffentlichen<br />

Heiligtümern Bronzestatuetten an Ort <strong>und</strong> Stelle<br />

erhalten. Votivobjekte können sich zwar auf dem<br />

Gelände eines Heiligtums verstreut 695<br />

oder in einer<br />

Grube (favissa) 096<br />

verwahrt finden, doch nur selten<br />

sind Metallstatuetten darunter, da sie bei der Eroberung<br />

<strong>und</strong> Plünderung einer Siedlung zusammen<br />

mit anderen weiter verwertbaren Objekten weggeführt<br />

wurden, wenn man sie nicht schon vorher<br />

hatte in Sicherheit bringen können.<br />

Auch <strong>aus</strong> den Vesuvstädten gewinnen wir kein vollständiges<br />

Bild vom Inventar eines noch begangenen<br />

Tempels, da die Mehrzahl der Heiligtümer 79 n. Chr.<br />

infolge des vorhergegangenen Erdbebens noch im<br />

Wiederaufbau begriffen war; erst der Isistempel -<br />

dessen Ausstattung sich zudem nicht ohne weiteres<br />

auf andere Tempel übertragen lässt - war zumindest<br />

teilweise wieder in Betrieb 697<br />

.<br />

Immerhin haben sich im Bereich einiger Heilig-<br />

Abb. 140 Sakralhorte mit Statuetten: geographische Verteilung.<br />

tümer nördlich der Alpen eine beträchtliche Zahl von<br />

Votivbronzen in situ erhalten 698<br />

. Ein ungewöhnlich<br />

grosser Anteil an bronzenen Kultgegenständen wurde<br />

im Dolichenus-Heiligtum von Adony/Vetus Sahna (H)<br />

nach dessen Zerstörung zurückgelassen 699<br />

. Auch bei<br />

zwei Heiligtümern der Trierer Gegend, den Tempelbezirken<br />

von Thalfang-Dhronecken <strong>und</strong> von Tholey-<br />

Wareswald, lässt sich nicht mehr feststellen, weshalb<br />

eine so grosse Zahl von Statuetten an Ort <strong>und</strong> Stelle<br />

695 Zu Votivgaben im gallorömischen Raum vgl. V. Rey-Vodoz,<br />

Les offrandes dans les sanctuaires gallo-romains. In: Bruneaux<br />

(wie Anm. 540) 215-220; I. Fauduet, Les temples de tradition<br />

celtique en Gaule romaine (Paris 1993) 99-125; in der römischen<br />

Schweiz Fellmann 1992,273-279; im Trierer Raum Kyll<br />

(wie Anm. 598). - Auf dem Gelände des von der Mitte des<br />

1. Jh. v.Chr. bis ins 4. Jh. begangenen einheimischen Tempels<br />

von Martigny haben sich gegen 1000 Münzen, r<strong>und</strong> 100 Fibeln,<br />

Bronze- <strong>und</strong> Knochennadeln, einige Waffen <strong>und</strong> eiserne<br />

Gerätschaften, ein Votivbeilchen sowie Keramik, aber nur ein<br />

bronzener Caduceus <strong>und</strong> ein Hahn gef<strong>und</strong>en (F. Wiblé in:<br />

Le Valais avant l'histoire. Ausstellungskat. Sion 1986,196-202).<br />

696 In unserem Zusammenhang bezeichnet favissa eine zur Verwahrung<br />

abgeräumter Opfergaben angelegte Grube (zur Bedeutung<br />

des Begriffs in der Tempelarchitektur vgl. Trunk 1991,<br />

25 mit Anm. 159). Vgl. Daremberg/Saglio IIB 1024f. (H.<br />

Thédenat); I. G. Scott, Early Roman Traditions in the Light of<br />

Archaeology. Memoirs of the American Academy in Rome 7,<br />

1929,105-107; Rey-Vodoz (wie Anm. 695) 217. - Beispiele für<br />

favissae in der römischen Schweiz: Grube mit Glasgefässen,<br />

Votivbeilchen <strong>und</strong> Terrakotten im Heiligtum von St-Cierges<br />

VD (R. Kasser, JbSGU 48, 1960/61, 169-174 Abb. 42-46;<br />

v. Gonzenbach 1986,42); Grube mit Akrolith der Minerva in<br />

einem öffentlichen Gebäude in Avenches VD, offenbar Beisetzung<br />

eines älteren Kultbildes (Bossert [wie Anm. 553] Nr.<br />

9 Taf. 9-20; Fellmann 1992, 253. Abb. 220; jetzt Ph. Bridel,<br />

Aedes Minervae? Pour une relecture du prétendu «capitole»<br />

de Yinsula 23. In: Koenig/Rebetez 1995, 61-74). Die über<br />

h<strong>und</strong>ert Tongefässe, die zusammen mit einem Altar für Mercurius<br />

Cissonius in Avenches gef<strong>und</strong>en wurden, scheinen alle<br />

gleichzeitig, nicht nach <strong>und</strong> nach, als Opfergaben niedergelegt<br />

worden zu sein <strong>und</strong> sind offenbar nicht abgeräumte Votivobjekte<br />

<strong>aus</strong> dem Grange-des-Dîmes-Tempel: M.-F. Meylan<br />

Kr<strong>aus</strong>e, Un dépôt votif découvert en 1905. Bulletin de<br />

l'Association Pro Aventico 38,1996,23-34 Abb. 1-9.<br />

697 Zum Wiederaufbau vgl. P. Zanker, Pompeji. Stadtbilder<br />

als Spiegel von Gesellschaft <strong>und</strong> Herrschaftsform. Trierer<br />

Winckelmannsprogramm 9 (Mainz 1988) 41 Abb. 18; zur Ausstattung<br />

der pompejanischen Tempel H. Döhl, La scultura. In:<br />

F. Zevi (Hrsg.), Pompei 79. Raccolta di studi per il decimonono<br />

centenario dell'eruzione vesuviana (Neapel 1979) 178-184;<br />

zum Isistempel P. Hoffmann, Der Isis-Tempel in Pompeji.<br />

Diss. Trier 1991. Charybdis. Schriften zur Archäologie 7<br />

(Münster/Hamburg 1993) 152-158 (Naos) <strong>und</strong> passim.<br />

698 Die vier im folgenden genannten Bef<strong>und</strong>e sind <strong>aus</strong>sergewöhnlich<br />

reiche «offene Sakralf<strong>und</strong>e»; sie vertreten eine<br />

Kategorie von F<strong>und</strong>en, die hier nicht berücksichtigt ist, da<br />

sich im Bereich von Heiligtümern üblicherweise nur zufällig<br />

vereinzelte Bronzestatuetten erhalten haben, <strong>aus</strong> denen man<br />

nicht auf die ursprünglich vorhandene Menge <strong>und</strong> Vielfalt von<br />

Votivstatuetten schliessen kann. Im Gegensatz dazu hat bei<br />

den im folgenden angeführten F<strong>und</strong>en eine bewusste Auswahl<br />

stattgef<strong>und</strong>en, indem <strong>aus</strong> der Menge des Vorhandenen die<br />

kostbaren Metallobjekte <strong>aus</strong>gelesen <strong>und</strong> verwahrt wurden.<br />

699 Zs. Bânki, Heiligtum des Iuppiter Dolichenus in Vetus Sahna.<br />

Alba Regia 19,1981,95-113 bes. Abb. 11.12 Taf. 2-13.

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