08.02.2013 Aufrufe

Götter und Lararien aus Augusta Raurica

Götter und Lararien aus Augusta Raurica

Götter und Lararien aus Augusta Raurica

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

auch in stilistisch provinziellen Ensembles (GF42<br />

Rouen, GF72 Avenches, GF77 <strong>und</strong> GF78 Kaiseraugst).<br />

Von Gottheiten, deren Schutz einem besonders wichtig<br />

war, wurden oft mehrere Statuetten aufgestellt<br />

(GF33 Macon, GF 58 Homburg-Schwarzenacker,<br />

GF70 Augst, GF72 Avenches, GF78 Kaiseraugst, GF83<br />

Vallon, GF86 Winterthur) 671<br />

. Wie zu erwarten, steht<br />

Merkur mengenmässig an der Spitze der dargestellten<br />

Gottheiten 672<br />

. Ihm folgen Jupiter, Minerva <strong>und</strong> der oft<br />

paarweise verwendete Amor, dann Mars, Fortuna bzw.<br />

Isis-Fortuna, Venus, Victoria, Apollo <strong>und</strong> Herkules.<br />

Wenn wir die in Plündererhorten erhaltenen Larariumsstatuetten<br />

miteinbeziehen, ergibt sich ein etwas<br />

anderes Bild, indem sich, wohl zufällig, Genius- <strong>und</strong><br />

Larenstatuetten vor allem dort erhalten haben. Die<br />

Anteile der übrigen Gottheiten ändern sich nur geringfügig<br />

(vgl. Abb. 139).<br />

Abgesehen von dem <strong>aus</strong>sergewöhnlichen, kaum<br />

«romanisierten» Ensemble GF19 <strong>aus</strong> Besançon sind<br />

typisch einheimische Gottheiten nur in geringer Zahl<br />

in <strong>Lararien</strong> vertreten (GF15 Anost-en-Morvan, GF33<br />

Macon <strong>und</strong> GF66 Weissenburg: pantheistische Gottheiten,<br />

GF35 Mâlain: Sirona, GF41 Reims: Epona,<br />

GF78 Kaiseraugst: Somnus). Offenbar richtete man<br />

sich nicht nur in der äusseren Form des H<strong>aus</strong>kults, sondern<br />

auch in der Auswahl der mit ihm verb<strong>und</strong>enen<br />

Gottheiten weitgehend nach dem Vorbild Italiens (vgl.<br />

auch Abb. 139). Deutliche Unterschiede zwischen<br />

Campanien <strong>und</strong> den gallischen <strong>und</strong> germanischen<br />

Provinzen zeigen sich bei Mars <strong>und</strong> Victoria einerseits<br />

sowie bei ägyptischen Gottheiten <strong>und</strong> bei Darstellungen<br />

<strong>aus</strong>serhalb der göttlichen Sphäre anderseits.<br />

Mars <strong>und</strong> Victoria sind in campanischen Inventaren<br />

nicht vertreten 673<br />

; ägyptische Gottheiten <strong>und</strong> profane<br />

Themen wiederum fehlen in Gallien <strong>und</strong> Germanien<br />

weitgehend.<br />

Als bemerkenswerte Ausnahme in beiderlei Hinsicht<br />

ist das Lararium <strong>aus</strong> Insula 5/9 von Augst (GF70)<br />

zu nennen: zu den drei Statuetten des Merkur <strong>und</strong> der<br />

Minerva, die stilistisch in den nordostgallischen Raum<br />

gehören <strong>und</strong> möglicherweise lokal, wohl im 1. oder<br />

2. Jahrh<strong>und</strong>ert, hergestellt wurden, gesellt sich ein<br />

buckliger Zwerg mit Hahn <strong>und</strong> Lagynos (84), dessen<br />

Typus im östlichen Mittelmeergebiet beheimatet<br />

ist. Die Statuette selbst - gleichzeitig exotisch <strong>und</strong><br />

nicht der <strong>Götter</strong>welt zugehörig - ist entweder ein ostmediterranes<br />

Original des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts v. oder<br />

n. Chr., oder sie wurde nach einer entsprechenden Vorlage<br />

in der frühen Kaiserzeit in Italien oder Gallien geschaffen<br />

674<br />

. Aus <strong>Lararien</strong> in den Provinzen kennen wir<br />

kein vergleichbares Ensemble, in dem einheimische<br />

<strong>und</strong> exotische Figuren vereinigt sind; es hat sich aber<br />

gezeigt, dass in Campanien groteske Figuren nicht<br />

seltene Larariumsbewohner waren (vgl. oben «Bef<strong>und</strong>e<br />

in den Vesuvstädten»). Wie von diesen erhoffte<br />

man sich in Augst vom Zwerg wohl glückbringende<br />

Wirkung.<br />

Die Zahl der <strong>aus</strong> Italien - abgesehen von Campanien<br />

- sowie <strong>aus</strong> den östlichen Provinzen bekannten<br />

Larariumsinventare ist zu gering, als dass allgemein<br />

verbindliche Aussagen über ihr thematisches Spektrum<br />

möglich wären (vgl. auch Abb. 138). Deshalb<br />

folgen hier lediglich einige Bemerkungen zu einzelnen<br />

F<strong>und</strong>en.<br />

Das Ensemble von Sarszentmiklós (GF108) ist als<br />

wohl lokale Imitation italischer Vorlagen bemerkenswert;<br />

sogar das Erotenpaar als Lichtspender wurde in<br />

die einheimische Formensprache umgesetzt.<br />

Das reiche Ensemble <strong>aus</strong> Montorio (GF94) fällt in<br />

mehrfacher Hinsicht <strong>aus</strong> dem Rahmen der <strong>aus</strong>serhalb<br />

Campaniens bekannten Larariumsinventare. Die bis<br />

auf den Amor vorzüglichen Statuetten wurden offenbar<br />

eher nach künstlerischen als nach religiösen<br />

Gesichtspunkten <strong>aus</strong>gewählt. Die beiden in <strong>Lararien</strong><br />

häufig vertretenen Gottheiten Merkur <strong>und</strong> Jupiter<br />

sind hier Teil von mehrfigurigen Gruppen, wie sie<br />

sonst in reichen pompejanischen <strong>Lararien</strong> oder in<br />

grösseren Korporationslararien der Provinzen (vgl.<br />

GF58 Homburg-Schwarzenacker <strong>und</strong> GF66 Weissenburg)<br />

vorkommen. Neben Amor <strong>und</strong> Priap, die als<br />

Einzelfiguren nicht häufig sind, kommen drei menschliche<br />

Figuren, ein sitzender Philosoph <strong>und</strong> ein Paar von<br />

Lastenträgern, hinzu; sie trugen möglicherweise<br />

kleine, als Lampen verwendete Gefässe. Im übrigen<br />

gehören zwei einzelne Lampen zum Ensemble. Der<br />

Philosoph bringt offenbar die weltanschauliche Gesinnung<br />

des Besitzers zum Ausdruck <strong>und</strong> passt in<br />

den Bereich des H<strong>aus</strong>heiligtums, wie er vor allem<br />

literarisch belegt ist (vgl. oben mit Anm. 621f.).<br />

Einem Zufall zuzuschreiben ist es, dass sich in der<br />

Stadt Kos auf der gleichnamigen Insel gerade zwei<br />

Larariumsinventare erhalten haben, das eine in situ,<br />

das andere sek<strong>und</strong>är verlagert (GF114 <strong>und</strong> GF115);<br />

beide weisen zudem eine sehr verwandte Zusammensetzung<br />

auf. Nicht weiter verw<strong>und</strong>erlich ist die Präsenz<br />

von Asklepios, dem Schutzgott der Insel, sowie von<br />

synkretistischen Erscheinungsformen der Isis (Isis-<br />

Aphrodite <strong>und</strong> Isis-Tyche). Höchst bemerkenswert<br />

sind jedoch die in beiden Inventaren vertretenen<br />

kleinen Kaiserbüsten des Caligula (GF115) bzw. des<br />

671 Wie in Campanien (s. Anm. 637) gilt dies auch in den Provinzen<br />

nicht für Laren <strong>und</strong> Genius; zum gleichen Lararium konnten<br />

nicht mehr als ein ruhig stehender Lar <strong>und</strong> ein Genius<br />

gehören. Es ist wohl dem Zufall der Überlieferung zuzuschreiben,<br />

dass <strong>aus</strong>serhalb Campaniens bisher nur Einzelfiguren<br />

von tanzenden Laren, keine Paare, in Larariumsinventaren<br />

vertreten sind. In Rom selbst hat sich im übrigen<br />

ein Lararium ohne Laren erhalten (GF121).<br />

672 Wie die campanischen Larariumsinventare gezeigt haben, ist<br />

die besondere Vorliebe für Merkur, zumindest in der Bronzekleinplastik,<br />

nicht auf Gallien beschränkt, sondern findet sich<br />

ebenso <strong>aus</strong>geprägt in Italien, mit dem Unterschied, dass der<br />

Gott hier kaum je von Hahn, Widder, Ziege oder Schildkröte<br />

begleitet wird, wiewohl diese Tiere in anderen Gattungen<br />

durch<strong>aus</strong> mit ihm dargestellt werden (vgl. LIMC VI 510ff.<br />

Nr. 84. 206. 226 <strong>und</strong> Liste S. 535f.). Das Phänomen lässt sich<br />

vorläufig nicht erklären, auch nicht durch die Annahme, dass<br />

Gruppen nicht zusammen erhalten seien, denn auch entsprechende<br />

Einzelfiguren fehlen weitgehend.<br />

673 Bei Mars mag ein Zufall der Überlieferung vorliegen, da er<br />

in italischen <strong>Lararien</strong> <strong>aus</strong>serhalb Campaniens durch<strong>aus</strong> vertreten<br />

ist (z.B. GF88 Campegine, GF93 Montecchio Emilia,<br />

GF96 Ostia); das Fehlen von Victoria in <strong>Lararien</strong> könnte damit<br />

zusammenhängen, dass ihre Darstellung auf Monumente des<br />

Staatskults beschränkt war.<br />

674 Im Unterschied zum sicher ägyptischen Negerknaben 83 <strong>aus</strong><br />

Insula 31 (s. oben Anm. 379) weist der Zwerg keine <strong>aus</strong>sergewöhnliche<br />

Metallegierung auf (vgl. Kaufmann-Heinimann/<br />

Liebell994,231 Nr. 12).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!