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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Ein augenfälliger Unterschied besteht zwischen<br />

dem in Campanien <strong>und</strong> nördlich der Alpen für Larariumsstatuetten<br />

verwendeten Material. Während in<br />

campanischen <strong>Lararien</strong> Statuetten <strong>aus</strong> verschiedensten<br />

Materialien zusammen aufgestellt wurden (vgl.<br />

oben vor Anm. 633), scheint man sich in Gallien <strong>und</strong><br />

Germanien auf Bronze- oder allenfalls Bronze- <strong>und</strong><br />

Edelmetallfiguren beschränkt zu haben; jedenfalls<br />

sind in keinem der in situ erhaltenen Larariumsinventare<br />

- von denen man für diese Frage <strong>aus</strong>gehen muss<br />

- andere Statuetten erhalten. Denkbar wäre allenfalls,<br />

dass Figuren <strong>aus</strong> Bronze zusammen mit solchen <strong>aus</strong><br />

vergänglichem Material verwendet wurden. Terrakotten<br />

jedenfalls scheinen eine eigene Kategorie gebildet<br />

zu haben <strong>und</strong> wurden, wie auch die geschlossenen<br />

F<strong>und</strong>e der übrigen Provinzen zeigen, nicht mit Metallfiguren<br />

zusammen gebraucht. Es ist anzunehmen, dass<br />

es, teils analog zu Campanien 668<br />

, teils als eigenständige<br />

lokale Entwicklung auch in den Provinzen H<strong>aus</strong>heiligtümer<br />

mit Terrakottafiguren gab; offenbar sind<br />

sie aber bisher kaum je als solche erkannt worden 669<br />

.<br />

Anzahl, Stil, Datierung<br />

Im Durchschnitt wurden vier bis sechs Figuren in<br />

einem Lararium aufgestellt (GF36 Mathay, GF41<br />

Reims, GF58 Homburg-Schwarzenacker, GF70 Augst,<br />

GF72 Avenches), doch finden sich auch Ensembles<br />

von nur zwei bis drei (GF45 Seltz, GF74 Chur) <strong>und</strong> bis<br />

zu neun Statuetten (GF35 Mâlain, GF83 Vallon). Es<br />

überrascht nicht, dass die stilistischen Unterschiede<br />

zwischen Figuren desselben Larariums in Gallien <strong>und</strong><br />

Germanien eher grösser sind als in Campanien, wo die<br />

meisten Statuetten wohl lokaler, zeitlich begrenzter<br />

Produktion entstammten <strong>und</strong> sich hauptsächlich - zum<br />

Teil markant - in ihrer Qualität unterscheiden 670<br />

.<br />

Typisch für die heterogene Zusammensetzung von<br />

<strong>Lararien</strong> nördlich der Alpen ist etwa das in situ erhaltene<br />

H<strong>aus</strong>heiligtum in Avenches (GF72): neben<br />

drei vorzüglichen campanischen Statuetten eines<br />

Laren, der Minerva <strong>und</strong> der Victoria <strong>aus</strong> dem 1. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

sowie einer weiteren Minerva <strong>und</strong> einer Juno,<br />

die wahrscheinlich im frühen 2. Jahrh<strong>und</strong>ert in Norditalien<br />

oder Gallien hergestellt wurden, stand ein wohl<br />

lokal gefertigter, kümmerlicher Merkur. Das Beispiel<br />

zeigt, dass die Vielfalt der in den Plündererhorten von<br />

Bavay (GF16), Straubing (GF64) <strong>und</strong> Weissenburg<br />

(GF66) erhaltenen Statuetten ein wirklichkeitsnahes<br />

Bild vermittelt, unabhängig davon, zu wieviel einzelnen<br />

H<strong>aus</strong>heiligtümern die Statuetten ursprünglich<br />

gehört haben: um die Mitte des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts waren<br />

in vielen <strong>Lararien</strong> in Gallien <strong>und</strong> Germanien frühkaiserzeitliche,<br />

in Italien gefertigte Meisterwerke<br />

sowie durchschnittliche bis bescheidene Statuetten des<br />

1. bis 3. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>aus</strong> lokalen <strong>und</strong> wohl auch entfernteren<br />

Provinzwerkstätten zusammen aufgestellt.<br />

So besteht etwa das Ensemble von Besançon (GF18)<br />

<strong>aus</strong> zwei wohl campanischen Statuetten - einer<br />

archaistischen Minerva des frühen <strong>und</strong> einem Jupiter<br />

des mittleren 1. Jahrh<strong>und</strong>erts - sowie <strong>aus</strong> einer gallorömischen<br />

Fortunastatuette <strong>aus</strong> dem späteren 1. oder<br />

dem 2. Jahrh<strong>und</strong>ert. Auch die Larariumsstatuetten des<br />

Fluchtdepots <strong>aus</strong> Rouen (GF42) stammen <strong>aus</strong> ita­<br />

lischen <strong>und</strong> gallorömischen Werkstätten; Jupiter <strong>und</strong><br />

Lar sind campanische Erzeugnisse des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

die Merkurstatuette wurde wohl im 2., Victoria <strong>und</strong><br />

Mars im späteren 2. oder im frühen 3. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

hergestellt. Daneben gab es auch <strong>Lararien</strong>, in denen<br />

offenbar keine frühe Importstücke vertreten sind (z. B.<br />

GF35 Mâlain, GF36 Mathay, GF78 Kaiseraugst). Eine<br />

Ausnahme bildet das Larariumsinventar <strong>aus</strong> Insula 5<br />

in Augst (GF68), dessen Bronzen alle <strong>aus</strong> dem frühkaiserzeitlichen<br />

Italien zu stammen scheinen <strong>und</strong><br />

dessen Zusammensetzung über Jahrh<strong>und</strong>erte gleich<br />

geblieben ist.<br />

Zusammenfassend ergibt sich modellhaft etwa folgendes<br />

Bild. Als Folge der augusteischen Neuordnung<br />

des Larenkults in Italien (s. oben mit Anm. 617) wurden<br />

im frühen 1. Jahrh<strong>und</strong>ert eine grosse Zahl von<br />

Laren- <strong>und</strong> Geniusstatuetten sowie von anderen Larariumsfiguren<br />

produziert, die dann vor allem mit der<br />

Armee in die neuen römischen Provinzen gelangten.<br />

Dort fasste der H<strong>aus</strong>kult offenbar bald Fuss; im Zuge<br />

der Romanisierung begann man, je nach Vorlagen<br />

<strong>und</strong> Können mehr oder weniger stark romanisierte<br />

<strong>Götter</strong>figuren lokal zu produzieren. Italische <strong>und</strong> provinzielle<br />

Statuetten wurden zusammen in das H<strong>aus</strong>heiligtum<br />

gestellt <strong>und</strong> von Generation zu Generation<br />

weitervererbt, wobei im Laufe der Zeit neue Figuren<br />

dazukamen. Die überwiegende Zahl der datierbaren<br />

Statuetten scheint in der früheren Kaiserzeit, im 1.<br />

<strong>und</strong> 2. Jahrh<strong>und</strong>ert, entstanden zu sein; nur ein geringer<br />

Teil ist sicher in die späte Kaiserzeit zu datieren.<br />

Die <strong>Götter</strong>figuren blieben im allgemeinen bis zur Zerstörung<br />

des H<strong>aus</strong>heiligtums - meist im 3. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

- an ihrem Platz.<br />

Themen<br />

Die in situ <strong>und</strong> in Angstdepots erhaltenen Larariumsstatuetten<br />

geben Aufschluss über die thematische Zusammensetzung<br />

der Inventare (vgl. Abb. 138). Welche<br />

<strong>Götter</strong>figuren im Lararium versammelt sind, scheint<br />

auch nördlich der Alpen von den persönlichen Bedürfnissen<br />

<strong>und</strong> Vorlieben der Besitzer abzuhängen.<br />

Die beiden kanonischen H<strong>aus</strong>götter des Mutterlandes,<br />

Genius <strong>und</strong> Lar, müssen nicht unbedingt vertreten<br />

sein, finden sich aber recht häufig in einem Exemplar,<br />

668 Vgl. Adamo-Muscettola 1984,10 Abb. 2.<br />

669 Ausnahmen sind etwa die <strong>Lararien</strong> von Rezé <strong>und</strong> Langon<br />

sowie einige weitere Komplexe in Nordwestfrankreich<br />

(Corseul: Gallia 37, 1979, 372f. Abb. 26; Nantes: M. Provost,<br />

Carte archéologique de la Gaule 44: Loire-Atlantique [Paris<br />

1988] 86; Le Mans: erwähnt von J. Eissonier in: Lavagne 1989,<br />

102). Das Lararium von Rezé <strong>aus</strong> dem ersten Viertel des 2. Jh.<br />

kam in einem Handwerkerquartier zum Vorschein <strong>und</strong> enthielt<br />

vier Tonfiguren (zwei Göttinnen, weibliche Büste, H<strong>und</strong>)<br />

sowie einen Eber <strong>aus</strong> Kalkstein (J. Santrot, Le petit monde<br />

du «laraire» gallo-romain de Rezé [Loire-Atlantique]. Revue<br />

des études anciennes 95, 1993, 265-294 Abb. 1-10). Im<br />

nischenförmigen Heiligtum von Langon, das bis ins spätere<br />

3. Jh. bestand, waren eine Kalksteinstatue der Ceres oder eines<br />

Genius sowie mindestens elf Tonstatuetten aufgestellt (vier<br />

Veneres, Venus unter Aedicula, drei Muttergottheiten, Ceres,<br />

Merkur,Pferd [von Epona?]) (Gallia31,1973,353f.Abb.2-4).<br />

Es ist unklar, ob die Konzentration dieser <strong>Lararien</strong> auf Nordwestgallien<br />

nur dem Forschungsstand zuzuschreiben ist.<br />

670 Vgl. auch Kunckel 1974,30t; Kunckel 1984,126-128.

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