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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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werden oder in die Hände von Plünderern fallen 658<br />

.<br />

Bei Plündererhorten bildeten Bronzestatuetten meist<br />

nur einen geringen Teil des Ganzen, da das Hauptinteresse<br />

dem Eisen galt 659<br />

.<br />

Ein Altmetalldepot in der Nähe einer Giesserei<br />

ist etwa in Blicquy (GF11) belegt, wobei nicht klar<br />

ist, weshalb die anscheinend intakte Statuette zum<br />

Wiedereinschmelzen bestimmt war. Die Statuettenfragmente<br />

<strong>aus</strong> Hettange-Grande (GF30) stammen<br />

ebenfalls <strong>aus</strong> einer Metallwerkstatt, wie die Halbfabrikate<br />

von Gefässen zeigen. Bei einem Metalldepot<br />

<strong>aus</strong> Avenches (GF71; zugehörig evtl. auch GF73), das<br />

neben Statuetten <strong>und</strong> Statuettenteilen Architekturverkleidungen,<br />

Grossbronzefragmente <strong>und</strong> Geräteteile<br />

enthält, lässt sich hingegen schwer entscheiden,<br />

ob es rechtlich, d.h. von einem Altmetallhändler oder<br />

Giesser, oder widerrechtlich angelegt worden ist;<br />

zu erinnern wäre etwa an die Sockelverkleidungen<br />

bzw. Statuen, die in den Insulae 20 <strong>und</strong> 28 in Augst<br />

(D4 <strong>und</strong> D5; s. oben mit Anm. 333 <strong>und</strong> 353) in den<br />

unruhigen Jahren um 270 n.Chr. zerschlagen <strong>und</strong><br />

versteckt wurden.<br />

Fragen der Interpretation stellen sich auch bei den<br />

F<strong>und</strong>en von Martigny (GF79), Brumath (GF21) <strong>und</strong><br />

Aghia Galini (GF111). Der Metallhort von Martigny<br />

fand sich in einem H<strong>aus</strong> mit Wohn- <strong>und</strong> Werkräumen<br />

in einer Brandschicht, wobei die grösste der fünf<br />

Statuetten offenbar schon vor dem Brand beschädigt<br />

war. Auch in Brumath liegt die F<strong>und</strong>stelle des<br />

Ensembles in der Nähe von metallverarbeitenden<br />

Werkstätten; die recht grosse Menge von Statuetten<br />

<strong>und</strong> Votivblechen <strong>aus</strong> mindestens zwei <strong>Lararien</strong> <strong>und</strong><br />

einem Heiligtum spricht aber eher für das Depot eines<br />

Plünderers als eines Bronzegiessers. In dem an der<br />

Südküste von Kreta bei Aghia Galini gesunkenen<br />

Schiff waren <strong>aus</strong>ser Statuetten auch Geräte, Gefässfragmente<br />

<strong>und</strong> Werkzeug untergebracht; als Schiffsladung<br />

wäre sowohl Altmetall als auch Plünderergut<br />

denkbar.<br />

Eindeutig als Plündererhort zu bezeichnen ist dagegen<br />

der Sack mit über 300 Teilen von bronzenen<br />

Gerätschaften, Geschirr, Wagen <strong>und</strong> Möbeln sowie<br />

fünfzehn Statuetten <strong>und</strong> verschiedenem Zubehör 660<br />

,<br />

der in einer Ecke der Basilica von Bavay (GF16) vergraben<br />

worden war. Offensichtlich wurde bei einem<br />

Raubzug, wohl in Zusammenhang mit den Germaneneinfällen<br />

des späteren 3. Jahrh<strong>und</strong>erts, <strong>aus</strong> den Häusern<br />

der Stadt alles zum Wiedereinschmelzen Geeignete<br />

zusammengerafft <strong>und</strong> vorübergehend deponiert 661<br />

. Die<br />

beiden Laren des gleichen Typus zeigen, dass die <strong>Götter</strong>statuetten<br />

<strong>aus</strong> verschiedenen H<strong>aus</strong>heiligtümern stammen<br />

müssen. Von seiner Zusammensetzung her vergleichbar<br />

ist ein - allerdings verschollener - F<strong>und</strong> <strong>aus</strong><br />

Montecchio Emilia (GF93).<br />

Im Gegensatz zu Bavay war es in Detzem (GF54)<br />

wohl nur eine einzige Villa, die von Plünderern heimgesucht<br />

wurde. Die vier Statuetten sowie die Lampe<br />

stammen vermutlich <strong>aus</strong> dem Lararium; auch hier<br />

besteht der wahrscheinlich in einer Kiste verpackte<br />

Hort zur Hauptsache <strong>aus</strong> wiederverwertbaren Metallgeräten<br />

<strong>und</strong> -geräteteilen (Kupfer, Bronze <strong>und</strong> Eisen).<br />

In Champigneulles (GF22) verwahrten die Plünderer<br />

ihre reiche Beute im Kultkeller einer Villa. Das eine<br />

der beiden Ensembles von Kos (GF115) fand sich über<br />

der Zerstörungsschicht eines Ladens beim Forum,<br />

wurde also wohl eher von einem Plünderer als von<br />

einem Altmetallhändler dort deponiert.<br />

Einige an Umfang sehr unterschiedliche Ensembles<br />

mit Larariumsstatuetten wurden in oder bei Militärlagern<br />

verwahrt; in allen Fällen legt ihre Zusammensetzung<br />

eine Deutung als Plündererhorte im Zuge<br />

der alamannischen <strong>und</strong> germanischen Invasionen<br />

des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts nahe. Der im Kastellvicus von<br />

Böbingen vergrabene Hort (GF51) enthielt <strong>aus</strong>ser<br />

einer recht grossen Marsstatuette eine beträchtliche<br />

Zahl von eisernen Bau- <strong>und</strong> Geräteteilen. Im Legionslager<br />

von Regensburg (GF62) fand sich im Kopfbau<br />

einer Mannschaftsbaracke ein Depot mit stark verbrannten<br />

Bronze- <strong>und</strong> Eisenfragmenten von Bauteilen<br />

<strong>und</strong> Gerätschaften sowie mit fünf ebenfalls<br />

feuergeschädigten Statuetten, die wahrscheinlich im<br />

H<strong>aus</strong>heiligtum des dort untergebrachten Centuno<br />

gestanden hatten. Auch verbrannte Metallteile waren<br />

offenbar noch wertvoll genug für eine spätere Wiederverwertung<br />

662<br />

.<br />

In die gleiche Kategorie gehören auch die viel<br />

umfangreicheren Horte <strong>aus</strong> Straubing (GF64) <strong>und</strong><br />

Weissenburg (GF66), die beide wohl in der ersten<br />

Hälfte des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts in der Nähe eines Militärlagers<br />

versteckt wurden 663<br />

. Sie sind auch von ihrer Zusammensetzung<br />

her weitgehend vergleichbar, indem<br />

sie bronzene <strong>und</strong> eiserne Teile der militärischen Ausrüstung,<br />

eiserne Gerätschaften <strong>und</strong> Werkzeuge sowie<br />

eine ganze Reihe von Statuetten enthalten. Im Fall von<br />

Weissenburg kommen als weitere Gattung Votivobjekte<br />

<strong>aus</strong> einem oder mehreren Heiligtümern hinzu.<br />

Die Vielfalt an Objekten ist am ehesten als Ausbeute<br />

eines Plünderungszugs verständlich, auf dem vor allem<br />

658 Oft lassen sich die beiden Arten von Depots nicht unterscheiden:<br />

ein durch Ankauf von Altmetall entstandener Hort<br />

kann gleich zusammengesetzt sein wie einer, der durch Plünderung<br />

zustande gekommen ist. Vgl. dazu Th. Fischer, Zwei<br />

neue Metallsammelf<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> Künzing/Quintana (Lkr. Deggendorf,<br />

Niederbayern). In: H. Dannheimer (Hrsg.), Spurensuche.<br />

Festschrift für Hans-Jörg Kellner zum 70. Geburtstag.<br />

Kataloge der Prähistorischen Staatssammlung München,<br />

Beiheft 3 (Kallmünz 1991) 125ff. bes. 169-173; S. Weinreich-<br />

Kemkes, Zwei Metalldepots <strong>aus</strong> dem römischen Vicus von<br />

Walldürn, Neckar-Odenwald-Kreis. F<strong>und</strong>berichte <strong>aus</strong> Baden-<br />

Württemberg 18, 1993, 303-305; Kellner/Zahlhaas 1993,<br />

139-142; Künzl 1993,487-492.<br />

659 Vgl. Künzl 1993, 357f.; Künzl 1996, 469-472. - Es ist klar,<br />

dass sich der ursprüngliche Funktionszusammenhang von<br />

Statuetten in Altmetall- oder Plündererhorten nur mutmasslich<br />

erschliessen lässt <strong>und</strong> die im folgenden vorgeschlagenen<br />

Deutungen also als Arbeitshypothesen aufzufassen sind. In<br />

diesem Sinn werden alle Statuetten, die nicht eindeutig,<br />

d.h. aufgr<strong>und</strong> von Inschriften, F<strong>und</strong>ort oder Grösse, <strong>aus</strong><br />

öffentlichen Heiligtümern stammen, dem privaten Bereich<br />

zugewiesen (vgl. auch unten Anm. 705).<br />

660 Das Gesamtgewicht des Hortes wird nicht angegeben;<br />

Boucher/Oggiano-Bitar (s. Lit. zu GF16) 12: «plusieurs<br />

dizaines de kilos».<br />

661 Es ist anzunehmen, dass ein weiterer, nicht erhaltener Teil<br />

der Beute <strong>aus</strong> Alteisen bestand.<br />

662 Fischer (wie Anm. 658) 169-173 <strong>und</strong> Weinreich-Kemkes (wie<br />

Anm. 658) 303. 305 haben darauf aufmerksam gemacht, dass<br />

verbrannte Metallobjekte <strong>und</strong> -objektteile in Horten ein Indiz<br />

für Plündererhorte sein können, da die Germanen, im Unterschied<br />

zu den Römern, auch unscheinbarste Metallteilchen<br />

zum Wiedereinschmelzen zusammensuchten.<br />

663 Vgl. auch Künzl 1996,469f.; Künzl 1997,73f.

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