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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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<strong>Lararien</strong> von Privatleuten standen, belegen die silbernen<br />

Porträts - wohl Büsten - des Augustus, des Tiberius<br />

<strong>und</strong> der Livia, die Maximus Cotta seinem Fre<strong>und</strong> Ovid<br />

nach Tomis sandte (Ov. Pont. 2,8, l-6) 62ü<br />

. Neben kleinen<br />

Aediculen gab es am Kaiserhof wie in Privathäusern<br />

eigentliche H<strong>aus</strong>kapellen mit einem vielfältigen<br />

Inventar. Der reiche Messaner C. Heius, ein Zeitgenosse<br />

Ciceros, hatte in seinem H<strong>aus</strong> ein sacrarium,<br />

in dem neben einer hölzernen Kultstatue der Bona<br />

Fortuna eine Reihe von berühmten Kunstwerken<br />

standen (Cic. Verr. 2, 4, 2-4) 621<br />

. Laut der Historia<br />

<strong>Augusta</strong> bewahrte <strong>und</strong> verehrte der Kaiser Alexander<br />

Severus in einem seiner H<strong>aus</strong>heiligtümer Figuren der<br />

vergöttlichten Kaiser <strong>und</strong> von «würdigen Personen»<br />

(animae sanctiores) wie Apollonios von Tyana, Christus,<br />

Abraham <strong>und</strong> Alexander dem Grossen sowie<br />

Bilder seiner Ahnen; ein zweites Lararium enthielt<br />

Bildnisse oder Statue(tte)n von Vergil, Cicero, Achilles<br />

<strong>und</strong> weiteren Helden (Hist. Aug. Alex. 29, 2; 31,<br />

4f.) 622<br />

. Die goldene Büchse mit dem ersten Bart des<br />

Trimalchio, die ihren Platz neben den oben erwähnten<br />

<strong>Götter</strong>figuren hatte (Petron. 29,8), ist als Anspielung<br />

auf Neros Bartopfer zu verstehen 623<br />

.<br />

Es ist klar, dass die Verhältnisse in einer römischen<br />

Provinzstadt nicht denjenigen in der Hauptstadt <strong>und</strong><br />

insbesondere am Kaiserhof entsprechen, doch die<br />

archäologischen Bef<strong>und</strong>e zeigen, dass sich die durch<br />

schriftliche Quellen bezeugte Vielfalt an Larariumsfiguren<br />

in Rom 624<br />

auch in Landstädten des Mutterlandes<br />

<strong>und</strong> - in beschränktem Masse - in Koloniestädten<br />

der römischen Provinzen nachweisen lässt.<br />

Wichtigste Quelle sind hier die Vesuvstädte, wobei<br />

sich die Art ihrer archäologischen Hinterlassenschaft<br />

zum Teil sehr deutlich, zum Teil nur geringfügig von<br />

derjenigen in langsam verödeten Zivilsiedlungen der<br />

Provinzen unterscheidet. Einerseits hat sich durch den<br />

Vulkan<strong>aus</strong>bruch eine Momentaufnahme des täglichen<br />

Lebens im späteren 1. Jahrh<strong>und</strong>ert erhalten, wie sie in<br />

keiner Siedlung möglich ist, die während mehrerer<br />

h<strong>und</strong>ert Jahre Naturereignissen <strong>und</strong> kriegerischen<br />

Einwirkungen <strong>aus</strong>gesetzt war. Wir wissen somit recht<br />

nicht in situ<br />

2 Inventare<br />

5%<br />

in situ <strong>und</strong> quasi<br />

in situ<br />

39 Inventare<br />

95%<br />

Abb. 135 Larariumsinventare in Campanien: F<strong>und</strong>arten.<br />

gut Bescheid über Standort, Art <strong>und</strong> Ausstattung von<br />

H<strong>aus</strong>heiligtümern 625<br />

; zahlreiche <strong>Lararien</strong> sind mit<br />

ihrem gesamten Inhalt in situ erhalten geblieben (vgl.<br />

Abb. 135 <strong>und</strong> unten Anhang I). Anderseits trügt die<br />

Vorstellung von ungestört erhaltenem Alltagsleben, da<br />

grosse Teile vor allem Pompejis infolge des siebzehn<br />

Jahre vor dem Vesuv<strong>aus</strong>bruch erfolgten Erdbebens<br />

noch nicht wieder aufgebaut, die Häuser also noch<br />

nicht vollständig eingerichtet waren 626<br />

; zudem versuchten<br />

Überlebende nach dem Vulkan<strong>aus</strong>bruch,<br />

durch Sondierlöcher an verschüttetes Gut heranzukommen<br />

627<br />

.<br />

620 Zu Kaiserporträts in <strong>Lararien</strong> vgl. B. Schneider, Studien zu den<br />

kleinformatigen Kaiserporträts von den Anfängen bis ins<br />

dritte Jahrh<strong>und</strong>ert. Diss. München 1976 (München 1976) bes.<br />

156-162 (begrifflich wenig präzis); G. E. Borromeo, Roman<br />

Small Scale Portrait Busts. Ph. D. Thesis Brown University<br />

Providence R. 1.1993,81f. 128ff. (Typoskript).<br />

621 Vgl. G. Zimmer, Das Sacrarium des C. Heius. Kunstraub <strong>und</strong><br />

Kunstgeschmack in der späten Republik. Gymnasium 96,<br />

1988,493-520.<br />

622 Der Begriff lararium ist in der spätantiken Historia <strong>Augusta</strong><br />

erstmals bezeugt; in der früheren kaiserzeitlichen Literatur<br />

werden statt dessen sacellum, sacrarium oder aedicula verwendet.<br />

- Es ist klar, dass die genannte Verehrung der animae<br />

sanctiores mit ihrer betonten religionspolitischen Toleranz<br />

nicht historischer Wirklichkeit entspricht, sondern eine Erfindung<br />

des spätantiken Autors ist (vgl. dazu J. Straub, Heidnische<br />

Geschichtsapologetik in der christlichen Spätantike.<br />

Antiquitas, Reihe 4, Beiträge zur Historia-<strong>Augusta</strong>-Forschung<br />

1 [Bonn 1963] 166ff. [bes. Anm. 129]. 191; Neudecker 1988,32f.<br />

72); als Zeugnis für die persönlich geprägte Vielfalt des<br />

Inventars von <strong>Lararien</strong> ist sie dennoch aufschlussreich. Die<br />

«Belege» zu Hadrian <strong>und</strong> Vitellius anderseits passen durch<strong>aus</strong><br />

in das Bild der erhaltenen Larariumsbestände (s. unten).<br />

623 Vgl. H. Blümner, Die römischen Privataltertümer 3<br />

(München<br />

1911) 269f.<br />

624 Bisher sind <strong>aus</strong> Rom verschwindend wenige Bef<strong>und</strong>e von<br />

<strong>Lararien</strong> oder sicher <strong>aus</strong> <strong>Lararien</strong> stammende Statuetten<br />

bekannt (bzw. publiziert), so etwa eine Larenstatuette <strong>aus</strong><br />

einem Privath<strong>aus</strong> auf dem Viminal (GF98), die sechs <strong>Götter</strong>statuetten<br />

<strong>aus</strong> dem Bereich der Horti Domitiae (GF121) oder<br />

<strong>Lararien</strong> mit Statuetten in Ostia (GF96).<br />

625 Vgl. Boyce 1937 (Verzeichnis aller bis 1935 bekannten H<strong>aus</strong>heiligtümer;<br />

Bef<strong>und</strong>e mit Statuetten <strong>und</strong> Gerätschaften 21ff.<br />

Nr. 5f. 13.42.49.61.64.67.73.75.80.108.118.123.129.135.176.<br />

189.200.202.220.251.254.264.299.329.349.371.400.406.408.<br />

431.433f. 439.445f. 448.458f. 467.493.500.504; 108f. Nr. 1-12).<br />

Orr 1973; ders. 1978. - Fröhlich 1991 (Schwerpunkt auf der<br />

Malerei; S. 356ff. Liste der Statuetten <strong>aus</strong> <strong>Lararien</strong>, nach<br />

Raumtypen geordnet). - Kunckel (in Vorbereitung).<br />

626 Vgl. J. Andreau, Histoire des séismes et histoire économique.<br />

Le tremblement de terre de Pompei (62 ap. J.-C). Annales.<br />

Économies, sociétés, civilisations 29,1973,369-395.<br />

627 Das Ausmass solcher Bergungs- <strong>und</strong> Plünderungsversuche<br />

ist wenig untersucht <strong>und</strong> jedenfalls umstritten (die ältere Meinung<br />

zusammengefasst etwa von K. Fittschen in: Pompeji,<br />

Leben <strong>und</strong> Kunst in den Vesuvstädten. Ausstellungskat. Essen<br />

1973, 20; weitere Literaturhinweise bei V. Kockel, Archäologische<br />

F<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Forschungen in den Vesuvstädten IL<br />

Archäologischer Anzeiger 1986, 543); im jüngsten Beitrag zu<br />

der Frage zeigt J.-P. Descceudres am Beispiel der Casa dei<br />

Capitelli colorati (VII 4,31.51), dass es gar nicht möglich gewesen<br />

wäre, durch die bis zu fünf Meter dicken Lapilli- <strong>und</strong><br />

Bimssteinschichten hindurchzudringen (J.-P. Descceudres,<br />

Did some Pompeians return to their city after the eruption of<br />

Mt. Vesuvius in AD79? Observations in the House of the<br />

Coloured Capitals. In: L. Franchi dell'Orto [Hrsg.], Ercolano<br />

1738-1988; 250 anni di ricerca archeologica. Atti del Convegno<br />

internazionale Ravello-Ercolano-Napoli-Pompei,30 ottobre-<br />

5 novembre 1988. Ministero per i beni culturali ed ambientali.<br />

Soprintendenza archeologica di Pompei. Monografie 6 [Rom<br />

1993] 165-178).

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