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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Die grosse Zahl von Bronzefiguren, die im Stadtgebiet<br />

von <strong>Augusta</strong> <strong>Raurica</strong> einzeln oder als Gruppen zum<br />

Vorschein gekommen ist, lässt es lohnend erscheinen,<br />

Funktion <strong>und</strong> Verwendung von <strong>Götter</strong>statuetten in<br />

einem weiteren Rahmen zu untersuchen. Am ehesten<br />

sind Aufschlüsse von geschlossenen, zur gleichen Zeit<br />

in den Boden gelangten Objektgruppen zu erwarten.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage für die folgenden Ausführungen dient<br />

deshalb ein Katalog der mir bekannten F<strong>und</strong>en­<br />

Statuetten im privaten Kult<br />

Die Verwendung von <strong>Götter</strong>statuetten im häuslichen<br />

Kult ist durch literarische wie archäologische Zeugnisse<br />

reich belegt. Die schriftlichen Quellen von der<br />

Republik bis in die späte Kaiserzeit zeichnen ein recht<br />

einheitliches Bild: <strong>aus</strong> Holz, Wachs, Ton, Stein oder<br />

Metall gefertigte Statuetten der Laren <strong>und</strong> anderer für<br />

die H<strong>aus</strong>gemeinschaft wichtiger <strong>Götter</strong> wurden im<br />

H<strong>aus</strong>heiligtum aufbewahrt; man betete zu ihnen,<br />

brachte Opfer dar <strong>und</strong> bekränzte sie 616<br />

. Der Dichter<br />

Tibull bittet die hölzernen Larenfiguren seiner Vorfahren,<br />

ihn im Krieg zu beschützen (1, 10, 15-20);<br />

Juvenal bekränzt die Wachsfiguren in seinem H<strong>aus</strong>heiligtum<br />

zum Dank für die Rettung eines Fre<strong>und</strong>es<br />

<strong>aus</strong> Seenot (12, 87f.); im H<strong>aus</strong> des neureichen<br />

Trimalchio werden im Atrium Silberstatuetten der<br />

Laren <strong>und</strong> ein Marmorbild der Venus aufbewahrt<br />

(Petron. 29, 8). Wie lebendig der häusliche Kult<br />

noch in spätantiker Zeit war, zeigt die Polemik verschiedener<br />

christlicher Autoren (z. B. Tertull. Apol. 13,<br />

4; Lact. Inst. 2, 14, 12f.; Hieron. in Esai. 16, 57, 7); im<br />

Jahre 392 wird er durch ein Edikt der Kaiser Theodosius,<br />

Arcadius <strong>und</strong> Honorius <strong>aus</strong>drücklich verboten<br />

(Cod.Theod. 16,10,12). Im übrigen bezeugt Tertullian<br />

auch die Langlebigkeit der <strong>Götter</strong>figuren; er spottet,<br />

dass man <strong>aus</strong> einer Minerva- oder einer Saturnstatuette<br />

schliesslich (durch Wiedereinschmelzen) einen<br />

Kochtopf herstelle, da sie vom langen Gebrauch so<br />

abgewetzt <strong>und</strong> beschädigt seien (Apol. 13,4).<br />

Die Laren waren ursprünglich ländliche Schutzgeister,<br />

die zwar angerufen, aber nicht bildlich dargestellt<br />

wurden. An ihrem Fest, den Compitalia, das<br />

nach Abschluss der Feldarbeiten an den Kreuzwegen<br />

(compita) gefeiert wurde, nahmen vor allem Sklaven<br />

<strong>und</strong> Freigelassene teil. Durch seine Kultreform im<br />

Jahre 7 v. Chr. erreichte Augustus, dass der Larenkult<br />

auch in den Städten <strong>und</strong> bei allen Bevölkerungsschichten<br />

Eingang fand; gleichzeitig breitete sich die<br />

Idee des Kaiserkults <strong>aus</strong>, indem der mit den Laren<br />

dargestellte <strong>und</strong> verehrte Genius gleichzeitig den<br />

Genius des H<strong>aus</strong>herrn wie auch den des Kaisers<br />

sembles <strong>aus</strong> dem römischen Reich, die eine oder<br />

mehrere metallene <strong>Götter</strong>statuetten enthalten 615<br />

, <strong>und</strong><br />

zwar sowohl absichtlich angelegte Depots als auch im<br />

Boden verwahrte, durch Krieg oder Naturereignisse<br />

in situ erhalten gebliebene Objektgruppen. Ein erster<br />

Teil umfasst die F<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> den Vesuvstädten (GFV;<br />

s. Anhang I), der zweite diejenigen <strong>aus</strong> dem übrigen<br />

Italien <strong>und</strong> den Provinzen (GF; s. Anhang II).<br />

meinte 617<br />

. Im übrigen erhielt spätestens in augusteischer<br />

Zeit der Bildtypus des Laren als eines jugendlichen<br />

tanzenden oder ruhig stehenden Jünglings mit<br />

Spendeschale <strong>und</strong> Rhyton oder Füllhorn seine für die<br />

Kaiserzeit verbindliche Form 618<br />

.<br />

Ausser Laren- <strong>und</strong> anderen <strong>Götter</strong>statuetten wurden<br />

in den H<strong>aus</strong>schreinen auch weitere, dem Besitzer<br />

wichtige Figuren aufbewahrt 619<br />

. Hadrian soll im Lararium<br />

in seinem Schlafzimmer eine Bronzestatuette des<br />

jungen Augustus (Suet.Aug.7,l),Vitellius eine goldene<br />

Statuette des Narziss (Suet. Vit. 2,5) verwahrt haben.<br />

Dass Bildnisse der kaiserlichen Familie auch in den<br />

615 Aufgenommen sind Statuetten bis zu einer Höhe von r<strong>und</strong><br />

60 cm <strong>und</strong> <strong>aus</strong>nahmsweise auch Büsten (GF25 Chavagnes). -<br />

Da der weit<strong>aus</strong> grösste Teil der hier behandelten Statuetten<br />

in kultischen Zusammenhang zu gehören scheint, wird die<br />

Kategorie der dekorativ verwendeten oder vorwiegend als<br />

Kunstobjekte geschätzten Figuren nur am Rande gestreift<br />

(vgl. etwa GFV8 Pompeji, GF14 Annecy, GF22 Champigneulles,<br />

GF69 Augst, GF99 Rom, GF113 Athen, GF117 Bergama).<br />

616 Die häuslichen Schutzgötter in ihrer Gesamtheit werden unter<br />

dem Begriff der Penates zusammengefasst (vgl. die Definition<br />

bei Serv. Aen. 2,514), während Lares die spezifischen, je nach<br />

Beinamen an verschiedene Örtlichkeiten geb<strong>und</strong>enen Laren<br />

selbst <strong>und</strong> schliesslich, in übertragenem Sinn, das H<strong>aus</strong> meinen<br />

kann. Vgl. allg. A. Dubourdieu, Les origines et le développement<br />

du culte des pénates à Rome. Collection de l'École<br />

française de Rome 118 (Rom 1989) bes. 94-111.<br />

617 Zu Laren <strong>und</strong> H<strong>aus</strong>kult immer noch gr<strong>und</strong>legend G. Wissowa,<br />

Religion <strong>und</strong> Kultus der Römer 2<br />

(München 1912) 161-173; zusammenfassend<br />

vorläufig Orr 1978,1559f. 1562-1567; vgl. auch<br />

Kunckel 1974, 17f. 22-26; Fröhlich 1991, 22-27; H. Hänlein-<br />

Schäfer, Die Ikonographie des Genius Augusti im Kompital<strong>und</strong><br />

H<strong>aus</strong>kult der frühen Kaiserzeit. In: A. Small (Hrsg.), Subject<br />

and Ruler: the Cult of the Ruling Power in Classical<br />

Antiquity. Papers presented at a conference held in The University<br />

of Alberta on April 13-15,1994, to celebrate the 65th<br />

anniversary of Duncan Fishwick. Journal of Roman Archaeology,<br />

Suppl. 17 (Ann Arbor 1996) 73-98. Eine umfassende<br />

Monographie über die Laren wird von H. Kunckel vorbereitet<br />

(Kunckel [in Vorbereitung]).<br />

618 Er scheint sich in spätrepublikanischer Zeit auf der Insel<br />

Delos her<strong>aus</strong>gebildet zu haben; vgl. oben mit Anm. 172.<br />

619 Vgl. zum folgenden Neudecker 1988,31ff. 72. 82f. 84f. 90f.

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