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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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vorwiegend in den Wohn- <strong>und</strong> Handwerkerquartieren<br />

- zum Teil sogar in unmittelbar benachbarten F<strong>und</strong>komplexen<br />

531<br />

-, während sie in öffentlichen Gebäuden,<br />

insbesondere in den Heiligtümern, fehlen 532<br />

. Es spricht<br />

also einiges dafür, dass auch die Schlangentöpfe im<br />

Rahmen des H<strong>aus</strong>kults - oder jedenfalls im Rahmen<br />

eines häuslichen Kults - verwendet worden sind, auch<br />

wenn dabei manche Fragen wie ihre Funktion <strong>und</strong><br />

die Bedeutung des Schlangendekors offenbleiben<br />

müssen. Am nächsten läge es, in ihnen Trankopfergefässe<br />

zu sehen <strong>und</strong> die Schlangen als gallorömische<br />

Version der in campanischen <strong>Lararien</strong> meist gemalten<br />

Schlangen zu deuten 533<br />

, doch fehlen alle weiterführenden<br />

Hinweise. Unklar ist auch, wie man sich ihre<br />

Präsentation vorzustellen hat; eine gemeinsame Aufstellung<br />

der meist recht kleinen Statuetten <strong>und</strong> der<br />

hohen Schlangentöpfe würde optisch wenig befriedigend<br />

wirken <strong>und</strong> wäre nur in <strong>aus</strong>gesprochen hohen<br />

Nischen oder Tempelchen möglich. Erstaunlich ist<br />

zudem, dass widderköpfige Schlangen des vorliegenden<br />

Typus im übrigen Gallien im Bereich des H<strong>aus</strong>kults<br />

nicht <strong>und</strong> in anderem Zusammenhang nur selten<br />

nachgewiesen sind. Es scheint sich um ein vorerst nur<br />

lokal bezeugtes Phänomen zu handeln 534<br />

.<br />

Auch Räucherkelche weisen eine ähnliche Verbreitung<br />

wie die Schlangentöpfe der Gruppe A auf<br />

(Abb. 110); sie sind in vergleichbarer Anzahl vorhanden<br />

<strong>und</strong> haben sich in einigen Fällen in den<br />

gleichen F<strong>und</strong>komplexen wie diese gef<strong>und</strong>en 535<br />

. Im<br />

Gegensatz zu den Schlangentöpfen sind Räucherkelche,<br />

in gleicher oder verwandter Form, weit verbreitet<br />

<strong>und</strong> kommen in Italien wie in den Provinzen<br />

nördlich der Alpen in öffentlichen <strong>und</strong> privaten<br />

Heiligtümern vor 536<br />

. Von der Grösse her könnten sie<br />

gut zusammen mit Statuetten <strong>und</strong> Beleuchtungsgerät<br />

in einer Nische aufgestellt gewesen sein, wie das<br />

italischen Gepflogenheiten entsprach.<br />

Die Verbreitung von Lampen ist wenig <strong>aus</strong>sagekräftig,<br />

da Beleuchtungsgerät in allen Lebensbereichen<br />

verwendet wurde <strong>und</strong> den H<strong>aus</strong>heiligtümern<br />

kein bestimmter Typus vorbehalten war 537<br />

.<br />

Vorläufig lässt sich aufgr<strong>und</strong> der erhaltenen F<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e nicht klären, ob die Zusammensetzung<br />

von Larariumsinventaren in <strong>Augusta</strong> <strong>Raurica</strong> festen<br />

Regeln unterworfen war <strong>und</strong>, wenn das der Fall war,<br />

ob sich diese im Lauf der Zeit änderten. Auch wenn<br />

wir annehmen, dass, zumindest zeitweise, Statuetten,<br />

Schlangentöpfe, Räucherkelche <strong>und</strong> Lampen im Rahmen<br />

des H<strong>aus</strong>kults zusammen verwendete Objekte<br />

waren, so ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass sich lediglich<br />

ein solches Ensemble in situ erhalten hat. Wir kennen<br />

nur vier geschlossene F<strong>und</strong>e mit Larariumsstatuetten,<br />

deren F<strong>und</strong>stelle ungefähr ihrem ursprünglichen Aufstellungsort<br />

entspricht, nämlich die F<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> den<br />

Insulae 5 <strong>und</strong> 5/9 sowie <strong>aus</strong> den Regionen 17,E <strong>und</strong><br />

20,X (Dl, D2, DIO, D12). Von diesen sind es nur die<br />

zwei F<strong>und</strong>e <strong>aus</strong> der Oberstadt, die, in situ verstürzt,<br />

theoretisch ein vollständiges Inventar aufweisen<br />

könnten; in den Ensembles von Kaiseraugst wurden<br />

offenbar lediglich die wertvollen Statuetten ohne weiteres<br />

Zubehör verwahrt. Da in der Regel Schlangentöpfe<br />

nur bis zur Mitte des 2. Jahrh<strong>und</strong>erts, Räucherkelche<br />

aber vom späten 1. bis ins 3. Jahrh<strong>und</strong>ert in<br />

Gebrauch waren, dürfte man ein Larariumsinventar<br />

mit Schlangentopf <strong>und</strong> Räucherkelch also nur in<br />

Ensembles des 1. <strong>und</strong> des früheren 2. Jahrh<strong>und</strong>erts erwarten;<br />

im 3. Jahrh<strong>und</strong>ert sind möglicherweise andere<br />

Gefässformen an die Stelle von Schlangentöpfen<br />

getreten. Das Inventar in Insula 5/9 scheint eine<br />

Ausnahme zu bilden, indem dort zum Zeitpunkt des<br />

Brandes im späteren 3. Jahrh<strong>und</strong>ert Räucherkelch <strong>und</strong><br />

Schlangentöpfe offenbar noch an ihrem Platz standen.<br />

Noch nicht untersucht ist, welche Bewandtnis<br />

einzelne in <strong>Lararien</strong> der Vesuvstädte aufbewahrte<br />

Münzen hatten (vgl. unten mit Anm. 648); die Merkurstatuette<br />

S4 lässt vermuten, dass in <strong>Augusta</strong> <strong>Raurica</strong><br />

wie auch in weiteren Teilen Galliens Münzopfer im<br />

Lararium gebräuchlich waren (s. unten Exkurs II).<br />

531 z. B. Ins. 5/9: Statuetten des Hortf<strong>und</strong>s D2 <strong>und</strong> Schlangentöpfe<br />

(s. oben Anm. 311); Reg. 17,E: Statuetten des Hortf<strong>und</strong>s DIO<br />

<strong>und</strong> Schlangentopf (s. oben Anm. 458).<br />

532 Die recht grosse Zahl von Statuetten im Norden <strong>und</strong> Westen<br />

des Forums stammt <strong>aus</strong> den dort eingerichteten Tabernen <strong>und</strong><br />

Läden. Im Fall der Heiligtümer ist nur der Negativbef<strong>und</strong> der<br />

Schlangentöpfe wichtig, da Statuetten dort ursprünglich<br />

durch<strong>aus</strong> vorhanden waren.<br />

533 Zu Schlangen <strong>und</strong> ihrer Bedeutung in campanischen <strong>Lararien</strong><br />

vgl. Fröhlich 1991,56-91.<br />

534 D. Schmid weist die auch zeitlich unterschiedlichen Typen von<br />

Schlangentöpfen mit Recht verschiedenen Kulten zu; hier geht<br />

es nur um die als Gruppe A bezeichnete Gattung. - Die<br />

widderköpfige Schlange ist kaiserzeitlich als Attribut des<br />

Cernunnos, selten von Mars <strong>und</strong> Merkur, bekannt (vgl. LI MC<br />

IV 839-844 [J. M. Blâsquez]; II 579; VI 553 [G. Bauchhenss]).<br />

Formal verwandt mit der Schlange 115 ohne bekannten F<strong>und</strong>ort,<br />

die Schmid 1991, 63 Anm. 169 anführt, <strong>und</strong> mit dem ebd.<br />

genannten Augster Exemplar Inv. 1961.5966 sind die - viel<br />

grösseren - Schlangen <strong>aus</strong> einem der reichen Gräber von Wolpertswende-Mochenwange<br />

(Baden-Württemberg, D), die als<br />

Beschläge eines Holzgefässes dienten <strong>und</strong> deren Bedeutung<br />

man nicht kennt (Filtzinger/Planck/Cämmerer [wie Anm. 529]<br />

624 o. Abb.). Der einzige Beleg für Schlangen in gallorömischen<br />

<strong>Lararien</strong> ist die zur Larengruppe <strong>aus</strong> Montbéliard<br />

(Lebel, Montbéliard Nr. 15 Taf. 17-20) gehörende Schlange; sie<br />

stammt aber wohl, wie der Lar selbst, <strong>aus</strong> Italien (zum Typ vgl.<br />

etwa Schlangen in GFV9 <strong>und</strong> GFV47 [Anhang I]). Wahrscheinlich<br />

wurden die einzelnen Teile erst nördlich der Alpen<br />

zu einer Gruppe zusammengefügt; Hahn <strong>und</strong> Eber gehörten<br />

ursprünglich wohl zu einer Merkurgruppe.<br />

535 Schmid 1991, 65 mit Verbreitungskarte Abb. 44 (Mengenanteile<br />

stärker differenziert als hier auf Abb. 110).<br />

536 Vgl. etwa Larariumsinventar von H<strong>aus</strong> I 14,6.7 in Pompeji<br />

(Anhang I GFV12) oder F<strong>und</strong>e im Heiligtum des Apollo <strong>und</strong><br />

der Sirona von Hochscheid (G. Weisgerber, Das Pilgerheiligtum<br />

des Apollo <strong>und</strong> der Sirona von Hochscheid im Hunsrück<br />

[Bonn 1975] 69).<br />

537 Zur Verbreitung von Öllampen in Augst <strong>und</strong> Kaiseraugst vgl.<br />

A. Leib<strong>und</strong>gut, Die römischen Lampen in der Schweiz (Bern<br />

1977) 108f.; A. R. Furger in: Furger/Deschler-Erb 1993, 26f.;<br />

Martin-Kilcher 1994, 473 Anm. 687. Geschlossene Lampen<br />

sind offenbar besonders häufig im 1. Jh. vertreten <strong>und</strong> werden<br />

dann von offenen Talglampen abgelöst; im 3. Jh. ist Beleuchtungsgerät<br />

archäologisch nur selten nachzuweisen.

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