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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Horizontale Verteilung<br />

Öffentliche Gebäude<br />

Wie schon oben bemerkt, haben sich in den öffentlichen<br />

Gebäuden wie Foren, Heiligtümern, Theatern<br />

<strong>und</strong> Thermen sehr wenige figürliche Kleinbronzen<br />

erhalten, da ihre metallene Ausstattung, die wohl<br />

ohnehin nur zu einem kleinen Teil <strong>aus</strong> Kleinplastik bestand,<br />

entweder rechtzeitig in Sicherheit gebracht<br />

wurde oder Metallsammlern zum Opfer fiel. Beachtliche<br />

Reste von Bronzen sind nur <strong>aus</strong> dem Heiligtum<br />

in der Grienmatt (Region 8,A) erhalten geblieben,<br />

aber auch dort fehlt die mutmasslich wichtigste Gattung,<br />

die der Votivstatuetten, fast völlig oder ist noch<br />

nicht gef<strong>und</strong>en worden.<br />

Die an das Forum angebauten Tabernen entsprechen<br />

in ihrem F<strong>und</strong>spektrum den Tabernen <strong>und</strong> Läden<br />

in den Wohnquartieren.<br />

Wohn- <strong>und</strong> Gewerbequartiere<br />

Um zu beurteilen, ob sich die unterschiedliche Nutzung<br />

von Quartieren auch in den erhaltenen Bronzen<br />

spiegelt, gilt es, von den am besten untersuchten bzw.<br />

f<strong>und</strong>reichsten Insulae <strong>aus</strong>zugehen.<br />

Die Insulae 24 <strong>und</strong> 30 wurden als einzige annähernd<br />

vollständig <strong>aus</strong>gegraben, wobei sie - zumindest in der<br />

Spätzeit - recht verschieden genutzt wurden. Insula 24<br />

weist durchgehend grosse Gewerbehallen <strong>und</strong> Handwerksbereiche<br />

<strong>und</strong> nur bescheidene Wohnräume auf,<br />

während in Insula 30 im 3. Jahrh<strong>und</strong>ert ein Peristylh<strong>aus</strong><br />

den grössten Teil des vorher handwerklich genutzten<br />

Quartiers einnimmt. Wichtig wegen ihres<br />

grossen F<strong>und</strong>materials sind ferner die Insulae 18<br />

<strong>und</strong> 31.<br />

Die recht wenigen figürlichen Bronzen <strong>aus</strong> Insula 24<br />

fügen sich auf den ersten Blick gut in das Bild eines<br />

Quartiers mit bescheidener baulicher Ausstattung <strong>und</strong><br />

eher ärmlichem Spektrum von Speiseabfällen, doch<br />

sprechen der figürlich bekrönte steinerne Tischfuss<br />

<strong>und</strong> vor allem das <strong>aus</strong>sergewöhnlich aufwendige<br />

steinerne Lararium dafür, dass im 1. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

jedenfalls der Wohnbereich im Südteil reich <strong>aus</strong>gestattet<br />

war <strong>und</strong> dass das Lararium ursprünglich<br />

weit mehr Statuetten enthielt als die beiden noch<br />

erhaltenen Figuren.<br />

Wie verschieden die Aussage von F<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>en<br />

<strong>aus</strong>fallen kann, zeigt etwa auch der Vergleich<br />

zwischen den Insulae 30 <strong>und</strong> 31, in denen am meisten<br />

figürliche Bronzen zum Vorschein gekommen sind.<br />

Schon vor der Errichtung des Peristylh<strong>aus</strong>es dürften<br />

die Wohnbereiche in Insula 30 besser <strong>aus</strong>gestattet <strong>und</strong><br />

<strong>aus</strong>gedehnter gewesen sein als die der angrenzenden<br />

Insula 31, die mehrheitlich für Handwerk <strong>und</strong> Gewerbe<br />

genutzt wurde; der Charakter der figürlichen<br />

Bronzen unterscheidet sich jedoch kaum. In beiden<br />

Insulae haben sich Larariumsstatuetten bis ins 3. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

erhalten, einzelne campanische Importstücke<br />

sind hier <strong>und</strong> dort vertreten, <strong>und</strong> auch die Gerätschaften<br />

<strong>und</strong> Ausstattungsteile zeigen etwa dasselbe<br />

Spektrum.<br />

Noch erstaunlicher fällt ein Vergleich zwischen den<br />

Insulae 18, 28 <strong>und</strong> 41/47 <strong>aus</strong>. In Insula 18 konnten<br />

lediglich zwei Werkhallen <strong>und</strong> ein Wohn(?)h<strong>aus</strong> angeschnitten<br />

werden; Insula 28 war - jedenfalls im 2. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

- mit zwei grossen, reichen Häusern überbaut,<br />

<strong>und</strong> über Insula 41/47 erstreckte sich eine <strong>aus</strong>gedehnte,<br />

luxuriös <strong>aus</strong>gestattete Anlage, von der ein im<br />

3. Jahrh<strong>und</strong>ert benutzter Wohnteil untersucht werden<br />

konnte. Die figürlichen Bronzen nun verteilen sich<br />

ganz anders als erwartet: zwei Statuetten von hervorragender<br />

Qualität, die man in einer herrschaftlichen<br />

Domus erwartet hätte, fanden sich in einer der Werkhallen<br />

von Insula 18, die beiden Villen in Insula 28<br />

enthielten lediglich einen Möbelbestandteil, keine<br />

Statuetten, ähnlich wie der «Palazzo» in Insula 41/47,<br />

wo sich an figürlichen Bronzen nur eine Statuette<br />

<strong>und</strong> ein Schlüsselgriff erhalten haben. Über die<br />

Gründe, die zu diesem überraschenden Tatbestand<br />

geführt haben, lässt sich nur spekulieren; zumindest<br />

im Fall von Insula 28 liegt es nahe anzunehmen, das<br />

nur im 2. Jahrh<strong>und</strong>ert bewohnte Terrassenh<strong>aus</strong> sei<br />

planmässig geräumt worden 510<br />

.<br />

Es hat sich also gezeigt, dass es kaum möglich ist,<br />

anhand von F<strong>und</strong>en figürlicher Bronzen auf den<br />

Charakter einer F<strong>und</strong>stelle <strong>und</strong> deren Umfeld zu<br />

schliessen, betreffe dies die Nutzungsart oder den<br />

Ausb<strong>aus</strong>tandard eines Gebäudes. <strong>Lararien</strong> waren in<br />

Wohn- wie in Gewerbetrakten (Läden, Werkstätten,<br />

Tabernen) eingerichtet; Möbel <strong>und</strong> Gerätschaften mit<br />

figürlich verzierten Teilen konnten im privaten wie im<br />

öffentlichen Bereich verwendet werden. Eindeutig in<br />

den Wohnbereich scheint nur verziertes Tafelgeschirr<br />

zu gehören, <strong>aus</strong>ser dort natürlich, wo Inschriften für<br />

eine kultische Verwendung sprechen (s. unten nach<br />

Anm. 711).<br />

Figürliche Bronzen eignen sich offensichtlich<br />

schlecht als Quellen zur Sozialstruktur, da eine weitgehend<br />

zufällige Auswahl des einst Vorhandenen auf<br />

uns gekommen ist. Es hängt unmittelbar vom antiken<br />

<strong>und</strong> nachantiken Schicksal der jeweiligen F<strong>und</strong>stelle<br />

ab, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang sich Metallobjekte<br />

überhaupt erhalten konnten. Gerade in <strong>Augusta</strong><br />

<strong>Raurica</strong> wirkten mannigfaltige aktive Faktoren wie<br />

planmässige Räumung oder plötzliches Verlassen<br />

sowie Zerstörung durch kriegerische Ereignisse <strong>und</strong><br />

Naturkatastrophen auf die Gebäude ein, <strong>und</strong> diese<br />

Faktoren bestimmten die Erhaltungsbedingungen der<br />

materiellen Hinterlassenschaft. Oft lässt sich nur noch<br />

feststellen, ob eine F<strong>und</strong>stelle in antiker Zeit mehr<br />

oder weniger gründlich nach Metallobjekten durchsucht<br />

worden ist.<br />

510 Ähnliche Widersprüche haben sich für B. Rütti bei der Untersuchung<br />

des Glases ergeben, indem sich reich <strong>aus</strong>gestattete Insulae<br />

nicht durch einen entsprechend hohen Anteil an teurem<br />

Glasgeschirr <strong>aus</strong>zeichnen - was, wie gesagt, offenbar mit der<br />

Beschaffenheit der Böden sowie der Art der Abfallbeseitigung<br />

zusammenhängt. Ein besserer Gradmesser als Glasgeschirr<br />

scheinen Fensterglas <strong>und</strong> insbesondere die Tierknochenabfälle<br />

zu sein. Vgl. Rütti 1991,265-277; Furger/Schibler 198f.

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