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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Hinterkopfes 495<br />

. Noch <strong>aus</strong>geprägter als bei der<br />

Bacchusbüste liegt hier eine «gelehrte», eklektische<br />

Kombination verschiedener Typen vor, die nur durch<br />

den Kopfaufsatz eindeutig bestimmt wird: erst die aufgesetzte<br />

Keule lässt in dem Knaben den kleinen Herkules<br />

erkennen.<br />

Durch den Zufall der Überlieferung hat sich in Ostfrankreich<br />

eine weitere, in den gleichen Umkreis<br />

gehörende <strong>Götter</strong>büste erhalten, die ihrerseits zwar<br />

neue Probleme stellt, aber doch belegt, dass solche Büsten<br />

weniger selten waren, als es heute den Anschein<br />

macht. Die 14 cm hohe Büste wurde zusammen mit<br />

ihrem Aufsatz (H. 12,5 cm) in Périgueux im Fluss Isle<br />

nahe den antiken Thermen gef<strong>und</strong>en (Abb. 107,2) 496<br />

.<br />

Sie passt stilistisch sehr gut zu den beiden anderen Büsten;<br />

noch schwieriger ist es hier allerdings, die dargestellte<br />

Gottheit zu benennen. Büsten<strong>aus</strong>schnitt, Ge­<br />

sichtszüge <strong>und</strong> Haartracht wären für Apollo oder<br />

Bacchus, aber auch für Diana, Ceres oder Venus möglich<br />

497<br />

. Da der Aufsatz in jeden Fall in die schmale<br />

rechteckige Aussparung auf dem Scheitel passen musste,<br />

ist auch von daher am ehesten an eine Lyra zu denken<br />

498<br />

, die Büste stellte also wohl Apollo dar, <strong>und</strong> zwar<br />

in der vorliegenden Version möglicherweise Apollo<br />

Pantheus 499<br />

.<br />

Im Fall der Augster Büsten ist es wohl müssig, nach<br />

tiefgreifenden inneren Beziehungen zwischen Bacchus<br />

<strong>und</strong> Herkules zu suchen. Die beiden Büsten<br />

waren wohl nicht primär als Zeugnisse häuslicher<br />

Frömmigkeit, sondern als erlesene Kunstwerke im<br />

Lararium aufbewahrt (vgl. dazu unten mit Anm. 621),<br />

wie denn überhaupt das ganze Ensemble in Insula 5<br />

<strong>aus</strong> <strong>aus</strong>gesuchten Objekten zu bestehen scheint.<br />

495 Das hängt offensichtlich mit dem <strong>aus</strong> Teilnegativformen gewonnenen<br />

Wachsmodell zusammen. Die Haarkalotte der Vorderseite<br />

mit den um <strong>und</strong> über den Kopf verlaufenden Binden<br />

entstammte der Teilnegativform eines klassizistisch vereinfachten<br />

Aphroditekopfs des Typus Sappho-Olympias (vgl.<br />

dazu zuletzt C. Maderna-Lauter in: P. C. Bol [Hrsg.], Forschungen<br />

zur Villa Albani. Katalog der antiken Bildwerke 2<br />

[Berlin 1990] Nr. 242 Taf. 224. 225), für den Hinterkopf verwendete<br />

man die Form eines polykletisierenden, wohl Haarreif<br />

oder Kranz tragenden Jünglingskopfs (vgl. etwa die Rückansichten<br />

verschiedener klassizistischer Köpfe bei Zanker<br />

[wie Anm. 490] Taf. 36,4-9).<br />

496 E. Galy, Divinité panthée trouvée dans Lisle, à Périgueux.<br />

Bulletin de la société historique et archéologique du Périgord<br />

1875,125-134 m. Taf.; R. Mowat, Buste de bronze découvert à<br />

Périgueux. Gazette archéologique 4, 1878, 169-176 Taf. 30;<br />

H. de Villefosse, Bulletin de la société nationale des antiquaires<br />

de France 1904,316-318; J. Charbonneaux, L'art dans<br />

l'occident romain. Revue du Louvre et des musées de France<br />

13,1963,109 Abb. 8 (ohne Aufsatz).<br />

497 Vgl. nicht sicher benennbare Gottheiten an Büsten- oder<br />

Kopfgewichten: Franke 1996 A14-A16 Taf. 5. 6; A105.<br />

A108-A125 Taf. 31-36; B18-B21 Taf. 69.70.<br />

498 Der recht grobe Aufsatz unterscheidet sich deutlich von der<br />

differenziert gearbeiteten Büste <strong>und</strong> lässt sich offenbar nicht<br />

genau einpassen; er scheint ein Ersatz für den ursprünglich zugehörigen<br />

Aufsatz zu sein. Die gekreuzten Füllhörner finden<br />

sich sehr ähnlich an gallorömischen pantheistischen Büsten<br />

der Tutela oder des Merkur (H. Jucker, Das Bildnis im<br />

Blätterkelch [Ölten, L<strong>aus</strong>anne, Freiburg 1961] 159.161 f. Abb.<br />

40. 42f.); möglicherweise sollte also der spätere Aufsatz den<br />

pantheistischen Charakter des Gottes betonen.<br />

499 Vgl. etwa Statuette <strong>aus</strong> Weissenburg (Kellner/Zahlhaas 1993<br />

Nr. 4 Taf. 13-15) oder Silberbüste <strong>aus</strong> Meaux (D. Magnan,<br />

Toreutique à Meaux. L'Apollon en argent de la Bauve.<br />

Bulletin du groupement archéologique de Seine-et-Marne<br />

32-34,1991-1993,191-203 Abb. 8-10).

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