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Götter und Lararien aus Augusta Raurica

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Am Übergang zwischen Insulae <strong>und</strong> Südvorstadt,<br />

auf der Flur «Kurzenbettli», liegt unmittelbar südöstlich<br />

von Insula 48 ein langgestreckter, zwischen 1964<br />

<strong>und</strong> 1968 zum grössten Teil untersuchter Gebäudekomplex,<br />

dessen Bef<strong>und</strong> von H. Bender aufgearbeitet<br />

<strong>und</strong> vorgelegt wurde 407<br />

. Im Süden der Anlage befand<br />

sich um die Mitte des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts ein Töpfereibezirk;<br />

er wurde wenige Jahrzehnte später von eisenverarbeitenden,<br />

vielleicht unter militärischer Regie<br />

stehenden Betrieben überlagert 408<br />

. Weiter nördlich<br />

konnten mehrere, in Holz- oder Mischbauweise erstellte<br />

H<strong>aus</strong>einheiten unterschieden werden; wahrscheinlich<br />

waren es Wohn- <strong>und</strong> kleinere Gewerbebauten.<br />

In hadrianischer Zeit lässt sich ein Vorläufer<br />

des späteren Rast- <strong>und</strong> Unterkunftsh<strong>aus</strong>es (Mansio)<br />

feststellen; voll <strong>aus</strong>gebaut wurde die <strong>aus</strong>gedehnte<br />

Anlage mit Küchen-, Bade- <strong>und</strong> Wohntrakten zu Ende<br />

des 2. Jahrh<strong>und</strong>erts. Zeitlich noch nicht eingrenzen<br />

lassen sich eine Taverne <strong>und</strong> eine Fleischräucherei in<br />

der Nordwestecke des Komplexes.<br />

Von den acht figürlichen Bronzen stammen fünf <strong>aus</strong><br />

Schichten, die der Errichtung der Mansio vorangehen;<br />

nur die als Möbelapplike verwendete Venusbüste 73<br />

<strong>aus</strong> dem Hof des nordöstlichen Trakts <strong>und</strong> das phallische<br />

Amulett S343 <strong>aus</strong> einem zweiten, weiter westlich<br />

gelegenen Hof waren zur Zeit des Rasth<strong>aus</strong>betriebs in<br />

Verwendung. Zu den beiden Anhängern 284 <strong>und</strong> S366<br />

<strong>aus</strong> dem 1. Jahrh<strong>und</strong>ert sind keine Parallelen bekannt;<br />

beim Anhänger mit Tierkopf S366 lässt sich nicht<br />

einmal sicher entscheiden, ob er <strong>aus</strong> zivilem oder<br />

militärischem Zusammenhang stammt. Die Haarnadel<br />

244 des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts gehört ebenfalls in den Bereich<br />

von Schmuck <strong>und</strong> persönlichem Besitz. Wozu der<br />

applikenartige Pferdekopf 180 diente, ist unklar. Die<br />

beiden Delphine 145 409<br />

<strong>und</strong> S283 sassen auf Scharnierdeckeln<br />

von campanischen Kannen.<br />

Jenseits des Aquädukts, gegenüber der Nordostecke<br />

von Region 5,C, kam an der Stelle einer mutmasslichen<br />

Porticus der Geräteteil in Form einer Eule 107 zum<br />

S283<br />

V<br />

A<br />

•107<br />

•:A<br />

73<br />

.284<br />

S343 -244<br />

\<br />

145<br />

S366<br />

180<br />

Vjf^ 5£!<br />

Abb. 76 Augst BL. Region 5,C. M. 1 :2000.<br />

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" \ " : :. 6,8<br />

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\ ,<br />

"\ \ •*<br />

Â<br />

Vorschein; vom zugehörigen Gebäude ist nichts bekannt.<br />

Es fällt auf, dass sich im ganzen Baukomplex der<br />

Mansio bzw. der zeitlich vorangehenden Bauten keine<br />

Bronzestatuetten erhalten haben, obschon auch in<br />

Rasthäusern durch<strong>aus</strong> mit <strong>Lararien</strong> zu rechnen ist 410<br />

.<br />

Erhalten sind dagegen einige tönerne Statuetten <strong>und</strong><br />

Büsten, die wahrscheinlich in <strong>Lararien</strong> standen; von<br />

den mindestens sechs Exemplaren gehören drei noch<br />

in die Zeit vor dem Bau des Unterkunftsh<strong>aus</strong>es 411<br />

.<br />

Bemerkenswert sind ein liegender Zecher <strong>aus</strong> spätflavischen<br />

Schichten, der auf die Präsenz von Armeeangehörigen<br />

in dieser Zeit hinweisen könnte 412<br />

, sowie<br />

ein Grotesker im Kapuzenmantel <strong>aus</strong> dem späteren<br />

2. Jahrh<strong>und</strong>ert 413<br />

.<br />

Schwierig zu entscheiden ist, ob die kleine Doppelaxt<br />

<strong>aus</strong> einem im frühen 2. Jahrh<strong>und</strong>ert angelegten<br />

Kellerzimmer des nördlichen Westtrakts 414<br />

kultische<br />

Bedeutung hatte. Parallelen sind mir nicht bekannt;<br />

formal entspricht sie am ehesten dem Attribut des<br />

Iuppiter Dolichenus, wie es auf Reliefs dargestellt<br />

ist 415<br />

. Wie H. Bender zu Recht betont hat 416<br />

, rechtfertigt<br />

das einzelne kleine Objekt es nicht, dem ganzen Raum<br />

kultische Funktion zuzuschreiben. Die Axt könnte<br />

eine verlorengegangene Votivgabe für Iuppiter Dolichenus<br />

oder eine andere Gottheit sein oder aber zu<br />

einer Provinzpersonifikation gehört haben 417<br />

.<br />

407 H. Bender, US 30, 1966, 13-15; Bender 1975; Bender/Steiger<br />

1975, 198-287; Laur/Berger 1988, 154-157; Schibler/Furger<br />

1988, 110-118; Furger 1991, 264-270 Nr. 6-12; Rütti 1991,<br />

234-237.<br />

408 Bender 1975,29.<br />

409 Im Katalog nicht erkannt <strong>und</strong> als Vogelkralle bezeichnet!<br />

410 Zu (gemalten) <strong>Lararien</strong> in Tabernen, Gasthäusern <strong>und</strong> Werkstätten<br />

der Vesuvstädte vgl. Fröhlich 1991,36-40.<br />

411 v. Gonzenbach 1986, 16ff. Nr. 6. 40. 43. 47. 61. 78 Taf. 89,2;<br />

92,3; 94,9; 100,7; 114,7. Zu Terrakotten in <strong>Lararien</strong> vgl. unten<br />

mit Anm. 527-529.<br />

412 v. Gonzenbach 1986, 20 Nr. 40 Taf. 92,3; v. Gonzenbach 1995,<br />

38.46. 217f.<br />

413 v. Gonzenbach 1986, 21 Nr. 43 Taf. 89,2; v. Gonzenbach 1995,<br />

39.187.<br />

414 Vgl. Bender 1975,52 Abb. 18.<br />

415 Vgl. etwa Hörig/Schwertheim (wie Anm. 46) Nr. 6. 298. 327a.<br />

512.518Taf. 3.60.62.108. 111. Bei den bisher bekannten r<strong>und</strong>plastischen<br />

Darstellungen hat sich die Doppelaxt nicht erhalten;<br />

das zierliche, detailliert gearbeitete Augster Exemplar<br />

gehörte aber kaum zu einer Statuette, sondern war möglicherweise<br />

auf einer Unterlage befestigt, wie die <strong>aus</strong>gebrochenen<br />

Ösen nahelegen.<br />

416 Bender 1975,52.<br />

417 Vgl. etwa Doppelaxt auf einem Sabaziosrelief <strong>aus</strong> Spanien<br />

(R. Fellmann in: M. J. Vermaseren [Hrsg.], Die orientalischen<br />

Religionen im Römerreich. EPRO 93 [Leiden 1981] 330 Taf.<br />

4) oder als Attribut der amazonenartigen Personifikation der<br />

Vindelicia (?) auf dem sogenannten Schwert des Tiberius <strong>aus</strong><br />

Mainz (E. Künzl in: W.-D. Heilmeyer u. a., Kaiser Augustus <strong>und</strong><br />

die verlorene Republik. Ausstellungskat. Berlin 1988 Nr. 383).

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