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Erster Periodischer Sicherheitsbericht Teil 3 (PDF, 2 MB

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390 Täter-Opfer-Ausgleich PSB<br />

erlebt. Selbst im Falle der Beteiligung als Nebenkläger werden die Schwierigkeiten für das Opfer nicht<br />

immer ausgeräumt. Wenn Opfer schließlich in ungünstigen Fällen das Gefühl bekommen, nichts tun zu<br />

können oder sogar den Ereignissen ohnmächtig gegenüber zu stehen, kommen Gefühle von Angst, Ärger,<br />

Zorn oder Wut auf. Erst recht wird es schwierig, wenn versteckte oder sogar offene Schuldzuweisungen,<br />

insbesondere aus dem näheren Umfeld, auftreten.<br />

Durch das alternative Angebot einer außergerichtlichen kommunikativen Rechtsfindung erhält das Opfer<br />

die Möglichkeit, Angst und andere Gefühle sich selbst gegenüber zuzulassen, diese sodann im direkten<br />

Kontakt mit dem Täter unter Moderation des Vermittlers beziehungsweise Konfliktberaters 1199 buchstäblich<br />

herauszulassen und damit im günstigsten Fall allmählich psychisch hinter sich zu lassen, sowie seine<br />

ganz persönlichen Interessen an Ausgleich und Wiedergutmachung zur Geltung zu bringen. 1200 Nach den<br />

Erfahrungen der TOA-Einrichtungen sind Wiedergutmachungsleistungen (insbesondere bei mittellosen<br />

Tätern) durch TOA eher zu realisieren als über einen gerichtlichen Titel.<br />

Bedeutung des TOA für Täter<br />

Der Täter hat im TOA die Möglichkeit, sich den Konsequenzen seiner Handlung zu stellen und im Rahmen<br />

des irgend Möglichen zu ihrer Bereinigung beizutragen. Auch wenn er die Begegnung mit dem Opfer<br />

zunächst scheut oder, was durchaus gerade bei jüngeren Tätern vielfach vorkommt, sogar Angst vor dem<br />

direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht hat, fällt am Ende die Entscheidung, sich auf das Verfahren<br />

einzulassen, erfahrungsgemäß leichter als unter traditionellen Bedingungen. Weil nicht wie vor Gericht<br />

gegebenenfalls alles auf Abwehr gegen eine mögliche Verurteilung und Bestrafung gerichtet ist, kann er<br />

im Verlauf der Gespräche und (gegebenenfalls auch heftigen) Auseinandersetzungen offen dafür werden,<br />

Verantwortung zu übernehmen. Falls trotz erfolgreich abgeschlossenem TOA keine Verfahrenseinstellung<br />

durch Staatsanwaltschaft oder Gericht erfolgt, besonders wegen der Schwere der Tat und verbleibendem<br />

öffentlichen Interesse an einer Bestrafung, liegt eine mögliche günstige Wirkung für den Täter wenigstens<br />

in der Aussicht auf Strafmilderung.<br />

Als Folge der Verantwortungsübernahme sollte sich auch das zukünftige Verhalten des Täters ändern. In<br />

der TOA-Praxis geht man im Allgemeinen von dieser Annahme aus, jedoch nicht als geäußertes wesentliches<br />

Kriterium oder sogar unverzichtbare Bedingung des Verfahrens, sondern im Sinne eines stillschweigend<br />

mit gedachten nützlichen und gegebenenfalls auch längerfristig anhaltenden Begleiteffektes<br />

der für sich genommen jedenfalls auf kurze Frist erfolgreichen Konfliktbereinigung.<br />

Bedeutung des TOA für die Gesellschaft<br />

Für die Gesellschaft gilt bereits ganz allgemein, dass die Bürger tagtäglich die meisten ihrer aus unterschiedlichen<br />

Orientierungen und Interessen entstandenen Konflikte ohne formelle Prozesse und außerhalb<br />

der Gerichte lösen. TOA knüpft an die Fähigkeiten und Methoden der Menschen an, mit divergierenden<br />

Interessen allein oder mit Hilfe Dritter umzugehen. Eine gelungene Kommunikation zwischen den<br />

unmittelbaren Konfliktgegnern (auch) in Strafsachen schafft Beispiele für Verständnis und Toleranz, hilft<br />

Vorurteile abbauen, vermindert Ängste und Besorgnisse und trägt zum Frieden zwischen den Beteiligten<br />

und ihrem unmittelbaren Umfeld bei. Dies hat, besonders in beziehungsweise durch die Kumulierung der<br />

Erfahrungen aus den vielen Fällen, einen günstigen Einfluss auf den allgemeinen sozialen Frieden.<br />

1199 Dies stellt den gedachten Normalfall dar. In der Praxis gibt es aber mehrere andere Varianten, je nach der spezifischen Lage<br />

des Falls und (vor allem) den Bedürfnissen des Opfers, wobei sich die Beteiligten beispielsweise zunächst nicht treffen,<br />

sondern getrennt mit dem Vermittler sprechen, oder wobei je ein Vermittler für Opfer und für Täter zuständig ist. Zu den<br />

Standards der Tätigkeit siehe beispielsweise SERVICEBÜRO FÜR TÄTER-OPFER-AUSGLEICH (Hg.), 2000; WATZKE,<br />

E., 1997; ZWINGER, G., 1999.<br />

1200 Bei ganz schweren Straftaten bleibt in vielen Opfern auch über die ersten sehr menschlichen Affekte (bis zum übermächtig<br />

gespürten Hass) hinaus ein deutliches Bedürfnis vorhanden, den Täter bestraft zu wissen, das sich nicht aus Emotionen,<br />

sondern aus anderen, auf allgemeine Prinzipien gegründeten, Motiven nährt, wie Gerechtigkeit, Sühne und zutreffend-eindeutige<br />

Zuweisung der Schuld am Geschehen an den Schädiger. Im Übrigen aber haben quantitative und qualitative Opferbefragungen<br />

immer wieder gezeigt, dass das Bestrafungsbedürfnis bei Opfern viel geringer ausgeprägt ist als verbreitet<br />

unterstellt wird; vgl. dazu zuletzt etwa GABRIEL, U., 1998.

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