Erster Periodischer Sicherheitsbericht Teil 3 (PDF, 2 MB

386 Gerichtliches Verfahren PSB
Im europäischen Vergleich weist die Bundesrepublik Deutschland eine überdurchschnittlich hohe Gefangenenrate
auf. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Rückfallforschung, die zeigen, dass Freiheitsstrafen
unter dem Gesichtspunkt der Rückfallreduzierung ambulanten Sanktionen nicht überlegen sind,
und unter Beachtung des Grundsatzes, dass Freiheitsstrafen ultima ratio sind, sind die Ursachen für diese
im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Gefangenenrate genau zu untersuchen.
Rund die Hälfte aller Untersuchungsgefangenen wird nicht zu einer unbedingten freiheitsentziehenden
Sanktion verurteilt, erlebt also den Freiheitsentzug in seiner resozialisierungsfeindlichsten Form. Dies ist
mit den Zielen der Reformgesetzgebung, die zu Recht das präventive Ziel des Strafrechts in den Vordergrund
gestellt hat, schwer vereinbar.
Eine rationale Kriminalpolitik ist auf statistische Daten als Grundlage folgenorientierten Handelns angewiesen.
Dem genügen die gegenwärtigen Strafrechtspflegestatistiken nur begrenzt. So lassen sich zum
Beispiel über die Umsetzung moderner kriminalpolitischer Strömungen, wie TOA oder Diversion, den
Strafrechtspflegestatistiken entweder nur die Größenordnungen (Diversion) oder, wie hinsichtlich des
TOA, noch nicht einmal diese entnehmen. Die Tat- und Tätergruppen, auf die diese Rechtsfolgen angewendet
werden, bleiben zur Gänze in einem statistischen Dunkelfeld. Die Fortentwicklung des Systems
der Strafrechtspflegestatistiken und insbesondere die Berücksichtigung der neuen Reaktionsmöglichkeiten
(TOA) sowie der quantitativ dominierenden Erledigungsformen (Diversion, Strafbefehlsverfahren) ist
deshalb unabdingbar.