120719 Leitfaden Prävention - LVKITA
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Aufmerksam Aufmerksam sein sein – VVertrauen<br />
V ertrauen schützen schützen –<br />
besonnen besonnen reagieren<br />
reagieren<br />
<strong>Leitfaden</strong><br />
zum Umgang mit sexuellem Missbrauch<br />
und<br />
zur <strong>Prävention</strong>
Aufmerksam sein – Vertrauen schützen – besonnen reagieren<br />
<strong>Leitfaden</strong> zum Umgang mit sexuellem Missbrauch<br />
und zur <strong>Prävention</strong><br />
Stuttgart 2012<br />
Herausgeber:<br />
Landesverband Katholischer Kindertagesstätten<br />
Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V.<br />
Landhausstraße 170<br />
70188 Stuttgart<br />
Telefon: 0711/25251-0<br />
E-Mail: gs.stuttgart@lvkita.de<br />
Internet: www.lvkita.de<br />
Die Handreichung wurde erarbeitet von Fachberaterinnen des<br />
Landesverbandes katholischer Kindertagesstätten<br />
Anita Hafner-Beck, Fachberatungsstelle Waiblingen<br />
Martina Quatember-Eckhardt, Fachberatungsstelle Amtzell<br />
Christa Rieger-Musch, Fachberatungsstelle Heilbronn<br />
Redaktion und Verantwortliche i.S.d.P.<br />
Dr. Ursula Wollasch, Geschäftsführerin<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 2 von 21
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort 4<br />
1. Was ist sexueller Missbrauch? 5<br />
1.1 Eine Definition 5<br />
1.2 Hinweise auf sexuellen Missbrauch 5<br />
1.2.1 Signale und Symptome 6<br />
1.2.2 Fragen und Antworten 9<br />
1.2.3 Verdachtsstufen bei sexuellem Missbrauch 10<br />
2. Verhaltensempfehlungen bei Verdachtsfällen 11<br />
2.1. Verhaltensempfehlungen für Träger 11<br />
2.1.1 Verhaltensempfehlungen für Träger bei Hinweisen auf<br />
sexuellen Missbrauch 11<br />
2.1.2 Verpflichtungen und Verhaltensempfehlungen für Träger<br />
im Falle eines begründeten Verdachts 12<br />
2.1.3 Verpflichtungen und Empfehlungen zum Umgang mit länger<br />
zurückliegenden Fällen („Altfälle“) 12<br />
2.1.4 Empfehlungen zum Umgang mit Opfern 13<br />
2.2. Verhaltensempfehlungen für pädagogische Fachkräfte 13<br />
3. Umgang mit der Öffentlichkeit 14<br />
4. Kooperation und Unterstützungssysteme 14<br />
5. <strong>Prävention</strong> 15<br />
5.1 Professionelles Selbstverständnis 16<br />
5.2 Einarbeitung neuer Mitarbeiter(innen) 16<br />
5.3 Fortbildung 16<br />
5.4 Erweitertes Polizeiliches Führungszeugnis 17<br />
5.5 Selbstverpflichtungserklärung 18<br />
5.6 Qualitätsmanagement 18<br />
6. Weitere Informationen 19<br />
6.1 Literatur 19<br />
6.2 Kirchliche Dokumente 19<br />
7. Anhang<br />
Anlage a und b - Antrag auf ein Führungszeugnis<br />
Anlage c - Selbstverpflichtungserklärung<br />
Anlage d - Formular für den Bericht an die Kommission sexueller Missbrauch<br />
Anlagen<br />
Prozessbeschreibung<br />
Anlage 1 - Grundsätzliches<br />
Anlage 2 - Checkliste<br />
Anlage 3 - Dokumentationsraster<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 3 von 21
Vorwort<br />
Träger von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe stehen angesichts der in der katholischen<br />
Kirche in der Vergangenheit bekannt gewordenen Fälle von sexuellem Missbrauch an<br />
Kindern und Jugendlichen vor einer mehrfachen Herausforderung. Sie müssen so genannte<br />
Altfälle angemessen verfolgen, aktuelle Verdachtsfälle konsequent aufgreifen und durch<br />
Maßnahmen der <strong>Prävention</strong> dafür sorgen, dass Personen, die das Kindeswohl gefährden<br />
könnten, keinen Zugang zur Einrichtung erhalten. In seiner Sitzung vom Juli 2010 hat sich<br />
der Verbandsrat des Landesverbandes ausführlich mit dieser Situation befasst und Maßnahmen<br />
zur <strong>Prävention</strong> von sexuellem Missbrauch beraten und beschlossen, sein Dienstleistungsprofil<br />
diesbezüglich auszubauen.<br />
Der vorliegende <strong>Leitfaden</strong> geht der Frage nach, was zu tun ist, wenn Mitarbeiterinnen oder<br />
Mitarbeiter in katholischen Kindertagesseinrichtungen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart<br />
unter Verdacht geraten, sexuellen Missbrauch zu begehen oder wenn dieser Missbrauch<br />
nachweislich geschehen ist. Er wurde mit den Vorgaben der Diözese Rottenburg-Stuttgart<br />
und denen des Diözesancaritasverbandes Rottenburg-Stuttgart abgestimmt.<br />
Die Handreichung beantwortet Trägern und Einrichtungen zunächst wichtige Verfahrensfragen.<br />
Er bietet aber auch eine Materialbasis für Fachtage und Fortbildungen und er liefert<br />
Grundlagen für die Arbeit der Fachberatung. Angrenzende Themen wie die Sexualerziehung<br />
aber auch ethische Fallbesprechungen oder werteorientierte Führung und Leitung von Einrichtungen<br />
können in weitergehenden Fortbildungen vertieft werden.<br />
Der <strong>Leitfaden</strong> bildet die Grundlage für eine Prozessbeschreibung im Qualitätsmanagement.<br />
Er sichert das Verfahren zur <strong>Prävention</strong> von sexuellem Missbrauch dauerhaft im Alltag der<br />
Einrichtung ab und gibt Mitarbeitenden und Leitungsverantwortlichen schnell eine Orientierung,<br />
wie sie sich bei Bedarf zu verhalten haben. Ein Muster für eine Prozessbeschreibung<br />
mit den zugehörigen Dokumenten für Ihr Qualitätsmanagementhandbuch finden Sie als Anlagen<br />
zum vorliegenden <strong>Leitfaden</strong>.<br />
Die Verantwortlichen in den Kindertageseinrichtungen, Trägerverantwortliche und Leitungen,<br />
stehen vor einem schwierigen Balanceakt. Sie müssen begründete Verdachtsmomente ernst<br />
nehmen und konsequent verfolgen, zum andern ist es notwendig, einen Generalverdacht<br />
abzuweisen, der jede Mitarbeiterin und Mitarbeiter von vornherein ins Zwielicht rückt. Maßnahmen<br />
der <strong>Prävention</strong> müssen daher das Ziel haben, Vertrauen nicht noch weiter zu belasten,<br />
sondern achtsam und sensibel wiederherzustellen. Statt vereinzelter Aktivitäten und<br />
Strukturanpassungen muss ein neues „Netzwerk des Vertrauens“ aus Information, Beratung,<br />
Fortbildung und Kooperation geknüpft werden.<br />
Mit dem vorliegenden <strong>Leitfaden</strong> verpflichtet sich der Landesverband zu einem sensiblen,<br />
offenen und konsequenten Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch und <strong>Prävention</strong>.<br />
Aufmerksam sein, Vertrauen schützen und besonnen reagieren - dies sind die Leitprinzipien<br />
unserer Vorgehensweise. In diesem Sinne empfehlen wir den vorliegenden <strong>Leitfaden</strong> Ihrer<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Stuttgart, im Juli 2012<br />
Für den Vorstand des Landesverbandes<br />
Hildegard Koppenborg Andréas Hofstetter-Straka Dr. Ursula Wollasch<br />
1. Vorsitzende Stellv. Vorsitzender Geschäftsführerin<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 4 von 21
1. Was ist sexueller Missbrauch?<br />
1.1 Eine Definition<br />
Für das Verständnis und die Definition von sexuellem Missbrauch sind, nach derzeitigem<br />
Forschungsstand und Erfahrungen in der Praxis, folgende Punkte wichtig:<br />
• Der Begriff "Missbrauch" steht für sexuelle Handlungen eines Erwachsenen oder<br />
eines Jugendlichen an Kindern.<br />
• Sexueller Missbrauch von Kindern ist stets eine Verletzung der ungestörten<br />
Gesamtentwicklung des Kindes durch vorzeitige sexuelle Erlebnisse.<br />
• Die Kinder wollen diese Handlungen nicht und sind nicht imstande, diese Situation<br />
kognitiv und emotional zu überblicken und zu kontrollieren.<br />
• Sexueller Missbrauch kann mit und ohne körperliche Berührungen stattfinden.<br />
• Anzügliche Bemerkungen, Exhibitionismus, das Masturbieren im Beisein eines Kindes<br />
oder das Zeigen pornografischer Zeitschriften und Filme, bis hin zur<br />
vaginalen, analen oder oralen Penetration zählen dazu.<br />
• Erwachsene, Jugendliche oder ältere Kinder, nutzen ihre Autorität, die Abhängigkeit,<br />
die Ungleichheit und das Vertrauen des Kindes aus, um ihre eigenen Interessen<br />
durchzusetzen.<br />
Sexuelle Gewalt an Kindern ist Machtmissbrauch und das Ausüben von Dominanz mit den<br />
Mitteln der Sexualität. Dadurch wird die Entwicklung der sexuellen Selbstbestimmungsfähigkeit<br />
von Kindern gestört.<br />
„Pro Jahr werden in Deutschland ca. 17.000 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern<br />
angezeigt. Die Dunkelziffer wird auf zwanzigmal höher geschätzt. Sowohl Mädchen als auch<br />
Jungen sind betroffen, Mädchen doppelt so häufig wie Jungen. Demnach werden 15-20%<br />
aller Mädchen und 5-10% aller Jungen Opfer sexueller Gewalt. Bei Mädchen findet gut ein<br />
Drittel des Missbrauchs und bei Jungen etwa ein Fünftel innerhalb der Familie statt. Die<br />
meisten Täter kommen aus dem Bekanntenkreis oder dem direkten sozialen Umfeld. 10%<br />
der Täter sind dem Kind unbekannt. Die überwiegende Zahl der Täter sind Männer, aber<br />
auch Frauen verüben sexuelle Gewalt an Kindern.“ (TPS, Christine Klein, 6/2010)<br />
1.2 Hinweise auf sexuellen Missbrauch<br />
Der Verdacht auf sexuelle Gewalt beruht meist auf sehr vagen Hinweisen. Kinder berichten<br />
selten von sich aus konkret über Missbrauchserfahrungen. Der Grund dafür sind Scham- und<br />
Schuldgefühle sowie die Einschüchterung durch den Täter oder die Täterin. Abhängig vom<br />
Alter der Kinder fehlen ihnen die Worte, um das Erlebte zu beschreiben.<br />
Sehr wenige Verhaltensauffälligkeiten weisen eindeutig auf sexuellen Missbrauch als Ursache<br />
hin. Aber: Kinder zeigen fast immer Verhaltensänderungen oder Symptome, wenn sie<br />
sexuell missbraucht wurden oder werden. Es sind Signale an die Umgebung und an die<br />
nächsten Bezugspersonen, die häufig nicht sprachlicher Art sind.<br />
Kinder und Jugendliche erleben sexuelle Übergriffe je nach Persönlichkeit und individuellem<br />
Empfinden sehr unterschiedlich und genauso unterschiedlich sind auch die Verhaltenssymptome.<br />
Neben Verhaltensänderungen können auch körperliche Verletzungen und psychosomatische<br />
Veränderungen eine Folge sein.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 5 von 21
Manche missbrauchte Kinder benehmen sich nach außen hin "ganz normal". Andere verhalten<br />
sich scheinbar ohne Grund plötzlich auffällig. Der Großteil der sexuell missbrauchten<br />
Kinder sendet jedoch Signale aus, um Aufmerksamkeit zu erregen und Hilfe zu bekommen.<br />
Lange bevor Symptome als Zeichen einer seelischen und körperlichen Verletzung sichtbar<br />
werden, können Signale des Kindes darauf hinweisen.<br />
Symptome sind Abwehrmechanismen und Überlebensstrategien, die es dem betroffenen<br />
Kind ermöglichen, die Situation auszuhalten und psychisch zu überleben. Die Auffälligkeiten<br />
können aber auch ganz andere Ursachen haben, deshalb ist beim weiteren Vorgehen äußerste<br />
Vorsicht angesagt. Einzelne Hinweise sind nicht zwangsläufig ein Beweis für den sexuellen<br />
Missbrauch. Erst die Summe verschiedener Auffälligkeiten und irritierender Beobachtungen,<br />
verbunden mit dem eigenen Gefühl, dass etwas nicht stimmt, können den Verdacht<br />
erhärten.<br />
Grundsätzlich ist jeder Auffälligkeit nachzugehen, nach den Ursachen zu fragen und angemessen<br />
damit umzugehen. Dieses liegt in der pädagogischen Verantwortung der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter einer Einrichtung, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet.<br />
Sexuellen Missbrauch zu erkennen ist nicht einfach. Es gibt zwar eine Vielzahl an<br />
möglichen Hinweisen auf sexuellen Missbrauch, aber kaum eindeutige Symptome.<br />
1.2.1 Signale und Symptome<br />
Emotionale Veränderungen<br />
Traumatisierte Kinder zeigen mitunter starke Stimmungsschwankungen. Manche ziehen sich<br />
zurück, werden sehr still und verschlossen. Andere sind unruhig, reizbar, aggressiv und neigen<br />
zu Weinkrämpfen oder Wutausbrüchen.<br />
Sexualisiertes Verhalten<br />
Es sind insbesondere die Veränderungen psychosexueller Art, die Hinweise auf erlebte sexuelle<br />
Gewalt geben können. Der Umgang des Kindes mit dem eigenen Körper ermöglicht<br />
den Erzieher(inne)n Rückschlüsse auf erlebte Grenzüberschreitungen. Anzeichen können<br />
sein:<br />
• Ein Kind entwickelt keinerlei Körperbewusstsein, ist es auffällig schmerzunempfindlich<br />
oder extrem schmerzempfindlich.<br />
• Ein Kind hat kein oder ein extrem ausgeprägtes, vor allem altersunangemessenes<br />
Schamgefühl.<br />
• Ein Teil der missbrauchten Kinder entwickelt ein stark sexualisiertes Verhalten, das<br />
dem Alter nicht angemessen ist. Plötzlich auftretende sexualisierte Verhaltensweisen<br />
sollten in jedem Fall aufmerksam beobachtet und dokumentiert werden. Dabei sind<br />
die Grenzen zur normalen kindlichen Neugier nicht immer leicht zu erkennen. Auffällig<br />
ist es, wenn Kinder Geschlechtsteile anderer Kinder nicht nur anschauen oder<br />
vielleicht berühren wollen, sondern oral oder mit der Hand stimulieren oder gar penetrieren<br />
wollen.<br />
• Manche betroffene Kinder spielen zwanghaft den erlebten sexuellen Missbrauch<br />
immer wieder nach. Dabei versuchen sie andere Kinder zum Mitspielen zu animieren.<br />
Andere fertigen Zeichnungen an, in denen sie versuchen den Missbrauch darzustellen.<br />
• Mädchen, die von einem männlichen Täter sexuell missbraucht wurden, zeigen mitunter<br />
ein verführerisches Verhalten gegenüber Männern.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 6 von 21
Rückentwicklung<br />
Ein Teil der Kinder regrediert, das heißt, die Kinder fallen auf eine frühere Entwicklungsstufe<br />
zurück. Sie beginnen beispielsweise wieder am Daumen zu lutschen, verwenden die Babysprache,<br />
nässen oder koten ein.<br />
Psychosomatische Beschwerden<br />
Viele sexuell missbrauchte Kinder leiden unter psychosomatischen Beschwerden. Dabei<br />
handelt es sich um Reaktionen des Körpers, die durch die psychische Belastung ausgelöst<br />
werden. Auftreten können Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und Hautkrankheiten, für die es<br />
keine körperliche Ursache gibt. Die Kinder sind kränklich und fehlen häufig in der Einrichtung.<br />
Psychische und psychosomatische Störungen<br />
Das Trauma des Missbrauchs spiegelt sich in seelischen Störungen. Dazu gehören häufige<br />
Albträume, Ängste, Tics, Zwangshandlungen wie Selbstverletzung, Schlafstörungen, chronische<br />
Erschöpfung und Konzentrationsstörungen.<br />
Körperliche Anzeichen<br />
Eindeutige körperliche Symptome für sexuellen Missbrauch sind selten. Dazu gehören beispielsweise<br />
Blutergüsse und Verletzungen im Brust- und Genitalbereich, Geschlechtskrankheiten<br />
sowie Pilzerkrankungen im Genitalbereich. Weitere körperliche Anzeichen können<br />
Magen-Darm-Verstimmungen, Schwierigkeiten beim Gehen oder Sitzen, Schmerzen oder<br />
Juckreiz im Genitalbereich, Blut im Urin oder Stuhl sein.<br />
Was Sie beispielsweise bei einem gewaltgeschädigten Kind in der Kindertageseinrichtung<br />
beobachten könnten:<br />
Ein Kleinkind ...<br />
• gerät außer sich, wenn die Windeln gewechselt werden.<br />
• zeigt durch Weinen oder ungewöhnliche Ängstlichkeit, dass es unglücklich ist.<br />
• verhält sich übermäßig unterwürfig.<br />
• ist geistesabwesend und scheint in einer „Traumwelt“ zu leben.<br />
• zeigt sexuelle Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Kindern, mit Spielsachen<br />
oder Tieren und handelt ärgerlich, aggressiv oder beherrschend.<br />
• es hat Albträume, Angst vor Dunkelheit, Angst davor zu Bett zu gehen.<br />
• leidet unter Appetitlosigkeit oder auffallende Essensvorlieben.<br />
• trägt übermäßig viele Kleidungsstücke übereinander.<br />
• sichert den Reißverschluss der Hose zusätzlich mit einer Sicherheitsnadel.<br />
• protestiert plötzlich, ständig und heftig, wenn es bei einer bestimmten Person bleiben<br />
soll.<br />
• fürchtet sich vor einem bestimmten Platz oder Zimmer in der Einrichtung.<br />
• verhält sich unangemessen herzlich gegenüber Fremden.<br />
• zeigt ungewöhnliches und übertriebenes Interesse am Körper seines Gegenübers<br />
bzw. an Körperkontakt.<br />
• stellt beim Spielen eindeutig sexuelle Aktivitäten nach.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 7 von 21
• zeigt ein unübliches Interesse für oder beschäftigt sich übermäßig mit sexuellen Akten<br />
oder Ausdrücken, die weit über das normale geistige Entwicklungsstadium hinausgehen.<br />
• macht möglicherweise sexuelle Annäherungsversuche, die normalerweise sexuell<br />
provokatives Verhalten Erwachsener sind.<br />
• fertigt Zeichnungen an, die direkt oder indirekt sexuelle Aktivitäten darstellen.<br />
• macht Andeutungen über sexuelle Aktivitäten oder erzählt, dass es missbraucht wurde.<br />
• macht ungewöhnliche Äußerungen, die nur in sexuellem Zusammenhang einen Sinn<br />
ergeben.<br />
• hat Angst sich für die Turnstunde auszuziehen oder weigert sich zur Toilette zu gehen.<br />
Die Signale, mit denen ein Kind versucht, Mitteilung von Missbrauchserlebnissen zu machen,<br />
sind so verschieden wie die Kinder selbst. Es ist die Gesamtheit von Verhaltensänderungen,<br />
die Hinweise liefert, dass „etwas nicht stimmt“ und dass ein Kind Hilfe braucht. Bei den exemplarisch<br />
aufgeführten Verhaltensweisen handelt es sich nicht um einen Kriterienkatalog<br />
für „Missbrauch ja/nein“. Es kann auch sein, dass ein Kind, welches in allen Symptombereichen<br />
Auffälligkeiten zeigt, stellvertretend die Gewalterfahrungen seiner Mutter auslebt oder<br />
auf die gerade stattfindende Trennung seiner Eltern reagiert.<br />
Die Ausführungen veranschaulichen, dass jedes sexuell missbrauchte Kind Signale an seine<br />
Umwelt aussendet - die einen in extrem lärmenden Verhaltensweisen, die anderen sind<br />
plötzlich still und unauffällig. Wieder andere haben somatische Beschwerden. Einige versuchen,<br />
anderen Personen von ihren Erfahrungen zu berichten und werden nicht verstanden.<br />
Immer wieder offenbart sich das Problem von Kindern im Kindergartenalter. Ihre Ausdrucksfähigkeit<br />
reicht nicht aus, um die Ungeheuerlichkeit der Erlebnisse zu schildern. Daher werden<br />
die Kinder allzu oft vom ihrem Gegenüber nicht ernst genommen und man nimmt ihre<br />
Äußerungen als Übertreibung oder gar Fantasie wahr.<br />
„Gewaltgeschädigte Kinder sind auf Hilfe von außen angewiesen. Eine traurige Erfahrung ist,<br />
dass laut Statistik ein betroffenes Kind mindestens acht Personen ansprechen muss, bevor<br />
etwas zu seinem Schutz geschieht.“ (aus: TPS 6/2009, Seite 48).<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 8 von 21
1.2.2 Fragen und Antworten<br />
Gibt es körperliche Spuren, die eindeutig auf sexuellen Missbrauch hinweisen?<br />
Sexuelle Übergriffe hinterlassen selten eindeutige Spuren. Bei folgenden Beobachtungen muss an die<br />
Möglichkeit des sexuellen Missbrauchs gedacht werden: „Knutschflecken“, Hautveränderungen an<br />
den Innenseiten der Oberschenkel, parallele Griffmarken, Bissringe am Hals, an der Brust, im Genitalbereich.<br />
- Bei Unklarheiten informieren Sie sich beim Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes<br />
oder bei einem Kinderarzt Ihres Vertrauens!<br />
Gibt es Verhaltensauffälligkeiten, die eindeutig auf sexuellen Missbrauch hinweisen?<br />
Es gibt keine. - Verhaltensauffällige Kinder brauchen grundsätzlich Hilfe, ganz gleich, welche Ursache<br />
ihre offenen oder verdeckten Hilferufe haben.<br />
Weist sexualisiertes Verhalten des Kindes immer auf sexuellen Missbrauch hin?<br />
Nein. - Sexualisiertes Verhalten muss immer im Kontext der Sexualerziehung zu Hause, im Kindergarten<br />
und in der Schule gesehen werden. Stark sexualisiertes Verhalten weist oftmals auf Übergriffe hin,<br />
ist aber kein sicheres Zeichen. Lassen Sie sich von Fachdiensten beraten.<br />
Verhält sich das Kind plötzlich oder durchgängig auffällig?<br />
Alle Auffälligkeiten können verschiedene Ursachen haben. Sie müssen nicht Folge eines sexuellen<br />
Missbrauchs sein. Beachten Sie Belastungen und/oder einschneidende Veränderungen im Bereich<br />
der Familie.<br />
Wie habe ich das Kind bisher wahrgenommen?<br />
Tragen Sie alle Ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Kind zusammen, sowohl aus belastenden als<br />
auch aus entspannten Situationen.<br />
Wie ist meine Beziehung zum Kind?<br />
Ihre Beziehung zum Kind beeinflusst Ihre soziale Wahrnehmung. Führen Sie ein Gespräch mit Kolleginnen<br />
und Kollegen und überprüfen Sie, ob ihnen ein verändertes Verhalten aufgefallen ist. Bei Unsicherheit<br />
über Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten sind die "insoweit erfahrenen Fachkräfte" der<br />
zuständigen Beratungsstellen einzubeziehen.<br />
Wie äußern sich betroffene Mädchen und Jungen?<br />
Kinder erzählen über sexuelle Gewalterfahrung häufig bruchstückhaft über einen längeren Zeitraum<br />
verteilt. Stellen Sie keine bohrenden Fragen und legen Sie Ihre Vermutungen dem Kind nicht in den<br />
Mund. Hören Sie dem Kind aufmerksam zu. Kinder, die missbraucht wurden, stehen fast immer unter<br />
Redeverbot. Lassen Sie dem Kind Zeit, sich Ihnen anzuvertrauen. Bei überstürzten Reaktionen nehmen<br />
Kinder häufig ihren Bericht zurück. Akzeptieren Sie, wenn das Mädchen oder der Junge nicht<br />
darüber spricht. Schreiben Sie Äußerungen und Reaktionen des Kindes auf.<br />
Weist die Darstellung von Genitalien in Kinderzeichnungen auf einen sexuellen Missbrauch<br />
hin?<br />
Nein. - Kinderzeichnungen geben keine eindeutigen Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch. Sie<br />
können Auskunft über die augenblickliche Gesamtbefindlichkeit des Kindes geben. Falls das Kind<br />
Ihnen etwas über das Bild erzählt oder während des Malens Aussagen macht, notieren Sie dies außerhalb<br />
des Bildes. Selbst wenn die Vermutung des sexuellen Missbrauchs sehr stark ist, unterstützen<br />
Sie sich mit Ihren Kollegen und Kolleginnen gegenseitig, das Kind ganzheitlich wahrzunehmen<br />
und es nicht nur als Opfer eines sexuellen Missbrauchs zu sehen.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 9 von 21
1.2.3 Verdachtsstufen bei sexuellem Missbrauch<br />
Verdachts-<br />
stufen<br />
Unbegründeter<br />
Verdacht<br />
Vager<br />
Verdacht<br />
Begründeter<br />
Verdacht<br />
Erhärteter<br />
oder<br />
erwiesener<br />
Verdacht<br />
Beschreibung Beispiele Bemerkungen<br />
zum Vorgehen<br />
Die Verdachtsmomente<br />
lassen sich<br />
durch überprüfbare<br />
Erklärungen<br />
zweifelsfrei als unbegründet<br />
ausschließen.<br />
Es gibt Verdachtsmomente,<br />
die<br />
(auch) an sexuellen<br />
Missbrauch denken<br />
lassen.<br />
Die vorliegenden<br />
Verdachtsmomente<br />
sind erheblich und<br />
plausibel.<br />
Es gibt direkte oder<br />
sehr starke indirekte<br />
Beweise.<br />
Äußerungen des Kindes<br />
sind missverstanden worden.<br />
Sie bezogen sich<br />
eindeutig auf eine Situation<br />
ohne Grenzüberschreitung.<br />
Ein Kind zeigt ein sexualisiertes<br />
Verhalten mit auffallender<br />
Distanzlosigkeit zu<br />
Erwachsenen.<br />
Oder es macht verbale Äußerungen,<br />
die als Hinweise<br />
auf Missbrauch gedeutet<br />
werden können:<br />
„Papa, aua, Muschi.“<br />
Ein vierjähriges Kind berichtet<br />
detailliert von sexuellen<br />
Handlungen einer Mitarbeiterin<br />
oder eines Mitarbeiters.<br />
Oder es zeigt eindeutig<br />
nicht altersentsprechende<br />
sexuelle Handlungen bzw.<br />
regt sie an oder fordert sie<br />
ein.<br />
Die Täterin/der Täter wurde<br />
direkt bei sexuellen Handlungen<br />
beobachtet.<br />
Die Täterin/der Täter hat die<br />
sexuelle Grenzüberschreitung<br />
selbst eingeräumt.<br />
Fotos oder Videos zeigen<br />
sexuelle Handlungen.<br />
Das Kind macht detaillierte<br />
Angaben zu sexuellen<br />
Handlungen und Besonderheiten,<br />
die nur auf individuellen<br />
Erfahrungen beruhen<br />
können.<br />
Übertragende Geschlechts-<br />
krankheit, eindeutige<br />
Genitalverletzungen durch<br />
Fremdeinwirkung gelten als<br />
Das Ergebnis ist<br />
sorgfältig zu dokumentieren.<br />
Es sind zunächst<br />
weitere Maßnahmen<br />
zur Abklärung und<br />
Einschätzung notwendig.<br />
Es ist eine Bewertung<br />
der vorliegenden<br />
Informationen<br />
vorzunehmen und<br />
es sind im Zusammenwirken<br />
der<br />
Fachkräfte geeignete<br />
Maßnahmen zu<br />
ergreifen.<br />
Es sind Maßnahmen<br />
zur sofortigen Trennung<br />
von Kind und<br />
Täter/in erforderlich,<br />
um den Schutz des<br />
Kindes wiederherzustellen<br />
und zu<br />
dauerhaft zu gewährleisten<br />
.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 10 von 21
eweiskräftig.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 11 von 21
2. Verhaltensempfehlungen bei Verdachtsfällen<br />
Zur <strong>Prävention</strong> von sexuellem Missbrauch muss sich jede Einrichtung und jede Trägerschaft<br />
mit dem Thema befassen. Dies sollte zur Vorbeugung gegen sexuelle Übergriffe geschehen,<br />
aber auch um in Verdachtsfällen oder sogar begründeten Fällen angemessen zum Schutz<br />
der Opfer reagieren zu können.<br />
Nur in einem Klima der Offenheit kann über das Thema Sexualität und damit über sexuellen<br />
Missbrauch gesprochen werden. Die Struktur der Einrichtung stellt sicher, dass Erwachsene<br />
ihre Autoritätsposition und das Vertrauensverhältnis zu Schutzbefohlenen nicht missbrauchen.<br />
Es muss konzeptionell abgesichert sein, dass diese Grundanforderung gewährleistet<br />
ist.<br />
Es kann vorkommen, dass die von Kindern und Jugendlichen und auch die von Kolleg(inn)en<br />
geäußerten Vermutungen, Vorwürfe oder Verdachtsmomente einer eingehenden Prüfung<br />
nicht standhalten. Der Schaden für das Vertrauensverhältnis aber auch für den guten Ruf der<br />
beteiligten Personen kann kaum wieder rückgängig gemacht werden. Es gilt daher, sehr genau<br />
und kritisch zu beobachten. Für Verdächtigte gilt die rechtsstaatlich garantierte Unschuldsvermutung<br />
bis zur rechtskräftigen Verurteilung. Andererseits machen sich Vorgesetzte<br />
dienstrechtlich und aufsichtsrechtlich angreifbar, wenn sie Verdachtsmomente nicht weitergeben.<br />
Sie machen sich strafbar, wenn sie Taten decken.<br />
Eine differenzierte und genaue Wahrnehmung und Reaktion auf die unterschiedlichen<br />
Gegebenheiten ist notwendig.<br />
2.1 Verhaltensempfehlungen für Träger<br />
2.1.1 Verhaltensempfehlungen für Träger bei Hinweisen auf sexuellen<br />
Missbrauch<br />
• Jedem Hinweis im Kontext des sexuellen Missbrauchs muss nachgegangen und jeder<br />
Verdacht muss aufgeklärt werden. Grundsätzlich ist bei der zunächst institutionsinternen<br />
Beobachtung und Sondierung größtmögliche Sorgfalt, Umsicht und Diskretion<br />
geboten.<br />
• Bei der einrichtungsinternen Sondierung muss der Träger für die sofortige Unterbrechung<br />
des Kontakts zwischen dem Verdächtigten und dem mutmaßlichen Opfer bis<br />
zur Klärung des Vorwurfs/des Verdachts und Aufklärung der Sachlage Sorge tragen.<br />
Die Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten müssen gewahrt werden.<br />
• Im Falle der Konfrontation einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters mit den Vorwürfen ist<br />
zwingend eine externe Fachkraft zur Klärung der Verdachtsmomente hinzuzuziehen.<br />
Die Sondierung ist sorgfältig zu dokumentieren.<br />
• Bei jedem Hinweis auf sexuellen Missbrauch informiert der Träger die Kommission<br />
sexueller Missbrauch (KsM) im Bischöflichen Ordinariat.<br />
• Örtliche Beratungsstellen (z.B. Erziehungsberatung der Psychologischen Familien-<br />
und Lebensberatung) und das zuständige Jugendamt werden zur (anonymen) Fallberatung<br />
hinzugezogen.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 12 von 21
2.1.2 Verpflichtungen und Empfehlungen im Falle eines begründeten Verdachts<br />
Im Falle eines begründeten Verdachts auf sexuellen Missbrauch an Kindern oder Jugendlichen<br />
ist ein umsichtiges Krisenmanagement gefragt. Beim Träger oder bei der von diesem<br />
beauftragten Person (ggf. KBV oder KBP) muss die interne und externe Koordination aller<br />
Kommunikations- und Handlungsstränge zusammengeführt werden.<br />
Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiter(innen), die Betreuten und die<br />
Eltern/Angehörigen/Sorgeberechtigten möglicherweise unter Schock stehen und gleichzeitig<br />
von Seiten der Öffentlichkeit eine schnelle Aufklärung verlangt wird.<br />
Der Träger ist verpflichtet,<br />
• alle relevanten Fakten zusammenzutragen und zu bewerten.<br />
• sicherzustellen, dass der Schutz des Kindes bei Offenlegung des Verdachtes gewährleistet<br />
ist.<br />
• Beschuldigte von der Arbeit freizustellen, weitere arbeitsrechtliche Interventionen zu<br />
prüfen und die Mitarbeitervertretung mit einzubeziehen.<br />
• die Kommission für sexuellen Missbrauch (KsM) beim Bischöflichen Ordinariat der<br />
Diözese Rottenburg-Stuttgart zu informieren; das Bischöfliche Ordinariat entscheidet<br />
über eine Weiterleitung an die zuständige Staatsanwaltschaft.<br />
• in Absprache mit dem Bischöflichen Ordinariat die Aufsichtsbehörden (Jugendamt) zu<br />
informieren.<br />
• in Absprache mit dem Bischöflichen Ordinariat mit den Behörden zusammenzuarbeiten<br />
und aktiv an der Aufklärung des Falls mitzuwirken.<br />
Der Träger ist zuständig für die Bereitstellung psychosozialer Hilfen für das/die Opfer und<br />
dessen/deren Eltern und Angehörige. Er sorgt für die Begleitung des Personals bezüglich<br />
der Aufarbeitung des Vorfalls. Er muss eine Verständigung mit allen Beteiligten über eine<br />
angemessene Information der Öffentlichkeit sicherstellen.<br />
• Der Träger ist verpflichtet, den vorliegenden Fall auszuwerten und Schlussfolgerungen<br />
für die Optimierung der <strong>Prävention</strong> zu ziehen und diese umzusetzen.<br />
2.1.3 Verpflichtungen und Empfehlungen zum Umgang mit länger zurück-<br />
liegenden Fällen („Altfälle“)<br />
• Träger, denen ein Fall sexuellen Missbrauchs aus der Vergangenheit bekannt wird,<br />
sind aufgefordert, den Dialog mit ehemaligen Betroffenen/Opfern aktiv aufzunehmen,<br />
die Schuld einzugestehen, im Namen der Institution um Vergebung zu bitten und weitere<br />
Unterstützung (wie z.B. psychologische Begleitung) anzubieten.<br />
• Der Träger ist verpflichtet, mit dem Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg-<br />
Stuttgart und der KsM aktiv zusammenzuarbeiten, sowohl in Fragen der Aufklärung,<br />
der Öffentlichkeitsarbeit, der Einschaltung der Staatsanwaltschaft als auch in der<br />
Frage der psychosozialen Begleitung und eventueller Entschädigungsleistungen (z.<br />
B. Schmerzensgeld, Therapiekosten) an Betroffene.<br />
• Der Träger muss Maßnahmen ergreifen, damit die Mitarbeiter(innen) und die Kinder,<br />
die derzeit die Einrichtungen nutzen, die Vorkommnisse angemessen verarbeiten<br />
können.<br />
• Es sind seitens des Trägers Vorkehrungen zu treffen, die das Risiko von sexuellen<br />
Übergriffen in der Einrichtung in Gegenwart und Zukunft verhindern.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 13 von 21
2.1.4 Empfehlungen zum Umgang mit Opfern sexuellen Missbrauchs<br />
• Bei der Aufarbeitung steht der Vorwurf des Opfers im Mittelpunkt. Dies ist unbedingt<br />
bewusst zu machen, denn die Person und ihre seelische Verfassung können im Verlauf<br />
des Aufklärungsverfahrens in den Hintergrund geraten.<br />
• Das Opfer muss von Anfang an Unterstützung und psychosoziale Begleitung erhalten.<br />
Die Einrichtung muss mit Unterstützung der Diözese dem Opfer und seinen Angehörigen<br />
eine geschulte neutrale Vertrauensperson zur Seite stellen.<br />
• Der/die Schutzbefohlene, der/die einen Vorwurf äußert oder eine Beobachtung mitteilt,<br />
bedarf der Begleitung und Unterstützung besonders in der Phase, in der ein<br />
Vorwurf noch nicht geklärt ist. Die Schutzbefohlenen müssen in ihren Aussagen ernst<br />
genommen werden.<br />
• Das Opfer eines sexuellen Missbrauchs wird die Einrichtung aufgrund des Geschehens<br />
in der Regel nicht mehr als beschützend und vertrauensvoll erleben. Das Vertrauensverhältnis<br />
ist gestört. Eine dem Entwicklungsstand des Opfers entsprechende<br />
Lösung muss gemeinsam erarbeitet werden.<br />
• Der Vorwurf eines sexuellen Missbrauchs zieht einen schweren Eingriff in den Alltag<br />
und in den Ablauf der Einrichtung nach sich. Hinzu kommt, dass mit dem Vorwurf des<br />
sexuellen Missbrauchs in der Einrichtung unweigerlich alle dort Beschäftigten und der<br />
Träger in ihrer Arbeit in Frage gestellt werden.<br />
• Der Träger ist in der für alle belastende Aufklärungsphase gefordert, einer doppelten<br />
Fürsorgepflicht nachzukommen. Sie gilt im Hinblick auf die Schutzbefohlenen ebenso<br />
wie im Hinblick auf die Mitarbeiter(innen).<br />
2.2 Verhaltensempfehlungen für pädagogische Fachkräfte<br />
Die pädagogische Fachkraft ist nicht selten die erste Person, die beim Kind Anzeichen auf<br />
sexuellen Missbrauch wahrnimmt und die eine Verbindung herstellen kann zwischen den<br />
Signalen des Kindes und der Möglichkeit einer sexuellen Straftat.<br />
Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte ist es nicht, sich auf die Suche nach der Täterin/dem<br />
Täter zu machen oder die Täterin/den Täter zu stellen. Beobachtungen oder<br />
Kenntnisse sind direkt an den Träger oder an die von ihm beauftragte Person weiterzugeben.<br />
Die folgenden Punkte sollen die pädagogischen Fachkräfte unterstützen, den eigenen Umgang<br />
mit einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch behutsam und besonnen zu steuern.<br />
Dabei steht der Schutz des Kindes immer an erster Stelle.<br />
• Dokumentieren und datieren Sie alle Wahrnehmungen und Beobachtungen so genau<br />
und sachlich wie möglich (Verhaltensweisen, Äußerungen, Verletzungen).<br />
• Vermitteln Sie dem Kind, dass Sie ihm zuhören, dass es sich Ihnen anvertrauen kann<br />
und dass Sie gut mit den Informationen umgehen. Unterstützen Sie das Kind, in dem<br />
Sie zum Ausdruck bringen, dass Sie ihm glauben.<br />
• Bleiben Sie mit Ihrem Verdacht nicht allein. Tauschen Sie sich mit Kolleginnen und<br />
Kollegen aus und holen Sie sich kollegiale Beratung. Überlegen Sie gemeinsam, wie<br />
Sie mit dem Kind und dessen Eltern umgehen können.<br />
• Informieren Sie die Leitung und den Träger der Kindertageseinrichtung.<br />
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• Überlegen Sie mit Träger und Leitung, wie und wann die Eltern des Kindes informiert<br />
werden. Zuständig dafür ist der Träger.<br />
• Planen Sie im Team, welche Beratung Sie sich durch externe Stellen einholen können<br />
(Jugendamt, Erziehungsberatungsstelle des Landkreises, Psychologische Familien-<br />
und Lebensberatungstelle der Caritas oder der Diözese, Beratungsstelle bei sexuellem<br />
Missbrauch, Kinderschutz-Einrichtung).<br />
• Gestehen Sie sich ein, dass Sie selbst Betroffene(r) sind und holen Sie sich Unterstützung<br />
Ihre Betroffenheit zu bearbeiten, damit Sie selbst handlungsfähig bleiben.<br />
3. Umgang mit der Öffentlichkeit<br />
Der Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen hat ein großes<br />
Interesse in der Öffentlichkeit geweckt. Die Information gegenüber der Öffentlichkeit<br />
muss dies berücksichtigen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtung muss den Schutz der<br />
Persönlichkeit aller Beteiligten – vor allem der Opfer, aber auch der Beschuldigten und der<br />
(möglichen) Täterin/des (möglichen) Täter berücksichtigen.<br />
Zuerst haben die betroffene Einrichtung, die Eltern und die Kirchengemeinde einen Anspruch<br />
auf eine der Situation angemessene Information. Andernfalls entstehen Gerüchte, die den<br />
beteiligten Personen und der Kirchengemeinde mit ihrer Einrichtung noch größeren Schaden<br />
zufügen.<br />
Zuständig für die Information der Öffentlichkeit ist in der Diözese Rottenburg-Stuttgart der/die<br />
diözesane Pressesprecher(in). Er/sie hat zu gewährleisten, dass sachgerecht informiert wird<br />
und die Personenrechte geschützt werden. Stellungnahmen und Interviews kirchlicher Personen<br />
und Mitarbeiter(innen) erfolgen nur in Absprache mit ihm/ihr.<br />
Die Öffentlichkeitsarbeit beginnt mit der Information über die eventuell sehr kurzfristige und<br />
überraschende Entfernung eines/r Beschuldigten aus seiner/ihrer bisherigen Tätigkeit. Die<br />
Kirchengemeinderäte der betroffenen Gemeinde oder die Verantwortlichen einer anderen<br />
kirchlichen Einrichtung werden informiert. Falls bereits staatsanwaltlich ermittelt wird, ist dies<br />
mitzuteilen (vgl. die Regularien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger in<br />
der Diözese Rottenburg-Stuttgart, in: Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Rottenburg-<br />
Stuttgart BO Nr. A 2461 - 1.10.2002, S. 185f).<br />
4. Kooperationen und Unterstützungssysteme<br />
Wer helfen will, braucht Unterstützung deshalb sind umfassender Kinderschutz und situationsgerechte<br />
Maßnahmen bei Missbrauchsverdacht nicht ohne Kooperationspartner und<br />
funktionierende Netzwerke möglich. Kinder vor Missbrauch zu schützen ist eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe, die in gemeinsamer Verantwortung wahrgenommen werden muss.<br />
Institutionelle Kooperationspartner bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch können sein:<br />
• Fachberatung des Landesverbandes Kath. Kindertagesstätten<br />
• Psychologische Beratungsstellen/Erziehungsberatungsstellen<br />
• Jugendämter als Träger der öffentlichen Jugendhilfe<br />
• Gesundheitsämter<br />
• Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
• Kinderärzte, Frauenärzte, Psychiater<br />
• Psychologische Beratungsstellen, Erziehungsberatungsstellen<br />
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• Frühförderstellen<br />
• Örtliches Kinderschutzzentrum oder Beratungsstelle bei sexuellem Missbrauch<br />
Regional können auch Vereine und Initiativen mögliche Kooperationspartner sein, z.B.<br />
• Deutscher Kinderschutzbund<br />
• Lilith<br />
• Pro Familia<br />
• Wildwasser<br />
• Zartbitter<br />
• Silberdistel<br />
Ziel der Kooperation muss sein, das Wohl der Kinder zu sichern, es ggf. wiederherzustellen<br />
und die Familien mit ihren Kindern so zu unterstützen, dass diese entlastet werden.<br />
Wenn verschiedene Institutionen miteinander bezüglich eines Kindes kooperieren, benötigen<br />
sie eine Schweigepflichtsentbindung der Eltern. Nur in Fällen einer akuten Kindeswohlgefährdung<br />
kann die Schweigepflichtsentbindung entfallen.<br />
Um Unklarheiten und Unsicherheiten in der Frage, wer macht was, zu vermeiden, ist es<br />
wichtig, dass Absprachen und Vereinbarungen klar formuliert und schriftlich festgehalten<br />
werden. Es darf nicht dazu kommen, dass Aufträge vermischt oder gar verwischt werden.<br />
Jeder soll genau wissen, was seine Aufgaben und seine Verantwortung ist.<br />
5. <strong>Prävention</strong><br />
<strong>Prävention</strong> von sexuellem Missbrauch ist eine verpflichtende Aufgabe für alle in der Kindertageseinrichtung<br />
Mitarbeitenden innerhalb ihres Wirkungsbereichs. Gemeinsam tragen sie<br />
Verantwortung für das Wohl der Kinder.<br />
Der Träger sorgt dafür, dass in den Einrichtungen ein Klima herrscht, in dem offen über Sexualität<br />
und die Gefahr des sexuellen Missbrauchs gesprochen werden kann und sucht den<br />
Dialog. Er benennt eine für dieses Thema geschulte Ansprechperson auf Trägerseite.<br />
Für die pädagogischen Fachkräfte ist <strong>Prävention</strong> Bestandteil ihres professionellen Handelns.<br />
Sie unterstützen die Kinder bei der Entwicklung ihres Selbstbewusstseins, Selbstvertrauens<br />
und der Wahrnehmung ihrer Selbstwirksamkeit. Sie nehmen die Kinder mit ihrem Willen,<br />
ihren Eigenheiten und ihrem Selbstbestimmungsrecht ernst. Mit den Kindern werden Regeln<br />
für den Umgang miteinander formuliert und die pädagogischen Fachkräfte gewährleisten<br />
deren Einhaltung und den achtsamen Umgang untereinander.<br />
Der Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen Kindergärten<br />
und weiteren Kindertageseinrichtungen benennt das Recht des Kindes auf Schutz vor Gewalt<br />
und macht deutlich, dass sich „Bildungsinstitutionen daran messen lassen müssen, inwieweit<br />
sie dazu beitragen, die Rechte der Kinder einzulösen und inwieweit sie das Wohl des<br />
Kindes vorrangig vor anderen Interessen berücksichtigen“ (Orientierungsplan vorläufige Fassung<br />
März 2011, S. 7).<br />
Pädagogische Fachkräfte haben demnach die Aufgabe „Kinder in der Weiterentwicklung<br />
ihrer Geschlechtsidentität einfühlsam und behutsam zu begleiten“ (S. 35f) sowie „den Aufbau<br />
kindlicher Resilienz wahrzunehmen und zu unterstützen“ (S. 39).<br />
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5.1 Professionelles Selbstverständnis<br />
Träger und pädagogische Fachkräfte erstellen gemeinsam ein Leitbild, aus dem die pädagogische,<br />
ethische und theologische Grundhaltung der Mitarbeitenden hervorgeht und das die<br />
Grundlage für die fachliche und konzeptionelle Arbeit der Kindertageseinrichtung bildet. Im<br />
Leitbild finden die Rechte der Kinder ihre Verankerung.<br />
Die systematische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aspekten des sexuellen<br />
Missbrauchs und der <strong>Prävention</strong> muss konzeptionell abgesichert sein:<br />
• Pädagogische Fachkräfte setzen sich im Rahmen ihrer konzeptionellen Arbeit mit<br />
dem Thema Nähe und Distanz auseinander und vereinbaren Verhaltensregeln. Das<br />
Recht der Kinder auf Beteiligung ist in der pädagogischen Konzeption verankert und<br />
im Alltag umgesetzt.<br />
• In Teamsitzungen, Dienstgesprächen mit dem Träger, Fallbesprechungen und Supervision<br />
bekommt das Thema Umgang mit Sexualität und sexuellem Missbrauch<br />
Raum. Die pädagogischen Fachkräfte nehmen sich Zeit für die Reflexion ihres Erzieher(innen)verhaltens<br />
und die kollegiale Beratung.<br />
• Träger kennen die geltenden Rahmenordnungen, haben ein Basiswissen und sind für<br />
das Thema sensibilisiert. Pädagogische Fachkräfte nehmen kontinuierlich an Qualifizierungsmaßnahmen<br />
zum Thema sexueller Missbrauch teil (siehe auch 6.3 Fortbildung).<br />
• Ein Beschwerdemanagement signalisiert potentiellen Täterinnen und Tätern, dass in<br />
der Einrichtung eine „Kultur des Hinsehens“ praktiziert wird und Hinweise ernst genommen<br />
und bearbeitet werden.<br />
• Alle pädagogischen Fachkräfte und in der Einrichtung Mitarbeitenden sind verpflichtet,<br />
einschlägige Wahrnehmungen und Beobachtungen einer hierzu beauftragten<br />
Person mitzuteilen.<br />
5.2 Einarbeitung neuer Mitarbeiter(innen)<br />
Der Träger ist verantwortlich für die Einarbeitung der pädagogischen Fachkräfte und anderen<br />
Personen, die in ihrer Tätigkeit Kontakt mit Kindern aufnehmen können. Er sorgt für das Bekanntsein<br />
der Grundlagen wie Leitbild, Konzeption und entsprechender Prozessabläufe im<br />
Rahmen des Qualitätsmanagementsystems. Die Umsetzung der Maßnahmen der Einrichtung<br />
zur <strong>Prävention</strong> von sexuellem Missbrauch fordert der Träger dabei ganz konkret ein.<br />
5.3 Fortbildung<br />
Präventiver Umgang mit sexuellem Missbrauch erfordert bei Trägern und pädagogischen<br />
Fachkräften Basiswissen sowie unterstützende Kompetenzen in verschiedenen Handlungsfeldern.<br />
Beim Erwerb von Basiswissen geht es um Fragen wie:<br />
• Was ist sexueller Missbrauch?<br />
• Woran erkenne ich sexuellen Missbrauch beim Kind?<br />
• Welche Handlungsschritte sind bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch einzuleiten?<br />
• Wie reagiere ich angemessen?<br />
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• Wie gehe ich mit dem Kind, mit dessen Eltern, mit dem Team um?<br />
• Wo kann ich um Hilfe/Unterstützung anfragen?<br />
• Wie sieht die rechtliche und strafrechtliche Seite des sexuellen Missbrauchs aus?<br />
• Welche Pflichten habe ich als Träger oder pädagogische Fachkraft?<br />
• Gibt es Faktoren, die Kinder leichter Opfer von sexuellem Missbrauch werden lassen?<br />
Unterstützende Kompetenzen erwerben sich die pädagogischen Fachkräfte durch Fortbildungen<br />
in vielfältigen Themenbereichen. Hier einige Beispiele:<br />
• Kinderrechte<br />
• Partizipation<br />
• Förderung der Resilienz von Kindern<br />
• Vielfalt und Unterschiedlichkeit<br />
• Genderpädagogik<br />
• Schulung der Wahrnehmungs- und Beobachtungsfähigkeit<br />
• Haltung und Professionalität<br />
• Erfüllung des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII<br />
• Sexualpädagogik<br />
5.4 Erweitertes Polizeiliches Führungszeugnis<br />
Nach § 72a SGB VIII müssen alle Träger von Kindertagesseinrichtungen sicherstellen, dass<br />
sie keine Personen beschäftigen, die eine in diesem Paragraphen genannte strafbare Handlung<br />
begangen haben. Als Absicherung müssen sie sich in regelmäßigen Abständen ein polizeiliches<br />
Führungszeugnis vorlegen lassen.<br />
Mit Inkrafttreten des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) im Mai 2010 gibt es nach § 30a<br />
das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis für alle kinder- und jugendnah Beschäftigen und<br />
ehrenamtliche Personen. Dieses gibt auch Auskunft über sexualstrafrechtliche Verurteilungen<br />
im niedrigen Strafbereich.<br />
Das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis ist einzuholen von<br />
• allen pädagogisch und pastoral tätigen Mitarbeiter(inne)n in Kindertageseinrichtungen<br />
in kirchlicher Trägerschaft; ebenso von Personen aus den Bereichen Hauswirtschaft,<br />
Reinigung, technischer Dienst, wenn sie in ihrer Tätigkeit Kontakt zu Kindern aufnehmen<br />
können,<br />
• allen Honorarkräften, Mehraufwandsentschädigungskräften, Bundesfreiwilligendienstleistenden,<br />
Praktikant(inn)en im FSJ, Praktikant(inn)en in Ausbildung oder Studium,<br />
• anderen insbesondere aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung vergleichbar tätigen<br />
Personen, die aufgrund der Art ihrer Tätigkeit in der Einrichtung mit den Kindern<br />
regelmäßig in Kontakt kommen.<br />
Im Bewerbungsverfahren fordert der Träger das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis ein.<br />
Die Vorlage muss grundsätzlich vor Abschluss des Dienst- oder Honorarvertrags erfolgen.<br />
Die Notwendigkeit der Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses kann in<br />
die Stellenausschreibung aufgenommen werden. Die Kosten für das Führungszeugnis trägt<br />
der/die Bewerber(in).<br />
Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen verlangt die gesetzliche Regelung eine regelmäßige<br />
Überprüfung. Diese Verpflichtung ist auch aufgrund der Vereinbarung nach § 72a SGB VIII<br />
des Trägers mit dem Jugendamt einzuhalten. Die Ausführungsregelung zur Anwendung des<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 18 von 21
Gesetzes zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen<br />
im Bistum Rottenburg-Stuttgart für die Mitarbeiter(innen) in Kindertageseinrichtungen in<br />
kirchlicher Trägerschaft gibt die Wiedervorlage alle fünf Jahre vor. Auch dafür müssen die<br />
Beschäftigten das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis selbst beantragen und bezahlen.<br />
Die Kosten sind vom Träger zu erstatten.<br />
Sowohl im Bewerbungsverfahren als auch bei laufenden Arbeitsverhältnissen braucht der/die<br />
Antragsteller(in) vom Träger eine schriftliche Bestätigung, dass das erweiterte polizeiliche<br />
Führungszeugnis für die Prüfung der persönlichen Eignung nach § 72a SGB VIII benötigt<br />
wird (Anlage a und b).<br />
Ist im erweiterten Führungszeugnis eine Straftat nach § 72a SGB VIII eingetragen, so darf<br />
die Person nicht eingestellt werden. Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen rechtfertigt ein<br />
Eintrag in der Regel die Kündigung.<br />
5.5 Selbstverpflichtungserklärung<br />
Von allen Ehrenamtlichen, die in Kindertageseinrichtungen tätig sind, ist vor Aufnahme ihrer<br />
Beschäftigung mindestens eine Selbstverpflichtungserklärung einzuholen, in der sie durch<br />
Unterschrift bestätigen, keine sexualstrafrechtlichen Handlungen begangen zu haben (Anlage<br />
c).<br />
Der Träger verantwortet in Abhängigkeit von Art, Intensität und Dauer der ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit wer ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen muss (§72a SGB VIII).<br />
5.6 Qualitätsmanagement<br />
Das eingeführte Qualitätsmanagementsystem gibt Trägern und allen in den Einrichtungen<br />
Mitarbeitenden die Sicherheit, dass Zuständigkeiten und Abläufe geklärt sind. Eine Prozessbeschreibung,<br />
die den Verfahrensablauf bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch durch Mitarbeiter(innen)<br />
in Kindertageseinrichtungen beschreibt, verpflichtet alle, die vorgegebenen Regelungen<br />
einzuhalten. Das gewährleistet den Betroffenen einen professionellen Umgang mit<br />
der Belastungssituation.<br />
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6. Weitere Informationen<br />
6.1 Literatur<br />
Deutscher Caritasverband (Hg.): Ergebnisse der 2. Sitzung des Runden Tisches gegen „Sexuellen<br />
Kindesmissbrauch“, Freiburg 2010:<br />
Die deutschen Bischöfe. Kommission für Erziehung und Schule (Hg.): <strong>Prävention</strong> von sexualisierter<br />
Gewalt an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Handreichung für katholische<br />
Schulen, Internate und Kindertageseinrichtungen.<br />
Bischöfliches Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart (Hg.): Sexueller Missbrauch; Informationen<br />
Hilfen Ansprechpartner, Rottenburg/Stuttgart 2010.<br />
Deutsches Jugendinstitut (Hg.): Sexuelle Gewalt gegen Kinder. Missbrauch in Institutionen,<br />
in: DJI Impulse 3/2011.<br />
Sexualerziehung in der Kita, Themenheft in: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik,<br />
6/2010.<br />
Frederike Alle: Kindeswohlgefährdung. Das Praxishandbuch, Freiburg im Breisgau 2010.<br />
Arbeitskreis „Das misshandelte Kind“: Die eigenen Schritte planen – überlegt handeln.<br />
<strong>Leitfaden</strong> für Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und Schulen zum Umgang mit der<br />
Vermutung des sexuellen Missbrauchs an Mädchen und Jungen, Köln (o.J.)<br />
Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin (Hg.): Jugendrundschreiben<br />
Nr. 2/2009 über Handlungsempfehlungen bei sexueller Gewalt gegen Mädchen und<br />
Jungen, Berlin 2009.<br />
Baden-Württemberg, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport (Hg.): Orientierungsplan für<br />
Bildung und Erziehung für die baden-württembergische Kindergärten und weitere Kindertageseinrichtungen,<br />
Stuttgart 2011.<br />
6.2 Kirchliche Dokumente<br />
Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart (Hg.): Handlungsanweisung. Standards zur<br />
Sicherstellung der Geeignetheit des Personals in der Kinder- und Jugendhilfe nach § 72a<br />
SGB VIII, Stuttgart 2010.<br />
Deutsche Bischofskonferenz (Hg.): <strong>Prävention</strong> von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen<br />
im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz. Rahmenordnung, Bonn 2010.<br />
Deutsche Bischofskonferenz (Hg.): Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch<br />
Minderjähriger durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2010.<br />
Deutscher Caritasverband (Hg.): Empfehlungen des Deutschen Caritasverbandes zur <strong>Prävention</strong><br />
von sexuellem Missbrauch sowie zum Verhalten bei Missbrauchsfällen in den Diensten<br />
und Einrichtungen der Caritas, insbesondere in der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe,<br />
Freiburg 2011.<br />
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Diözese Rottenburg-Stuttgart (Hg.): Regularien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch<br />
Minderjähriger in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, in: Kirchliches Amtsblatt für die Diözese<br />
Rottenburg-Stuttgart BO Nr. A 2461 - 1.10.2002, S. 185f.<br />
Diözese Rottenburg-Stuttgart (Hg.): Rahmenordnung zur Abstimmung der Zusammenarbeit<br />
der Kommission sexueller Missbrauch (KsM) mit Kommissionen oder Beauftragten der rechtlich<br />
selbstständigen Einrichtungen der Diözese Rottenburg-Stuttgart, in: Kirchliches Amtsblatt<br />
für die Diözese Rottenburg-Stuttgart BO Nr. 5855 - 24.11.2010, S.450f.<br />
Diözese Rottenburg-Stuttgart (Hg.): Bischöfliches Gesetz zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen<br />
im Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Bistum Rottenburg-Stuttgart, in:<br />
Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Rottenburg-Stuttgart BO Nr. A 4 - 15.03.2011, S.74-77.<br />
© Landesverband Katholischer Kindertagesstätten Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Seite 21 von 21