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Aktuelle Ausgabe komplett als PDF - Studi38

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Braunschweig | Wolfenbüttel<br />

Wolfsburg | Salzgitter | Suderburg<br />

<strong>Ausgabe</strong> 11<br />

Wintersemester 2012/2013<br />

Buckeln<br />

statt büffeln!<br />

NebeNjobs mit KörpereiNsatz<br />

Wir – augeNzeugeN!<br />

Innenansichten aus dem<br />

Studentenleben<br />

sex, Drugs & storytelliNg<br />

Über Sucht- und Erfolgsfaktoren<br />

US-amerikanischer Fernsehserien<br />

Das schNelle gelD!<br />

Von Rekrutierungsversuchen<br />

der Versicherungsbranche


Matthias Langpaap<br />

Teamleiter Software,<br />

Management Services SAP CRM<br />

Finanzen im Kopf. Benzin im Blut.<br />

Der Volkswagen Konzern baut das Auto. Damit es auf die Straße kommt, regeln wir die Finanzen. Mit mehr <strong>als</strong> 10.000 Mitarbeitern<br />

in 38 Ländern weltweit sind wir mehr <strong>als</strong> Europas größter automobiler Finanzdienstleister. Wir sind der Schlüssel zur<br />

Mobilität. Bei uns bewegen Sie etwas – vorausgesetzt, Sie haben den Drive in Finance, Banking, Versicherung, Leasing oder IT.<br />

Sie sind Student (m/w) der Wirtschaftswissenschaft, (Wirtschafts-) Informatik, (Finanz-) Mathematik oder Rechtswissenschaft?<br />

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Ein Satz zum<br />

Ausgleich, oder zwei…<br />

Ob Konto oder Stresspotenzial:<br />

Ausgleichen ist Trumpf.<br />

Davon berichten Studierende<br />

in unserer Titelgeschichte über<br />

Nebenjobs mit Körpereinsatz.<br />

Im Gegensatz zu den Dauerdenkern<br />

(die auch nach der Vorlesung noch<br />

das Hirn malträtieren, um Miete, Caramel-Frappuccino<br />

oder Bildung zu bezahlen) werfen sie lieber Fleisch und<br />

Blut in die ökonomische Waagschale. So gesehen... nicht<br />

das schnelle Geld, aber ein echtes Dreamteam. Wir sind<br />

(fast) ohne Worte, auch in 2013 ganz Ohr, wollen erkennen,<br />

formulieren, wahrnehmen und Klamottentausch.<br />

Also: „Wasser marsch!“ oder einfach „Schön’ Abend!“.<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

Holger Isermann<br />

TU Braunschweig, Redaktionsleitung studi38<br />

12<br />

Campus<br />

So gesehen …<br />

Euer Leben durch die Augen einer Einwegkamera<br />

30<br />

Wissenschaft<br />

Sex, Drugs & Storytelling<br />

Dr. Annekatrin Bock über US-amerikanische Fernsehserien<br />

44<br />

Karriere<br />

Das schnelle Geld<br />

Von Rekrutierungsversuchen der Versicherungsbranche<br />

3<br />

Inhalt<br />

Campus<br />

4 Musik: Niemand kann alles hören!<br />

Er sagt - sie sagt<br />

5 (Fast) ohne Worte<br />

Julia Taut von der Torhaus-Galerie im Bildinterview<br />

6 Ganz Ohr für…<br />

John Vida – eine Band(fern-)beziehung<br />

8 Ich habe geslammt!<br />

Selbsterfahrung beim Poetry Slam – total objektiv<br />

10 „Schön’ Abend!“<br />

Eine Nacht in Mehmets Güldenkiosk<br />

12 So gesehen …<br />

Euer Leben durch die Augen einer Einwegkamera<br />

18 „Drücken Sie bitte die Zwei!“<br />

Tücken und Ärgernisse in der Warteschleife<br />

21 Erkennen, Formulieren, Wahrnehmen!<br />

Campus Historie: die 68er an der HBK<br />

22 Es lebe der Tauschhandel!<br />

Gegenseitige Hilfe ohne Geld: Ein Besuch beim Tauschring Braunschweig<br />

23 Auch eine gute Idee …<br />

Klamottentausch – die Erfrischungskur für den Kleiderschrank<br />

24 Klischeehobbys<br />

Ein Gamer und ein Tänzer über dunkle Zimmer und Körperpflege<br />

26 Wasser marsch!<br />

Vier Studenten der Ostfalia bauen einen Brunnen in Malawi<br />

28 „Ich möchte darüber reden“<br />

Die Holocaust-Überlebende Sara Atzmon und Regisseurin Ilona Rothin über ihren<br />

neuen Film, das Vergessen und den schwierigen Umgang mit Zeitzeugen<br />

Wissenschaft<br />

30 Sex, Drugs & Storytelling<br />

Dr. Annekatrin Bock über US-amerikanische Fernsehserien<br />

Maschinenbau Spezial<br />

32 „Ein echtes Dreamteam“<br />

Das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik bekommt ein 2. Zuhause<br />

35 Der NFF-Neubau – das sagen die Studierenden<br />

Karriere<br />

38 Entrepreneurial University<br />

Die Kolumne von Professor Reza Asghari<br />

40 Buckeln statt büffeln!<br />

Nebenjobs mit Körpereinsatz<br />

44 Das schnelle Geld<br />

Über den Versuch der Ergo Pro Studierende zu rekrutieren<br />

47 „Es herrscht ein großer Verkaufsdruck“<br />

Finanztest-Redakteur Theo Pischke über Strukturvertriebe und schwarze Schafe<br />

48 Erfolgreich mit APP<br />

Zwei Ostfalia-Studenten gründen eine eigene Softwarefirma<br />

Schlussakkord<br />

49 Lieblings ... Album? Film? Buch?<br />

50 Ich – Unvollständig<br />

Kolumne<br />

11 Impressum


Campus<br />

Musik: Niemand kann alles hören!<br />

Wenn man die Konflikte der Welt auf das wesentliche<br />

reduziert, gibt es nur zwei grundlegende<br />

Themen über die man in Streit geraten kann:<br />

Religion und Musik. Da wir ja alle wissen, dass man an alles<br />

glauben darf und diesbezüglich am liebsten aneinander<br />

herum toleriert, fragt man vor allem beim ersten Date<br />

nach den ersten Formalien ganz beiläufig und erwartungsschwanger:<br />

„Und? Was hörst du für Musik?“<br />

Der erste Teil antwortet: „Alles durcheinander“ oder,<br />

noch viel schlimmer: „Ach, was so im Radio kommt.“ Ich<br />

denke: „Super! Zum Teufel mit der Medienvielfalt, 150 Jahren<br />

Tonaufnahme und den etlichen Millionen aufgenommener<br />

Lieder" und spare die Frage nach den Hobbys. Diese Sorte<br />

Frau hat keine, denn Einkaufen zählt nicht.<br />

Der zweite Teil der Frauen hört Musik, kennt Bands und<br />

findet die auch irgendwie gut. Eine Nachfrage verrät: Die<br />

hat ihr der Exfreund gezeigt. Davor habe sie HipHop gehört,<br />

aber mit dem Typen sei sie lange nicht mehr zusammen.<br />

Eben der „Ich-trinke-das-was-du-trinkst“-Typ<br />

von Frau. Man sollte jetzt antworten: „Toll, du<br />

legst Dich nicht fest und bist immer offen für<br />

Neues.“ Hört sich aber sagen: „Wirklich? Das<br />

ist ja wie zwölf sein und sich jede Saison zwischen<br />

Dortmund und Bayern <strong>als</strong> Lieblingsverein<br />

entscheiden: Irgendwie witzig aber auch<br />

etwas farblos. “ Oder man schweigt, lächelt,<br />

bestellt noch zwei Bier und schenkt beim<br />

zweiten Date seine „Top 5-Alben der Menschheitsgeschichte“.<br />

WARUM? Ernsthaft: Woher<br />

kommt die Horde Frauen, die hören, was gerade<br />

so läuft oder man ihnen gibt? Ihr zieht<br />

doch auch nicht an, was man euch hinwirft.<br />

Geht es darum sich nicht festlegen zu müssen<br />

oder nichts F<strong>als</strong>ches zu sagen? Ich meine:<br />

Ich habe mich umgehört. Alle meine Freunde<br />

hören bestimmte Musik. Zum Arbeiten, zum Autowaschen,<br />

beim Grillen, im Bett, ganz bewusst<br />

oder nebenbei. Das ging in der Schule mit dem<br />

ersten gekauften Album los und destillierte sich<br />

über die Jahre zu einem gut begründbaren und<br />

fundierten Musikgeschmack heraus. Wie ein guter<br />

Whiskey. Auf jeden Fall hat man irgendeine<br />

Meinung dazu. Irgendeine. Ich weiß aus eigener Erfahrung,<br />

dass es auch noch einen dritten Teil Frauen gibt. Einen der<br />

Whiskey mit hat, der mir schmeckt oder eben nicht. Bitte<br />

versteht mich nicht f<strong>als</strong>ch: Ich bin kein Alkoholiker, aber<br />

ich will mehr davon. Nicht jeden Tag, morgens, mittags und<br />

abends, aber eben gelegentlich. Einfach weil es abwechslungsreich<br />

und interessant ist. Denn er (<strong>als</strong>o ich) will lieber<br />

sagen: „Wie um alles in der Welt kommt man denn zu so einem<br />

Geschmack?“ <strong>als</strong> „Oh, du trinkst <strong>als</strong>o nur Wasser, ja?“<br />

4<br />

Wir suchen einen neuen Mitbewohner. Die Stimmung<br />

ist gut, alle lachen, scheint <strong>als</strong> könnte es<br />

mit uns und Daniel etwas werden – bis die Frage<br />

kommt, deren Antwort sein wahres Gesicht enthüllt: „Und,<br />

was hörst du so für Musik?“ Achselzucken, leerer Blick, die<br />

Antwort ist klar, bevor er sie ausspricht: „Och, eigentlich alles.“<br />

Tja, Daniel, das war leider die f<strong>als</strong>che Antwort.<br />

Aber was meinst du genau mit „Eigentlich alles“? Und wer<br />

sind diese „Eigentlich-Alles-Hörer“ außer dir überhaupt? Genau<br />

genommen, kann aber natürlich niemand wirklich alles<br />

hören. Daniel, du meinst mit „eigentlich alles“ <strong>als</strong>o wohl<br />

eher „eigentlich Radio“ oder „eigentlich vieles". Was uns in<br />

Wirklichkeit an deiner Antwort stört, ist die riesige Portion<br />

Willkür, die in der Kombination zweier Worte stecken kann.<br />

Da wagt es tatsächlich jemand zuzugeben: Ach, eigentlich<br />

ist mir Musik gar nicht so wichtig. Aber warum ärgern? Das<br />

heißt doch in Daniels Fall einfach nur: In der Küche laufen<br />

ab sofort nur noch Weihnachtslieder, im Bad Techno<br />

und aus den Zimmern<br />

klingt eine Mischung<br />

aus Indie, Metal und<br />

Punk. Ach, auch nicht<br />

recht? Denn selbst der<br />

Alles-Hörer hat sich eines<br />

Tages entschieden<br />

welche Musik ihm gefällt<br />

und welche nicht.<br />

Scheinbar ist der Alles-<br />

Hörer Daniel <strong>als</strong>o entgegen<br />

aller Erwartungen<br />

tatsächlich in der<br />

Lage sich festzulegen<br />

und auszusortieren.<br />

Aber warum sagst du das dann<br />

nicht? Denn der Kern des Prob-<br />

Er sagt,<br />

Sie sagt<br />

Von Ingo Kasseck & Milena Virchow<br />

lems steckt in dem Wörtchen eigentlich.<br />

Seine Benutzung wirft<br />

zu viele Fragen auf: Stehst du<br />

nicht dazu? Ist dir dein vager<br />

Musikgeschmack etwa unangenehm?<br />

So so, dann kannst du<br />

wohl generell schlecht Entscheidungen<br />

treffen, gefestigter Charakter? Fehlanzeige. Fragen<br />

wir, wer ständig das Nusspli auf dem Tisch stehen lässt,<br />

warst du es „wahrscheinlich eigentlich nicht“.<br />

Musikgeschmack hin oder her und selbst wenn nicht vorhanden:<br />

raus mit der Sprache! Dann bleibt die leise Hoffnung,<br />

dass dich einer von uns eines Tages bekehren kann.<br />

Ob uns an Daniel dann doch noch etwas gefallen hat?<br />

Och, eigentlich alles. Der Rest – da sind wir uns einig – ist<br />

Zukunftsmusik. #<br />

Foto: Eschipul


Fotos: Ingo Kasseck & Simon Polatzek<br />

(Fast)<br />

ohne<br />

Worte<br />

julia taut im<br />

iNtervieW<br />

von ingo Kasseck &<br />

simon polatzek<br />

Du bist erst vor kurzem nach<br />

braunschweig gezogen; jetzt<br />

leitest du die torhaus-galerie.<br />

bist du gut angekommen?<br />

Warum ist dir Kunst wichtig?<br />

sind neue Künstler<br />

bei euch willkommen?<br />

Was macht das torhaus<br />

zu einem besonderen<br />

ausstellungsort?<br />

am 7.12. wurde die neue<br />

ausstellung eröffnet. Wie hast<br />

du dich am nächsten morgen<br />

gefühlt?<br />

hast du eigene Kunstwerke,<br />

die du gern ausstellen<br />

möchtest?<br />

Würdest du dein<br />

lieblingsbild nachstellen?<br />

Campus<br />

Die bbK besteht aus über 120<br />

Künstlern. ist es da schwierig,<br />

eine neue ausstellung<br />

zusammen zu bekommen?<br />

gibt es neben den<br />

ausstellungen etwas, was<br />

du gern in der torhausgalerie<br />

veranstalten würdest?<br />

Wie beurteilst du die<br />

möglichkeiten junger<br />

Künstler in braunschweig?<br />

möchtest du die<br />

torhaus-galerie bald<br />

wieder verlassen?<br />

5<br />

Was kostet der besuch<br />

in der torhaus-galerie?<br />

Wo ist die torhaus-galerie?<br />

Was wird die nächste<br />

ausstellung sein?<br />

Wie fühlst du dich jetzt<br />

nach dem interview?


Campus<br />

Ganz Ohr für …<br />

Braunschweig, 2010. Moritz zieht aus, Lennart zieht ein. Der eine rappt, der andere rockt. Wie die beiden trotz<br />

dieser Umstände zueinanderfanden und wie trotz 498 km Entfernung zwischen Braunschweig und Stuttgart die<br />

Freundschaft die Musik und die Musik die Freundschaft zusammenhält, das haben die Jungs von John Vida<br />

unserer Reporterin nach einem Auftritt auf Londons Straßen erzählt.<br />

von Christina Zais<br />

Freitag, 23:00 Uhr: Nach einem harten<br />

Arbeitstag <strong>als</strong> Produktdesigner und einigen<br />

flugtechnischen Turbulenzen<br />

erreicht die zweite John Vida Hälfte<br />

schwerbepackt London. Es ist schon<br />

wieder zwei Monate her, seit sich Lennart<br />

(23) und Moritz (28) das letzte Mal<br />

gesehen haben. Ein Zustand, der für beide<br />

nichts Neues ist, besonders weil sich<br />

beide zwar am richtigen Ort, aber zur<br />

f<strong>als</strong>chen Zeit befanden.<br />

Als Moritz Braunschweig nach seinem<br />

Studium verließ, kam Lennart.<br />

Begegnet sind die beiden sich in Lennarts<br />

WG, die er unter anderem mit Mo-<br />

arbeitet Moritz in Stuttgart. Lennart<br />

studiert in Braunschweig, lebt aktuell<br />

aber in London. „Distanzen oder Ortswechsel<br />

waren für uns nie ein Thema<br />

– schließlich kennen wir es nicht anders.<br />

Natürlich ist es nicht leicht, das<br />

Projekt „Band“ aufrechtzuerhalten und<br />

daran zu arbeiten, wenn man sich nicht<br />

spontan zusammensetzen kann, um<br />

an neuen Stücken werkeln zu können<br />

oder zu proben. Wenn man sich dann<br />

aber ein bis zweimal monatlich sieht,<br />

hockt man dauerhaft aufeinander: Das<br />

schweißt zusammen. Planung ist das<br />

Privat<br />

Zais, Christina<br />

A und O und wenn der Wille dazu da<br />

ritz Freundin teilte. Heute wohnt und ist, kann es funktionieren“, so Sänger terschiedlichsten Erfahrungen und Be- Fotos:<br />

6<br />

Das video zum Foto:<br />

→youtu.be/5ilzp7dahn8<br />

und Cajon-Spieler Moritz. Die Jungs von<br />

John Vida haben gelernt die Zeit, die sie<br />

zusammen haben maximal und effektiv<br />

zu nutzen und die 48 Stunden, die<br />

das Wochenende bietet bei der Sache<br />

zu sein. Dadurch entsteht immer ein<br />

gewisser Druck, der den beiden Energie<br />

für Inhalt und Dynamik gibt, aber sich<br />

in jenem Moment auflöst, in dem der<br />

erste Ton erklingt. Doch wie geht man<br />

mit der dauerhaften Distanz um? John<br />

Vida versucht sie <strong>als</strong> hilfreich anzusehen.<br />

„Jede Stadt hat ihre Eigenheiten<br />

– ob Braunschweig, Stuttgart oder jetzt<br />

London.“ so Lennart. „Es fließen die un


gegnungen, aber auch Feedbacks der<br />

Zuhörer, bei unseren Straßeneinlagen<br />

in unsere Musik und die Art zu spielen<br />

ein.“<br />

Samstag, 14:00 Uhr: An der U-Bahn Station<br />

„Camden Town“ ertönen eingängige<br />

Melodien und zur Abwechslung deutsche<br />

Texte. „Unsere Lieder erlauben es<br />

uns, ins eigene Befinden abzutauchen<br />

und Erlebnisse zu verarbeiten – jedoch<br />

immer mit einem Augenzwinkern versehen“,<br />

erklärt Lennart. „Um das zu erzielen,<br />

scheint uns unsere Muttersprache<br />

optimal.“ Moritz ergänzt: „Jeder<br />

hört was anderes und interpretiert unsere<br />

Lieder auf unterschiedlichste Art<br />

oder auch gar nicht, wie hier in London,<br />

wo die Sprachbarriere <strong>als</strong> Herausforderung<br />

hinzukommt – im positiven Sinne.<br />

Dadurch können wir den Klang unserer<br />

Musik und der deutschen Sprache in einem<br />

anderen und neuen Kontext prä-<br />

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Campus<br />

sentieren. Dinge weiterzuentwickeln<br />

oder nach einiger Zeit mit anderen Augen<br />

zu sehen, kommt bei uns auch während<br />

des Schreibens und Spielens vor.<br />

Oft überdenken wir das gesamte Konzept<br />

und interpretieren neu.“, so Lennart.<br />

„Die Freude und Spannung an der<br />

Musik sind uns viel wichtiger. Darüber<br />

wollen wir kommunizieren.“<br />

Sonntag, 18:00 Uhr: Abschiedsstimmung<br />

nach einem Wochenende voller Proben<br />

und Musizieren. Den Sonntag haben die<br />

zwei noch einmal ausgiebig genutzt und<br />

den Londonern eine Zugabe gewährt.<br />

Doch der Alltag ruft. Moritz sitzt im Flieger<br />

nach Stuttgart und Lennart ist wieder<br />

alleine in London. „Das Warten hat<br />

sich ausgezahlt. Camden war eine coole<br />

Erfahrung und die Vorfreude auf unsere<br />

nächste Session ist groß.“ sagt Lennart<br />

abschließend. Und aus seinem Zimmer<br />

ertönen Gitarrenklänge … #<br />

���������������<br />

Konzert<br />

Wer sich persönlich von John<br />

Vida überzeugen möchte,<br />

kann am 15. Februar 2013 in<br />

der DRK KaufBar, Helmstedter<br />

Str. 135, 38102 Braunschweig<br />

vorbeikommen. Eintritt frei!<br />

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Campus<br />

Ich habe<br />

geslammt!<br />

eiN total objeKtiver erFahruNgsbericht<br />

von Anna Wandschneider<br />

Als ich mich eine halbe Stunde<br />

vor Einlass dem LOT-Theater<br />

nähere, wäge ich mich noch<br />

auf dem Weg zu unsterblichem literarischem<br />

Ruhm. Seit Wochen habe ich<br />

mich auf diesen Augenblick vorbereitet<br />

– ich habe 2 Terabyte alte Texte durchkramt,<br />

drei Spiegel brüchig gequatscht<br />

und mindestens einen engen Freund<br />

weniger, der mich vor die Wahl gestellt<br />

hat: Entweder dein Poetry-Kram – oder<br />

ich!“ – alles für diesen einen Augen-<br />

blick: fünf Minuten auf der Bühne, mit<br />

nur einem Zettel voller Worte und dem<br />

eigenen Ego <strong>als</strong> Halt.<br />

Nach reiflicher Überlegung habe ich<br />

beschlossen, meine Zuhörer mit zarter<br />

Lyrik zu beglücken. Heißt ja schließlich<br />

Poetry Slam, das Ganze. Also: Ode an<br />

die Liebe…und so. Ich weiß genau, sie<br />

werden ergriffen sein. Oder sie ergreifen<br />

mich und werfen mich auf die Straße.<br />

Während ich noch überlege, ob ich<br />

diesen deliziösen Wortwitz in meine Be-<br />

8<br />

grüßungs- oder doch lieber meine Siegesrede<br />

einbauen will, höre ich plötzlich<br />

gedämpftes Geschrei.<br />

Ich gebe zu, ich habe das Aggressionspotential<br />

der Zuschauer bis zu diesem<br />

Moment krass unterschätzt. Wie<br />

ich später erfahre, sind die Karten zu<br />

diesem Zeitpunkt bereits fünf Minuten<br />

ausverkauft. Schuld daran sind natürlich<br />

die verdammten Spießer der Marke<br />

Biolehrer, die ihre Karten immer<br />

Wochen vorher vorbestellen. Die guten,<br />

altmodisch-anarchischen Abendkassenbesucher<br />

hatten bei so viel schwäbisch<br />

anmutender Planungswut natürlich keine<br />

Chance. Und ich sage euch: Spießer<br />

mag man hier gar nicht.<br />

Poetry Slam, das sieht man allein<br />

schon am wogenden Meer aus Wollmützen,<br />

ist Hipstergebiet, eine Art Bundeshauptstadt<br />

der alternativen Kultur.<br />

Und <strong>als</strong> die ersten Vorbesteller an der<br />

frustrierten, wartenden Masse vorbeiflanierten,<br />

weckte das eine Art urberlinerischen<br />

Widerstandsgeist, den man<br />

sonst nur von Wolfgang Thierse kennt.<br />

Der, der den ersten Stein geworfen hat,<br />

soll das nach Augenzeugenberichten<br />

übrigens mit dem Kampfschrei: Und<br />

die Schrippen haste mir heute Morgen<br />

auch schon geklaut!“ getan haben, aber<br />

ik weiß ja nix genaues.<br />

Als ich pfeifend um die Ecke biege,<br />

ist der Überlebenskampf jedenfalls in<br />

vollem Gange. Während ich mich eng<br />

an die Wand gedrückt vorsichtig Richtung<br />

Eingang schiebe, stranguliert ein<br />

junges Mädchen in wallenden Kleidern<br />

gerade ihre Rivalin mit dem Haltegurt<br />

ihrer Spiegelreflexkamera. Die Kamera<br />

löst wiederholt aus. Im Blitzlicht immer<br />

wieder Szenarien wie aus einem Horrorfilm.<br />

Ich krieche mittlerweile auf allen<br />

Vieren. Direkt vor mir sehe ich ein<br />

Paar zuschnappender Kiefer, die sich in<br />

ein weißbestrumpftes Schienbein vergraben.<br />

Kurz schießt mir der Gedanke<br />

durch den Kopf, dass das meine letzte<br />

Chance ist, umzukehren. Dann schlägt<br />

ein fünfzehn-Zentimeter-Stiletto Zentimeter<br />

neben mir in der Wand ein. Ich<br />

komme blitzschnell zu dem Schluss,<br />

dass es drinnen sicherer <strong>als</strong> draußen<br />

sein muss, zwänge mich todesmutig<br />

Fotos: very quiet, Oliver Lukesch


zwischen zwei miteinander ringenden<br />

bewollmützten Rhodoskolossen durch<br />

und rette mich mit letzter Kraft durch<br />

die Tür ins Theater. Mit bleichem Gesicht<br />

bringe ich heraus, dass ich gleich<br />

auftreten soll. Daraufhin nimmt mich<br />

einer der Veranstalter mit beinahe tröstender<br />

Geste am Arm, drückt mir ein<br />

Glas Mineralwasser in die Hand und<br />

führt mich in eine ruhige Ecke. Dann<br />

verschwindet er wieder…“kurz den MC<br />

holen." Alles, was ich sehen kann, ist<br />

ein sich nach allen Seiten wölbendes<br />

Hawaiihemd. Darüber thront ein Gesicht,<br />

das mich liebenswert anblinzelt<br />

und obendrein frappierend an Jürgen<br />

von der Lippe erinnert. Ach ja – er hätte<br />

da noch ein paar Fragen, die Anmoderation<br />

betreffend.<br />

Zehn Minuten vor Beginn: kurze Kontaktaufnahme<br />

mit anderen Teilnehmern.<br />

Die waren alle schon mal da. Ich<br />

ignoriere ihre mitleidigen Blicke und<br />

versuche, einer am Nebenstehtisch dösenden<br />

Verwundeten die Wollmütze zu<br />

klauen. Tarnung ist ja bekanntlich alles.<br />

Dann geht es los. Ich sitze mit meinen<br />

Mitstreitern in einer kleinen Ecke<br />

neben der Bühne. Die Wollmütze habe<br />

ich leider nicht ergattern können. Neben<br />

einer geschwollenen Lippe habe ich<br />

endlich die Erklärung dafür, wie diese<br />

überdimensionalen Strickblasen am<br />

Kopf hängen bleiben: Die machen die<br />

mit Haarklammern fest. Ohne Scheiß!<br />

Ich giggle etwas manisch vor mich hin<br />

und nehme mir fest vor, demnächst ein<br />

paar männliche Wollmützenträger zu<br />

attackieren. Es ist unendlich voll und<br />

unerträglich heiß. Die Wollmützen bleiben<br />

konsequent auf. Der Frisur wegen,<br />

vermute ich. MC Lipless macht die Anmoderation<br />

und verteilt die Punktekarten.<br />

Dann lost er den ersten Vortragenden<br />

aus. Gott sei Dank bin das nicht ich.<br />

Der erste Text <strong>als</strong>o: Darin fährt einer<br />

zum Festival. Natürlich ist er voll<br />

und natürlich tauchen Pilze auf. Und<br />

damit meine ich nicht den Fußpilz in<br />

den Gemeinschaftsduschen. Der Text<br />

bekommt eine respektable Punktzahl.<br />

Ich frage vorsichtig beim Autoren nach,<br />

ob „der Essay eventuelle autobiographische<br />

Züge und ich einen Zug abhaben<br />

Campus<br />

Poetry Slam, das sieht man<br />

allein schon am wogenden<br />

Meer aus Wollmützen, ist<br />

Hipstergebiet.<br />

kann“ und greife parallel nach seiner<br />

Wollmütze. Vorläufiges Testergebnis:<br />

Keine Haarklammern dieses Mal, dafür<br />

haben Männer einen härteren Schlag.<br />

Dann kommen die Glücksbärlis. Spätestens<br />

da weiß ich, dass wir alle, samt<br />

und sonders, verseucht sind. Es ist mir<br />

egal, ob nun Eckert & Ziegler dran schuld<br />

oder die Asse endlich ausgelaufen ist.<br />

Woran es auch immer liegt: Freunde der<br />

Bundespolitik, ihr habt euer Endlager<br />

gefunden. Während auf der Bühne <strong>als</strong>o<br />

von fanatisch hüpfenden Gallertkegeln<br />

in Teddyform die Rede ist, die wahrscheinlich<br />

eingekochte Gehirne fressen,<br />

ergehe ich mich in Verschwörungstheorien:<br />

Gehört Phillipp Rösler am<br />

Ende doch zur marsianischen Rasse der<br />

Gollums, die die Menschheit zerstören<br />

will und nur durch Omas Countrymusik<br />

eliminiert werden kann? Und sind deshalb<br />

auf dem Poetry Slam Gitarren verboten?<br />

Wahrscheinlich ist MC auch gar<br />

nicht von der Lippe, sondern Großlippling<br />

Altmaier in Freizeitkleidung.<br />

Der Text endet mit den Worten: Ich<br />

will ein Glücksbärli sein. Ich auch, ich<br />

auch. Vor allem, weil ich jetzt dran bin.<br />

Praktischerweise direkt vor der Pause.<br />

Das heißt, ich habe nach meinem Auftritt<br />

eine Viertelstunde Zeit, Autogramme<br />

zu verteilen. Oder Körperteile.<br />

9<br />

Plötzlich fällt mir auf, dass bisher<br />

niemand ein Gedicht aufgesagt hat.<br />

Ich werfe einen kurzen Blick auf die<br />

schwarze, wogende Masse zu meinen<br />

Füßen. Sie erinnert mich frappierend<br />

an einen Schwarm Fruchtfliegen. Ich<br />

weigere mich, auf dieser Bühne stehen<br />

zu bleiben. Wir sind hier ja schließlich<br />

nicht bei der Stand-up-Comedy, auch<br />

wenn sich das alles so anhört. Während<br />

ich mich <strong>als</strong>o lässig auf dem Bühnenboden<br />

räkle, brüllt irgendwer von hinten,<br />

dass er mich ja gar nicht sehen kann.<br />

Ich habe nichts dagegen, aber die Stimmen<br />

werden zahlreicher, und im Halbdunkel<br />

erkenne ich, wie die distinguierte<br />

Mittzwanzigerin mit dem schwarzen<br />

Bob in der ersten Reihe vorfreudig einen<br />

ihrer Schuhe in den Händen wiegt.<br />

Einen schwarzen 15-Zentimeter Stiletto.<br />

Schicks<strong>als</strong>ergeben lasse ich mir von<br />

Jürgen von-Peter Alt-dem MC, Herrgott!<br />

einen Hocker bringen. Einen mit dunkelrotem<br />

Samt und goldenen Nägeln<br />

beschlagenen. Wie Gott in Frankreich –<br />

nur nach der Revolution. Ich fange an,<br />

zu reden. […] Nach einer kurzen Pause<br />

kann der Poetry Slam ohne weitere Vorkommnisse<br />

fortgesetzt werden.<br />

Ein geschätzt vierzehnjähriges Mädchen<br />

beklagt den Hass, der der Jugend<br />

immer wieder entgegengebracht wird.<br />

Ein Zweites wettert gegen die Atomkraft<br />

(zu spät, zu spät!). Einem Dritten<br />

hat der kleine Kater aufs Gras gepisst.<br />

Ist ja auch egal.<br />

Gewonnen hat übrigens irgendso ein<br />

Typ aus Berlin. #


Campus<br />

„Schön’ Abend!“<br />

viele KeNNeN mehmets gülDeNKiosK – stuDi38 hat eiNe Nacht Dort verbracht<br />

Von Elena Patzer & Michaline Saxel<br />

Ein helles Klingeln ertönt, sobald<br />

man über die Türschwelle tritt.<br />

Und schon steht man mittendrin<br />

im bunten Warenchaos – einer behaglichen<br />

Reizüberflutung, die so nur in Tante-Emma-Läden<br />

möglich ist. Im Güldenkiosk,<br />

mitten auf der Braunschweiger<br />

Partymeile, treffen Eckladen und Kneipe<br />

aufeinander: An den Wänden hängen<br />

Zeitungsartikel, Bilder und Kalender, in<br />

den Regalen wechseln sich Wodka- und<br />

Sekt-Flaschen mit Marmelade und Dosengemüse<br />

ab. Daneben reihen sich<br />

Kühlschränke voll Bier und Säften, ge-<br />

folgt vom Zeitschriften-Ständer, Grillzubehör,<br />

Kaffee, Zigaretten, Schnapsfläschchen,<br />

Snacks und Shampoo. Ein leises,<br />

beruhigendes Plätschern legt sich über<br />

das Durcheinander. Hinter Stapeln von<br />

Getränke-Kisten versteckt sich das Aquarium,<br />

ein Geschenk von Stammkunden.<br />

„Schön’ Abend!“, kommt es vom Tresen.<br />

Dort steht Mehmet Özkan und begrüßt<br />

seine Gäste wie immer mit einem breiten<br />

Lächeln im Gesicht.<br />

Mehmets Lächeln empfängt freundlich<br />

jeden Besucher. In einem schlichten,<br />

schwarzen Pullover steckt ein zu-<br />

10<br />

vorkommender Mensch mit Lachfalten,<br />

der gerne Gespräche mit seinen Besuchern<br />

führt. Und sein Gesicht hat viel<br />

zu erzählen. Denn Mehmet hat einiges<br />

erlebt: Als engagierter Demokrat musste<br />

er aufgrund von Unruhen aus seiner<br />

damaligen Heimat, der Türkei, fliehen.<br />

Er immigrierte <strong>als</strong> junger Mann<br />

nach Deutschland, kam zunächst nach<br />

Frankfurt und konnte dort kurzfristig Saxel<br />

bei Bekannten unterkommen. Anschließend<br />

führte ihn sein Weg nach Braun-<br />

Michaline<br />

schweig. Dort arbeitete er unter anderem<br />

<strong>als</strong> Fabrikarbeiter, Barkeeper und Fotos:


Freibadleiter des Naturfreibads Bettmar.<br />

Zwischenzeitlich führte er einen<br />

Lebensmittelladen, sowie ein Restaurant<br />

namens Eden im Magniviertel. Oft<br />

hatte er auch mehrere Jobs gleichzeitig.<br />

Den Güldenkiosk eröffnete er vor 13<br />

Jahren und ist seitdem mit Freude bei<br />

seiner Arbeit. Auch seine Frau und sein<br />

Bruder unterstützen ihn tatkräftig. Häufig<br />

sind sie in seinem Kiosk anzutreffen,<br />

dann stehen sie gutgelaunt hinter dem<br />

Tresen und vertreten Mehmet.<br />

„Stört es dich, wenn ich hier Pommes<br />

esse?“ Nein, das stört ihn überhaupt<br />

nicht. Ab 23 Uhr wird es voll im Kiosk,<br />

wenn das junge Publikum in die Nacht<br />

startet. Auch vor dem Laden bilden sich<br />

Kioskbesitzer mehmet özkan<br />

Menschentrauben zum Unterhalten und<br />

Vorglühen. Bevor sie weiter in die Clubs<br />

ziehen, kommen viele auf ein Getränk<br />

und Small-Talk im Güldenkiosk vorbei.<br />

Dann trinkt Mehmet auch mal ein Glas<br />

mit seinen Kunden mit, vor allem das<br />

typische Getränk U-Boot – einen Becher<br />

Energydrink, in dem eine kleine Flasche<br />

Jägermeister versenkt wird.<br />

Und auch sonst gibt Mehmet im Gespräch<br />

gern das ein oder andere Getränk<br />

aus – Gastfreundschaft eben.<br />

Die Kunden danken es ihm, mit einer<br />

freundschaftlichen und lockeren Stimmung.<br />

Auf „ihren“ Mehmet haben sie<br />

ein ganz besonderes Auge, wie 2005<br />

Campus<br />

bei einer Nazi-Demo in Braunschweig.<br />

Diese schritt innerhalb ihrer festgelegten<br />

Route auch an Mehmets Kiosk vorbei.<br />

Einer der Rechtsradikalen wandte<br />

sich plötzlich ab und lief in Richtung<br />

des Güldenkioskes. Da schrie eine aufgebrachte<br />

Stimme der Braunschweiger<br />

Gegendemonstranten: „Aber nicht zu<br />

Mehmet!“ und der Demonstrant wandte<br />

sich ab. Man hilft sich eben gegenseitig,<br />

auch wenn es um kleinere Probleme<br />

geht: Im Laufe dieser Nacht kommt<br />

ein Jugendlicher herein und klagt über<br />

Schmerzen. Er hat Sodbrennen. Was<br />

hilft? Milch raten ihm einige.<br />

Mehmet ist zur Stelle und reicht ihm<br />

ein Glas, gratis versteht sich. Seine Gemeinschaft<br />

pflegt<br />

Mehmet neuerdings<br />

auch virtuell. Auf Facebook<br />

eröffnete er<br />

im letzten Jahr ein<br />

Profil, eigentlich nur<br />

für Verwandte. Doch<br />

die Nachricht verbreitete<br />

sich schnell<br />

im Social Web, so<br />

kam es zu über 500<br />

Kontakten innerhalb<br />

des ersten Monats.<br />

Heute hat er über<br />

1500 Facebookfreunde,<br />

die er in der Früh<br />

gerne mit einem<br />

„Guten Morgen“ begrüßt<br />

und über seinen<br />

Kiosk berichtet.<br />

Am liebsten hat er<br />

mit seinen Kunden aber immer noch<br />

Kontakt im realen Braunschweiger<br />

Nachtleben.<br />

Meist bleibt Mehmet bis 6 Uhr morgens<br />

im Laden, kehrt noch die leeren<br />

Flaschen und Becher vom Gehweg, um<br />

dann am nächsten Tag wieder um 10<br />

Uhr zu öffnen. Der Kiosk sei sicherlich<br />

mit viel Arbeit verbunden, doch es mache<br />

ihm auch sehr viel Spaß. Vor allem<br />

an seinen jungen Gästen läge ihm viel:<br />

„Ich möchte allen danken und allen einen<br />

guten Arbeitsplatz und Glück wünschen!“<br />

Noch ein letztes Mal klingelt es<br />

an der Tür, bevor der Kiosk seine Türen<br />

an diesem Tag schließt. #<br />

11<br />

impressum<br />

Herausgeber: Braunschweiger<br />

Zeitungsverlag GmbH & Co KG<br />

Hamburger Straße 277, 38114 Braunschweig<br />

Telefon: (0531) 39 00-0<br />

Telefax: (0531) 39 00-610<br />

E-Mail: info@bzv.de<br />

www.braunschweiger-zeitungsverlag.de<br />

Persönlich haftender Gesellschafter:<br />

Verwaltungsgesellschaft Braunschweiger<br />

Zeitungsverlags GmbH<br />

Geschäftsführer: Harald Wahls<br />

Registergericht: Amtsgericht<br />

Braunschweig, HRA 6991<br />

Ust.-Ident.-Nr.: DE 114 88 11 13<br />

Die redaktionellen Inhalte dieser<br />

<strong>Ausgabe</strong> sind das Ergebnis eines<br />

Projektseminars der Abteilung<br />

Medienwissenschaften der<br />

Technischen Universität Braunschweig<br />

Redaktionsleitung: Holger Isermann<br />

(TU Braunschweig) V. i. S. d. P.<br />

Redaktion: Lina Beling, Sophie Dannenfeld,<br />

Lisa Dauke, Frauke Engelhardt, Lisa Habelt,<br />

Holger Isermann, Ingo Kasseck,<br />

Helmut Krein, Janina Kremkow,<br />

Stefanie Lipka, Claudia Malecka,<br />

Kevin Neu, Elena Patzer, Norman Peitz,<br />

Simon Polatzek, Michaline Saxel,<br />

Elena Schade, Wolf-Alexander Schneider,<br />

Desiree Schober, Laura Trommer,<br />

Milena Virchow, Anna Wandschneider,<br />

Christina Zais<br />

Adresse: TU Braunschweig,<br />

Abteilung Medienwissenschaften<br />

Bienroder Weg 97, 38106 Braunschweig<br />

Telefon: (0531) 391-8961<br />

Telefax: (0531) 391-8963<br />

E-Mail: redaktion@studi38.de<br />

www.tu-braunschweig.de/<br />

medienwissenschaften<br />

Titelfoto: Florian Koch<br />

Model: Cedrik Hoffmann<br />

Objektleitung: Daniela Waltemathe<br />

Anzeigen: Michael Heuchert<br />

(verantwortlich)<br />

Vertrieb: Braunschweiger Zeitungsverlag<br />

Koordination Vertrieb/Anzeigen:<br />

Katharina Heidmann<br />

Telefon: (0531) 3900-193<br />

Telefax: (0531) 3900-123<br />

Druck: braunschweig-druck GmbH,<br />

Ernst-Böhme-Str. 20, 38112 Braunschweig<br />

Auflage: ca. 10.000 Exemplare<br />

© Braunschweiger Zeitungsverlag 2013<br />

Das Projekt studi38 wird freundlich<br />

unterstützt durch


So gesehen …<br />

DeiNe bilDer, DeiNe Welt: brauNschWeiger stuDiereNDe uND eiNe<br />

proFessoriN zeigeN uNs ihre tücKeN, herausForDeruNgeN uND<br />

lichtblicKe Des alltags – Durch Die liNse eiNer eiNWegKamera.<br />

iNsgesamt 20 Kameras habeN Wir je zur hälFte beWusst uND aNoNym verteilt.<br />

immer Dabei War eiN beipacKzettel mit erKläruNgeN uND begriFFeN.<br />

Von Elena Patzer & Milena Virchow<br />

13


Heimat<br />

Campus<br />

14<br />

Ziel


Fotos: Anonym<br />

Feind-<br />

bild<br />

Campus<br />

Heraus-<br />

forderung<br />

15


Pech<br />

Campus<br />

16<br />

Glück


Fotos: Anonym<br />

Die erste<br />

Tat des<br />

Tages<br />

Der<br />

Morgen<br />

danach<br />

Campus<br />

17<br />

Die letzte<br />

Tat des<br />

Tages<br />

Der<br />

Moment<br />

davor


Campus<br />

„Drücken Sie<br />

bitte die Zwei!“<br />

Welche Situationen gehen uns eigentlich schon beim darüber Nachdenken auf die Nerven?<br />

Die Liste ist lang, eines aber darf auf keinen Fall fehlen: das Phänomen Warteschleife. Der Zeitpunkt, an dem das<br />

Modem ausfällt und klar ist: „Ich muss eine Service Hotline anrufen“. Auf welche Gedanken einen freundliche<br />

Computerstimmen bringen können, welche Variationen dieser nervenzehrenden Situation es geben kann und wie<br />

eigentlich die rechtlichen Hintergründe aussehen – studi38 erzählt.<br />

Von Laura Trommer<br />

18 du noch?“ mal wieder ein Te-<br />

Uhr, die Uni ist beendet und<br />

man hat auf die Frage „lebst<br />

lefonat mit der Heimat ausgemacht.<br />

Also ab nach Hause, gemütliche Klamotten<br />

anziehen und den Hörer von<br />

der Station nehmen. Wenn man schon<br />

zusätzlich zum Internetanschluss eine<br />

Festnetz Flatrate hat, kann man sie<br />

auch verwenden. Die Nummer ist gewählt<br />

und es sollte eigentlich „tuuuuuuut“<br />

machen. Es tutet aber nicht.<br />

Der in der Studentenwohnung meist<br />

sehr kurze Weg zum Modem zeigt, dass<br />

das eigentlich gelb blinkende Lämpchen<br />

für „Phone“ seinen Dienst verweigert.<br />

Das ist definitiv nicht gut. Nach relativ<br />

wenig Zeit ist klar: Weder das Internet<br />

noch das Telefon funktionieren und das<br />

ist definitiv noch schlechter <strong>als</strong> „nicht<br />

gut“. Wenn man <strong>als</strong>o mit den „Selbstheilungsversuchen“<br />

wie zum Beispiel<br />

den Stecker kurz ziehen am Ende ist,<br />

bleibt einem eigentlich nichts anderes<br />

übrig, <strong>als</strong> sich mit der Service-Hotline<br />

des zuständigen Anbieters in Verbindung<br />

zu setzen. Ärgerlich, denn trotz<br />

der Änderungen im Telekommunikationsgesetz<br />

dürfen Anrufe in Warteschleifen<br />

aus dem Mobilfunknetz kostenpflichtig<br />

bleiben, es sei denn, es handelt<br />

sich um eine 0800- Rufnummer. Nur vor<br />

der Verbindung müssen Warteschleifen<br />

seitdem kostenlos sein. Das bedeutet,<br />

die Begrüßung „Lieber Kunde, herzlich<br />

Willkommen bei XY. Derzeit sind leider<br />

alle Arbeitsplätze besetzt …“ ist für lau.<br />

Sobald aber eine menschliche Stimme<br />

an den Hörer kommt, kostet es.<br />

Der Mensch<br />

am anderen Ende:<br />

„Guten Tag, mein Name ist<br />

Herr XY. Wie kann ich Ihnen<br />

weiterhelfen?“<br />

Alles klar, erklären<br />

wir <strong>als</strong>o Herrn XY unser<br />

Problem. Ich habe keine<br />

Internetverbindung.<br />

Ja, meine Kundennummer<br />

kann ich Ihnen gerne<br />

nennen.<br />

Da sieht der Mitarbeiter<br />

doch glatt, dass ich ja eine Internetverbindung<br />

UND einen Telefonanschluss<br />

habe und muss mir<br />

mitteilen, dass er für diese Kombination<br />

nicht zuständig sei – er müsse mich<br />

mit einem Kollegen verbinden. Wohl<br />

gemerkt: Wartezeiten, die innerhalb<br />

des Gespräches hinzukommen, sind<br />

unbegrenzt kostenpflichtig. Die folgende<br />

Pause, in der „Für Elise“ erklingt,<br />

kommt mir unglaublich lang vor. Da ich<br />

aber eine Lösung haben möchte, warte<br />

ich geduldig ab. Der Kollege tritt auf<br />

den Plan: „Guten Tag, mein Name ist<br />

Herr XYZ. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“<br />

Leider heißt ein Weiterleiten<br />

bei den Service-Hotlines nicht, dass der<br />

nächste Mitarbeiter auch schon mein<br />

18<br />

Problem kennt, sondern ich es erneut<br />

kostenpflichtig erklären darf. Immerhin<br />

wurde meine Kundennummer weitergeleitet<br />

und der zweite Mitarbeiter<br />

hat meine Daten vor sich.<br />

„Aha, verstehe. Wieso haben Sie<br />

denn eigentlich nicht unser Special Paket<br />

X3000 inklusive Mobilfunknetz – sie<br />

würden monatlich 3,99€ sparen?“<br />

Rückfrage: Warum helfen Sie mir<br />

nicht, mein Internet wieder zum Laufen<br />

zu kriegen? Ich rufe an, weil ich mein<br />

Modem behalten möchte, aber bitte im<br />

Zustand „funktioniert“.<br />

Foto: Jeff Keyzer


Als ich irgendwann mit der Information<br />

auflege, dass ein Mitarbeiter zu<br />

mir kommt, um mein Modem wieder<br />

auf Vordermann zu bringen, zeigt mein<br />

Handydisplay eine Gesprächszeit von<br />

8:56 Minuten an. Überschlägt man dies<br />

mit 99 Cent pro Minute, stehen für dieses<br />

Gespräch ungefähr 7,90€ an – dafür,<br />

dass ich den Großteil davon weitergeleitet<br />

wurde und zweimal mein Problem<br />

erklärt habe.<br />

Übrigens konnte der Mitarbeiter,<br />

der zu mir in die Wohnung<br />

kam, mir<br />

nicht helfen, da er von der Telekom<br />

war. Solch ein Problem, dass ja anscheinend<br />

am Modem selber läge (ja Mensch,<br />

wer hätte das gedacht?) und nicht an<br />

der Leitung, müsse ein interner Mitarbeiter<br />

des Telefonanbieters regeln. Es<br />

war der dritte Mitarbeiter, der nach vier<br />

Wochen mein Modem wieder ins Leben<br />

zurück gerufen hat.<br />

Mensch-Maschine-<br />

interaktion:<br />

Nehmen wir uns dieselbe Situation vor:<br />

Telefon und Internet funktionieren<br />

nicht. Diesmal gehen wir von einem anderen<br />

Anbieter aus und haben das Vergnügen,<br />

das gesamte Problem mit einem<br />

Computer zu besprechen. Wieder<br />

erfolgt der Anruf über das Handy, das<br />

Telefon liegt ja tot in der Ecke. Systeme,<br />

die den Kunden mit einem Computer<br />

kommunizieren lassen, kosten von der<br />

ersten Sekunde an pro Minute bis zu 99<br />

Cent. „Herzlich Willkommen bei XY.<br />

Campus<br />

Schön, dass Sie sich für unsere Service<br />

Hotline entschieden haben. Ab dem soundsovielten<br />

verschenkt XY kostenlose<br />

Monatstarife…“ usw. Schon nach<br />

dem zweiten Satz kommt es zu einer<br />

gewissen Nervosität. Ich möchte keine<br />

kostenlosen Tarife geschenkt bekommen<br />

und es nervt mich, dass mir diese<br />

abgehakte Stimme auf meine Kosten<br />

trotzdem davon erzählt. Anschließend<br />

gelangt man zum Auswahlmenü:<br />

„Haben Sie Fragen<br />

zu Ihrem Tarif oder<br />

möchten Sie Änderungenvornehmen,drücken<br />

Sie<br />

bitte die<br />

Eins“. Nein,<br />

möchte ich<br />

nicht – mein<br />

Modem ist<br />

kaputt. „Haben<br />

Sie Fragen<br />

zu Ihrer Rechnung,<br />

drücken Sie<br />

bitte die Zwei“. Nein,<br />

habe ich auch nicht. Bei Taste<br />

fünf höre ich dann endlich: „Haben<br />

Sie Probleme mit Ihrem Modem, drücken<br />

Sie bitte die Fünf“. Gedrückt. „Bitte<br />

nennen Sie uns Ihre Kundennummer“.<br />

Ich fange <strong>als</strong>o an, langsam und<br />

deutlich die 14 Zahlen meiner Kundennummer<br />

in den Hörer zu sagen. Jetzt<br />

bin ich an der Stelle angelangt, an der<br />

nervig langsam kein Ausdruck mehr<br />

ist. „Wir haben Sie leider nicht verstanden,<br />

machen Sie nach jeder Ziffer eine<br />

kurze Pause – bitte nennen Sie uns Ihre<br />

Kundennummer“.<br />

„Wir haben Sie leider<br />

nicht verstanden …“<br />

Beim zweiten Mal achte ich ganz brav<br />

auf die Pausen zwischen den Ziffern.<br />

Die Stimme, mit der ich in den Hörer<br />

rufe, nimmt langsam schon „ich telefoniere<br />

mit meiner Uroma“-Lautstärke an.<br />

Mittlerweile denke ich nicht mehr daran,<br />

dass ich für jede blöde Minute, die<br />

mich dieser Schwachsinn kostet, bezah-<br />

19<br />

le. Wichtiger ist mir gerade eher, dass<br />

mich keiner meiner Nachbarn hört…<br />

„Haben Sie Probleme mit Ihrem Modem?<br />

Dann sagen Sie bitte ja“. „JAAA!“.<br />

Wie bescheuert muss ich mich gerade<br />

anhören? „Bitte nennen Sie uns die<br />

Artikelnummer Ihres Modems“. Oh<br />

Gott, wo finde ich die denn? Sehr wahrscheinlich<br />

wird sie sich wohl auf diesem<br />

Apparat befinden. Schade, dass sich auf<br />

diesem ca. 10 × 10 cm großen Teil keinesfalls<br />

nur EINE Nummer befinden,<br />

sondern geschätzte sieben Stück plus<br />

Bezeichnungen wie „ATLANTA XZE3400<br />

567 31“.<br />

Mittlerweile wurde der Befehl wiederholt<br />

und ungeduldig gewartet. Nach<br />

drei Versuchen mit irgendeiner Nummer<br />

und der Antwort „diese Nummer<br />

ist leider nicht korrekt – aufgelegt. Da<br />

war ich Ihnen wohl zu langsam.<br />

Manchmal ist es möglicherweise einfacher,<br />

ein <strong>komplett</strong> neues Modem zu<br />

bestellen, denn mit diesem Wunsch gelangt<br />

man komischerweise direkt zu<br />

einem überaus freundlichen Mitarbeiter,<br />

muss sich nicht mit irgendwelchen<br />

schwerhörigen Computersystemen<br />

herumschlagen. #<br />

Kurz & Knapp<br />

Am 10. Mai 2012 trat das neue<br />

Telekommunikationsgesetz<br />

(TKG) in Kraft:<br />

• Anrufer von Auskunfts-<br />

oder Service-Hotlines über<br />

kostenpflichtige Mehrwertdiensterufnummern<br />

(z.B.<br />

0180- oder 0900-Rufnummer)<br />

mussten bisher auch<br />

für die Zeit in der Warteschleife<br />

bezahlen. Jetzt müssen<br />

diese in den ersten zwei<br />

Minuten kostenlos sein.<br />

• Wartezeiten innerhalb des<br />

Gesprächs bleiben weiter<br />

kostenpflichtig.<br />

• Serviceleistungen per Computerprogramm<br />

sind von<br />

Beginn an kostenpflichtig.


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und Bars der<br />

Region erleben?<br />

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welchem Club auflegt und<br />

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DIE REGION


Foto: HBK-Archiv<br />

Campus<br />

Erkennen,<br />

Formulieren,<br />

Wahrnehmen!<br />

Die 68er aN Der hbK<br />

Von Lisa Dauke<br />

Lodderige Studenten mit langen<br />

Haaren in dreckigen Parkas und<br />

Jeans, die lauth<strong>als</strong> auf großen Demonstrationen<br />

ihre Interessen vertreten.<br />

Das ist ungefähr das Bild, das wir<br />

heute von den 68ern haben. Etwas später<br />

zwar, aber dann sehr ausgiebig und<br />

gründlich, haben die angehenden Akademiker<br />

auch in Braunschweig protestiert.<br />

Besonders der Asta der SHfBK<br />

(Staatliche Hochschule für Bildende<br />

Künste), ab 1978 HBK, der mit Margot<br />

Michaelis eine äußerst intelligente und<br />

redegewandte Vorsitzende an der Spitze<br />

hatte, war zu dieser Zeit sehr aktiv.<br />

„Der Wunsch, sich politisch einzubringen,<br />

war sehr viel größer <strong>als</strong> heute“,<br />

sagt Dr. Claudia Bei der Wieden<br />

vom Archiv der HBK. Und das politische<br />

Herz der Studierenden schlug eindeutig<br />

links. Die Gruppe MSB-Spartakus<br />

(marxistischer Studentenbund),<br />

bei der auch Margot Michaelis Mitglied<br />

war, war eine der aktivsten. Durch Vorschläge<br />

für Lehraufträge versuchten die<br />

Studierenden zum Beispiel, ihren Studienbetrieb<br />

inhaltlich mitzugestalten.<br />

„Da die linke Orientierung in der Studentenschaft<br />

vorherrschend war, bestand<br />

ein Bedarf, auch von linksorientierten<br />

Lehrenden unterrichtet zu<br />

werden“, erklärt Eyke Isensee, der in der<br />

zweiten Hälfte der 70er an der Kunsthochschule<br />

studiert hat und seit einigen<br />

Jahren im Hochschularchiv arbeitet.<br />

„Das Ministerium in Hannover war allerdings<br />

dagegen und so ist die HBK<br />

laut aktuellem Forschungsstand in Bezug<br />

auf das Fach Kunstgeschichte die<br />

Hochschule mit den meisten Berufsverboten",<br />

so Bei der Wieden weiter.<br />

Eine der umstrittensten Personalfragen<br />

der 70er Jahre bezog sich auf Dr.<br />

Richard Hiepe. Hiepe war Mitglied der<br />

DKP (Deutsche Kommunistische Partei)<br />

und sollte auf Wunsch der HBK-Studierenden<br />

und nicht weniger Lehrender<br />

marxistische Ästhetik anbieten, wurde<br />

aber vom Ministerium mit einem Berufsverbot<br />

belegt. Auch starke Protes-<br />

21<br />

Campus<br />

historie<br />

te seitens der Studierenden konnten<br />

dies nicht verhindern. Dass das Studium<br />

hochpolitisch war, zeigt auch die<br />

Tatsache, dass bei Hochschulversammlungen<br />

und Wahlen fast alle Studenten<br />

beteiligt waren. „Es ging allerdings<br />

nicht nur um hochschulpolitische Themen,<br />

sondern auch um die Verbesserung<br />

der Gesellschaft“, betont Bei der<br />

Wieden. Die politische Bewegung der<br />

68er spiegelte sich auch in der Kunst<br />

wieder, die zu jener Zeit an der HBK<br />

entstand. Die Gruppe Rea-Prax schuf<br />

realistische Bilder, die beispielsweise<br />

Arbeiter und Reinigungskräfte zeigten<br />

und sich auch mit Themen wie Aufständen<br />

beschäftigten. Beliebte Motive waren<br />

auch zwei Obdachlose, die Herren<br />

Kulik und Philipzig, die in den 70er Jahren<br />

<strong>als</strong> Modelle für das Porträtieren auf<br />

dem Campus zum „lebenden Inventar“<br />

gehörten. Man wollte durch realistische<br />

Darstellung der damaligen gesellschaftlichen<br />

Realität versuchen, auf die Politik<br />

einzuwirken. #


Campus<br />

Es lebe der Tauschhandel!<br />

beim „tauschriNg brauNschWeig“ steht Der gelDlose haNDel im mittelpuNKt<br />

Von Frauke Engelhardt<br />

Tauschen gilt <strong>als</strong> die älteste Wirtschaftsform<br />

der Welt. Auch heute<br />

sind einige Leute hier in Braunschweig<br />

Mitglieder einer Gemeinschaft,<br />

in der der Tauschhandel lebt.<br />

Der „Tauschring Braunschweig“ existiert<br />

bereits seit 1996 und beschreibt<br />

sich selbst <strong>als</strong> eine Initiative, zwischen<br />

erweiterter Nachbarschaftshilfe und einem<br />

alternativen Wirtschaftskreislauf.<br />

Doch was bewegt Menschen heutzutage<br />

überhaupt dazu, Tauschgesellschaften<br />

zu gründen?<br />

Tauschringe können sich gerade in<br />

unserer heutigen Zeit <strong>als</strong> sehr nützlich<br />

erweisen. Denn in Zeiten, in denen<br />

das soziale Umfeld der Menschen<br />

immer kleiner wird, können immer<br />

seltener Familienmitglieder, Freunde<br />

oder Nachbarn einspringen, wenn Not<br />

an Mann oder Frau ist, so meint Aisha<br />

Lüer, die derzeitige Moderatorin vom<br />

„Tauschring Braunschweig“. Was soll<br />

man schließlich tun, wenn man beispielsweise<br />

aus beruflichen Gründen<br />

plötzlich einen Tag verreisen muss,<br />

aber sich niemand finden lässt, der sich<br />

um den Hund kümmert? Hier können<br />

Tauschringe die helfende Hand organisieren,<br />

die man gerade braucht. Auch<br />

kennt wohl fast jeder das mulmige Gefühl<br />

im Bauch, wenn man wieder einmal<br />

eine Aufgabe aufschiebt, obwohl<br />

man genau weiß, dass sie erledigt werden<br />

muss. Dieses andauernde Aufschieben,<br />

auch <strong>als</strong> ‚Prokrastinieren‘ bekannt,<br />

ist besonders bei Studierenden sehr beliebt.<br />

Simson Freudenau ein Mitglied<br />

des Tauschrings in Braunschweig ist<br />

überzeugt, dass Tauschgesellschaften<br />

22<br />

hier ideale Lösungen sind: „So kann<br />

man Aufgaben, die man persönlich vielleicht<br />

nicht so mag, an andere abgeben<br />

und muss sie nicht länger vor sich her<br />

schieben."<br />

Das Prinzip von Tauschringen ist genauso<br />

einfach wie genial. Jeder hat etwas,<br />

er besonders gut kann. Genauso<br />

gibt es Aufgaben, die wir eher ungern<br />

erledigen oder Dinge, von denen wir<br />

keine Ahnung haben.<br />

Ein Beispiel: Du kannst die leckersten<br />

Kuchen backen, bist aber leider technisch<br />

weniger begabt? Wenn nächstes<br />

Mal dein Computer nicht mehr richtig<br />

funktioniert, könntest du in einem<br />

Tauschring erst einmal (kuchenbegeisterte)<br />

Mitglieder nach Hilfe fragen, bevor<br />

du einen teuren Techniker kommen<br />

lässt. Wem nun ein wenig misstrauisch<br />

Fotos: Floheinstein, Aisha Lüer


der Gedanke an Schwarzarbeit durch<br />

den Kopf geht, wenn er hört, dass Frau<br />

X dem Herrn Y zu Hause die Haare geschnitten<br />

hat, der kann erleichtert aufatmen.<br />

Denn die im Tauschringsystem<br />

erbrachten Leistungen zählen <strong>als</strong> gemeinnützige<br />

Arbeit und sind durch den<br />

Einsatz von sogenannten Marientalern<br />

vollkommen legal. Für eine Stunde ‚Arbeit‘<br />

bekommt man 60 Marientaler auf<br />

einem Zeitkonto gutgeschrieben. Welche<br />

Leistungen im Tauschring angeboten<br />

werden, liegt letztlich an den<br />

Mitgliedern selbst. Neben den sehr gefragten<br />

handwerklichen Tätigkeiten<br />

werden derzeit beispielsweise diverse<br />

Handarbeiten wie Töpfern und Nähen<br />

oder sogar Malereikurse angeboten.<br />

Die Mitgliedschaft im „Tauschring<br />

Braunschweig“ kostet für ein ganzes<br />

Jahr nur sechs Euro. Über die aktuellen<br />

Tauschringangebote kann man sich entweder<br />

online oder auf den regelmäßi-<br />

Nicht zuletzt<br />

durch die Umwälzungen<br />

auf dem<br />

Finanzmarkt<br />

rückt der geldlose<br />

Handel mehr<br />

und mehr in den gesellschaftlichen<br />

Blickpunkt. Über<br />

die von den drei<br />

Braunschweigerinnen<br />

Danica<br />

Lust, Nathalie Riesch und<br />

Janina Segatz gegründete Internet-Plattform<br />

→www.unserkleiderschrank.de, können Interessierte jetzt<br />

Kleidungsstücke miteinander tauschen. So gehören die<br />

Zeiten, in denen Frauen trotz voller Kleiderschränke<br />

Campus<br />

Auch eine gute Idee …<br />

per tauschbörse DeN eigeNeN KleiDerschraNK auFFrischeN<br />

Von Frauke Engelhardt<br />

ein treffen des tauschrings braunschweig<br />

gen Treffen sowie über die monatliche<br />

Tauschringzeitung informieren.<br />

Jeder Interessierte ist herzlich willkommen,<br />

so Aisha Lüer. „Wir freuen,<br />

uns über neue Mitglieder. Mit jedem<br />

Menschen kommen auch neue Fähigkeiten<br />

dazu.“ Die Treffen finden jeden<br />

23<br />

ersten und dritten Montag im Monat<br />

um 17:30 Uhr im Gemeindehaus der Petrikirche<br />

in Braunschweig statt.<br />

Mehr Informationen findet ihr unter<br />

→www.tauschring-bs.de oder am 22. Januar<br />

2013 zwischen 14 und 15 Uhr bei<br />

Radio Okerwelle. #<br />

nichts anzuziehen<br />

haben, womöglich<br />

bald der<br />

Vergangenheit<br />

an. Tauschen und<br />

zugleich die Umwelt<br />

schonen – auch<br />

in der Fashionwelt<br />

ein klarer Trend!<br />

Das fand auch<br />

die Jury des von<br />

der Projektregion<br />

Braunschweig und<br />

der Wolfsburg AG ausgelobten Preises „Idee 2012“ und<br />

hat die Kleidertauschbörse mit dem dritten Preis ausgezeichnet.<br />

Übrigens: Auch Kinder und Männer können<br />

über die Plattform ihren Kleiderschrank auffrischen … #


Klischeehobbys<br />

Alles nur Gerüchte oder ist doch viel Wahres dran? Gamer sitzen den ganzen Tag zu Hause rum und Tänzer sind<br />

eingebildet. Jeder kennt die Klischees, die gewissen Hobbys anhaften. studi38 hat nachgefragt…<br />

Als Gamer sitzt du in der Dunkelheit und<br />

gerne mal zwölf Stunden am Stück vor dem<br />

Rechner. oder?<br />

Wenn die Sonne direkt auf den Bildschirm<br />

scheint ist es schon scheiße...aber ich mach<br />

jetzt nicht die <strong>komplett</strong>en Gardinen zu.<br />

Wenn ich mal keine Uni und auch sonst<br />

nichts zu tun habe, kann es etwas länger<br />

werden.<br />

Was war denn die längste Zeit, die<br />

du durchgezockt hast?<br />

Boah... keine Ahnung. Also auf einer<br />

LAN-Party waren das bestimmt schon<br />

mal 12 Stunden.<br />

Was zockst du?<br />

Spielst du<br />

am Rechner<br />

oder an der<br />

Konsole?<br />

Auf jeden Fall<br />

PvP-Spiele, in<br />

denen man im Wettbewerb<br />

mit anderen<br />

Spielern steht. Ich spiele<br />

hauptsächlich am<br />

Computer: League<br />

of Legends, World<br />

of Warcraft, Guildwars<br />

2, Soul Calibour<br />

5. Wenn ich<br />

mich mit Freunden<br />

treffe, zocke ich<br />

auch X-Box. Und<br />

sonst spiele ich<br />

auch noch Bass ;)<br />

Campus<br />

Von Claudia Malecka<br />

Der Gamer<br />

Der 21-jährige WirtschaFtsiNFormatiK-stuDeNt aus brauNschWeig,<br />

stuDiert im 3. semester uND ist gamer.<br />

24<br />

Hast du reale Freunde…?<br />

(lacht) Klar, ich habe echte Freunde.<br />

Es herrscht ja auch das große Vorurteil,<br />

dass Gamer sehr schnell aggressiv werden,<br />

wenn mal etwas nicht so läuft wie<br />

gewollt. Es gibt große Unterschiede zwischen<br />

den Spielern: Die guten Spieler sind<br />

meistens sehr ruhig. Sie wollen sich verbessern,<br />

wenn sie Fehler machen.<br />

Gamern wird ja auch oft unterstellt,<br />

dass sie sehr „nerdig“<br />

sind und auch a lá „Big Bang<br />

Theory“ keinen wirklichen<br />

Kontakt zu Frauen haben.<br />

Mit Frauen hab ich eigentlich<br />

kein Problem. (lacht) Ich hab<br />

auch eine Freundin.<br />

Und sie kommt mit deinem<br />

„Zocken“ zurecht?<br />

Ja, die kommt mit dem Gaming<br />

zurecht.<br />

Möchtest du sonst noch etwas<br />

loswerden?<br />

In Asien und teilweise auch<br />

Amerika wird der E-Sport, <strong>als</strong>o<br />

der Sport des Gamings gegen andere<br />

Spieler, immer größer. Und<br />

es gibt wirklich Leute, die mit<br />

Screens (online Streaming von<br />

Live-Spielen) und Zocken ihr Geld<br />

verdienen. In Asien werden die<br />

Spieler sogar teilweise wie Popstars<br />

behandelt.<br />

Illustrationen: Claudia Malecka


Campus<br />

Der Tänzer<br />

Der 19-jährige KommuNiKatioNsDesigN-„ersti“,<br />

hat NebeN Dem stuDium Noch geNug zeit Für Das taNzeN.<br />

Du bist Tänzer... und man kennt ja das<br />

Vorurteil: Tänzer sind eingebildet. Wie<br />

siehst du das?<br />

Es gibt zwei verschiedene<br />

Arten des<br />

Paartanz: Standard<br />

und Latein.<br />

Bevor<br />

ich zum Studieren<br />

nach<br />

Braunschweig<br />

gekommen bin habe<br />

ich in meiner alten Heimat<br />

fünf Jahre lang beides<br />

getanzt, aber nicht im Turniertanz.<br />

Da ist alles ein bisschen freier<br />

gehalten. Das ändert sich im Turniersport.<br />

Man merkt schon, dass die höherklassigen<br />

Tänzer wirklich etwas von sich halten<br />

und das auch definitiv nach außen zeigen.<br />

Es kommt zwar immer auf die Person an,<br />

aber den Tanzsport würde ich schon <strong>als</strong> eine<br />

der arrogantesten Sportarten sehen, das ist<br />

schon wahr.<br />

Männlichen Tänzern wird auch häufig vorgeworfen,<br />

dass sie sehr weiblich seien. Findest<br />

du das begründet?<br />

Naja es kommt wieder ganz drauf an in welcher<br />

Riege man tanzt. Also im Standard ist es<br />

ja eher so, dass die Männer den Frack tragen<br />

und dementsprechend auch schon männlich<br />

wirken. Im Lateinsport ist es krasser, weil da<br />

die Männer auch keinen Frack mehr anhaben,<br />

sondern wirklich Kostüme mit nem Ausschnitt<br />

bis zum Bauchnabel (lacht), die auch immer<br />

sehr aufreizend sind und dann geht da auch<br />

schonmal die Post ab. Dass die Männer aber<br />

wirklich femininer aussehen, würde ich generell<br />

weder beim Standard noch Latein sagen,<br />

denn man merkt schon, dass sie trotzdem<br />

noch die Männer sind!<br />

Aber Tänzer sind doch schon Schönlinge,<br />

oder?<br />

Das Problem ist, dass du auf dein Äußeres<br />

achten musst. Wenn du in einer Forma-<br />

25<br />

tion tanzt, ist es zum Beispiel so, dass acht<br />

Paare eine Choreografie tanzen und deshalb<br />

alle gleich aussehen! Das heißt, sie haben alle<br />

schwarze Haare und sie haben alle dieselbe<br />

Frisur, dasselbe Kleid und denselben Frack.<br />

Und wenn da mal jemand blond ist, werden<br />

dem die Haare vor dem Auftritt halt schwarz<br />

angemalt, mit Schuhcreme beispielsweise. Die<br />

Frauen werden auch sehr stark geschminkt,<br />

damit die Wertungsrichter, die auf der Tribüne<br />

sitzen, von weitem dieses einheitliche Bild<br />

sehen. Von nahem sieht es vielleicht etwas extrem<br />

aus, aber von weitem hat es eben seine<br />

Wirkung.<br />

Wie viel Zeit hast du denn neben deinem<br />

Studium noch für dein Hobby?<br />

Ich bin offiziell fünf Mal die Woche im<br />

Training: dienstags, mittwochs,<br />

freitags, samstags und<br />

sonntags. Ich muss<br />

eben erstmal die<br />

ganze Technik<br />

verbessern,<br />

zum Beispiel<br />

die<br />

Haltung,<br />

das „durch<br />

die Dame durch<br />

tanzen“, was jetzt für jemanden der das nicht<br />

kennt bestimmt doof klingt. Man lernt das mit<br />

den Energien in deinem Körper. Welche ist die<br />

führende und welche ist die mitlaufende Seite.<br />

Möchtest du sonst noch etwas zum Thema<br />

loswerden?<br />

Es gibt ja auch das Klischee, dass im Tanzsport<br />

viele Homosexuelle aktiv sind. Das ist<br />

zum Beispiel etwas, was ich überhaupt nicht<br />

bestätigen kann. Und für alle Kritiker die immer<br />

denken Tanzen ist kein Sport – glaubt<br />

mir Tanzen ist wirklich ein Sport!<br />

Wenn man nach einer Formation<br />

sechs Minuten lang auf der Fläche<br />

gestanden und abgeschwitzt<br />

hat, dann ist man schon richtig<br />

fertig. #


Campus<br />

Wasser marsch!<br />

vier stuDeNteN Der ostFalia baueN eiNeN bruNNeN iN aFriKa<br />

Von Helmut Krein<br />

Gespannt beobachten eine Handvoll<br />

Einheimischer, wie die<br />

vier deutschen Studenten angestrengt<br />

mit Kabeln und Schläuchen<br />

in der sengenden Hitze herum hantieren.<br />

Plötzlich stoppen sie ihre Arbeit<br />

und blicken konzentriert auf ihre Messinstrumente.<br />

Hier draußen in der afrikanischen<br />

Bilderbuchsavanne sind zu<br />

diesem Zeitpunkt nur noch wenige Geräusche<br />

zu hören, bis plötzlich Euphorie<br />

bei den Studenten ausbricht. Der<br />

Grund: Wasser spritzt in alle Richtungen.<br />

Das kühle Nass nutzen sie prompt<br />

zur Erfrischung. Wer sich umschaut<br />

und die vertrocknete Erde betrachtet,<br />

sieht, welchen hohen Wert Wasser hier<br />

haben muss.<br />

Etwa fünf Monate zuvor stehen dieselben<br />

jungen Männer in der Ostfalia in<br />

Wolfsburg. An der Wand leuchtet eine<br />

Power-Point-Präsentation. Sie sind insgesamt<br />

sechs Studenten unterschiedlicher<br />

Fachrichtungen, die ihr Projekt<br />

"Solarbetriebene Wasserpumpe" vorstellen.<br />

Das gesamte Sommersemester<br />

hatten sie Zeit in dem Wahlpflichtkurs<br />

"Social Innovation", einen Plan zur Umsetzung<br />

einer Tiefbrunnenpumpe zu<br />

entwerfen. In trockener Umgebung,<br />

26<br />

abseits von elektronischen Anschlüssen<br />

eine Wasserversorgung herstellen,<br />

lautet der Arbeitsauftrag. „So etwas<br />

in Deutschland aufzubauen, wäre ein<br />

Leichtes, aber in Afrika herrschen andere<br />

Bedingungen", sagt Manuel Krein,<br />

der das Projekt in Afrika betreut hat.<br />

Eines der weltweit ärmsten Länder ist<br />

das über 7000 Kilometer entfernte Malawi.<br />

Es ist kein zufällig gewählter Ort<br />

für die Durchführung, sondern der Tätigkeitsbereich<br />

des Vereins FACE e. V.<br />

Auf einem kleinen Hügel soll im kommenden<br />

Jahr ein Bildungszentrum entstehen.<br />

Ohne geregelte Wasserversor-<br />

Fotos: privat


gung würde der Bauplan vermutlich<br />

scheitern. Die Entwicklungshilfeorganisation<br />

versucht mit Hilfe theoretischer<br />

und praktischer Vermittlung von Bildung,<br />

mit jungen Malawiern Unternehmensideen<br />

umzusetzen. Ideen gibt es<br />

genauso in Köpfen der Studenten, weswegen<br />

FACE den Wahlpflichtkurs "Social<br />

Innovation" zur Verbesserung und<br />

Unterstützung der Non-Profit-Organisation<br />

ins Leben gerufen hat. Dort arbeiten<br />

Studierende Konzepte im technischen<br />

Bereich oder Marketing aus. "Wir<br />

haben schon viele Projekte umgesetzt,<br />

aber die Installation der Wasserpumpe<br />

ist bisher das aufwändigste", gibt Manuel<br />

Krein zu. Das mag auch mit dem beschwerlichen<br />

Reiseweg zu tun haben.<br />

„Wolfsburg-Malawi hin und zurück<br />

in insgesamt 50 Stunden", erzählt der<br />

Fahrzeugtechnikstudent Daniel Grünwald.<br />

„Bei unserer Ankunft am Flughafen<br />

von Lilongwe haben drei Taschen<br />

gefehlt, die wir erst am nächsten Tag abholen<br />

konnten. In den Taschen befand<br />

sich wichtiges Werkzeug, das wir unbedingt<br />

benötigten. Wenn die Taschen<br />

verschollen gewesen wären, hätten wir<br />

ein riesiges Problem gehabt."<br />

Während die einen in Lilongwe, einer<br />

der größten Städte Malawis, wichtige<br />

Einkäufe erledigten, begutachteten<br />

die anderen das zukünftige Schulgelände,<br />

um den Einbau der Pumpe vorzubereiten.<br />

"Jeder konnte bei diesem Projekt<br />

seine individuellen Stärken einbringen,<br />

wir haben uns sehr gut ergänzt", resümiert<br />

der mitgereiste Student Christian<br />

Langemann. "Erst wurden die Solarpanels<br />

an die Tiefbrunnenpumpe angeschlossen,<br />

was für uns <strong>als</strong> Fahrzeugin-<br />

tüfteln in sengender hitze<br />

Campus<br />

formatikstudenten nicht schwer war.<br />

Jedoch war es sehr heiß – das hat uns<br />

zu schaffen gemacht." Meter für Meter<br />

ließen sie schließlich die Tiefbrunnenpumpe<br />

hinunter. Nach knapp 70 Metern<br />

erreichte die Pumpe dann endlich<br />

den Grundwasserspiegel. Die Sonne<br />

musste lediglich die Fläche eines Parkplatzes<br />

bescheinen, um konstant 25 Liter<br />

Wasser pro Minute an die Oberfläche<br />

zu befördern. "Der Nutzen für alle<br />

Beteiligten liegt klar auf der Hand", sagt<br />

Professor Klaus Harbusch von der Fakultät<br />

Fahrzeugtechnik der Ostfalia. "Ich<br />

freue mich, dass die Studierenden in<br />

den Projekten besondere soziale Kompetenz<br />

zeigen, wenn man bedenkt, dass<br />

die Materialkosten aus Spendengeldern<br />

und die Reisekosten in Privatinitiative<br />

erbracht worden sind. Die vier Studenten<br />

haben dabei gelernt interdisziplinär<br />

zu arbeiten und konnten auch noch interkulturelle<br />

Kompetenz erwerben. Das<br />

Solarpumpen-Projekt hat dank guter<br />

Vorbereitung erstaunlich problemlos<br />

geklappt."<br />

Die malawische Kultur und ihre Landschaft<br />

erlebten die Reisenden auf eine<br />

besondere Weise. Sie waren gleich hautnah<br />

bei einem der seltenen Regenfälle<br />

dabei. "Wir wollten gerade mit einigen<br />

Kindern Fußball spielen, <strong>als</strong> der Regen<br />

uns einen Strich durch die Rechnung<br />

27<br />

gemacht hat. Ich habe in meinem Leben<br />

noch nie so einen Regen gesehen",<br />

schildert Daniel Grünwald das Erlebnis.<br />

Das war nur einer von vielen Eindrücken,<br />

den die Studenten bekamen. Daniel<br />

Grünwald würde in ein paar Jahren<br />

gern wieder zurück kehren, um praktische<br />

Hilfe zu leisten. Auf erfrischendes<br />

Wasser wird er dann wohl nicht verzichten<br />

müssen. #<br />

geschafft – es läuft...


Der trailer zum Film:<br />

→youtu.be/apfNi2oFxtg<br />

Frau Atzmon, wie sind Sie darauf gekommen<br />

„Holocaust light – gibt es nicht!“ zu<br />

drehen?<br />

Sara Atzmon: Die Kunst ist eine besondere<br />

Welt, in der man versucht Gefühle auszudrücken.<br />

Man malt ein Bild, noch ein<br />

Bild und noch ein Bild. Und man wird das<br />

Gefühl nicht los, immer weiter malen zu<br />

müssen. Wissen Sie, ich habe viele Aus-<br />

Campus<br />

„Ich möchte<br />

darüber reden“<br />

eiN gespräch über Das eriNNerN aN DeN holocaust uND Filme über opFer<br />

von Kevin Neu<br />

stellungen von großen Malern, wie Goya<br />

oder Van Gogh gesehen und sie alle suchen<br />

nach einem Weg sich auszudrücken.<br />

Ich versuche den Schmerz auszudrücken, habe<br />

es mit Skulpturen versucht, mit Videoart und<br />

auch ein Buch habe ich geschrieben. Dann<br />

kam ich auf die Idee, dass man den Schmerz<br />

am besten vermitteln kann, wenn man etwas<br />

sehen und hören kann.<br />

28<br />

Wie sind Sie zum Militär gekommen?<br />

Sara Atzmon: In Israel ist der Militärdienst<br />

für Männer wie für Frauen Pflicht, für die<br />

Frauen zwei und die Männer drei Jahre. Das<br />

Militär in Israel wurde 1948 aufgebaut und<br />

drei Jahre später war ich an der Reihe. Es gab<br />

dam<strong>als</strong> nicht viele andere Möglichkeiten, Geld<br />

zu verdienen. Nach den zwei Jahren Pflichtdienst<br />

bin ich in die Reserve gegangen.<br />

Fotos: Hajotthu, Filmfest Braunschweig


Was war das erste Motiv, mit dem Sie versucht<br />

haben, Ihre Erfahrungen im Holocaust<br />

zu verarbeiten?<br />

Sara Atzmon: Die roten Schuhe. (Sara Atzmon<br />

musste in Bergen-Belsen monatelang mit einem<br />

roten und einem schwarzen Damenschuh<br />

herum laufen, worunter sie noch heute körperlich<br />

leidet). Ich wollte sie zunächst auf die<br />

Leinwand kleben, weil ich dam<strong>als</strong> noch nicht<br />

richtig malen konnte und habe dann sehr viel<br />

Gefühl in dieses Bild gesteckt. Letztlich haben<br />

die Leute es allerdings nicht verstanden. Ich<br />

war dam<strong>als</strong> enttäuscht. Und dann habe ich<br />

den toten Tag gemalt. Ich habe immer gesagt:<br />

Das sind Treppen. Man geht immer höher.<br />

Und je höher man steigt, umso mehr stirbt<br />

man. Das war 1988. Da haben die Leute verstanden,<br />

was ich ausdrücken will. Und so ging<br />

es immer weiter.<br />

Was halten Sie von Filmen wie „Das Leben<br />

ist schön“ oder „Der große Diktator“? Darf<br />

man den Holocaust mit Humor filmisch<br />

verarbeiten?<br />

Sara Atzmon: „Das Leben ist schön“ ist ein<br />

wunderbarer Film, vor allem, weil er von vielen<br />

jungen Menschen gesehen wurde. Zwar<br />

hat er nicht viel vom Holocaust gezeigt - er<br />

hat sozusagen einen leichten Holocaust dargestellt,<br />

aber der Film ist wunderschön. Und ob<br />

man über den Holocaust lachen kann? Man<br />

darf auch über den Holocaust lachen. Ja. Man<br />

muss es jedenfalls versuchen.<br />

Frau Rothin, was wollen Sie, <strong>als</strong> Regisseurin<br />

mit dem Film „Holocaust light – gibt es<br />

nicht!“ erreichen?<br />

Ilona Rothin: Das ist nicht in ein, zwei Sätzen<br />

gesagt. Für mich tun sich die Deutschen<br />

schwer damit, die Realität anzuerkennen.<br />

Sie wollen das Thema Holocaust nicht hören.<br />

Günther Grass hat beispielsweise gesagt, seine<br />

ganze Bücherwand sei voller Schande. Der<br />

Schande, die Deutschland zu verantworten<br />

hat. Aber es berührt ihn nicht. Er sagt, dass<br />

er in der SS war und erklärt es damit, dass<br />

alle in der SS waren. Immer die Entschuldigungen.<br />

Nie eine echte Empathie für die Opfer.<br />

Und an dieser Stelle überspitze ich bewusst in<br />

meinem Film. Wir haben bewusst nur die gezeigt,<br />

die sagen: Holocaust? - Kenne ich nicht.<br />

Oder damit haben wir nichts mehr zu tun.<br />

Keine dieser Aussagen vor der Kamera sollte<br />

man so hinnehmen. Man kann sich nicht <strong>als</strong><br />

Campus<br />

Jugendliche mit mittlerer Reife hinstellen, Erzieherin<br />

werden wollen und dann nicht wissen,<br />

was der Holocaust war und wann der<br />

zweite Weltkrieg endete. So jemand bildet<br />

vielleicht irgendwann unsere Kinder aus!<br />

Was haben Sie aus den Dreharbeiten für<br />

sich gelernt?<br />

Ilona Rothin: Sara hat einmal zu mir gesagt,<br />

dass sie dam<strong>als</strong> immer in die Augen der Leute<br />

in den Fenstern sah und nach einem Gefühl<br />

gesucht hat. Und nichts darin gesehen hat.<br />

Was ich während der Realisation des Films gemerkt<br />

habe, ist, dass es eine Unfähigkeit der<br />

Leute gibt, mit Zeitzeugen umzugehen. Das ist<br />

so ein singuläres Ereignis unserer Geschichte,<br />

dass man sich von der Täterrolle entfernen<br />

und den Opfern zuwenden sollte. Die Opferrolle<br />

ist in den deutschen Medien aber nicht<br />

gefragt. Es war sehr schwer, Produzenten für<br />

Holocaust light zu finden. Dafür sieht man<br />

in der ARD um 20:15 Uhr einen teuer finanzierten<br />

Film über Rommel. Dokumentationen<br />

über Hitlers Frau, seinen Friseur. Jeden Monat<br />

findet man ein Magazin, dass das Thema<br />

bedient. Das finde ich nicht gerecht. Es sollte<br />

mehr Platz für die Opferperspektive geben. Es<br />

gibt so viele unerzählte Geschichten.<br />

Sara Atzmon: Jeder bräuchte zehn Filme. Im<br />

Die Malerin Sara Gottdiener<br />

Atzmon überlebte den Holocaust<br />

und beschreibt in ihren Bildern<br />

die Erfahrungen in Bergen-Belsen,<br />

Auschwitz und Strasshof. Heute<br />

lebt die 79-Jährige in Israel.<br />

29<br />

Juni für zehn Tage in einem Waggon eingeschlossen<br />

zu sein – das kann man sich überhaupt<br />

nicht vorstellen. Was ein Kind in dieser<br />

Situation denkt. Was ein Erwachsener denkt.<br />

Das sind ganze Filme.<br />

Was denken Sie, warum dieses faschistische<br />

System gerade in Deutschland funktioniert<br />

hat?<br />

Sara Atzmon: Wegen der Disziplin der Deutschen.<br />

Disziplin kann auch etwas Gutes sein.<br />

Deshalb ist Deutschland heute, wo es ist. Einer<br />

sagt, wie etwas funktionieren soll und alle<br />

ziehen an einem Strang. Aber das darf nur bis<br />

zu einer bestimmten Grenze funktionieren. Irgendwann<br />

muss man sagen – bis hierhin und<br />

nicht weiter.<br />

Wenn jeder in Deutschland Sie hören könnte<br />

– was würden Sie sagen?<br />

Sara Atzmon: Dass die Menschen so etwas nie<br />

wieder vorkommen lassen dürfen. Die Menschenrechte<br />

sollten immer geachtet werden<br />

und selbst, wenn man im Kleinen diese Rechte<br />

verletzt, muss etwas getan werden.<br />

Und, dass man über den Holocaust reden<br />

sollte, denn nur dann kann man daraus<br />

etwas lernen. Das ist alles was ich möchte –<br />

darüber reden. #<br />

Die Regisseurin Ilona Rothin<br />

hat zusammen mit Atzmon den<br />

Dokumentarfilm „Holocaust light<br />

– gibt es nicht!“ gedreht. Er feierte<br />

auf dem Internationalen Filmfest<br />

Braunschweig seine Weltpremiere.


Sex,<br />

Drugs &<br />

Storytelling<br />

Dr. aNNeKatriN bocK über<br />

us-ameriKaNische FerNsehserieN,<br />

raubKopierer<br />

uND zuKüNFtige treNDs.<br />

Dazu gibt es aKtuelle<br />

QuoteNhits im<br />

experteNchecK.<br />

Von Holger Isermann<br />

Kann man Fernsehserien<br />

erforschen ohne Serienjunkie<br />

zu sein?<br />

Man muss seinen Gegenstand<br />

genau kennen, um ihn untersuchen zu können.<br />

Dementsprechend habe ich vermutlich mehr<br />

Serien gesehen <strong>als</strong> Sie und Ihre Redaktion zusammen.<br />

Aber genau wie eine Biotechnologin<br />

nicht ihre Proben im eigenen Bett züchtet, verbringe<br />

ich nicht meine gesamte Freizeit vor der<br />

Flimmerkiste. Seriöse Forschung braucht auch<br />

eine gewisse Distanz zu Ihrem Gegenstand.<br />

Woher kommt überhaupt der Suchtfaktor<br />

von Fernsehserien?<br />

Serielles Erzählen ist Teil unserer Kultur und<br />

unseres Alltags. Moderne Fernsehserien spinnen<br />

ihre Handlungsstränge von Episode zu<br />

game oF throNes<br />

Worum geht’s? Game of Thrones erzählt<br />

die Geschichte von rivalisierenden<br />

Adelsfamilien, die jeweils den Eisernen<br />

Thron von Westeros gewinnen wollen,<br />

um über die dortigen sieben Königreiche<br />

zu herrschen.<br />

Worum geht’s wirklich? Intrigen,<br />

Menschliche Abgründe und Sex<br />

Für … Rollenspieler, Fantasy-Liebhaber<br />

und alle, die Herr der Ringe <strong>als</strong> ‚zu<br />

knapp erzählt‘ empfinden.<br />

Wissenschaft<br />

Episode fort. Wir Zuschauer wollen daher<br />

wissen, was <strong>als</strong> nächstes geschieht, und schalten<br />

immer wieder ein. Ich würde behaupten,<br />

wenn ein Rezipient das Serienthema und die<br />

Figuren halbwegs sympathisch findet und fünf<br />

Folgen am Stück schaut, will er wissen, wie die<br />

Geschichte ausgeht.<br />

Warum kommen die meisten Serien eigentlich<br />

aus den USA?<br />

Die Ausstrahlung von US-amerikanischen Serien<br />

im deutschen Fernsehprogramm hat eine<br />

lange Tradition. Für Eigenproduktionen fehlten<br />

den deutschen Sendern zu Beginn ohne-<br />

soNs oF aNarchy<br />

Worum geht’s? Eine Rockerbande in den<br />

USA kämpft ums eigene Bestehen. Dabei<br />

gibt’s Unstimmigkeiten zwischen<br />

dem Bandenchef Clay Morrow und seinem<br />

Stiefsohn Jax Teller.<br />

Worum geht’s wirklich? Zehn Minuten<br />

Schießerei auf zwanzig Meter Entfernung<br />

und keiner stirbt. Wann nimmt<br />

das endlich ein Ende?<br />

Für … Lederjackenträger, ‚echte Männer‘<br />

und Möchtegern-Motorradrocker.<br />

30<br />

hin meist die Ressourcen. So wurden vor allem<br />

US-amerikanische Serien eingekauft und erste<br />

wiederkehrende Programmplätze geschaffen.<br />

Dadurch verfestigen sich auch Rezeptionsmuster.<br />

Wir sind gewöhnt an das Sehen<br />

von US-amerikanischen Städten, Schauspielern<br />

und Gesellschaftsthemen, ohne das weiter zu<br />

hinterfragen.<br />

Ist es noch zeitgemäß, dass amerikanische<br />

Serien in Deutschland erst Jahre später auf<br />

den Markt kommen? Werden die Fans damit<br />

nicht zum Raubkopieren genötigt?<br />

Genau genommen schaffen es Serien, die in<br />

spartacus<br />

Worum geht’s? Spartacus erzählt mehr<br />

oder weniger historisch inspiriert den<br />

Ausbruch römischer Sklaven aus einer<br />

Gladiatorenschule in Capua.<br />

Worum geht’s wirklich? Blutiges Gemetzel<br />

abgelöst von Orgien und zahllosen<br />

Sexszenen wird leidlich unterbrochen<br />

durch Ränkespiele und Intrigen der römischen<br />

‚High Society‘.<br />

Für … Metzger, Pumper und Historiker<br />

mit dem Schwerpunkt röm. Antike.<br />

Fotos: HBO, Showtime Networks Inc., Holger Isermann


den USA laufen, manchmal gar nicht bei uns<br />

ins Fernsehprogramm. Das liegt unter anderem<br />

daran, dass Serien in Deutschland immer<br />

noch in Paketen eingekauft und synchronisiert<br />

werden. Die deutschen Vermarkter wägen <strong>als</strong>o<br />

ab, welche Serie kommerziell vielversprechend<br />

laufen wird, bevor sie das Geld für die Synchronisation<br />

in die Hand nehmen. Wenn man <strong>als</strong><br />

Fan ein alternatives Serienangebot will und<br />

dabei nicht „ewig“ auf die Ausstrahlung warten<br />

möchte, gibt es derzeit leider kaum legale<br />

Wege.<br />

Gäbe es denn die Bereitschaft für hochwertige<br />

Serien zu bezahlen?<br />

Die Vermarkter müssen das richtige Gleichgewicht<br />

finden zwischen der Lust der Rezipienten<br />

nach neuer Serienkost, der Angst vor Strafen<br />

nach illegalem Download und der Unlust zu<br />

viel für das serielle Vergnügen zahlen zu müssen.<br />

Dann kann man auch jenseits des klassischen<br />

Bezahlmodells durch Werbung im Fernsehen,<br />

Geld mit Serien online machen.<br />

Dexter<br />

Worum geht’s? Der Blutspritzeranalyst<br />

Dexter Morgan verdingt sich nachts<br />

<strong>als</strong> Serienkiller mordender Serienkiller<br />

und versucht ein äußerlich normales<br />

Leben zu führen.<br />

Worum geht’s wirklich? Endlich mal einen<br />

bösen Charakter <strong>als</strong> Hauptfigur zu<br />

zeigen, aber ‚das Böse‘ <strong>als</strong> ‚gesellschaftlich<br />

Gutes‘ zu rechtfertigen.<br />

Für … Soziopathen, Lab-Geeks und Menschen,<br />

die zu inneren Monologen neigen.<br />

Wissenschaft<br />

Was bedeutet das aber nun für eine Fernsehserienindustrie,<br />

die sich zu großen Teilen<br />

über Werbeeinnahmen finanziert?<br />

Finanzierung von Serien durch „klassische“<br />

Fernsehwerbung wird in Zukunft in ihrer jetzigen<br />

Form nicht ausreichen, um die Serienproduktion<br />

weiter zu finanzieren. Was daran<br />

liegt, dass Serienzuschauer zunehmend<br />

das Fernsehen <strong>als</strong> Rezeptionsmedium meiden<br />

und Werbetreibende weniger für Werbespots<br />

im Fernsehen bezahlen werden. Eine Möglichkeit<br />

dem zu begegnen wäre, die Kosten für die<br />

Produktion serieller Formate zu senken, indem<br />

man lediglich billig produziertes Programm,<br />

wie beispielsweise Reality-TV Formate, liefert.<br />

Eine logischere Alternative – angesichts<br />

des regen Interesses an Serien und der Einnahmen,<br />

die sich derzeit mit DVD- und Merchandise-Verkäufen<br />

zu Serien erzielen lassen<br />

– wären Vermarktungsstrategien, die insbesondere<br />

die online-affinen Serienrezipienten<br />

besser ansprechen.<br />

Game of Thrones gilt <strong>als</strong> eine solche qualitativ<br />

hochwertige Serie, die so auch im<br />

Kino laufen könnte. Werden Serien immer<br />

professioneller?<br />

Allein die Tatsache, dass durch technische Innovationen<br />

die Produktion von Serien immer<br />

„leichter von der Hand geht“, macht ganz andere<br />

Formate und Inhalte möglich <strong>als</strong> noch vor<br />

20 Jahren. Neben solchen technischen Aspekten<br />

der Herstellung spielen aber auch gesellschaftliche<br />

Wandlungsprozesse eine Rolle. Früher<br />

galten Serien in Deutschland <strong>als</strong> „billige<br />

Popkultur“. Das „Produkt Serie“ sollte so solide<br />

gemacht sein, dass es viele Zuschauer erreicht<br />

und damit hohe Werbeminutenpreise einspielt.<br />

Heute sind Serien zwar auch noch Waren. Die<br />

true blooD<br />

Worum geht’s? Vampire, die seit Jahrhunderten<br />

getarnt unter den Menschen<br />

leben, wagen sich nun an die<br />

Öffentlichkeit und möchten ein Teil<br />

der Gesellschaft werden. Dabei gibt es<br />

Skeptiker und Befürworter dieses ‚outing<br />

Prozesses‘.<br />

Worum geht’s wirklich?<br />

Sex, Sex, Drogen, Gewalt und Sex<br />

Für … Vampir-Seriengucker und alle,<br />

die Twilight viiiel zu spießig fanden.<br />

31<br />

Dr. Annekatrin Bock<br />

hat über die Produktion,<br />

Vermarktung und Rezeption<br />

von Fernsehserien promoviert.<br />

Die Medienwissenschaftlerin<br />

lehrt und forscht am Institut für<br />

Sozialwissenschaften der TU.<br />

Produzenten und Vermarkter haben aber verstanden,<br />

dass sie das verwöhnte Publikum mit<br />

neuen Ideen und innovativen Serienkonzepten<br />

begeistern müssen, um weiterhin ihre Produkte<br />

absetzen zu können.<br />

Wo geht die Entwicklung hin?<br />

Formal wird sich noch einiges tun. Die Online-<br />

Rezeption von Serien wird deutlich ansteigen.<br />

IP-TV und Web-TV sind mittlerweile sowohl<br />

technisch <strong>als</strong> auch finanziell für eine große<br />

Gruppe von Zuschauern nutzbar.<br />

Inhaltlich kann man das Rad nicht wirklich<br />

neu erfinden. Tabubrüche lassen sich nur begrenzt<br />

weitertreiben. So werden wir auch in<br />

Zukunft immer wieder zwischenmenschliche<br />

Beziehungen und Themen wie Liebe, Neid,<br />

Hass, Gier und Angst in immer neuen Konstellationen<br />

und an immer neuen Handlungsorten<br />

präsentiert bekommen. #<br />

the WalKiNg DeaD<br />

Worum geht’s? Der Polizist Rick Grimes<br />

erwacht aus dem Koma. Während er<br />

schlief, haben Zombies den Großteil<br />

der Menschheit ausgerottet.<br />

Worum geht’s wirklich? The Walking<br />

Dead ist eigentlich eine (schlecht erzählte)<br />

Soap, in der die Zombies <strong>als</strong><br />

nervig sabbernde und eklig knabbernde<br />

Actionelemente fungieren.<br />

Für … Untote, Zombiefilm-Gucker und<br />

Menschen mit Ekel erprobtem Magen.


Maschinenbau<br />

am NFF reicheN sich WisseNschaFt uND WirtschaFt Die haND<br />

uND ForscheN gemeiNsam aN Der mobilität Der zuKuNFt<br />

Von Holger Isermann & Janina Kremkow<br />

Wissenschaft<br />

„Ein echtes<br />

Dreamteam“<br />

Spezial<br />

Die Region Braunschweig steht<br />

vor allem für das Thema Mobilität<br />

und spätestens seit dem Wissenschaftsjahr<br />

2007 auch für eine hohe<br />

Forschungsdichte, die nach einer etwas<br />

in die Jahre gekommenen EU-Studie sogar<br />

Europaweit spitze ist. In diese Rahmendaten<br />

lässt sich auch die Gründung<br />

des Niedersächsischen Forschungszentrums<br />

Fahrzeugtechnik (NFF) einordnen.<br />

Unter anderem mit Unterstützung der<br />

Niedersächsischen Landesregierung und<br />

zukunftsvision: so soll das NFF einmal aussehen …<br />

der Volkswagen AG hat die TU Braunschweig<br />

das NFF bereits 2007 ins Leben<br />

gerufen und ihm zwei Jahre später das<br />

erste Zuhause auf dem MobileLife-Campus<br />

in Wolfsburg geschenkt – das Ziel:<br />

internationale Spitzenforschung rund<br />

um das Thema Mobilität in der Region<br />

etablieren und vorantreiben. Aktuell<br />

wird am Braunschweiger Forschungsflughafen<br />

deshalb der zweite Standort<br />

für 60 Millionen Euro gebaut. Neben sieben<br />

Instituten wird das Gebäude auch<br />

32<br />

eine Bibliothek und mehrere Prüfstände<br />

sowie Hörsäle enthalten. Wie wichtig<br />

das Thema allen Beteiligten ist, zeigen<br />

nicht nur die Investitionssumme, sondern<br />

auch die Prominenz und beschworenen<br />

Superlativen bei der Grundsteinlegung<br />

am 20. September: Vor den Augen<br />

von Wissenschaftsministerin Johanna<br />

Wanka und dem VW-Aufsichtsratsvorsitzenden<br />

Ferdinand Piëch betont<br />

Ministerpräsident McAllister in seiner<br />

Festrede die drei großen „I“, mit denen


Fotos: NFF/Christian Bierwagen, NFF<br />

er Niedersachsen gewappnet für die Zukunft<br />

sieht: Industrie, Infrastruktur und<br />

Innovation. Winterkorn sieht ein „echtes<br />

Dreamteam“ am „Auto der Zukunft“<br />

arbeiten und Braunschweigs Oberbürgermeister<br />

bezeichnet das, was am Forschungsflughafen<br />

in Gang gesetzt worden<br />

sei <strong>als</strong> „Weltspitze“. „Ein toller Tag<br />

für Braunschweig und die Region“, findet<br />

TU-Präsident Hesselbach, der sich<br />

wie die anderen Redner ein Jahr zuvor<br />

mächtig über das Ausscheiden des nie-<br />

Wissenschaft<br />

dersächsischen „Clusters Mobility“ im<br />

Wettbewerb des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung (BMBF) geärgert<br />

haben dürfte. Das NFF war dam<strong>als</strong><br />

ebenfalls engagiert. studi38 hat<br />

den Mobilitätsforschern schon vor<br />

der Einweihung des neuen Gebäudes<br />

über die Schultern geschaut und<br />

stellt einige Forschungsprojekte vor.<br />

Dazu haben wir uns auf dem Campus<br />

umgehört und Studierende gefragt,<br />

was sie vom Neubau halten …<br />

33<br />

gemeinsam mit (v. l.)<br />

tu-präsident prof. jürgen<br />

hesselbach, ministerpräsident<br />

David mcallister, vW-vorstandsvorsitzendem<br />

martin Winterkorn<br />

und vW-aufsichtsratsvorsitzendem<br />

Ferdinand piech legte oberbürgermeister<br />

gert hoffmann (r.) am 20.<br />

september den grundstein für das<br />

Niedersächsische Forschungs-<br />

zentrum für Fahrzeugtechnik<br />

(NFF).


Fleets Go Green –<br />

Elektrofahrzeuge auf<br />

dem Prüfstand<br />

Im Verbund mit der TU Braunschweig,<br />

dem Frauenhofer IFAM<br />

Bremen, der Volkswagen AG und<br />

BS Energie sowie anderen Partnern<br />

untersucht das NFF mit dem Fleets<br />

Go Green-Projekt seit 2012 die Umwelteffizienz<br />

von E- und Plug-In-<br />

Hybridfahrzeugen im Alltag. Im<br />

Flottenbetrieb kann durch Feldversuche<br />

das Potenzial von E-Fahrzeugen,<br />

<strong>als</strong>o das Zusammenwirken von<br />

Energieressourcenverbrauch und<br />

Schadstoffausstoß analysiert werden.<br />

Bis Sommer 2013 sollen 25 bis<br />

50 solcher Autos bereitgestellt werden.<br />

„Durch das Projekt werden die<br />

idealen Voraussetzungen geschaffen,<br />

um die Potenziale der<br />

Elektromobilität zu entwickeln, in<br />

der Praxis zu testen und der breiten<br />

Öffentlichkeit nahe zu bringen<br />

[…]“, stellt Gerold Leppa, Geschäftsführer<br />

der Metropolregion GmbH,<br />

fest.<br />

Wissenschaft<br />

KOLINE –<br />

taktisch durch<br />

den Verkehr<br />

Ziel des KOLINE-Projekts ist es,<br />

durch verbesserte Koordinierung<br />

von Fahrzeugsteuerungen einen<br />

gleichmäßigeren Verkehrsfluss zu<br />

erlangen. Durch die Verringerung<br />

von Fahrzeugstopps an Ampelanlagen<br />

können Kraftstoffverbrauch<br />

und Emissionen im Verkehr reduziert<br />

und zusätzlich eine höhere<br />

Leistungsfähigkeit des Autos und<br />

mehr Fahrkomfort erzeugt werden.<br />

Der Ansatz verspricht durch die sogenannte<br />

Car-2-Infrastructure (C2I)-<br />

Kommunikation eine gegenseitige<br />

Optimierung der Lichtsign<strong>als</strong>teuerung<br />

und des Fahrverlaufs. Hierbei<br />

werden zwischen Lichtsignalanlage<br />

und Fahrzeug kontinuierlich Daten<br />

ausgetauscht, um eine verbesserte<br />

Verkehrssituationen sowie eine höhere<br />

Sicherheit zu ermöglichen.<br />

34<br />

Battery LabFactory<br />

Braunschweig –<br />

Innovation Energiezelle<br />

Die Battery LabFactory Braunschweig<br />

beschäftigt sich mit der<br />

Produktionstechnik von Traktionsbatterien<br />

über die gesamte Fertigungskette<br />

von der Planung bis zur<br />

Herstellung. Im Auge der Untersuchungen<br />

stehen die Auswirkungen<br />

von alternativen Materialien sowie<br />

Fertigungsverfahren auf das Potenzial<br />

der Batteriezellen. Dieses Forschungskonzept<br />

ist bisher einmalig<br />

an deutschen Universitäten. Langfristiges<br />

Ziel der Battery LabFactory<br />

ist eine Steigerung der Leistungsfähigkeit<br />

von Transaktionsbatterien<br />

in punkto Energie, Qualität und Sicherheit<br />

sowie ihre Weiterentwicklung<br />

für den Einsatz in mobilen<br />

Anwendungen..<br />

Fotos: Holger Isermann, Nuon Deutschland, AndyArmstrong, NFF


Wissenschaft<br />

Der NFF-Neubau – das<br />

sagen die Studierenden<br />

„Für mich persönlich <strong>als</strong> Studentin bietet sich eine Möglichkeit zur Bewerbung. Man wird<br />

dann aufgenommen und hat später die Möglichkeit in wissenschaftlichen Forschungsprojekten<br />

mitzuarbeiten. Möglicherweise sind hier auch diverse Angebote für Masterarbeiten<br />

gebündelt vorhanden. Für die Prüfstände werden sicher auch Hiwis benötigt, das verspricht<br />

neue Nebenjobangebote.“<br />

Birte, Studentin Wirtschaftsingenieurwesen / Maschinenbau<br />

„Der Neubau des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik ist eine gute Idee,<br />

um die TU noch mehr mit der Industrie zu verknüpfen. Der neue Ausbau bietet generell<br />

mehr Platz und sehr gute Versuchsmöglichkeiten durch evtl. vorhandene D-Fläche. Wir zählen<br />

darauf, dass wir später <strong>als</strong> Ausstudierte durch den Bau bessere Arbeitschancen haben.“<br />

Alex, Student Fahrzeugtechnik<br />

35<br />

Maschinenbau<br />

Spezial<br />

Bis 2014 soll der zweite Standort des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik der TU Braunschweig<br />

am Braunschweiger Forschungsflughafen fertig gestellt sein. Doch was sagen eigentlich die Studierenden über den<br />

geplanten Neubau. studi38 hat sich auf dem Campus umgehört …<br />

„Viele der beteiligten Institute sind inzwischen an Ihren räumlichen Kapazitätsgrenzen<br />

angekommen. Das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik bietet hier durch<br />

die neuen Räumlichkeiten Abhilfe. Dazu kommt die Möglichkeit der verbesserten Zusammenarbeit<br />

zwischen den Instituten. Für Studenten wird das NFF neue Gelegenheiten für<br />

Hiwi-Jobs, Studien-, Projekt-, Abschluss- und Promotionsarbeiten bieten. Nachteilig sind<br />

hier jedoch, die große Entfernung zwischen dem Hauptcampus und dem NFF sowie die<br />

schlechte Busanbindung. Hier muss dringend vor dem Umzug der Institute Abhilfe geschaffen<br />

werden. Vergleichbare Projekte, wie das Produktionstechnische Zentrum Hannover,<br />

sind ein großer Erfolg!“<br />

Michele, Hiwi am Institut für Verbrennungskraftmaschinen<br />

„Das Niedersächsische Forschungszentrum<br />

Fahrzeugtechnik ist ein riesiger<br />

Gewinn für die Uni und die Kooperation<br />

mit der Fahrzeugindustrie. Allerdings<br />

hoffe ich, dass sich die öffentlichen<br />

Verkehrsbetriebe darauf einstellen,<br />

dass vermehrt Studenten zum Flughafen<br />

müssen.“<br />

Michael, Student Kraftfahrzeugtechnik


Informationsseite des Braunschweigischen Hochschulbundes<br />

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unabhängig von sozialem Status oder Elternhaus.<br />

Deutschlandstipendien –<br />

Wir sind dabei! Sie auch?<br />

Bisher hat der Braunschweigische Hochschulbund im<br />

Semester 20 Studierende der TU Braunschweig mit<br />

Deutschlandstipendien im Gesamtwert von 36.000 unterstützt.<br />

Unternehmen in und um Braunschweig finanzieren<br />

bereits sieben weitere Stipendien. Die Vorteile für<br />

Förderer und Geförderte liegen auf der Hand. Deshalb<br />

möchten wir in Zukunft gern mehr von Ihnen <strong>als</strong> StipendiengeberInnen<br />

ansprechen.<br />

Braunschweigischer Hochschulbund e.V.<br />

www.braunschweigischer-hochschulbund.de<br />

bhb@tu-braunschweig.de<br />

Bundesbildungsministerin<br />

Annette Schavan mit den ersten<br />

Deutschlandstipendiaten<br />

Wir fördern das<br />

Interessierte Stipendien-<br />

geberInnen und -nehmerInnen<br />

erreichen uns unter:<br />

Sabine Stegner<br />

Geschäftstelle Braunschweigischer<br />

Hochschulbund e.V.<br />

Geysostraße 7, 38106 Braunschweig<br />

Telefon: 0531 – 391 4570<br />

E-Mail: bhb@tu-braunschweig.de


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Kolumne<br />

Prof. Reza Asghari<br />

gibt an dieser Stelle<br />

Einblicke in die Welt<br />

des Entrepreneurships.<br />

In dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

erklärt er die Ziele einer<br />

Entrepreneurial University<br />

am Beispiel der TU und der<br />

Ostfalia.<br />

Seit den 90er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts vollzieht sich die<br />

Mutation der Industriegesellschaft<br />

zur Wissensgesellschaft, die<br />

von einem Prozess der permanenten<br />

Wissensintensivierung der Produktions-<br />

und Leistungsprozesse begleitet<br />

wird. Nicht zuletzt durch die IuK-Revolution<br />

konnte das Wissen zum entscheidenden<br />

Bestimmungsfaktor des<br />

weltweiten Wettbewerbs avancieren.<br />

Das Hochschulsystem wird in der Wissensgesellschaft<br />

zu einem zentralen<br />

Steuerungsinstrument, welches den anderen<br />

Institutionen der Politik, Wirtschaft<br />

und Gesellschaft <strong>als</strong> Impulsgeber<br />

und Dienstleister Entfaltungsoptio-<br />

Wir sind weltweit die die Nr. 1 unter den<br />

unabhängigen Engineering-Unternehmen<br />

und entwickeln die Produkte und Anlagen<br />

der Zukunft. Für die Automobilindustrie<br />

und darüber hinaus.<br />

Entrepreneurial<br />

University<br />

nen öffnet. Die Wettbewerbsfähigkeit<br />

moderner Volkswirtschaften hängt<br />

im zunehmenden Maße vom Interaktionserfolg<br />

des Hochschul- und Wirtschaftssystems<br />

ab. Je intensiver die Wissensproduktion<br />

in den Hochschulen<br />

der Entstehung neuer innovativer Güter<br />

und Dienstleistungen dient, umso<br />

größer sind die Wohlfahrtseffekte wissenschaftlicher<br />

Leistung. Die Initiative<br />

der Bundesregierung EXIST-IV „Gründerhochschule“<br />

dient dazu, eine Brücke<br />

zwischen Wissenschaft und Wirtschaft<br />

zu schlagen und den Standort<br />

Deutschland zu stärken. Das Ziel einer<br />

Entrepreneurial University ist, die Forschungsergebnisse<br />

systematisch durch<br />

Ausgründungen in die Wirtschaft zu<br />

transferieren. Sie ist die Antwort auf<br />

die gestiegenen sozio-ökonomischen<br />

Anforderungen des Wissenschaftssystems.<br />

Im Rahmen des Förderwettbe-<br />

MEIN WEG: EINMALIG<br />

Als Top Arbeitgeber in der Region suchen<br />

wir Mitarbeiter (m/w) in den Bereichen:<br />

� Fahrzeugentwicklung<br />

� CAE (technische Berechnung), Versuch<br />

� Elektrik/Elektronik<br />

� Produktbewährung und Dokumentation<br />

� Prozessmanagement<br />

werbs „Gründerhochschule“ konnten<br />

sich die TU Braunschweig und die Ostfalia<br />

Hochschule <strong>als</strong> eine der zehn Exzellenzhochschulen<br />

Deutschlands behaupten.<br />

Durch ein ganzheitliches Konzept,<br />

das verschiedene Ebenen der Lehre, Forschung<br />

und der operativen Gründungsförderung<br />

miteinander verbindet, soll<br />

die Zahl der innovativen Startups in den<br />

nächsten vier Jahren deutlich steigen.<br />

Inkubatoren an beiden Hochschulen ermöglichen,<br />

dass die Gründer mietfreie<br />

Büroräume und maßgeschneiderte Unterstützung<br />

erhalten. Zugleich werden<br />

neue Finanzressourcen erschlossen. Bereits<br />

im Dezember 2012 wurde eine Kooperation<br />

mit dem Hightechgründerfonds<br />

Deutschland unterzeichnet, um<br />

den Zugang der Gründer beider Hochschulen<br />

zum Risikokapital erheblich zu<br />

erleichtern. Mehr Informationen unter:<br />

→www.entrepreneurship-center.de<br />

Kontakt:<br />

EDAG GmbH & Co. KGaA<br />

Schweriner Straße 4<br />

38444 Wolfsburg<br />

Frau Jennifer Wunschik<br />

Tel. +49 5361 799-121<br />

Bitte bewerben Sie sich über<br />

unser Bewerberportal unter:<br />

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Interessiert?<br />

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Buckeln<br />

statt büffeln!<br />

über NebeNjobs mit KörpereiNsatz<br />

Sie sind jung und brauchen das Geld: Zwei von drei Studierenden arbeiten neben dem Studium. Knapp 67 Prozent<br />

nutzen dabei den Job auch <strong>als</strong> praktische Ergänzung zu ihrem Studienbereich. Aber nicht für jeden ist ein<br />

Nebenjob in seiner Fachrichtung die richtige Alternative. Zahlreiche andere Motive können hinter der Entscheidung<br />

stecken. Ganz oben auf der Liste steht natürlich das Geldverdienen, denn für ungefähr 32 Prozent der Studierenden<br />

ist der Job eine wichtige Einnahmequelle für ihren Lebensunterhalt. Doch auch soziales Engagement, Spaß und ein<br />

körperlicher Ausgleich zum Studium können ausschlaggebend für die Wahl sein. studi38 hat sich auf dem Campus<br />

umgehört und stellt euch Nebenjobs vor, die wenig mit Hörsälen und rauchenden Köpfen zu tun haben.<br />

Von Desiree Schober, Elena Schade & Lisa Habelt


Fotos: Florian Koch, Privat<br />

outDoor aDveNture iNstructor<br />

Name: Marian<br />

Alter: 22<br />

Universität: TU Braunschweig<br />

Studiengang: Musik und Germanistik<br />

Karriere<br />

Wie genau würdest du deine Nebentätigkeit beschreiben?<br />

Ich arbeite in den Semesterferien in Norwegen <strong>als</strong> Kletter- und vor allem Rafting Guide für Touristen<br />

,Firmen oder Schulklassen. Meine Arbeit findet hauptsächlich draußen statt und ich betreue<br />

die Gruppen zum Beispiel beim Wildwasserfahren auf echten Flüssen. Rafting ist eine extreme<br />

Wassersportart, bei der mit einem Schlauchboot ein wildes Gewässer befahren wird. Das<br />

„Raft“ ist dabei zeitweise starken Stromschnellen ausgesetzt und sorgt dadurch für einen ziemlichen<br />

„Kick“. Früher gab es dabei nicht selten Unfälle, mittlerweile sind die Sicherheitsmaßnahmen<br />

aber so weit entwickelt, dass Rafting ein verhältnismäßig sicheres Vergnügen geworden ist.<br />

Was gefällt dir besonders an deinem Nebenjob?<br />

Natürlich macht es mir in erster Linie unglaublich viel Spaß. Es fährt aber auch immer ein gewisser<br />

Nervenkitzel mit, schon allein durch die große Verantwortung für bis zu 7 Personen pro<br />

Boot, die ich sicher wieder an Land bringen muss. Genau dieser Nervenkitzel macht für mich<br />

den besonderen Reiz aus.<br />

Inwiefern bietet dir deine Nebentätigkeit einen Ausgleich zum Unialltag?<br />

Mein Nebenjob ist das <strong>komplett</strong>e Gegenteil zum Studium. Während des Semesters arbeitet man<br />

die meiste Zeit geistig, sitzt dauernd nur, schläft und trinkt viel. Beim Rafting hingegen bin ich<br />

draußen an der frischen Luft, den ganzen Tag auf Achse und betätige mich die<br />

meiste Zeit körperlich. Da mein Nebenjob viel Zeit in Anspruch nimmt und<br />

ich dafür nach Norwegen reise, kann ich ihn leider nur in den Semes-<br />

* ) Alle Zahlen<br />

nach der<br />

19. Sozialerhebung<br />

des Deutschen<br />

Studentenwerks<br />

von 2009<br />

terferien ausüben.<br />

Welche Voraussetzungen sollte man für diesen Beruf mitbringen?<br />

Durchgeknallt sein und körperlich fit.<br />

Wie hoch liegt der Verdienst durchschnittlich?<br />

Der Verdienst liegt bei umgerechnet ca. 20 Euro pro Stunde.<br />

41<br />

66 %<br />

der<br />

Studierenden<br />

Jobben*<br />

Die Top Ten<br />

Der sKurrilsteN<br />

NebeNjobs Für stuDis<br />

Hier findet ihr eine<br />

kleine Auflistung von<br />

Nebenjobangeboten,<br />

auf die wir bei unserer<br />

Recherche gestoßen sind.<br />

Und ja, die gibt es wirklich!<br />

1 Verfasser von Erotik-SMS:<br />

Auf lustvolle SMS von liebestolle<br />

Abonnenten einer Flirthotline<br />

antworten.<br />

2 Partytester:<br />

Zwölf Wochenenden am Stück<br />

(!) an je zwei Pflichtterminen pro<br />

Woche die Sau rauslassen und dabei<br />

Umfragen durchführen, Fotos<br />

schießen und die Location testen.<br />

3 Mystery-Shopper:<br />

In verschiedenen Läden shoppen<br />

gehen und dabei inkognito den<br />

Kundenservice, sowie spezielle<br />

Angebote testen.<br />

4 Vogelzähler:<br />

An verschiedenen Orten die Exemplare<br />

einer bestimmten Vogelart<br />

zählen und den aktuellen Bestand<br />

erfassen.<br />

5 Aktmodel in Zeichenkursen:<br />

Geld verdienen, <strong>als</strong> Muse angehender<br />

Künstler.<br />

6 Hundebestandsaufnehmer:<br />

Nach unangemeldeten Hunden<br />

suchen und deren gesetzwidrige<br />

Besitzer an die Hundesteuer<br />

„erinnern“.<br />

7 Heißluftballonverfolger:<br />

Mit dem Auto dem Heißluftballon<br />

folgen und ihn nach der Landung<br />

zurück transportieren.<br />

8 Sichter für Fernsehshows:<br />

Ca. 5 Stunden am Stück vor einem<br />

Fernsehbildschirm sitzen<br />

und dabei nach brauchbarem Material<br />

für satirische Shows Ausschau<br />

halten.<br />

9 Medikamententester:<br />

No risk no fun...<br />

10 Türsteher:<br />

„Einmal die Ausweise bitte.“


auFbauhelFer bei DeN<br />

NeW yorKer phaNtoms<br />

Name: Clément<br />

Alter: 21<br />

Universität: Ostfalia<br />

Studiengang: Medien-Design<br />

Wie genau würdest du deine Nebentätigkeit<br />

beschreiben?<br />

Alle Werbemittel der jeweiligen Sponsoren<br />

werden von uns für jedes Heimspiel in der<br />

VW-Halle, auf- und wieder abgebaut. Zwischendurch<br />

können wir uns das Spiel ansehen.<br />

Was gefällt dir besonders an deinem<br />

Nebenjob?<br />

Die Nähe zum Event, der Einblick hinter die<br />

Kulissen und die Organisation einer solchen<br />

Veranstaltung.<br />

Inwiefern bietet dir deine Nebentätigkeit<br />

einen Ausgleich zum Unialltag?<br />

Sobald ich die VW-Halle betrete ist der Kopf<br />

frei von angehenden Abgaben, da man mit<br />

etwas <strong>komplett</strong> anderem konfrontiert<br />

wird <strong>als</strong> in der Uni. Besonders<br />

die körperliche Belastung<br />

während der Arbeit dient dem<br />

Abschalten vom Unialltag.<br />

Welche Voraussetzungen<br />

sollte man für diesen Beruf<br />

mitbringen?<br />

Man sollte Kraft, Geschicklichkeit, Ausdauer<br />

und Motivation mitbringen, denn der<br />

Arbeitstag kann bis zu 11 Stunden dauern<br />

und sehr kräftezehrend werden.<br />

Was verdienst du pro Spiel?<br />

Rund 100 Euro.<br />

13,5<br />

Karriere<br />

barKeeperiN im heat<br />

uND im soleil<br />

Name: Lilli<br />

Alter: 22<br />

Universität: Ostfalia<br />

Studiengang: Medien-Design<br />

Wie bist du zu dem Job gekommen?<br />

Bei einem Besuch mit einer Freundin im Heat,<br />

hat diese die Mädchentoilette mit ihrem Mittag-<br />

und Abendessen dekoriert. Da<br />

ich sie etwas abgefüllt hatte, bekam<br />

ich ein schlechtes Gewissen<br />

und fragte nach Lappen und<br />

Eimer. Daraufhin der Chef:<br />

„Mensch, solche Leute bräuchte<br />

ich in meinem Team.“ Ich habe<br />

zugesagt.<br />

Was gefällt dir an dem Job?<br />

Die Arbeit mit Menschen, die meistens gute<br />

Laune haben und dass eigentlich jeden Abend<br />

irgendwas Lustiges passiert.<br />

Stunden<br />

pro Monat im<br />

Durchschnitt*<br />

Was gefällt dir nicht?<br />

Erbrochenes, betrunkene Gäste,<br />

die sich nicht benehmen können<br />

und der Schlafmangel. Und<br />

dass ich meine Freunde am<br />

Wochenende nicht beim Feiern<br />

begleiten kann.<br />

Was verdienst du pro Monat?<br />

Mindestens eine Tätowierung, 2-3 neue<br />

Kleider, Telefonrechnung und immer einen<br />

vollen Kühlschrank.<br />

Fähigkeiten um den Job auszuüben?<br />

Nerven wie Drahtseile. Geduld. Geringer<br />

Schlafbedarf.<br />

42<br />

323 €<br />

rettuNgssaNitäter<br />

beim asb<br />

Name: Milanović<br />

Alter: 24<br />

Universität: TU Braunschweig<br />

Studiengang: Psychologie<br />

Etwas über den Job:<br />

Ich bin Rettungssanitäter beim ASB (Arbeiter-Samariter-Bund).<br />

Die Ausbildung habe<br />

ich innerhalb meines Zivildienstes<br />

absolviert und danach mehrere<br />

Monate Vollzeit gearbeitet. Seit<br />

dem Studium fahre ich so 2 bis<br />

Verdienst<br />

pro Monat im<br />

Durchschnitt*<br />

8 mal im Monat.<br />

Vorteile des Jobs:<br />

Ein Vorteil ist auf jeden Fall,<br />

dass man sich mit Rettungsübungen<br />

sehr gut auskennt. Ich und die Menschen<br />

in meinem Umfeld fühlen sich dadurch<br />

sicherer. Ein weiterer Vorteil ist die Arbeit im<br />

Team. Man fährt den Rettungswagen immer<br />

im Team. Wenn man sich da gut versteht,<br />

macht das natürlich auch direkt mehr Spaß.<br />

Nachteile des Jobs:<br />

Ich hatte zum Glück noch nie sehr große und<br />

schlimme Unfälle, aber die Arbeit mit Kranken<br />

und Verletzten geht einem schon nahe.<br />

Auch körperlich ist die Arbeit anstrengend.<br />

Die Bezahlung entspricht etwa einem normalen<br />

Hiwigehalt für Studenten. Ich finde das<br />

ist schon relativ niedrig. Außerdem arbeiten<br />

wir in Schichten. Für mich <strong>als</strong> Student ist das<br />

allerdings ganz gut. Es gibt ziemlich viele verschiedene<br />

Schichten, davon kann ich mir dann<br />

eine aussuchen, die gerade am besten in den<br />

Unialltag passt.<br />

Fotos: Desiree Schober, Elena Schade und Lisa Habelt, Mattes


stripperiN iN Der bruchstrasse<br />

Name: Bella (geändert)<br />

Alter: 23<br />

Universität: TU Braunschweig / HBK<br />

Studiengang: Darstellendes Spiel und Germanistik<br />

Auf unserer Suche nach außergewöhnlichen Nebenjobs von Studenten<br />

bekommen wir schließlich auf unsere Anfrage eine Antwort von Bella (Name<br />

geändert). Sie schreibt uns, dass sie Stripperin ist und dass das der beste<br />

Nebenjob der Welt sei. Prompt lädt uns die 23-Jährige in ihre kleine aber<br />

gemütliche Wohnung ein. Wir sind hingegangen und haben zugehört...<br />

Wie bist du zu diesem außergewöhnlichen<br />

Nebenjob gekommen?<br />

Freunde von mir hatten das Seminar „Sexualität<br />

auf der Bühne“ und ich habe gerade<br />

ein Seminar in Hildesheim namens „Schaulust“.<br />

Um das ganze Thema ein bisschen aufzulockern,<br />

hab ich dann bei mir einen „Pornoabend“<br />

veranstaltet. Wir haben Pornos<br />

geguckt und ich hab meine Gäste ein bisschen<br />

geschminkt und von meinen Erfahrungen<br />

<strong>als</strong> Kellnerin in einem Strippclub erzählt<br />

und irgendwann sind wir los und in einem<br />

Club in der Bruchstraße gelandet. Ich kam<br />

mit der Geschäftsführerin ins Gespräch und<br />

dann habe ich gefragt ob ich nicht vielleicht<br />

mal tanzen könnte. Ich habe dann ein bisschen<br />

was ausgezogen und konnte mir Schuhe<br />

leihen. Ich glaube ich war ganz gut, denn die<br />

Geschäftsführerin meinte ich solle sofort dort<br />

anfangen. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich das<br />

auch schon immer mal machen. Vielleicht bin<br />

ich ein bisschen exhibitionistisch veranlagt.<br />

arbeitsplatz bruchstraße<br />

Karriere<br />

Hattest du irgendwelche Bedenken?<br />

Klar. Meine Eltern wissen davon nichts. Ich<br />

glaube das könnten sie nicht nachvollziehen.<br />

Sonst mache ich daraus aber kein Geheimnis.<br />

Auch mein jetziger „fast Freund“ weiß davon<br />

und geht damit bisher sehr tolerant um.<br />

Wie hoch ist die Bezahlung?<br />

Die Gage ist super gering. Eigentlich nur 60<br />

Euro pro Abend. Aber es ist so: Du trinkst immer<br />

mit den Kunden und dabei verdient man<br />

auch. Für jeden Piccolo den du ausgegeben bekommst,<br />

bezahlt der Gast 20 Euro und du bekommst<br />

5 Euro, für jede Flasche Champagner<br />

bezahlt der Gast 200 Euro und du bekommst<br />

davon 70 Euro. Für „Privates“ bezahlt der<br />

Gast 50 und du bekommst 25 Euro. Private<br />

bedeutet, dass du für den Gast alleine in einem<br />

Zimmer tanzt.<br />

Dürfen die Kunden dich anfassen?<br />

Eigentlich dürfen sie das nicht. Es passiert generell<br />

nichts was du nicht willst. Allerdings<br />

ist es so, dass die anderen Stripperinnen sich<br />

schon berühren lassen. Und dann ist es natürlich<br />

schon anstrengend immer Nein zu sagen.<br />

Also habe ich schließlich auch ein paar<br />

Sachen erlaubt.<br />

Gibt es außer dir noch andere Studentinnen<br />

die dort tanzen?<br />

Soweit ich weiß nicht. Allerdings habe ich bisher<br />

nicht viel über die Kolleginnen erfahren.<br />

Durch die Konkurrenz möchten viele Tänzerinnen<br />

keinen Kontakt zu dir haben. Das finde<br />

ich persönlich sehr schade.<br />

Hast du schon mal eine unangenehme Situation<br />

erlebt?<br />

Ja schon. Vor allem sehr betrunkene oder auch<br />

dreckige Männer sind mir unangenehm. Sie<br />

43<br />

26 %<br />

der monatlichen<br />

Einnahmen durch<br />

Nebenjobs*<br />

haben natürlich auch ein Recht dorthin zu<br />

kommen, allerdings möchte ich nicht von ihnen<br />

berührt werden. Es gab auch schon Situationen,<br />

in denen dir ein Mann nach der Arbeit<br />

hinterhergeht. Das ist natürlich äußerst<br />

unangenehm für mich.<br />

Du hast gesagt, du hättest den besten Nebenjob<br />

der Welt. Wieso?<br />

Mir gefällt besonders der Unterschied zwischen<br />

Uni und Job, <strong>als</strong>o zwischen Bildung und<br />

„dem, was Leben ist“. Besonders, wenn du das<br />

auch an einem konkreten Beispiel zu sehen bekommst.<br />

Zum Beispiel ein sonst so anständiger,<br />

gebildeter Professor begegnet dir plötzlich<br />

nachts in diesem Club und „will einfach nur<br />

eine billige Frau kaufen“.<br />

Wie gehst du damit um, wenn du auf Leute<br />

triffst, die dich kennen?<br />

Ganz normal. Man guckt sich an und weiß,<br />

keiner von uns beiden möchte, dass diese Situation<br />

nach außen getragen wird. Das beruht<br />

dann auf Gegenseitigkeit.<br />

Braucht man bestimmte Voraussetzungen<br />

um <strong>als</strong> Stripperin zu arbeiten?<br />

Ich finde, man sollte ein gewisses Taktgefühl<br />

haben. Ich selbst habe früher viel Ballett und<br />

Hip Hop getanzt und würde sagen, dass mir<br />

diese Vorerfahrung viel geholfen hat. Bei der<br />

Aufnahme in einen Club geht es allerdings oft<br />

in erster Linie um dein Aussehen. #


Karriere<br />

Das schnelle Geld<br />

am schWarzeN brett iN Der meNsa hat Die ergo pro Für eiNeN NebeNjob<br />

geWorbeN. uNser autor hat sich gemelDet – eiN erFahruNgsbericht.<br />

Von Wolf-Alexander Schneider<br />

44<br />

Fotos: Lazurite, ERGO Versicherungsgruppe


„Da wird die Kiste nach<br />

Hause gebracht!“<br />

Als Studierender sind es oft die<br />

kleinen Dinge, die zählen. In<br />

Ermangelung finanzieller Mittel<br />

bedeutet Galadinner dann nicht selten<br />

Dosenravioli und Luxusreisen werden<br />

mit Rucksack und Zelt angetreten.<br />

Wer sich etwas dazu verdienen will, der<br />

muss auch außerhalb des Hörsa<strong>als</strong> aktiv<br />

werden und sich einen Job suchen.<br />

Nach wie vor ist die Beschäftigung Studierender<br />

in klassischen Metiers wie<br />

der Gastronomie oder in Aushilfspositionen<br />

an der Universität gefragt. Doch<br />

oft sind diese Tätigkeiten mühsam, die<br />

Entlohnung schlecht. Andere Branchen<br />

bieten dagegen das ganz große Geld.<br />

Auch in Braunschweig. Hier lockt eine<br />

Vertriebsgesellschaft der Großversicherung<br />

ERGO mit Monatslöhnen im mittleren<br />

vierstelligen Bereich. Einzige Voraussetzung<br />

hierfür: der selbstbewusste<br />

Umgang mit Menschen sowie ein gepflegtes<br />

Erscheinungsbild. Verantwortlich<br />

für den Vertrieb von Altersvorsorgeprodukten<br />

des Großversicherers ist<br />

die ERGO Pro. Diese trat noch kürzlich<br />

<strong>als</strong> HMI auf und geriet im Jahr 2011 in<br />

die Schlagzeilen, weil sie etwa hundert<br />

besonders erfolgreiche Vertreter zu einer<br />

ausschweifenden Party nach Budapest<br />

eingeladen hatte. Auf besagter<br />

Party waren auch bis zu zwanzig Prostituierte<br />

anwesend. Der Kontakt mit diesen<br />

wurde von HMI- Verantwortlichen<br />

hergestellt, ihre Dienste vom Firmenkonto<br />

bezahlt.<br />

Am schwarzen Brett buhlt eben jene<br />

Organisation um neue Mitarbeiter, welchen<br />

laut Firmenangaben die Möglichkeit<br />

eröffnet wird, sich neben Studium<br />

oder Beruf ein zweites Standbein aufzubauen.<br />

Nun leuchtet eine Beschäftigung<br />

vollkommen unqualifizierter Studierender<br />

bei der Vermittlung komplizierter<br />

Altersvorsorgeprodukte zunächst kaum<br />

ein. Dass die versprochenen hohen Prämien<br />

auch bei Studierenden Begehrlichkeiten<br />

wecken, verwundert dagegen<br />

wenig. Wie eine solche Liaison zustande<br />

kommt? Ein Erfahrungsbericht:<br />

Karriere<br />

gut beraten? eine typische arbeitssituation in der selbstdarstellung der ergo.<br />

Der Auftakt zum vermeintlichen Leben<br />

<strong>als</strong> Vielverdiener beginnt in einem<br />

modernen Büro am Artmax-Gelände unweit<br />

der HBK, wo mich der Direktionsrepräsentant<br />

persönlich zu einem ersten<br />

Kennenlernen empfängt. Schon im<br />

Eingangsbereich wirbt die Vertriebsorganisation<br />

mit extravaganten Prämien.<br />

Vom MontBlanc-Kugelschreiber über<br />

edle Chopard-Uhren bis hin zum Luxuswochenende<br />

in Rom.<br />

Qualifikation<br />

Die Qualifikation unserer<br />

Partner steht bei uns im<br />

Fokus. Denn nur wer gut<br />

ausgebildet ist, kann den<br />

Kunden optimal und individuell<br />

beraten und auf ihn<br />

zugeschnittene Lösungen<br />

entwerfen.<br />

Zitat von der Ergo Pro-Internetseite<br />

„Kaffee, Tee, Gin Tonic?“ Mit dieser,<br />

doch eher ungewöhnlichen Avance,<br />

empfängt mich der braungebrannte<br />

Direktionsrepräsentant in seinem<br />

Büro. Die anfängliche Nervosität weicht<br />

schnell, denn mein Gegenüber ist betont<br />

locker und die Gesprächsthemen<br />

bewegen sich irgendwo zwischen Fußballergebnissen,<br />

durchzechten Kneipennächten<br />

und dem hypothetischen<br />

Interesse, einmal überdurchschnittlich<br />

viel Geld zu verdienen. Dass die Bürowände<br />

mit pastellfarbenen Bildern von<br />

HMI-Fincas geschmückt sind und ein<br />

„Save Water, Drink Champagne“-Schild<br />

zum ökologischen Trinkbewusstsein er-<br />

45<br />

mutigt, scheint dieser Erkenntnis Nachdruck<br />

zu verleihen. Geld verdienen,<br />

das sei bei ERGO Pro unkompliziert<br />

möglich, wer gut mit Menschen umgehen<br />

kann, könne diesen auch ein gutes<br />

Produkt verkaufen. Dem potenziellen<br />

neuen Mitarbeiter wird zunächst die<br />

Einzigartigkeit dieser Geschäftspraxis<br />

nahegelegt. Eilt dem normalen Versicherungsvertreter<br />

in der Regel kein allzu<br />

guter Ruf voraus, so seien ERGO Pro<br />

Mitarbeiter leidenschaftlich und begeisterungsfähig.<br />

Ein lockerer Umgangston<br />

sowie Spaß an der Arbeit, es scheint <strong>als</strong><br />

wolle mein Gegenüber um jeden Preis<br />

den gängigen Klischees der Versicherungsbranche<br />

entfliehen.<br />

Das Vertriebsmodell von Ergo Pro unterscheidet<br />

sich in der Tat von der klassischen<br />

Vermittlung von Finanz- und<br />

Versicherungsprodukten. Denn hier<br />

wird mit einem sogenannten Strukturvertrieb<br />

gearbeitet. Das Prinzip: Die<br />

allesamt selbstständigen Mitarbeiter<br />

werden auf sechs Stufen aufgeteilt. Akquiriert<br />

der Mitarbeiter eine bestimmte<br />

Anzahl von Neukunden, steigt er zur<br />

nächsten Stufe auf und verdient bei zukünftigen<br />

Abschlüssen eine höhere Prämie.<br />

Gelingt es ihm, zusätzlich neue<br />

Mitarbeiter anzuwerben, so fließt bei<br />

deren Neuabschlüssen immer auch eine<br />

Prämie in die Tasche des Anwerbers.<br />

Hier öffnet sich die Tür zum großen<br />

Geld, denn je mehr Neumitarbeiter angeworben<br />

werden, desto höher ist letztendlich<br />

auch der Profit des Anwerbers.<br />

Führt man sich dieses Prinzip vor Augen,<br />

verwundert es kaum, dass höherstufige<br />

Mitarbeiter versuchen, auch →


unqualifizierte Kräfte wie Studierende<br />

für sich zu gewinnen. Dementsprechend<br />

gering ist die Überraschung, <strong>als</strong><br />

mich eine Woche nach unserem Gespräch<br />

der Direktionsrepräsentant der<br />

ERGO anruft. Mit gewohntem Elan<br />

werden mir erneut außergewöhnliche<br />

Karrierechancen attestiert. Das rangiert<br />

dann vom nett gemeinten „Für<br />

gute Leute bin ich bereit zu kämpfen“<br />

bis hin zum ausgelassenen „Gemeinsam<br />

viel Geld verdienen, das ist doch<br />

eine coole Sache.“ Ich werde zu einem<br />

Grundseminar in Hannover eingeladen.<br />

Meine Eintrittskarte sind 73 Euro sowie<br />

Schlips und Kragen. Dem junggebliebenen<br />

Direktionsrepräsentanten scheinen<br />

solche Formalitäten unangenehm.<br />

Rasch fügt er hinzu:„Für solche Anlässe<br />

spielen wir hier gerne auch mal Maskerade.“<br />

Für den Fall, dass ich keine Krawatte<br />

besäße, zeigt er sich großzügig. Er<br />

könne mir sicher eine leihen.<br />

„Gemeinsam viel Geld<br />

verdienen, das ist doch<br />

eine coole Sache.“<br />

Als ich mich dann an einem nebligen<br />

Samstagmorgen in einem Mittelklassehotel<br />

in Hannover wiederfinde, überkommt<br />

mich zum ersten Mal die ganz<br />

große Skepsis. Die ausnahmslos bestens<br />

gelaunten ERGO Mitarbeiter sorgen für<br />

eine Atmosphäre, die sich irgendwo<br />

zwischen Fußballplatz und Börsenparkett<br />

bewegt. Viele Einsteiger scheint<br />

das von der anfänglichen Nervosität<br />

zu befreien. Auf die etwa 20 Grundseminarteilnehmer,<br />

darunter auch einige<br />

Studierende der TU Braunschweig, wartet<br />

allein am Samstag ein neunstündiges<br />

Mammutprogramm. Die Redner, allesamt<br />

ERGO Pro Repräsentanten der<br />

Stufen drei bis sechs, rasen zunächst<br />

charismatisch-routiniert durch verschiedenste<br />

Motivationsansprachen,<br />

preisen den Mutterkonzern ERGO und<br />

errechnen den Teilnehmern, zu welchem<br />

Zeitpunkt diese sich den ersten<br />

Porsche leisten könnten. Nach einigen<br />

Stunden kommt dann die Essenz des<br />

Strukturvertriebs zur Sprache. Die po-<br />

Karriere<br />

Die ergo-Niederlassung im artmax an der Frankfurter straße<br />

tenziellen Neukunden muss ein ERGO<br />

Pro Mitarbeiter nämlich selber ausfindig<br />

machen. Im privaten Umfeld. Wer<br />

<strong>als</strong>o kein Interesse daran hat, in der nahen<br />

Zukunft Freunden und Familienangehörigen<br />

Produkte zur Altersvorsorge<br />

einzureden, für den ist das Abenteuer<br />

ERGO Pro zu diesem Zeitpunkt beendet.<br />

Freunde oder Familienangehörige<br />

von Altersvorsorgeprodukten zu überzeugen,<br />

die man selber nicht versteht?<br />

Für die meisten Menschen undenkbar.<br />

Der Tagesordnungspunkt „Kontaktmanagement“<br />

um 16:00 soll Abhilfe leisten.<br />

Schritt für Schritt werden den Teilnehmern<br />

Strategien zum erfolgreichen<br />

Kundenkontakt an die Hand gegeben.<br />

Für den abschlussorientierten Anruf<br />

beim Kommilitonen könnte das dann<br />

folgenderdermaßen aussehen: „Hallo,<br />

wie geht‘s dir? Wie läuft‘s in der Uni?“<br />

Nach freundlicher Begrüßung mit obligatorischem<br />

Smalltalk beginnt mit<br />

Hilfe der sogenannten Lobtechnik das<br />

Verkaufsgespräch, auf Ergodeutsch:<br />

Nutzenargumentation. „Ich kenne dich<br />

<strong>als</strong> couragierten Menschen. Du bist dir<br />

sicherlich im Klaren darüber, dass die<br />

Rente alles andere <strong>als</strong> sicher ist. Da du ja<br />

auch schon ein bisschen Geld verdienst,<br />

bin ich mir sicher, dass du verantwortungsbewusst<br />

genug bist, dir jetzt über<br />

deine Zukunft Gedanken zu machen.“<br />

Zeigt sich der Gesprächspartner skeptisch,<br />

wird Druck aufgebaut und ein<br />

persönliches Treffen vorgeschlagen.<br />

Einwandbehandlung nennt sich das<br />

bei der ERGO, der Referent ergänzt<br />

lachend:„Da wird die Kiste nach Hause<br />

46<br />

gebracht!“ Illegal sind diese Geschäftspraktiken<br />

der ERGO nicht. Zumindest<br />

moralisch geben sie jedoch großen Anlass<br />

zum Zweifel. So ist in der Finanzdienstleistungsbranche<br />

eine mehrjährige<br />

Ausbildung üblich, um kompetente<br />

Beratung sicherstellen zu können. Ergo<br />

Pro hingegen nimmt mittels Strukturvertrieb<br />

die Abkürzung. Sie lockt junge<br />

Mitarbeiter mit hohen Prämien, welche<br />

im Gegenzug Produkte zur Altersvorsorge<br />

im Freundes- und Familienkreis<br />

an den Mann bringen. Dass hierbei in<br />

erster Linie Mitarbeiter der höheren<br />

Stufe profitieren, ist typisch für solche<br />

schneeballähnlichen Systeme. Denn<br />

würden nicht permanent neue Mitarbeiter<br />

angeworben, fände auch das Produkt<br />

keine Abnehmer mehr. Als sich Tag<br />

eins des Grundlagenseminars in Hannover<br />

dem Ende zuneigt, macht ein Großteil<br />

der Teilnehmer einen überzeugten<br />

Eindruck. Man könne hier Menschen<br />

helfen, ihre Zukunft zu optimieren und<br />

dabei selber überdurchschnittlich verdienen.<br />

Dieser Gedanke kommt an. Auf<br />

die kritische Frage eines Teilnehmers,<br />

ob es sich bei dieser Vertriebsart um ein<br />

Schneeballsystem handle, kontert der<br />

Referent: „Aber warum, wir machen<br />

das doch auch im Sommer!“ Schallendes<br />

Gelächter im Raum, der Fragesteller<br />

verlässt die Veranstaltung. Ich entscheide<br />

mich ebenfalls dazu, meine aufstrebende<br />

Karriere <strong>als</strong> Vielverdiener an den<br />

Haken zu hängen. Auch mit dem Gedanken,<br />

die mit Spannung erwartete<br />

Afterparty zu verpassen, kann ich gut<br />

leben. #<br />

Fotos: Patrick Jäkel, Privat, Stiftung Warentest


Karriere<br />

„Es herrscht ein<br />

großer Verkaufsdruck“<br />

theo pischKe (FiNaNztest) über struKturvertriebe uND schWarze schaFe<br />

Von Wolf-Alexander Schneider<br />

Ist ein Strukturvertrieb für den Verkauf<br />

von Altersvorsorgeprodukten sinnvoll?<br />

Nein. Dort herrscht ein großer Verkaufsdruck.<br />

Die „Vertriebler“ sollen auf Teufel komm raus<br />

verkaufen, um die Provision zu kassieren, von<br />

der sie ja auch den „Oberen“ in der Struktur<br />

noch Geld abgeben müssen. Zuerst machen<br />

sie sich an Freunde und Bekannte heran. Die<br />

denken oft: „Das Produkt muss gut sein, ist ja<br />

mein Freund oder Bekannter, der es mir verkaufen<br />

will. Der will ja nur mein Bestes.“ Oft<br />

ist dies ein Irrtum. Und wenn der Kunde –<br />

häufig erst nach Jahren - merkt, dass der Vertrag<br />

nicht das Gelbe vom Ei ist, geht so manche<br />

Freundschaft in die Brüche.<br />

Warum ist es problematisch, wenn unausgebildete<br />

Vertreter Produkte zur Altersvorsorge<br />

vermitteln?<br />

Das Unternehmen muss nachweisen, dass seine<br />

Vermittler über das notwendige Fachwissen<br />

verfügen und, dass für sie eine Berufshaftpflichtversicherung<br />

abgeschlossen worden<br />

ist. Ein Kunde sollte fragen, welche Ausbildung<br />

der Vermittler hat. Zuckt der Vermittler<br />

<strong>als</strong> Antwort<br />

mit den Schultern<br />

oder kann<br />

er nicht plausibel<br />

antworten,<br />

sollte der Kunde bei ihm auf keinen Fall einen<br />

Vertrag unterschreiben. Schlecht ausgebildete<br />

Vermittler, die bei Bier oder Kaffee, mal eben<br />

einen miesen Versicherungsvertrag verkaufen,<br />

bei dem der Kunde Jahre und Jahrzehnte<br />

lang einzahlt, sollte man<br />

meiden.<br />

Werden Kunden von solchen<br />

Strukturvertrieben<br />

schlechter beraten?<br />

Bei der Altersvorsorge<br />

kommt es darauf an, einen<br />

Vertrag bis zum Ende<br />

durchzuhalten. Sonst lohnt<br />

sie sich nicht. Ein Wechsel<br />

des Vertrags oder eine Beitragsfreistellung<br />

ist mit<br />

Verlusten verbunden. Deshalb<br />

ist es wichtig, gleich<br />

ein gutes Angebot zu wählen<br />

und nicht ständig zu wechseln. Bei einem<br />

Strukturvertrieb hat der Kunde diese Wahl<br />

nicht, denn die „Auswahl“ ist sehr einseitig:<br />

Verkauft werden nur die Verträge dieses einen<br />

Unternehmens. Der Kunde<br />

sollte aber die Angebote<br />

mehrerer Unternehmen vergleichen<br />

und sich das beste<br />

heraussuchen.<br />

Wie gut ist der Ergo-Tarif denn?<br />

In unserem jüngsten Test der betrieblichen Altersvorsorge-Angebote<br />

gehörte der Tarif der<br />

Ergo nicht zu denen mit der höchsten garantierten<br />

Rente – und dies ist das wesentliche<br />

Kriterium. (Mehr dazu im<br />

Internet unter www.test.<br />

de/betriebsrente) Jeder<br />

Kunde sollten vom Vermittler<br />

auf jeden Fall ein<br />

aussagekräftiges, unterschriebenesBeratungsprotokoll<br />

verlangen. So kann<br />

er eine mögliche F<strong>als</strong>chberatung<br />

leichter nachweisen<br />

und Schadenersatzansprüche<br />

geltend machen.<br />

Ist die ehemalige HMI,<br />

heute Ergo Pro, ein<br />

schwarzes Schaf in der<br />

Branche oder nutzen andere Großversicherer<br />

ähnliche Vertriebsformen?<br />

Die HMI auf jeden Fall. Denken Sie nur an die<br />

Lustreisen ihrer Vertreter nach Budapest. Ob<br />

Ergo Pro sich aus dieser unseligen „Tradition“<br />

lösen kann? Ich hoffe es. Den Beweis muss sie<br />

allerdings erst noch antreten. Auch bei anderen<br />

Finanzdienstleistern sind Strukturvertriebe<br />

gängig. #


Karriere<br />

Erfolgreich mit APP<br />

mobFish.Net – zWei ostFalia-stuDeNteN grüNDeN ihre eigeNe Firma<br />

Von Stefanie Lipka<br />

Manchmal kann aus einer kleinen<br />

Idee eine eigene Firma werden.<br />

Die Informatik-Studenten Jonathan<br />

Berger (24) und Tobias Sell (23) haben<br />

vor knapp zwei Jahren die Android App<br />

„Wer wird reich“ entwickelt. Mittlerweise<br />

wurde die kostenlose App mehr<br />

<strong>als</strong> 3,7 Millionen mal heruntergeladen<br />

und ist seit September diesen Jahres<br />

auch auf dem iPhone verfügbar. Das<br />

Konzept von „Wer wird reich“ ist an die<br />

Spielshow „Wer wird Millionär“ angelehnt.<br />

Die Benutzer müssen 15 Fragen<br />

beantworten und haben dazu drei Joker<br />

zur Verfügung. Die Fragen sind aus<br />

Firmengründer mit hirn<br />

allen Bereichen der Allgemeinbildung<br />

und werden dabei von Frage zu Frage<br />

immer schwieriger. Außerdem setzt die<br />

App auf die Community und Benutzer<br />

können selbst Fragen einschicken; so<br />

wächst kontinuierlich der Fragenkata-<br />

- -<br />

log. In Spitzenzeiten laufen auf den Servern<br />

der Firma fünf Anfragen pro Minute<br />

ein. 2011 wurde das Spiel sogar mit<br />

dem „Best App Award“ in der Kategorie<br />

Denkspiele ausgezeichnet. Aufgrund<br />

des Erfolgs, meldeten die beiden Entwickler<br />

im Juni letzten Jahres eine GbR<br />

an und arbeiten seither an der Expansion<br />

ihrer Firma. Unterstützt werden<br />

sie dabei vom Entrepreneurship Center<br />

an der Ostfalia Hochschule. Sie erhalten<br />

für ihr Internet Start-Up ein Stipendium<br />

in Höhe von 500 Euro monatlich<br />

Privat<br />

und außerdem ein halbes Jahr mietfrei<br />

ein Büro. # Foto:


Lieblings …<br />

Schlussakkord<br />

Ein Blick hinter die Kulissen: Unsere Redakteure verraten euch exklusiv ihre Vorlieben!<br />

Anna Wandschneider<br />

Lieblingsalbum:<br />

Name des Albums: L‘enfant Sauvage<br />

Interpret: Gojira<br />

Weil: melodisch mit Biss,<br />

abwechslungsreich<br />

Darf man über ein Metalalbum sagen, dass<br />

es groovt? Ich tus einfach. Musik zum Birneschleudern<br />

– ganz ohne Thrashanwandlungen.<br />

Lieblingsfilm:<br />

Name des Films:<br />

No Country For Old Men<br />

Regie: Ethan Coen, Joel Coen<br />

Weil: bösartig, bitter und ein bisschen<br />

rührend<br />

Javier Bardem besticht <strong>als</strong> Auftragskiller mit<br />

Bolzenschussgerät, der erst gegen Ende des<br />

Films ein wenig Menschlichkeit zeigt.<br />

Lieblingsbuch:<br />

Name des Buches: American Gods<br />

Autor: Neil Gaiman<br />

Weil: man auch mit Göttern Mitleid<br />

haben kann<br />

In Gaimanís Roman kämpft Odin gegen die<br />

neuen Götter Internet und Verkehr – aber:<br />

Die Zeit der groflen Erzählungen ist vorbei.<br />

… album? Film? buch?<br />

Simon Polatzek<br />

Lieblingsalbum:<br />

Name des Albums: Nevermind<br />

Interpret: Nirvana<br />

Ein Album wie kein zweites. Ein Meilenstein<br />

der Musikgeschichte, ein Album einer Generation,<br />

das für mich voller Erinnerungen steckt.<br />

Befreiend unelektronisch. Wenn ich es höre,<br />

dann nicht nebenbei, sondern voll zeremonieller<br />

Aufmerksamkeit. Wuchtig.<br />

Lieblingsfilm<br />

Name des Films: Antichrist<br />

Regie: Lars von Trier<br />

Ein Film über ein Pärchen, das versucht über<br />

den Verlust ihres Kindes hinwegzukommen<br />

und daran zerbricht. Voll abstrakter Bilder,<br />

surreal, verstörend. Man sieht diesen Film<br />

nicht. Der Regisseur zwingt den Zuschauer<br />

dazu diesen Film zu fühlen. Nicht angenehm.<br />

Aber genial.<br />

Lieblingsbuch:<br />

Name des Buches: Ice Station<br />

Autor:Matthew Reilley<br />

Ein Buch, dass sich liest wie ein Michael Bay<br />

Film. Unendlich spannungsintensiv von der<br />

ersten bis zur letzten Seite. Ziemlich trivial,<br />

aber grossartig um der Langeweile der Fachliteratur<br />

zu entfliehen.<br />

49<br />

Michaline Saxel<br />

Lieblingsalbum:<br />

Name des Albums: Sense the Darkness<br />

Interpret: Illdisposed<br />

Grooviger Death Metal aus Dänemark, der<br />

durch atmosphärische Riffs und eine gewaltige<br />

Stimme überzeugt.<br />

Lieblingsfilm:<br />

Name des Films: Moon<br />

Regie: Duncan Jones<br />

Genialer philosophischer und vor allem erfrischender<br />

Science-Fiction-Film! Eine ausgeklügelte<br />

Geschichte mit Schwerpunkt auf die<br />

psychologischen Aspekte der Isolation, sowie<br />

einer tiefsinnigen Reflexion über Schein und<br />

Sein, Identität und Reproduzierbarkeit.<br />

Lieblingsbuch:<br />

Name des Buches: Uhrwerk Orange<br />

Autorin: Anthony Burgess<br />

Faszinierende sowie brutale Schilderung einer<br />

Utopie, in der der eigene Wille des Menschen<br />

von Machtinstrumenten einer konventionalisierten<br />

Gesellschaft gesteuert wird.


Artikel über soziale Netzwerke<br />

findet man in der Presse viele.<br />

Für Schlagzeilen sorgen regelmäßig<br />

die geänderten AGBs von Facebook,<br />

Google+, Instagram und Co.<br />

Dabei wird meistens das Wichtigste<br />

ausgelassen: unser Selbst. Denn bei<br />

genauer Betrachtung ergeben sich interessanteErkenntnisse,<br />

wenn man den Freiheitsgrad<br />

unseres Ichs<br />

in sozialen Netzwerken<br />

nicht an der Umsetzung<br />

des Mit-Mach-Faktors bemisst,<br />

sondern an den<br />

kulturellen Rahmenbedingungen.<br />

Und die sehen<br />

wie folgt aus: Kapitalistische<br />

Unternehmen<br />

wickeln unsere sozialen<br />

Beziehungen ab. Was<br />

sich erst einmal wie marxistische<br />

Propaganda anhört,<br />

hat tiefgehende<br />

Auswirkungen. Nicht nur<br />

die Struktur von sozialen<br />

Netzwerken richtet sich<br />

nach den Bedürfnissen<br />

der User, auch wir passen<br />

unser Selbst den neuen<br />

sozialen Realitäten<br />

an. Laut Eigendarstellungen der großen<br />

Web 2.0-Giganten wollen sie für eine offenere<br />

und vernetztere Welt sorgen. Zudem<br />

künden firmeneigene Blogs von<br />

Nutzern, die selbstbestimmt eigene Inhalte<br />

erstellen und teilen; unserer Identität<br />

wird, dank sozialen Netzwerken,<br />

eine Bühne im digitalen Raum geboten.<br />

Dass Eigendarstellungen von Unternehmen<br />

mit Vorsicht zu genießen sind, ist<br />

dem modernen Mediennutzer natürlich<br />

klar. Aber irgendwie stimmt es ja auch,<br />

wir vernetzen uns mit Freunden, teilen<br />

Musik oder Videos die wir mögen und<br />

berichten überschwänglich von Partys<br />

Schlussakkord<br />

Ich – Unvollständig<br />

über selbstzeNsur uND Feuchte träume im social Web<br />

Von Norman Peitz<br />

und den schönen Momenten unserer<br />

Beziehung. Schauen wir aber genauer<br />

nach, unterliegt unsere eigene „selbstbestimmte“<br />

Benutzung knallharten, betriebswirtschaftlichen<br />

Kriterien. Jeder<br />

weiß, dass die Facebook Timeline der<br />

feuchte Traum eines jeden Personalers<br />

ist. Also werden Verlinkungen auf Fotos<br />

der letzten exzessiven Feier beflissentlich<br />

gelöscht. Der Spruch „Zeit ist Geld“<br />

hat im Zeitalter des Digitalen mehr Aktualität<br />

den je. Denn umsonst ist gar<br />

nichts und so verdienen Facebook &<br />

Co. daran, wenn wir uns gewollt oder<br />

ungewollt einem Werbeangebot hingeben.<br />

Im digitalen Raum hat es aber<br />

tiefergehende Auswirkungen, wenn<br />

die Aufmerksamkeitsökonomie auf uns<br />

und unsere sozialen Beziehungen stößt.<br />

Dass Teenager Lebenskrisen bekommen,<br />

wenn das neue Profilbild keine<br />

zehn Likes innerhalb von einem Tag erhält,<br />

ist nur eine oberflächliche Auswir-<br />

50<br />

kung dieser Verquickung. Wer hat nicht<br />

schon einmal eine Freundin vorübergehend<br />

auf die Ignoreliste gesetzt, wenn<br />

diese gerade ihre letzte Beziehung über<br />

ein Social Network verarbeitet? Unsere<br />

Aufmerksamkeit ist kostbar und es<br />

macht ja schließlich mehr Sinn, diese<br />

für angenehmere Dinge aufzuwenden.<br />

Und wir selbst? Auch<br />

wir posten nur das,<br />

was nach mehrmaliger<br />

Überlegung auf möglichst<br />

viel Gegenliebe<br />

in der Friendlist stößt.<br />

Man könnte diese<br />

Praktik jetzt <strong>als</strong> profane<br />

Kulturtechnik des Internets<br />

abtun. Kommt<br />

man aber auf die eigentliche<br />

Funktion<br />

von Facebook & Co. zurück<br />

– uns und unseren<br />

Freunden Platz im digitalen<br />

Raum zu schaffen<br />

– so stellt sich die Lage<br />

unserer Identitäten im<br />

digitalen Raum <strong>als</strong> prekär<br />

dar. Aufgrund der<br />

nächsten Bewerbung<br />

und aus Rücksichtnahme<br />

auf unsere Freunde<br />

enthalten wir unserem digitalen Ich sowohl<br />

gute <strong>als</strong> auch schlechte Erfahrungen<br />

vor. Bedenkt man aber, dass unser<br />

Ich eigentlich ein Produkt aus guten<br />

und schlechten Erfahrungen ist, sind<br />

wir im digitalen Raum nie wir selbst,<br />

wir bleiben unvollständig. Da aber diese<br />

Selbstzensur schon Gewohnheit geworden<br />

ist und unterbewusst fortläuft, besteht<br />

die Frage nicht darin, ob wir uns<br />

auch im richtigen Leben auch so verhal-<br />

Peitz<br />

ten, sondern wann. Einen Menschen so<br />

kennen zu lernen wie er ist – auch mit<br />

Norman<br />

seinen Macken – empfinde ich heute <strong>als</strong><br />

schwieriger denn je. # Foto:


l e i d e n s c h a f t f ü r t e c h n i k l e b e n<br />

ein erfolgreicher karrierestart<br />

beginnt im studium.<br />

Sie können schon während Ihres<br />

Studiums wertvolle Erfahrungen<br />

in einem langjährig erfolgreichen<br />

Unternehmen sammeln,<br />

indem Sie frühzeitig an Projekten<br />

der ESG mitarbeiten. In klei-<br />

nen Teams werden Sie optimal<br />

betreut und lernen nicht nur,<br />

Ihr Wissen in die Praxis umzusetzen,<br />

sondern bekommen<br />

zusätzlich einen Einblick in die<br />

Prozesse eines hightech-Unternehmens.<br />

Wenn Sie studieren<br />

oder kurz vor Ihrem Abschluß<br />

stehen, eine Affinität zu Elektronik-<br />

und Software-Themen<br />

besitzen, dann sind Sie bei uns<br />

genau richtig.<br />

Wir bieten Ihnen die Chance, an<br />

unterschiedlichen Projekten mitzuwirken,<br />

gute Betreuung durch<br />

erfahrene Mitarbeiter, kleine<br />

dedicated to solutions.<br />

lassen sie sich verführen durch innovative entwicklungen und neueste technologien in der Welt der elektronik<br />

Teams, in die man sich schnell<br />

integriert, Freiräume durch<br />

flexible Arbeitszeiten, attraktive<br />

Bezahlung und eine angenehme<br />

und kollegiale Arbeitsatmosphäre,<br />

in der Leistung Spaß macht,<br />

Anerkennung findet und der Einzelne<br />

wertgeschätzt wird.<br />

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Automotive Systems – Fahrzeugtechnik – Technische Informatik – Softwaretechnik<br />

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