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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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Tahreang 195¿ H O F E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 7<br />

Die Unterhaltung verstummt. Vorsichtiges Proben der<br />

Stimmlage: ein ermunternder Augenaufschlag des Dirigenten<br />

— und nun rollt majestätisch und stufenweise ansteigend<br />

der Baß des Schmieds durch den Raum:<br />

Wem bring ich wohl das erste Glas?<br />

Und des Posthalters Tenor fällt ein:<br />

Wer lehrt mich das?<br />

Und dann alle vier:<br />

Das erste Glas dem großen Geist,<br />

Der Trost im Wein uns finden heißt;<br />

Der uns're Welt so schön gemacht;<br />

Ihm sei das erste Glas gebracht'<br />

Ais in Einzeiwiederholungen — und dann in melodischem<br />

Zusammenklang der erste Vers beendet ist, herrscht weihevolle<br />

Stille! —<br />

Nur einer, vom klingenden Tenor hingerissen, packt sein<br />

Glas: „Prost Posthalter".<br />

Aber der, im geheiligten Dienst der hohen Kunst, nimmt<br />

keinerlei Notiz. Seine Augen sind beim Schmied, dessen Baß<br />

in diesem Augenblick zum zweitenmal anrollt:<br />

Wem bring ich wohl aas zweite Glas?<br />

Wer lehrt mich das?<br />

Das zweite Glas dem Vaterland,<br />

Wo meiner Kindheit Wiege stand,<br />

Wo Muttersorgen mich bewacht.<br />

Ihm sei das zweite Glas gebracht!<br />

Kein Laut! — kein Beifall!<br />

Die dritte Strophe klingt an:<br />

Wem bring ich wohl aas dritte G:as?<br />

Wer lehrt mich das?<br />

Das dritte Glas dem treuen Weib,<br />

Das mein gehört, mit SeeJ und Leib;<br />

In dessen Blick mir Liebe lacht:<br />

Ihm sei das dritte Glas gebracht!<br />

Nun bricht dankbarer Beifall durch und von allen Tischen<br />

lohnt Zuruf und Zutrunk die Sänger. —<br />

Nach einer angemessenen Pause, die lebhafter Unterhaltung<br />

gewidmet ist, melden sicn die Ledigen wieder.<br />

Langsam, getragen und feierlich stimmen die Mädel an:<br />

„Wie die Blümiein draußen zittern,<br />

wenn die Abendwindo wehn —"<br />

Und die Burschen fallen ein:<br />

„Und du willst mir s' Herz verbittern,<br />

willst schon wieder von mir genn".<br />

Und alle:<br />

„Ach bleib bei mir und geh' nicht fort,<br />

An meinem Herzen ist der schönste Ort."<br />

Ais aie letzte Stropne verklungen ist, rüsten die einen zum<br />

Aufbruch — Die andern sammeln sich um das Quartett, das<br />

sich zum Leiblied des Schmieds noch einmal zusammengefunden<br />

hat.<br />

Am Neujahrstag weht ein anderer Wind. Nicht nur der<br />

scharfe Nord-Ost, der durchs Tal fegte, sondern auch die<br />

Sorgen des Packens und des Abschiednehmens.<br />

Noch ein letzter Abend in der Familie. Dann — noch mitten<br />

in der Nacht — werden die schweren Rucksäcke umgehängt<br />

und die prall verschnürten Schachteln aufgenommen:<br />

rüstig schreiten die genagelten Stiefel auf der hart gefrorenen<br />

Straße fürbaß, denn es gilt, den Frühzug in Hecningen<br />

zu erreichen, der guten Anschluß nach dem Schwarzwaia hat.<br />

Ein halb Jahrhundert ist verstrichen<br />

Was einst geblüht — ist lang verblichen —<br />

Gewichen einer neuen Zeit! —<br />

Doch neue Zeit bringt alte Sorgen<br />

Nur wer sich rüstet, ist wohlgeborgen<br />

Drum: Augen auf und seid bereit!<br />

Bumiller-Sigmaringen.<br />

Volkstrachten — ein Stück heimatliche Tradition<br />

Noch entsinne ich mich meiner Jugendjahre, als ich zum<br />

erstenmal Zeuge des Lebens und Treibens auf einem Markt<br />

sein durfte. Es war in Rosenfeld, einer Gemeinde des Kleinen<br />

Heubergs. Wie es so* ist, wurde ich auch auf verschiedene<br />

Leute mit einer gar eigenartigen, aber schönen Kleidung<br />

aufmerksam, und immer wieder blieben meine Blicke haften<br />

an den Häubchen der Frauen, den langen Röcken, an den<br />

eigenartigen Hüten, Jacken und Hosen der Bauern des Kleinen<br />

Heube r gs. Natürlich hörte man dann auch in der Volksschule<br />

ir <strong>Heimat</strong>kunde und Geographie über Menschen,<br />

Sitten und Gebräuche unserer schwäbischen <strong>Heimat</strong>, hörte<br />

hier besonders über die schönen alten Volkstrachten des<br />

Kleinen Heuberges, des Schwarzwaldes, des Allgäus und<br />

nicht zuletzt Hohenzollerns. Diese Trachten sind ein lebendiges<br />

Stück heimatlicher Tradition und versinnbilden die<br />

Liebe zur <strong>Heimat</strong>, zum angestammten Grund und Boden.<br />

Oft wurde nach dem Kriege die Meinung geäußert, daß<br />

die Trachten nunmehr endgültig überlebt seien, und binnen<br />

kurzem würden die letzten Exemplare im höchsten Falle<br />

noch in den Museen zu finden sein. Tatsächlich aber erleben<br />

wir, wenigstens hier im hohenz. Unterlande, wo ein urwüchsiges<br />

Bauerntum noch stark an seinem Boden hängt,<br />

daß die Freude an den überkommenen Trachten wieder auflebt<br />

und stärker wird. Diese Tatsache hat siel, in den letzten<br />

2 Jahren besonders bei den großen Trachtenfesten in Dettingen,<br />

Oberndorf, Betra und Trillfingen bewiesen. Auch<br />

anderweitig haben Trachtengruppen und Landjugendgruppen<br />

in ihrer kleidsamen schönen Tracht den ungeteilten Beifall<br />

des Volkes gefunden.<br />

Natürlich sind wir nun keineswegs der Meinung, daß man<br />

die alten Trachten wieder zur aligemeinen bäuerlichen Klei-<br />

Von Josef Schneider - Gruol<br />

dung macnen soll. Wohl aber meinen wir, daß es etwas<br />

Schönes und Wertvolles ist, wenn bei festlichen Anlässen<br />

alte und junge Menscnen ihren Stolz darein setzen und ihre<br />

Freude daran haben, die traditionellen Trachten als Zeichen<br />

der engen Verbundenheit mit der <strong>Heimat</strong> und dem Erbe der<br />

Väter zu tragen. Ja, es wäre sehr wohl zu überlegen, ob<br />

der von den Landjugendgruppen beschrittene Weg, eine<br />

Kleidung zu schaffen, die mit diesen alten Trachten viel Gemeinsames<br />

hat, nicht weiter gegangen wird. Denn man hat<br />

' ei den genannten Festen und auch beim vorjährigen Gruoier<br />

<strong>Heimat</strong>spiel von der Lorettokapelle feststellen können,<br />

daß die ländlichen, zeitentsprechenden Trachtenkleider, wie<br />

sie z. B. in der Haigerlocher Webschule gefertigt werden,<br />

eine große Resonanz im Volke finden. Deshalb dürfte es<br />

J.n überaus glücklicher Gedanke sein, die zeitlos gültigen<br />

Werte der Tracht, das Echte und Gediegene und <strong>Heimat</strong>verbundene<br />

in eine neuzuschaftende ländliche Kleidung für<br />

Feiertage und Alltag geschmackvoll zu übertragen.<br />

Trachten sind ein lebendiges Stück <strong>Heimat</strong>, ein wesentlicher<br />

Bestandteil alten Volkstums, dessen Erhaltung und<br />

Pflege unser aller Anliegen sein möge. Heute, wo soviel<br />

sinnvolles bäuerliches Brauchtum verflacht und verloren<br />

geht, müßten die Herze" des Volkes für diese Ideale wieder<br />

mehr geöffnet werden. Und hier muß begonnen werden mit<br />

dem Standesgemäßen und <strong>Heimat</strong>verbundenen, für das in<br />

Hohenzollern noch viel Idealismus vorhanden ist. Er bildet<br />

die Voraussetzung, daß wir auf äiesem Gebiet weiterkommen.<br />

Sitte una Brauchtum sind eine starke Substanz der<br />

ländlichen Lebensart, deren Erhaltung von außerordentlicher<br />

Bedeutung ist.<br />

Von sämtlichen bis jetzt erschienenen Nummern der „Hohenzoilerischen <strong>Heimat</strong>" ist noch ein<br />

kleiner Vorrat vorhanden. Für 30 Pfennig pro Stück können sie bezogen werden von der<br />

Buchdruckerei S. Acker in Gammertingen.

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