Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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ti H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T • T ahrgpr-g ltí54<br />
In die Pfalz, nördliches Baden und Württemberg scheint<br />
dann eine starke bäuerliche Einwanderung der Franken<br />
stattgefunden zu haben, vor der viele Alamannen nach Süden<br />
abzogen.<br />
Schon im Jahre 526 war jedoch das gesamte Alamannengebiet<br />
unter der Frankenherrschaft vereinigt. König Theudebert,<br />
der in Metz seinen Sitz hatte, organisierte 534 bis 48<br />
das Herzogtum jenes Stammes neu, gewährte ihnen eigenes<br />
Heer mit einheimischen Führern, nationales Recht und nationalen<br />
Glauben. Dieser aber bestand im Festhalten an<br />
ihren heidnischen Ansichten und Gebräuchen. Das Christentum<br />
hatte bisher lediglich in den ehemals römischen Städten,<br />
wie Konstanz, Rottweil, Rottenburg, Fuß gefaßt und erhielt<br />
sich jetzt unter der neuen Herrschaft nur kümmerlich. Bald<br />
erblickten die Frankenkönige in der Bekehrung ihrer Untertanen<br />
zum Christentum das beste Mittel, um auf die<br />
Alamannen politischen Einfluß zu gewinnen. Sie vermieden<br />
jedoch die Gewalt, ließen vielmehr schon bald nach der Besitzergreifung<br />
auf ihrem Krongut christliche Kirchen bauen<br />
und durch fränkische Priester Gottesdienst halten für ihre<br />
Heeresabteilungen und Verwaltungsbeamten. Krongut war<br />
das von ihnen angeeignete meist vormals römische Siedlungsgebiet.<br />
Diese königlichen Eigenkirchen liegen daher<br />
sehr oft an römischen Straßen und sind durchweg dem fränkischen<br />
Nationalheiligen Martinus von Tours geweiht. Doch<br />
bildeten sie nur Oasen des Christentums ohne viel werbende<br />
Kraft für die Masse des übrigen Volkes. Das gleiche darf<br />
man sagen von den Eigenkirchen, die eingewanderte fränkische<br />
Grundherrn auf ihren Gütern für Angehörige und<br />
Untergebene errichtet haben. Noch ums Jahr 575 berichtet<br />
der oströmische Geschichtsschreiber Agathias, daß Alamannien<br />
noch überwiegend heidnisch sei. Man verehre dort<br />
Bäume, Flüsse, Berge und Schluchten und bringe Tieropfer<br />
dar. Erst die Vernünftigeren seien durch Umgang mit den<br />
Franken für das Christentum gewonnen.<br />
Als erste namentlich bezeugte christlichen Missionare sind<br />
Gallus und Kolumban in der Bodenseegegend um 609 bekannt,<br />
als Konstanz bereits Bischofssitz war für das südlichere<br />
Gebiet. Die vom ersten errichtete Gallenzelle (St.<br />
Gallen) blieb jedoch im ganzen 7. Jahrhundert noch wesentlich<br />
Einsiedelei. Der christliche Herzog Gunzo hatte 613<br />
seinen Sitz zu Ueberlingen am See. Doch ist der Einfluß des<br />
Christentums im ältesten Gesetzbuch der Alamannen, das<br />
um 640—50 entstand, noch ziemlich gering. Nur eine Stelle<br />
zeugt vielleicht von ihm, dort wo bestimmt ist, daß die Freilassung<br />
von Sklaven nicht nur vor dem Heere sondern auch<br />
in der ecclesia = Kirche erfolgen könne. Demnach waren<br />
Kirchengebäude wohl etwas Bekanntes. Die Klöster St. Trudpert<br />
im Breisgau, Säckingen am Rhein blühten empor und<br />
wurden zu Missionsmittelpunkten. Zu den urfränkischen<br />
Martinskirchen gesellten sich langsam solche der hl. Michael<br />
und Stephan (angeblich gern an ehemaligen Opferstätten<br />
errichtet), Peter- und Paulskirchen (an Dingstätten), während<br />
Taufkirchen dem hl. Johannes geweiht worden seien.<br />
U. E. hat man jedoch in allen Pfarrkirchen getauft. Zu Kirchen<br />
der fortschreitenden fränkischen Mission rechnet man<br />
die der hl. Remigius, Hilarius, Arnulf, Desiderius, Dionysius,<br />
Germanus, Leodegar (z. B. Gammertingen) und Medardus. Im<br />
8. Jahrh. entstanden dann klösterliche Eigenkirchen zu Ehren<br />
besonderer Heiliger. Das unter Herzog Landfried um 719<br />
entstandene zweite Gesetzbuch der Alamannen steht ganz<br />
unter dem Einfluß des bereits starken Christentums. Das<br />
Asylrecht der Kirche ist anerkannt, deren Vermögen unveräußerlich.<br />
Vergehen gegen den Bischof werden geahndet wie<br />
solche gegen den Herzog, für den Pfarrer wird ein dreifaches<br />
Wergeid, für den Diakon und Mönch ein doppeltes<br />
festgesetzt und die Sonntagsruhe eingeschärft. (Wergeid<br />
Bußgeld bei Tötung eines Mannes).<br />
=<br />
Das im Jahre 724 von Pirmin gegründete Inselkloster Reichenau,<br />
sowie das schon genannte Skt. Gallen, zu denen sich<br />
noch Lorsch an der Bergstraße gesellte, gelangten bald in<br />
Blüte, reich beschenkt im weiten Land von edeldenkenden<br />
Alamannen. Seit Ende des 6. Jahrhunderts war das uralte<br />
Konstanz Bischofssitz des Alamannengebiets und blieb es<br />
bis 1821. Doch haben sich die Grenzen der riesigen Diözese,<br />
die vom großen Skt. Bernhard bis Stuttgart, vom Rhein bis an<br />
die Iiier reichte, erst nach und nach gebildet bis Mitte des<br />
8. Jahrhunderts. Kraus.<br />
Silvesterabend vor 50 Jahren im alten Jungingen<br />
Ein Jahr versinkt, ein kurzer Traum,<br />
ein welkes Blatt am Lebensbaum,<br />
ein Tropfen in dem Meer der Zeit.<br />
Ein leiser Hauch der Ewigkeit,<br />
so zeichnet Max Dreyer das Bild des Jahres vom Standpunkt<br />
der Ewigkeit aus.<br />
Aber für den Menschen, der noch im Strom der Zeitlichkeit<br />
schwimmt, ist ein Jahr ein wichtiger Zeitabschnitt. Und für<br />
all' die Menschen, die vor 50 Jahren in ihr verschneites Killertal<br />
zurückkehrten, waren die Tage zwischen Weihnachten<br />
und Neujahr eine Zeit der Einkehr bei sich und bei guten<br />
Freunden.<br />
Die Hausierer, die während der Zeit der Feiertage ihrer<br />
Arbeit draußen ja doch nicht nachgehen konnten, benutzten<br />
sie, nun ihre Kinder zu sehen und gleichzeitig mit ihren Lieferanten<br />
abzurechnen.<br />
So sah man überall — in wohlgeheizten Stuben, auf der<br />
Dorfstraße und in den Wirtshäusern — Bekannte sich begrüßen<br />
und ihre Erlebnisse austauschen. Alle sind sauber gskleidet,<br />
um auch nach außen hin zu zeigen, daß sie draußen mit<br />
Erfolg gearbeitet haben.<br />
Füi lie Gemeinde Jungingen aber hat der letzte Tag im<br />
Jahr, der dem heiligen Silvester geweiht ist, noch eine besondere<br />
Bedeutung. Denn dieser Heilige ist der Schutzpatron<br />
3 sr Gemeinde — und soi fällt das Kirchenpatrozmium mit der<br />
Jahresschlußfeier zusammen. Es wird auch in aller Herzlichkeit<br />
begangen, weil die Koffer, Kisten und Schachteln der<br />
Weihnachtsurlauber für den baldigen Abschied schon wieder<br />
gepackt sind.<br />
Arn Nachmittag des Festes finden sich die Hausierer auf<br />
der „Post" mit ihren Geschäftsreisenden zusammen, um<br />
deren Warenproben gründlich zu mustern und gleichzeitig<br />
abgesetzte Ware zu verrechnen. Wenn dann die Geschäfte erledigt<br />
sind, ist es guter Brauch, ein Glas Wein mit einander<br />
zu trinken und sich des hart erkämpften Erfolges zu freuen.<br />
Im „Bierthedor" sitzen die Bauern, Holzhauer und Jäger<br />
zusammen, rauchen ihren Knaster und erzählen sich absonderliche<br />
Geschichten, die auf 2 Fremde, die mit am Tisch<br />
jtzen, zugeschnitten sind. Der Waldschütz berichtet von<br />
Kreuzungsergebnissen, die sich in seinem Stall zwischen der<br />
Hauskatze und seinen Kaninchen ergeben haben. Die seien<br />
wie Gift auf die Ratten; er hätte keine Maus mehr im gan-<br />
zen Haus. Die Tischrunde zweifelt erst, stimmt aber dann,<br />
durch Beispiele belehrt, überzeugt zu. Einer der beiden Fremden<br />
will ein Pärchen kaufen, erhält aber den Bescheid, am<br />
Werktag mit einer soliden kleinen Holzkiste wieder zu kommen,<br />
weil die Nager jeden Rucksack durchbeißen.<br />
Des Abends, schon um 7 Uhr, sammeln sich die Hausiererfamilien<br />
im „Adler" zu einer Abschiedsfeier. Gute Freunde<br />
und Bekannte finden sich bei ihnen ein, und die geräumige<br />
Gaststube füllt sich langsam mit Gästen, die noch einmal<br />
fröhlich und guter Dinge sein wollen, bevor sie ihre Grätzen<br />
wieder von Hof zu Hof tragen. — Eifrig bedient der Adlerwirt<br />
seine Gäste, die sich, so wie sie kommen, an den Tischen<br />
zusammen finden. Nur für die Dorfhonorationen bleibt<br />
— nach altem Brauch — der runde Tisch am Ofen frei.<br />
Am Silvesterabend wild repräsentiert; familienweise und<br />
einzeln. Die Männer sind in bester Form —, und auch die<br />
Frauen haben sich gut herausgemacht. Schon ist, durch den<br />
Wein angeregt, die allgemeine Unterhaltung im Gang. Es<br />
wird nicht in kleinen Gruppen getuschelt, sondern von Tisch<br />
zu Tisch Rede und Gegenrede getauscht.<br />
Jetzt haben sie den Waldschütz vor, dessen Kreuzungsversuche<br />
sich rasch im Dorf verbreitet haben. Die ersten Bestellungen<br />
gehen ein. Als sich aber weitere Liebhaber melden,<br />
muß auf den nächsten Wurf vertröstet werden. Auch<br />
das Fangen der jungen , Rattenbeißer" sei nicht so einfach,<br />
denn die Luder säßen entweder unter der Futterkrippe —<br />
oder sie gehen an der Obertennenleiter hoch. Und vom Tisch<br />
der Waldläufer kommt der Zuruf: „Weil se halt am Relling<br />
noschlaget!" —<br />
Nun finden sich auch die Gruppen der Ledigen ein, die den<br />
ganzen Ort abgestreift haben, bis sie sich nach Wunsch zusammengefunden<br />
haben.<br />
Ein Lied wird von den Ledigen angestimmt: Dann fallen<br />
auch die Alten ein. Glockenrein klingen die Mädchenstimmen:<br />
Drum sag ichs nocheinmal -— schön sind die Jugendjahr!<br />
Schön ist die Jugend — sie kommt nicht mehr! —<br />
Auch der „Posthalter" hat seinen hellen Tenor erklingen<br />
lassen — und vor ihm angeregt, rundet der volle Baß des<br />
Schmieds den Refrain ab.<br />
Nun suchen die Augen von Tisch zu Tisch: Auf einen Wink<br />
des Provisors findet sich am Ecktisch ein Quartett zusammen.<br />
— Eine Stimmgabel wimmert leise .,,