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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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Jahrgang 1954 H O H E N Z O I , L E R I S C H E H E I M A T 53<br />

Aus der Postkutschenzeit Hohenzollerns<br />

Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes und mit der Einführung<br />

von Kraftwagen sind die gelben Postkutschen aus<br />

dem Straßenbild verschwunden. Nur die Aeltesten von uns<br />

wissen etwas von Postwagen und Postillionen aus eigener<br />

Anschauung. Vielleicht ist es angebracht, jene Zeit noch einmal<br />

ins Gedächtnis zu rufen. Im Zusammenhang damit<br />

steht auch die Geschichte des Postwesens; deshalb soll auch<br />

darüber etwas berichtet werden, soweit sie sich auf unsere<br />

engere <strong>Heimat</strong> bezieht.<br />

Ein geordnetes Postwesen iund regelmäßige Postverbindungen<br />

sind im Fürstentum Hohenzollerr Sigmaringen verhältnismäßig<br />

spät eingeführt worden. Man 1 nn es fast nicht<br />

glauben, daß es zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch keine<br />

Postniederlage bei uns gab. Und doch ist es so. Nicht einmal<br />

in der Residenz Sigmaringen gab es damals ein Post - nt.<br />

Die fürstliche Regierung in Sigmaringen hat sich viele Jahrzehnte<br />

vergeblich bemüht, von dem Generalpostmeister der<br />

damaligen Zeit, dem Fürstenhaus Thum und Taxis, eine<br />

Postlinie und ein Postamt au erlangen. Gründe für die ablehnende<br />

Haltung sollen gewesen sein: schlechte Wege, große<br />

Wälder, die nachts nicht ohne Gefahr befahren werden<br />

konnten, vor allem aber der Umstand, daß Sigmaringen von<br />

dem Hauptkurs Ulm-Schaffhausen abseits lag. Da also regelmäßige<br />

Postverbindungen fehlten, so konnte damals die<br />

Beförderung von Briefen und sonstigen Postsachen nur<br />

durch besondere Boten geschehen, die im Auftrage eines<br />

Einzelnen oder einer Gemeinde zwischen bestimmten Orten<br />

verkehrten. Die Beförderung lag vielfach in den Händen<br />

der Metzger, die gezwungen waren, zium Ankauf von Vieh<br />

aufs Land zu fahren. Nebenher besorgten sie die Post. Die<br />

Gemeinden schlossen Verträge mit ihnen, worin sie zum<br />

Halten von Pferden und Mitnehmen der Post verpflichtet<br />

wurden. Daneben bestanden aber die sogenannten „Ordinariposten"<br />

und „Ordinariboten", die von der Grafschaft<br />

oder der Regierung unterhalten wurden und die regelmäßig<br />

an bestimmten Tagen zwischen bestimmten Orten verkehrten.<br />

Meistens waren es Boten zu Fuß, die von ihren Auftraggebern<br />

eine feste Vergütung bezogen, aber auch von<br />

jedermann private Sendungen mitnehmen durften. Damit<br />

war der Bevölkerung schon viel geholfen und ein Schritt<br />

vorwärts getan. Eine solche sehr wichtige Ordinaripost in<br />

unserer Gegend bestand zwischen der fürstlichen Regierung<br />

in Sigmaringen und ihren Verwaltungssteilen in Haigerloch<br />

Die dortigen Grafen waren schon im Jahre 1634 ausgestorben;<br />

ihr Gebiet war an Sigmaringen gefallen, lag also weit<br />

ab vom Stammland und getrennt durch das Fürstentum<br />

Hechingen, Der Weg des Ordinariboten führte über Hechingen—Zollersteig—Winterlingen<br />

nach Sigmaringen. Nachfolger<br />

der Ordinariboten waren später die Boten und Bötinnen,<br />

die df i Verkehr der Gemeinden mit den Behörden am Sitzedes<br />

Oberamts besorgten — Amtsboten oder Gemeindeboten<br />

— die man immer noch, fast bis in die jetzige Zeit<br />

hinein, mit ihrem Wägelchen und mit ihrer Tasche auf der<br />

Landstraße sehen konnte.<br />

Da die Wünsche des Fürsten von Sigmaringen von der<br />

Taxischen Post nicht berücksichtigt wurden, so wandte sich<br />

der Fürst an Württemberg. Dort fand er größeres Entgegenkommen.<br />

Am 9. 2. 1819 wurde in Sigmaringen ein Kgl.<br />

württemb. ,Postamt errichtet, und zwar im Gasthaus zur<br />

Krone. Am 1. 4. 1829 ging das Postwesen des ganzen Gebietes<br />

an die Taxische Post über. Das Postamt hieß nun<br />

„Fürstlich Hohenzoilern-Sigmaringisches Thum- und Taxisches<br />

PostamtT Sigmaringen erhielt gute Postverbindungen.<br />

Eilwagen kamen von Stuttgart über Tübingen—Hechingen<br />

und fuhren weiter nach Mengen—Saulgau—Ravensburg—<br />

Friedriclishafen. Ferner: Eilwagen von Ulm, weiter nach<br />

Stockach—Schaffhausen. Kariolposten verkehrten über Ebingen<br />

nach Hechingen, ebenso über Gammertingen nach<br />

Hechingen.<br />

Etwa um die gleiche Zeit (1825) erhielt Gammertingen<br />

seine erste regelmäßige Postverbindung, und zwar aus Riedlingen.<br />

Bei Sonnenwirt Schmid an der Straße nach Bronnen<br />

— das Gebäude heißt heute noch „alte Post", wurde 1889<br />

eine Poststelle und 1825 eins Postexpedition eingerichtet.<br />

In (.er Familie Schmid verblieb die Posthalterei bis zur<br />

Eröffnung der Bahn. In ihrem Besitz befindet sich als Andenken<br />

noch eine Ehrenurkunde des Generalpostmeisters v.<br />

Stephan über langjährige treue Dienste.<br />

Wesentlich günstiger als in Sigmaringen lagen die Verhältnisse<br />

zur Einrichtung von Posten im Fürstentum Hohenzollern-Hechingen.<br />

Hechingeri lag an der wichtigen Verkehrsstraße<br />

Stuttgart—Tübingen—Balingen—Tuttlii) seil—Schaff-<br />

haiuisen. Nach der Hechinger Stadtchronik soll schon im Jahre<br />

1642 im Gasthaus zur Krone in Hechingen ein Kaiserliches<br />

Postamt eingerichtet gewesen sein. (Da Taxis im Auftrage<br />

des Kaisers handelte, hießen die Postämter „Kaiserlich" )<br />

Anscheinend ist es aber bald wieder aufgehoben worden.<br />

Auch ein späteres auf der Wüstenmühle (jetziger Stadtteil)<br />

Friedrichstraße) errichtetes Postamt war nicht von Dauer.<br />

Erst am 1. Oktober 1756, aber doch ein halbes Jahrhundert<br />

früher als in Sigmaringen, wurde durch den Postmeister<br />

aus Cannstatt ein Postamt in Betrieb gesetzt. Kaiserlicher<br />

Posthalter wurde ein Hechinger Bürger namens Josef Blumenstetter.<br />

Hechingen bekam hierdurch Anschluß an das<br />

allgemeine Postamt; doch gab es zunächst nur reitende<br />

Posten (keine Wagen), die wöchentlich zweimal zwischen<br />

Stuttgart und Schaffhausen verkehrten. Im Jahre 1796<br />

wurde die Post in Hechingen auf kurze Zeit von der französischen<br />

Republik beschlagnahmt. Der Grund für diese<br />

Maßnahme ist nirgends mehr ersichtlich.<br />

Im Jahre 1806, nachdem also in Hechingen schon 50 Jahre<br />

ein Thum und Taxisches Postamt bestanden hatte, sah sich<br />

der Fürst gezwungen, um die Postverbindungen nicht zu<br />

verlieren, in seiner Residenz ein Kgl. Württ. Postamt aufzunehmen.<br />

Herzog Friedrich von Württemberg hatte in diesem<br />

Jahre die Königswürde erhalten. Das Postwesen, bisher<br />

auch in Württemberg Taxisch gewesen, wurde kurzerhand<br />

als Staatsbetrieb übernommen. Im Jahre 1809 übertrug schon<br />

Württemberg die Verwaltung seiner Posten wieder den<br />

Thum und Taxis. Das Kgl. Württ. Postamt in Hechingen<br />

wurde aufgehoben und hieß, ähnlich wie in Sigmaringen,<br />

Fürstlich Hohenzollern-Hechingisches Thum- und Taxisches<br />

Postamt. Aber erst im Jahre 1829 wurden beide Fürstentümer<br />

zu einem einheitlichen Postgebiet zusammengeschlossen.<br />

In Haigerloch wurde 1819 der Lammwirt Schöner Posthalter<br />

und Postreiter. Sein Nachfolger wurde Sebastian<br />

Linsenmann, in dessen Familie die Posthalterei bis zur Bahneröffnung<br />

verblieb (heute Hotel Post). Wie in Gammertingen<br />

und Haigerloch, so wurden später Postexpeditionen errichtet<br />

in Jungingen, Imnau, Dettingen, Trochtelfingen, Veringenstadt,<br />

Ostrach, Krauchenwies und Klosterwald. Damals kostete<br />

ein Brief von Hechingen nach Berlin 35 Kreuzer, ein<br />

Einschreibebrief nach Sigmaringen 14 Kr., ein kleines „paquet"<br />

von Haigerloch nach Schramberg 15 Kr. Auch mit dem<br />

Bezug von Zeitungen und Zeitschriften befaßte sich damals<br />

schon die Post. Bei den Akten der inzwischen aufgehobenen<br />

Museumsgesellsdiaft Gammertingen befand sich eine Postquittung<br />

vom Jahre 1853 über bezogene Zeitungen und zwar.<br />

1 Literaturblatt Menzel, jährlicher Bezugspreis 6 fl, 1 Morgen!<br />

att aus Stuttgart, jährlicher Bezugspreis 14 fl, 1 Schwäbischer<br />

Merkur aus Stuttgart, jährlicher Bezugspreis 6 fl<br />

Nebe: dem Bezugspreis mußte für diese Zeitungen ein<br />

Steuerbetrag an das Überamt entrichtet werden, da die<br />

'''erlagsanstaiten nach damaligen Verhältnissen im „Ausland"<br />

lagen. Die Steuer war nicht gering. Sie betrug z. B.<br />

beiiv „Schwäbischen Merkur" vierteljährlich 1 fl 5 1 /: Kr.<br />

Mit dem ufschwung der Wirtschaft wurden im Laufe<br />

der lahre die Posteinrichtungen erweitert und ausgebaut.<br />

In den Jahren 1863/64 wurden Landpostboten angestellt,<br />

auch die Landorte erhielten Postzustellung. Briefkasten<br />

wurden aufgestellt, doch mußten zunächst die Gemeinden<br />

die Kosten tragen. Allmählich entstanden regelmäßige Verbindungen<br />

mit dem angrenzenden badischen und württembergischen<br />

Gebiet. Auch nachdem Hohenzollern an Preußen<br />

gefallen war, übte Thum und Taxis noch das Postrecnt<br />

aus. Die Postämter hießen: Kgl. preußisches Thum und<br />

Taxisches Postamt. \n 1. Juli 1867 wurde das Postwesen<br />

auch auf den preußischen Staat übertragen. Hohenzollern<br />

wuide der Oberpostdirektion Frankfurt/Main zugeteilt. Als<br />

im Jahre 187? das bacfrscKe Postwesen auf das Reich überging,<br />

wurde Hohenzollern der neu geschaffenen Oberpostdirektion<br />

Konstanz unterstellt. Die Postanstaiten führten die<br />

Bezeichnung „Kaiserlich" Als die Oberpostdirektion Konstanz<br />

im Jahre 1934 mi, Karlsruhe vereinigt wurde, ging<br />

auch das Gebiet Hohenzollern dahin. Am 1. 10. 1940 wurde<br />

Hohenzollern aus praktischen Gründen von Karlsruhe abgezweigt<br />

un-, der '"»berpostdirektion Stuttgart unterstellt, wohfn<br />

es gebietsmäßig gehört; seit 1945 ist Tübingen zuständig.<br />

Diese vic'ien Aenderungen und Schwierigkeiten in der Verwaltung<br />

-er Posten sind ein Bild der damaligen deutschen<br />

Zerrissenheit. Solche Folgen hatte die Vielstaaterei der damaligen<br />

Zeit. Bewundernswert sind jedoch die technischen<br />

Fortschritt : die in der letzten 70 Jahren gemacht worden<br />

sind und die es ermöglicht haben, das Post- und besonders

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