Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein
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52 H O H E TT Z O L L E R T S C H E H E I M A T Jahrgang 1954<br />
noch im Umlauf, die von der „Güte" des hier erzeugten Weines,<br />
von Mißjahren und ähnlichen Dingen zu berichten<br />
wissen. An die Stelle der Rebe ist in weniger günstigen<br />
Lagen der Wald getreten, oft ist sie auch von Beerenpflanzungen<br />
und Obstanlagen abgelöst worden. Das Weinberghäuschen<br />
wurde zum Gartenhäuschen oder zum Wochenendhäuschen.<br />
So blieb uns noch als wohltuender Rest das anheimelnde<br />
Bild der alten Weinbau-Kulturlandschaft.<br />
Die Druckstöcke zu diesem Aufsatz sind von Herrn Fabrikant Chr.<br />
Maute in Bisingen unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Hierfür<br />
recht herzlichen Dank.<br />
<strong>Hohenzollerische</strong> Jahreshefte 1954<br />
Band 14 Jahrgang 1954 „<strong>Hohenzollerische</strong> Jahreshefte" enthält folgende<br />
Abhandlungen:<br />
Vorwort: S. K. H. Prinz Franz Joseph von Hohenzollern.<br />
Bumiller Anton, Direktor a. D. (Sigmaringen):<br />
Zur Geschichte des Handwerks in Stadt und Grafschaft Sigmaringen.<br />
Schmid Ernst Fritz, Dr. (Gersthofen bei Augsburg):<br />
Gestalten und Begebenheiten aus der Sigmaringer Musikgeschichte<br />
des 16. und 17. Jahrhunderts.<br />
Kraus J o h. Ad., Ordinariatssekretär (Freiburg i. Br.):<br />
Die Herren von Ringelstein und Killer genannt Affenschmalz.<br />
Wunder Gerhard, Dr. (Gelbingen bei Hall):<br />
Die frühesten Regesten der Schenken von Stauffenberg, Zell,<br />
Neuenzell, Andeck, Erpfingen.<br />
Kraus J o h. Ad., Ordinariatssekretär (Freiburg i. Br.):<br />
Zollerisches aus dem Stadtarchiv Reutlingen.<br />
Kraus J o h. Ad., Ordinariatssekretär (Freiburg i. Br.):<br />
Das Melchinger Fleckenbüchle.<br />
Pfeffer Anton, Kustos i. R. (Weilheim bei Hechingen):<br />
August Pfister-Gruol — Ein hohenzollerischer Künstler und<br />
sein Schicksal.<br />
Kraus Joh. Ad., Ordinariatssekretär (Freiburg i. Br.):<br />
Berichtigungen und Ergänzungen.<br />
Mitgliederbeitrag jährlich 6.— DM. Hierfür erhalten die Mitglieder<br />
das Jahresheft. Anmeldungen an den Schriftführer Herrn Fürstl.<br />
Archivrat Dr. Joh. Maier, Fürstl. Dom.- und Hausarchiv, Sigmaringen,<br />
Karlstr.<br />
Die Bader-Ann von Veringenstadt<br />
1619 wurde in Leißa bei Köln dem Taglöhner Joh. Kramer<br />
und seiner Ehefrau Elisabeth eine Tochter geboren, der sie<br />
den Namen Anna gaben. Sehr bald starb die Mutter an der<br />
Pest, und ehe die Anna 12 Jahre alt war, starb auch der<br />
Vater. Eine Base nahm sie auf, und die Anne wuchs dort<br />
zu einem schönen, aber eigensinnigen Mädchen heran, das<br />
frühzeitig verstand, den Männern den Kopf zu verdrehen.<br />
Im Winter des Jahres 1634 bezogen die schwäb Kreistruppen<br />
in Leißa Winterquartier, und in das Haus der Anne kamen<br />
der Schnapphan und der Völlehans aus Sigmaringen<br />
und der Feldscheerer Albert Kohler von Veringenstadt. Der<br />
Albert, ein sauberer Bursche, kam mit der Anne in ein Verhältnis<br />
und heiratete sie am 20. Februar 1635. Die junge Frau<br />
zog mit ihrem Mann mit dem Heer und stand ihm in seiner<br />
Arbeit bei. Doch bereits nach einem Jahr bekam Kohler den<br />
Abschied und kam mit seiner Frau nach Veringenstadt, wo<br />
ihm seine Mutter einige Grundstücke und eine Badstube<br />
übergab. Nun betrieb er das ehrsame Geschäft eines Baders,<br />
Barbiers und Arztes, wie es sein verstorbener Vater schon<br />
tat. Aus der ziemlich friedlichen Ehe entsproßten 5 Kinder.<br />
Für die Anne war es eine besondere Liebhaberei, heilbringende<br />
Kräuter in den Wäldern zu suchen, daraus Tränke zu<br />
brauen und diese gegen gutes Geld in den umliegenden<br />
Orten an die Leute zu verkaufen.<br />
Als aber Kohler im Jahr 1656 starb und Anne den 51jälirigen<br />
Hufschmied Andreas Endriß heiratete, änderte sich<br />
das Leben dieser Frau grundlegend. Diese Ehe war sehr unglücklich,<br />
der Mann plagte sein Weib und weckte in ihr Haß<br />
und rauhe Redensarten. Alltäglich hörte man im Hause<br />
schimpfen, fluchen und toben, daß die Nachbarn sich beim<br />
Rat beklagten. Dieser nun klagte beim Fürsten in Sigmaringen,<br />
und eine strenge Verwarnung erfolgte, „da man ein<br />
solches nicht dulden könne, in Befürchtung göttlicher Strafe<br />
für die ganze Gemeind". Für eine Zeit war Ruhe geschaffen,<br />
jedoch dann ging es wieder aufs neue los und das noch gräßlicher<br />
als zuvor. Der Mann selbst nannte sein Weib eine<br />
Hex, eine Bluthexe, und war es da ein Wunder, wenn die<br />
Bürger sich still zutrugen, „die Baderann sei nichts Rechts,<br />
nichts Guts, ein bös Mensch, ein Unhold. 7 ' Im Herbst 1668<br />
wurde sie von der Ww. Anna Herre der Hexerei beschuldigt,<br />
da sie beim Hanfbrechen von der Baderann einen verhexten<br />
Musbrei bekommen habe. Darauf sei sie todkrank geworden<br />
und nac Ti T Annehmen von Geweihtem sei ein Wurm wie ein<br />
Eggeß (Eidechs) von ihr gegangen, welches von Hexerei<br />
komme. Den 21. Nov. 1668 kam der Vizekanzler von Sigmaringen<br />
zu einem strengen Verhör, das aber ohne Resultat<br />
Gipsmiihle bei Owingen<br />
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verlief. Das Gerede aber blieb im Volk, und erst im Jahr<br />
1680 kam es zum Bruch. Der Maurer Mathias Allgäuer behauptet,<br />
die Baderann habe sein Weib und den Sohn Paule<br />
so verhext, daß erstere gestorben und der Sohn sehr krank<br />
sei. Auch habe sie ihm Roß und Vieh malefizisch angegangen<br />
und dadurch ihm großen Schaden verursacht.<br />
Am 10. Mai 1680 wurde die Baderann verhaftet und unter<br />
Vorsitz des Vicekanzlers Dr. Kirsinger begann ein peinliches<br />
Verfahren wegen Hexerei. Das unglückliche Weib bestand<br />
ein zehnmaliges Befragen sehr günstig. Doch es traten du<br />
weiteren Zeugen auf, so gab eine Martha Roth auf Ehr und<br />
Seligkeit dem Gericht kund, die Baderann habe ihr mit dem<br />
Finger auf die linke Achsel getupft, daß sie unmenschlich<br />
Schmerzen bekommen habe, und der Arm sei nach drei<br />
Tagen ganz schwarz herunter gehangen. Der Jakob Abt von<br />
Harthausen habe ihr dann Ueberschläg mit geweihten Sachen<br />
gemacht, so daß es wieder gut wurde. Jedoch sie spüre<br />
es immer noch. Weitere Zeugen sagen, sie habe ihnen die<br />
Rede genommen, sie hat ihnen Bauchweh gemacht, Hagel<br />
hergehext usw. Das arme Weib aber beteuert seine Unschuld.<br />
Das Gericht legt sie in die Folter, und erst, nachdem<br />
die unmenschlichen Qualen nicht mehr zu ertragen sind,<br />
macht sie ein Geständnis. Sie gesteht noch mehr, als daß üir<br />
angeheftet ward, jedoch nach der Folter widerruft sie alles,<br />
das sie gestanden hatte.<br />
Am 5. Juni 1680 spricht man das Urteil — Feuertod! Als<br />
der Vizekanzler nach Sigmaringen das Urteil bringt, läßt<br />
sich Fürst Maxemilian den Fall genau berichten. Nicht nur<br />
die Anklage, die Verhandlung, nein auch das Vorleben der<br />
Baderann läßt er sich erzählen und lange Zeit steht er ruhig<br />
am Fenster. Vizekanzler Dr. Kirsinger wartet ergebenst auf<br />
die Unterschrift des Urteils. Fürst Maxemilian dreht sich um<br />
und fragt nochmals: „Dann nat sie also erst in der Folter<br />
gestanden?" „Ja, Euer Durchlaucht!" „So nehmt mein Urteil<br />
und schreibt: Die der Hexerei beschuldigte und geständig<br />
Anna Kohler wird vom Leben zum Tode durch das Schwert<br />
verurteilt. Hernach soll ihr Leib dem Feuer übergeben<br />
werden."<br />
Unter dem Läuten der großen Glocke ziehen Tausende von<br />
Menschen der Richtstätte zu, wo der Baderann, laut das<br />
Vaterunser betend, das Haupt vom Leib getrennt wurde und<br />
sodann dem Scheiterhaufen überantwortet wurde. Raben<br />
flogen krähend darüber hinweg, eine häßliche Kröte kam<br />
unter dem Holzstoß hervor, das Volk hatte die Gewißheit,<br />
die Baderann war eine Hexe.<br />
Nach alten Aufzeichnungen erzählt von J. Halm.