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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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Jahrgang 1954 H O H E N Z O I , L E R I S C H E H E I M A T 41<br />

1819 wurde die hiesige Kirche erbaut, wozu ich bei seiner<br />

Durchlaucht das Meiste beitrug und die ganze Rechnung,<br />

welche noch bei mir vorliegt, führte. Mit Einnahmen und<br />

Ausgaben der Kosten von 10 074 Gulden bloß an barem Geld.<br />

1820 wurde mir der hiesige Mesmerdienst übertragen,<br />

welchen ich 1839 an meine beiden Söhne Luzian und Fr.<br />

Joseph freiwillig abtrat, also vor 19 Jahren.<br />

? wurde mir Statt meines kranken Bruders Georg die<br />

einstweilige Vogtsamtsverwaltung vom Fürsten übertragen.<br />

1834: Am 15. April auf das erfolgte Ableben meines Bruders<br />

Vogt, wurde ich als Vogtsamtsverweser ernannt und<br />

nachher, wo ich bei zweimaliger Vogtswahl jedesmal die<br />

meisten Stimmen erhielt, wurde mir schon am 2. Mai das<br />

Decret als wirklicher Vogt publiziert.<br />

1838: wurde ich für den V. Wahlbezirk für die Gemeinden<br />

Sickingen, Beuren, Schlatt, Jungingen, Killer und Starzein<br />

durch Stimmenmehrheit zum Landesdeputierten ernannt.<br />

1839 war ich auf 6 Wochen wieder hart krank.<br />

1840: Veranlaßte der wohlbekannte Gernevogt (?) einen<br />

Aufruhr gegen mich und den gewiß schuldlosen und ehrlichen<br />

Bürgermeister Joseph Bosch und reichte am 10. September<br />

eine Klageschrift von 43 unbegründeten Klagepunkten,<br />

von 21 feindseligen Anhängern unterzeichnet, beim Oberamt<br />

ein. (NB.! Diese Klageschrift ist vorhanden und ist wohl<br />

au ''zubewahren.)<br />

Über die Witterung berichtet der Chronist seit dem Jahre<br />

1806: Es war ein guter Herbst und Vorwinter und bis Neujahr<br />

wie im schönsten Frühling. Im Dezember ging man an<br />

vielen Orten in die Samen und in das Gras. Die Weinbeerhecken<br />

hatten Lauib. Am ersten Januar den ersten Schnee.<br />

1810: Am Sonntag den 27. Mai war das schrecklichste<br />

Spektakel, das ich erlebe. Es gab nämlich nachmittags ein<br />

Donnerwetter und einen solchen Wolkenbruch, daß das<br />

Wasser so stark als einmal anlief und fast alle Steeg nahm.<br />

In dieses große Wasser, durch welches man bei weitem nicht<br />

mehr reiten konnte, fuhr der obere Kuhhirt aus dem Tannenwald<br />

hinein, wo kein Mensch mehr glaubte, daß nur noch<br />

ein einziges Stück Vieh davon kommen könnte. Vieles Vieh<br />

hat es zwei- bis dreihundert Schritt teils aufrecht, teils auf<br />

dem Rücken fortgeschwemmt, daß man oft ein Stück lange<br />

Zeit nicht gesehen. Doch retirierte sich wieder alles und<br />

wurde aufgefangen und sodann in Gottfried Winters, Vittalis<br />

und meinem Garten wieder abgeholt. Kein einziges Stück<br />

ging, Gott sei Dank, zu Grunde.<br />

1811: war die Witterung mit Anfang März bis Dezember<br />

ganz nach Wunsch. Es waren vom April kein Frost und<br />

kein Reif mehr. Der Mär' war warm und trocken und durch<br />

den Sommer Regen und Wärme gehörig. Aber wegen vielen<br />

Raupen und Mehltau gab es gar kein Obst und kaum die<br />

halbe Kornernte, aber viel und guten Wein. Die Frucht<br />

schlug gleich nach der Ernte auf und der Schi. Korn galt<br />

im Oktobris 9 fl.<br />

Cometstern. In diesem Jahr 1811 ließ sich ein außerordentlicher<br />

Kometstern vom Monat August am Himmel sehen.<br />

Dieser Stern war größer, aber dunkler als andere Sterne.<br />

Er hatte einen Schweif 6 Schuh lang und lief anfangs mit<br />

dem sog. Wagen und war abends bis zehn und morgens<br />

wieder nach drei Uhr sichtbar. Er stand aber immer höher<br />

und wurde gesehen bis in den Monat Dezember dieses Jahres.<br />

Üeber diesen sonderbaren Sternen wollten sich viele<br />

Leute sonderbare Bedeutung prophezeien.<br />

1816: Nachdem man nach vielen harten Kriegslasten,<br />

welche wie vornen zu sehen, über 25 Jahre dauerten, auf<br />

dei 1816 erfolgten Frieden aligemein bessere Zeiten erhoffte,<br />

so war doch bei Menschengedenken das Jahr 1816<br />

eines der härtesten. Schon im Frühjahr war das Futter für<br />

das Vieh so rar, daß der Zentner Heu 3 fl. kostete und auf<br />

die Letzte keines mehr zu bekommen war. Das liebe Vieh<br />

litt also großen Mangel, — dann ging es auch bald hart für<br />

die Menschen. Vom Monat April bis eingangs August waren<br />

nie drei gute Tag aneinander, und so nasse Witterung, daß<br />

alle Früchte große Not litten. Das Heu wurde mit harter<br />

Es war wenige Jahre nach dem Spanischer Erbfolgekrieg,<br />

der unserer Gegend zwar Truppendurchmärsche, aber<br />

keine Schlachten gebracht hatte. 1704 wurden die fälschlich<br />

sogenannten Schwedenschanzen bei Jungingen und Salmendingen<br />

angelegt, die das Killertal und die Talheimer Staig<br />

vor den mit den Franzosen verbündeten Bayern sperrten<br />

und deren Einmarsch ins Unterland verhindern sollten.<br />

Im Spät jähr 1714, in welchem Jahr der Friede von Rastatt<br />

Ringinger Zustände 1714<br />

Mitgeteilt von Johann A. Kraus<br />

Müne schlecnt eingebracht. Die wenigen Kirschen wurden<br />

erst Mitte August reif. Schon im Juni kostete der Scheffel<br />

Korn 8 fl. und bis Bartholomä ging derselbe auf 14, 15, ja<br />

16 fl. Das war aber erst kein gutes Korn. Anfang September<br />

war das Korn noch nicht reif. Die meisten Leute waren<br />

lange Zeit ohne Brot und litten großen Hunger. Sogar der<br />

Scheffel Haber kostete über 8 fl. Anfangs September war<br />

das Wetter wieder kalt und naß, und die meisten Leute<br />

dörrten das Korn in der Stube und in der Backstube. Erst<br />

in der zweiten Woche des Septembers konnte man die Ernte<br />

einbringen, die indessen sehr schlecht war. Der Scheffel<br />

Korn kostete 12 fl. Vom 18. September bis Allerheiligen<br />

war das Wetter schön. Am 16. Oktober war schon hart Winter.<br />

Erst am 19. Dezember ging der Schnee, und man brachte<br />

noch bis an das neue Jahr Hanf, Flachs und Haber ein, aber<br />

tropf naß. In Starzein waren noc\ r ehrere tausend Habergarben<br />

im Feld. Mit Furcht und Schrecken erwartete man<br />

eine große Hungersnot.<br />

1817: Entsetzliche Not und Teuerung. Der Januar war<br />

schön. Aber der Februar und März wieder sehr naß. Der<br />

Scheffel Korn kostete in Tübingen und Reutlingen 20 Gulden.<br />

Fast der ganze April war naß und regnerisch. Jetzt<br />

kostete der Scheffel Korn 28 Gulden. Es wurden für die<br />

Armen Almosen gesammelt. Die Gemeinde Jungingen mußte<br />

in Tübingen 1500 Gulden aufnehmen, um den armen Leuten<br />

helfen zu können. Anfangs Juni war das Wetter gut. Das<br />

Fielst» kostete 12 Kreuzer. Eine rechte Kuh kostete 100<br />

Gulden. Der Fürst mußte helfen. Der Scheffel Korn wurde<br />

von ihm auf 20 Gulden taxiert. Aber niemand wollte ihn<br />

so hergeben. Es gab, da der ganze Monat Juni gut war,<br />

sehr viel und gutes Heu. Der Scheffel Korn sank auf 16<br />

Gulden. Im Juli stieg die Not aufs höchste. Viele Leute<br />

mußten sich von Kräutern fürs Hungersterben ernähren.<br />

Brot und Mehl waren für sie nicht vorhanden.<br />

1818: extra trockener Sommer. Der Scheffel Korn<br />

wieder auf 7 Gulden.<br />

sinkt<br />

1821: Sehr nasser und kalter Sommer.<br />

1822: Sehr milder Winter. Es gibt viel Obst und Heu.<br />

Es war sehr trocken, so daß fast alle Quellen versiegten.<br />

Man mußte bis Riedlingen in die Mühle fahren.<br />

1823: ist wieder sehr trocken.<br />

1824: naß und kalt. Die Ernte sehr schlecht.<br />

1825: Futtermangei und das Vieh sehr billig.<br />

1828: war ein solches Raupenjahr, daß die Obrigkeit Befehl<br />

geben mußte, die Bäume von diesem Ungeziefer zu<br />

befreien. Im Monat März nahmen die Raupen so überhand,<br />

daß alles Laub an den Bäumen gefressen wurde und die<br />

Bäume im Juni wie an Weihnachten aussahen. Schon im<br />

Monat Juni verwandelten sich die Raupen in Schmetterlinge<br />

(Weinfälter). Sie flogen in großen Schwärmen wie die<br />

Bienen umher und verören sich aber im Juli ganu Sicher<br />

ein merkwürdiges Jahr!<br />

1829: war ein sehr nasser und kalter Jahrgang. Der Winter<br />

war außerordentlich und brachte vier Monate strengste<br />

Kälte, so daß viele hundert Zentner Kartoffeln in den Kellern<br />

verfroren.<br />

h * «<br />

Nun doch noch kurz zu den Vorfahren des Chronisten:<br />

Michael Bumilier, zuerst genannt im Kirchenbuch 1688,<br />

seine Frau Christine, geb. Speidel,<br />

Christian Bumilier 1701—1776,<br />

Sylvester Bumilier 1737—1810,<br />

Christian<br />

von da an:<br />

Bumilier, Lehrer (der Chronist) 1767—1851,<br />

Luzian Bumilier, wie oben,<br />

Daniel Bumilier, gest 1890.<br />

Casimir Bumilier d. Vater 1859—1930.<br />

Zui bemerken ist ferner noch, daß die hiesige Sägmühle<br />

(untere oder obere?) im Jahre 1544 im Besitz eines Bernhard<br />

Buechmüller war. (Hagens Lagerbuch der Grafschaft<br />

Zollern, Band Jungingen, Mitteilung Kraus 1933.)<br />

geschlossen wurde, hat die Fürstenbergische Regierung eine<br />

Beschreibung des Dorfes Ringingen anlegen lassen (Archiv<br />

Donaueschingen), die wissenswerte Einzelheiten über Personen-,<br />

Vieh-, Güter- und Schuldenstand der Einwohner<br />

bringt und eine wertvolle Erweiterung unserer Kenntnis der<br />

Vergangenheit darstellt, da wir sonst aus jener Zeit nicht<br />

allzuviel wissen. Wir entnehmen daraus:<br />

„Erstlich hat die Gemeind Ringingen an Ackerfeld unge-

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