Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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36 H O II E N Z O L L E LT I S C H E H E I M A T Jahrgang 1954 größere Rolle gespielt haben mag. Später verlor er seine Bedeutung und verschwand dann ganz Und ein Kreuzbild im Schatten des Brunnens erhöhte noch die Idylle des schönen Platzes. Gleich gegenüber, an der anderen Hauptstraße, stand ein Doppelhaus, dessen eine Hälfte Wohnung und Werkstatt eines Schreinermeisters umfaßte und dessen anderer Teil einen fürstlichen Beamten zum Besitzer hatte. Auf dem Namensschild an der Haustüre stand auch sein Doktortitel, und das war damals noch eine ziemliche Seltenheit, die sich meist nur Aerzte zugelegt hatten. Es kam daher öfters vor, daß die Hausglocke ertönte und vom Lande herkommende Bauern sich Rat und Hilfe beim Herrn Doktor holen wollten. An das Haus schloß sich ein kleiner Garten, und diesen wiederum beschloß ein kleines, grünumranktes Gartenhaus. Auch eine großblumige Clematis kletterte daran herauf, eine Seltenheit in dem rauhen Sigmaringer Klima, die daher viel bewundert wurde. An Abenden, an denen die Temperatur es erlaubte, war manche fröhliche Gesellschaft dort vereint. Das kleine Grundstück wurde fleißig bearbeitet, der Ertrag an Blumen, Früchten und Gemüsen war aber auch sehr erfreulich. Von den ersten VeiiChen bis zu den späten Herbstblumen und mancherlei Gemüse für die Küche wurden geerntet. Mein Vater hat sogar ein Spargelbeet angelegt. Ob die Arbeit sich gelohnt hat, ist mir nicht erinnerlich; wahrscheinlich haben nicht nur Ungunst von Klima und Boden es verhindert, sondern auch die Ereignisse der Jahre, die dann folgten. Der Höhepunkt für die Kinder war natürlich die Beeren- und Obsternte. Besonders war ein Pflaumenbaum geschätzt, der ohne große Mühe erklettert werden konnte, so daß man die Früchte aus nächster Nähe erreichen konnte. Auf der andern Seite der Brenzkoferstraße lag ein freier Platz, der Turnplatz der Stadt. Außer einigen Turngeräten, auch einem großen Gerüst mit Stangen, Seilen und Ringen zum Klettern, war er frei und bot einen herrlichen Spielplatz, im Sommer zum Laufen und Springen, zum Spielen und Bauen im Sand, im Winter, wenn hoher Schnee ihn bedeckte, haben wir oft Burgen und Wälle in denselben gebaut. Fußballkämpfe gab es in der damaligen Zeit noch nicht, der Platz wäre dazu auch zu klein gewesen. Die abschüssige Straße vom Berg benutzten wir nur zu gerne zu unseren Schlittenfahrten, trotz des immer wiederholten Verbotes. Wie schön war es, bis weit hinaus auf die Straße sausen zu können, die damals noch ungefährlich war. Doch nun zurück zu unserem Lindt.^baum Wie ich schon erwähnte, war er ganz außergewöhnlich groß und weit verzweigt. Wenn wir ihn im Spiel zu umkreisen suchten, bedurfte es gar mancher Kinderärmchen, bis dei Kreis sich schloß. Er war gewiß uralt, seine rauhe Rinde und gar manche kahle Steile im Geäst zeigten dies an. Am Fuße des Stammes war eine hohle Stelle, so groß, daß leicht ein Kind hineinschlüpfen konnte. Es schoß ein braunes Mehl heraus, das absterbende Lebensmark des alten Riesen. Wir konnten dies zu unseren Spielen gut gebrauchen und bildeten damit die Straßen in unseren Burgen- und Städtebauten im Sandhaufen. Wir trugen es auch hinunter in den Garten, um Reinhold Frank Es ist nicht notwendig, heute noch gegen den Nationalsozialismus zu wettern. Das schließt aber nicht aus, daß wir in Ehrfurcht seiner Opfer gedenken. Wir in Hohenzollern und mehr oder weniger in ganz Süddeutschland haben allen Grund, eines Mannes zu gedenken, daß sein Opfer nicht ganz und gar unbeachtet bleibt. Es ist der gute R e i n h o 1 d Frank von Bachhaupte n, Kreis Sigmaringen. Dies um so mehr, da in dem Bucne von Adolph: „Im Schatten des Galgens" die Gedächtnisrede des Domkapitulars Buchholz anläßlich des Katholikentages 1952 in Berlin neben der anderen Opfer des 20. Juli 1944 Reinhold Franks Namen speziell im Zusammenhang seines christlichen mutigen Sterbens nennt. Reinhold Frank ist am 23. 7. 1896 in Bachhaupten in der Nähe von Ostrach geboren als jüngstes von 7 Kindern. Den Vater Franz verlor er schon 1904. Es ist nicht verwunderlich, wenn er durch seine gute Begabung auffiel und 1906 im Herbst an das Gymnasium nach Sigmärmgen kam und damit auch als Zögling eintrat in das St. Fideliskonvikt. Seine Mitschüler und Klassengenossen lernten ihn balc schätzen als sehr fleißigen und gediegenen Kameraden. Und wenn er auch große Talente besaß, er war bescheiden und außerordentlich strebsam und hat aber doch auf die Schwächeren in keiner Weise herabgesehen. In seiner Klasse war er allzeit beliebt durch seine Umgänglichkeit; seine Lehrer hielten viel auf den eigenen Beetchen die Anpflanzungen zu düngen, wie wir es bei den Großen sahen. Aber trotz seines hohen Alters grünte der Riesenbaum in jedem Frühling aufs neue und verlor im Herbst sein Laub. Uns Kinder kümmerte das aber wenig, denn für gesunde Kinder hat jede Jahreszeit Gelegenheit zu mannigfachem Spiel. Aber einmal schlug auch die Stunde für den geliebten alten Freund. Das damalige Oberhaupt der Stadt, Bürgermeister Gayer, wohnte ganz in unserer Nachbarschaft und mußte daher täglich an dem alten Baum vorüber gehen. Schon länger hat er ihn wohl mit Sorgen beobachtet, und eines Tages ließ er die Bewohner der umliegenden Häuser warnen und eine Wache beim Lindenbaum aufstellen. Der Riese drohte umzustürzen. Nun kam die große, sorgenvolle Frage, nach welcher Seite er wohl fallen würde. War es nach der Seite, wo unser Besitztum lag, dann bestand die Gefahr, daß er im Sturz unsern schön gepflegten Garten, ja sogar das Wohnhaus schwer beschädigt hätte. Immer mehr mußte man einsehen, daß die Katastrophe heranrückte, es waren aufregende Stunden, da man darauf wartete. Da, — eines Mittags, wir waren gerade beim Essen, erfolgte ein großes Krachen und man wußte, nun ist es geschehen! Nachdem der erste Schrecken vorüber und anscheinend die Gefahr beseitigt war, ließen wir uns nicht mehr halten. Der erste Eindruck war der des Dankes, weil er nicht auf unsere Seite, sondern auf den gegenüberliegenden Turnplatz gestürzt war, wo er zwar die Turngeräte zer - splittert, aber weiter keinen Schaden angerichtet hatte. Erst jetzt, da man ihn in seiner ganzen Größe liegen sah, konnte man ermessen, wie furchtbar es hätte sein können, wenn er auf unser Heim gefallen wäre. Nun mußten wir aber dem toten Riesen nahe kommen. Wie erstaunte man, als man seiner sonst so fernen Krone gegenüber stand. Unzählig waren die Aeste und Zweige und wie viel Leben spielte sich darin ab. Wohnstätten der Vögel, Eichhörnchen und Fledermäuse waren zerstört worden und noch länger flatterten die vertriebenen Bewohner um ihre Nester. Und die uns so interessante Höhlung am Fuße des Baumes konnte man bis weit hinauf verfolgen. Sie hatte besonders den Fledermäusen willkommenen Unterschlupf gewährt. ISloch tagelang bot der gestürzte Baum eine beliebte Stätte zum Spiel, das abei stets mit stillem Grausen und mit Bewunderung seiner Größe begleitet war. Aber allmählich rückten die Arbeiter heran und zerlegten die einzelnen Teile, große Beigen an Holz türmten sich auf und wurden zu ihrer weiteren Bestimmung abgeführt. Die Schäden am Turnplatz wurden ausgebessert, und das Leben ging seinen gewohnten Gang weiter. Die Menschen, welche die leer gewordene Stätte bemerkten, hatten vielleicht noch ein Bedauern, aber wie so viele: ist auch dieses Ereignis bald der Vergessenheit anheimgefallen. Ein neuer Lindenbaum wurde gepflanzt, der sich nun seit Jahrzehnten bemühen muß, seinem Vorgänger nachzufolgen. Aber die Erinnerung an diesen ist in uns wach geblieben und immer, wenn ich bei einer Rückkehr in die alte Heimat die Stätte wiedersehe, meine icn, die Worte zu hören: „Am Brunnen vor dem Tore, da stand ein Lindenbaum". zum Gedächtnis Christiane Zingeler. auf ihn. Wenn er auch ein turnbegeisterter Student war> und es sich zeigte, daß er später nicht Theologie studieren werde, in die Hausordnung des Konvikts hat er sich jederzeit tadellos eingefügt, und man darf ruhig sagen, diese Jahre im St. Fideliskonvikt haben neben seinem Elternhaus seinen späteren Lebensweg bestimmt und zum Guten beeinflußt. Als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, ließ er sich in seiner ehrlichen vaterländischen Begeisterung nicht mehr lange halten, sich als Kriegsfreiwilliger zu melden, schreibt er ja am 14. Oktober 1914 an seine Mutter: „ ... als Kriegsfreiwilliger ins Heer einzutreten. Sei nicht so ängstlich um mich. Stehe ich im Felde nicht ebenso unter Gottes Hut, nicht ebenso im Schutze d-^r lieben Himmelsmutter wie hier. Sollte ich fallen .... dann bekomme ich im Jenseits meinen Lohn! ..." Wahrhaftig ein schönes Zeugnis für einen jungen Mann, der auch mit dem Gedanken umging, aktiver Offizier zu werden, was er aber dann docn später nicht tat. Er meldete sich bei dem damaligen Feidartillerie-Regiment Nr. 84 in Straßburg. Den folgenden schönen Satz: „Mit der Bitte, mir alle Fehler die ich jemals gegen Dich, liebe Mutter, begangen habe, vergeben zu wollen " schrieb er beim Eintritt ins Heer. Da er mehr leisten wollte, meldete er sich weg von der Artillerie zu den Jägern zu Fuß. Neben dem E. K. II. Klasse brachte er es zum Feldwebel. Ohne Zweifel wäre er bald Ofiizier geworden, aber wer ihn kannte und vor allem seine

Jahrgang 1954 H O H E N Z O I , L E R I S C H E H E I M A T 37 unbeugsame Gerad- und Offenheit, versteht es, daß ihm halt doch manches in der Praxis des Soldatenlebens nicht gefiel und er dagegen auch Vorgesetzten gegenüber Front machte. Viermal war er verwundet. Schädeldecke, Oberschenkel, ein Zeichen, daß es ihn auch ordentlich erwischte und er sich nicht drückte, wie man sonst so sagt. Reinhold hatte Glück, er kam 1918 wieder heim und begann hoffnungsfroh in Freiburg/Br. das Studium des bürgerlichen Rechts, trat dann aktiv ein bei der katholischen farbentragenden Verbindung „Arminia" und stand und steht heute noch bei seinen Bundesbrüdern in hoher Achtung. Ohne Zweifel hat er auch während des Universitätsstudiums die ehrliche katholische religiöse Ueberzeugung hochgehalten. Dies werden seine Studienfreunde ihm nicht auch noch ausdrücklich bezeugen müssen. Etwa 1927 machte er sein Referendarexamen und, wenn ein Nichtfachmann so aus der persönlichen Kenntnis sein Urteil abgeben darf, dann wird es das sein müssen: Reinhold Frank hat auch da seinen Mann gestellt und war ihm darum zu tun, dem Rechte zum Siege zu verhelfen. Er arbeitete in den folgenden Jahren in Pfullendorf, Konstanz, Freiburg und Karlsruhe. Es wird wohl wahrhaft kein Zufall sein, daß der damalige badische Gesandte in Berlin, Dr. Honold, auf Reinhold Frank aufmerksam wurde, er in enge Arbeitsgemeinschaft mit ihm trat und sie gemeinsam eine Prajis aufmachten, d. h. daß Reinhold während der jeweiligen Abwesenheit von Dr. Honold alles allein schaffte. Weiß Gott, wenn Reinhold Frank heute noch leben würde, was er heute für eine Stellung bekleiden würde. Daß Reinhold Frank in der Hitlerzeit sich nicht vom Nationalsozialismus bestechen und einfangen ließ, nun, das gab seine ehrliche Denkungsart einfach nicht zu. Und für die Praktiken im 3. Reich war er einfach nicht zu haben. Ueber diese Zeit schreibt unter anderem H. H. Stadtpfarrer Dold-Karlsruhe: „Ganz im Gegensatz dazu hatte Rechtsanwalt Frank den Mut, mich als Rechtsanwalt in dem Prozeß wegen der Fastenopferkollekte 1942 zu vertreten, obwohl er wußte, daß er damit bei der Partei und Gestapo keine Lorbeeren ernten werde ...." Dr. Friedr. Weber schreibt hierüber unter anderem: „So wurde nach dem Jahre 1933 bis in den Krieg hinein sein Haus in der Hofstraße 2 in Karlsruhe bald der Sammelplatz derer, die über die Uferlosigkeit der Totalitätsansprüche des nationalsozialistischen Staates verzweifelten und nach Auswegen rangen, um das Unglück von Volk und Land abzuwenden. Seine Hilfsbereitschaft, die er ohne Ansehen von Religion, Rasse oder Nationalität übte, ist Vorbild für wahre Menschlichkeit. Um diesem Ideal zu dienen, setzte er seine Person Verdächtigungen aus, die sein Leben in Gefahr brachten." So Friedr. Werber. Leider haben sich über Reinhold Franks Akten die Wogen des Ammersees in Oberbayern geschlossen wie über so viele andere. Warum? Dadurch fehlen die eigentlichen Unterlagen für seine Verhaftung und Verurteilung. Reinhold Franks Kreuzweg begann am 21. Juli mit seiner Verhaftung. Dieses Datum wird ein Fingerzeig dafür sein, daß Reinhold Frank in 'Verbindung stand mit dem 20. Juli 1944 und wahrscheinlich besonders mit dem Kreis von Dr. Gördeler-Leipzig. Das ist jedenfalls sonnenklar, bei der ganzen Einstellung und Charakterveranlagung war Reinhold Frank ein absoluter Gegner Hitlers und seiner Getreuen in klarer Erkenntnis, daß alles im Untergang und Unglück endigen müsse. Die Gattin Reinholds, die heute als Witwe mit 4 Kindern in Karlsruhe lebt, wurde bei der Verhaftung ihres Mannes tätlich mißhandelt. 4 Wochen weilte Frank im Gefängnis in Aus der Ebinger Chronik des Joh. Jerg: Der Sommer 1816 war sehr naß gewesen. Am 8 Juni galt 1 Simri Kernen (19—20 Liter) 2 Gulden und 50 Kreuzer Da schon 5 Jahre hindurch Mißwachs geherrscht, hatte man keinen Vorrat mehr auf den Fruchtkästen. Der Juni brachte schlechtes Heu, und der Juli zeigte sich rauh und kalt mit schweren Gewittern. Am 19. Juli will ein Killertäler bei Stehrenberg unterhalb Mannheim nach einem Unwetter in einem Gartenstück von Größe eines Morgens eine Menge Steine gesehen haben von 10—100 Pfund, die stanifarbig aussahen (wohl Meteor - Ueberreste). Am gleichen Tage machte ein Hagel Schaden in Unterschmeien, Dietfurt und Vilsingen bis Friedrichshafen hinauf. Auch der August ist trüb und regnerisch, eine späte Ernte ist zu fürchten. Alles jammert; der Esch will nicht reif werden. Auch der September zeigt sich unstät. Man fängt zu mähen an, allein es gibt sehr weiche Körner, denn die Witterung war immer zu kalt, die Früchte noch nicht reif. 1 Simri neuer Dinkel ko- Die Hungersnot 1816—17 Stuttgart, wurde dann nach Berlin-Tegel, Plötzensee überführt. Diese Zeit war ohne Zweifel für seine Familie und mehr noch für ihn eine ganz schwere Zeit. Am 13. Januar 1945 schreibt Reinhold Frank an seine Familie wörtlich: „Nun liebe Annemarie, erschrecke nicht und behalte es zunächst für Dich. Ich bin gestern zum Tode verurteilt worden. Es ist hart. Ob das Urteil vollstreckt wird, weiß ich nicht. Ich habe heute ein Gnadengesuch gemacht und hoffe, daß es Erfolg hat, Euretwegen. Warten wir ab und stellen wir alles in Gottes Hand!" — Man lese diese kurze Mitteilung einmal und man wird spüren, welche gefaßte und seelisch große Haltung hier aufleuchtet. Und nun schreibt unter dem 7. Februar 1945 der katholische Oberpfarrer am Gefängnis Plötzensee an Frau Frank folgende Zeilen: „Es ist mir nicht leicht gewesen, Ihnen vor einigen Wochen zu schreiben, daß Ihr Mann schon Termin gehabt und vom Volksgericht zum Tode verurteilt war .... Heute muß ich Ihnen leider mitteilen, daß das Urteil bereits vollstreckt ist, und zwar am selben Tage, an dem Sie mir geschrieben, am 23. 1. 1945. Seit er im Gefängnis in Berlin-Tegel war, habe ich Ihren Mann regelmäßig zweimal wöchentlich besucht. Bei einem meiner ersten Besuche schon hat er eine Lebensbeichte abgelegt und ist von da ab jede Woche zu den hl. Sakramenten gegangen. Hier hat er sich in den langen, bangen Monaten der Ungewißheit die Kraft geholt, nie zu verzagen, und als schließlich die Entscheidung fiel, auch das Todesurteil mannhaft und stark hinzunehmen. Wenn ihm eines den Abschied von dieser Welt schwer gemacht hat: der Gedanke an die Seinen, die Sehnsucht nach Ihnen und den Kindern, so gab ihm auf der anderen Seite die Gewißheit Trost, daß sie in derselben christlichen Haltung das Letzte und Schwerste mit ihm tragen und mit ihm auch hoffen auf ein Wiedersehen und Wiedervereinigung in der Ewigkeit. In diesem Sinne schickt er Ihnen seine letzten Grüße mit der Bitte, bei den Kindern sein Andenken zu pflegen und in Ehren zu hallen." Und da soll ein denkender und erst recht ein christlich eingestellter Mensch nicht die allergrößte Hochachtung empfinden können von der Haltung bis zuletzt zum Tode, wie sie da Reinhold Frank geoffenbart hat. Fast wie ein Hohn klingt, was der Oberreichsanwalt in Berlin unter dem 19. Februar 1945 schreibt: „Der ehemalige Rechtsanwalt Reinhold Frank ist wegen Hoch- und Landesverrat vom Volksgerichtshof des Großdeutschen Reiches zum Tode verurteilt worden. Das Urteil ist am 23. Januar 1945 vollstreckt worden. Die Veröffentlichung einer Todesanzeige ist unzulässig." Der letzte Satz scheint ein böses Gewissen zu verraten. Umsomehr aber hat die engere und weitere Heimat die Pflicht, dieses Opfers des Hitlerregimes in Ehrfurcht zu gedenken und unser katholisches Volk und überhaupt alle christlichen Kreise unseres Volkes von Reinhold Frank zu lernen, wie man treu und aufrecht steht zu seiner Ueberzeugung und seinem Glauben, schreibt doch auch der oben genannte Stadtpfarrer Dold von Karlsruhe, zitierend das Wort des großen Augustinus vom Jahre 430: „Wer für die Wahrheit stirbt., stirbt als Märtyrer. Denn Christus hat gesagt, ich bin die Wahrheit." Wenn nun Karlsruhe seines ehemaligen Rechtsanwaltes Reinhold Frank schon vor Jahren in einer großen Versammlung gedacht hat und, wenn wir recht orientiert sind, eine Straße nach ihm benannt hat, wäre es am Platze, daß auch Hohenzollern seiner in einer besonderen Weise gedenkt. Uns allen aber sei Reinhold Frank eine leuchtende, wegweisende Gestalt im Kampfe des Lebens. J. B. Locher, Pfarrer, Kettenacker. stet 1 fl., Roggen 2 fl. 36 kr. Nach wenigen schönen Tagen im September, wobei die Nächte wieder zu kalt waren, kam gleich Regen... Am 10. November sind noch viele Früchte draußen. Vielerorts hat man noch keine Grundbirn zuhaus. Man versucht sie und das Getreide unter dem Schnee hervorzuholen. Auch Hanf und Flachs gedieh nur miserabel; alles ist hier (in Ebingen) und auf den Alben verdorben. Auf ausgeführte Früchte wird in ganz Württemberg Zoll gelegt: Auf 1 Simri Kernen schlägt man 1 fl. und 12 kr. drauf, auf 1 Scheffel Haber (= 8 Simri) 2 fl., auf 1 Eimer Branntwein 20 fl., 1 Scheffel Grundbirnen 1 fl. Was jedoch aus dem Ausland (also auch aus Hohenzollern) hereinkommt, ist zollfrei. 1 Simri Kernen gilt 5 fl, 1 Simri Bohnen (d. i. Acker oohnen oder Saubohnen) 3 fl., Gerste ebensoviel, 1 Simri Grunübirneii 48 kr. Man will hier in Ebingen eine Suppenküche für die Armen einrichten; für 80 000 fl. sind Früchte gekauft und hergeführt. Aber erst das folgende Jahr 1817 sollte zum Hunger-

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größere Rolle gespielt haben mag. Später verlor er seine<br />

Bedeutung und verschwand dann ganz Und ein Kreuzbild<br />

im Schatten des Brunnens erhöhte noch die Idylle des schönen<br />

Platzes. Gleich gegenüber, an der anderen Hauptstraße,<br />

stand ein Doppelhaus, dessen eine Hälfte Wohnung und<br />

Werkstatt eines Schreinermeisters umfaßte und dessen anderer<br />

Teil einen fürstlichen Beamten zum Besitzer hatte.<br />

Auf dem Namensschild an der Haustüre stand auch sein<br />

Doktortitel, und das war damals noch eine ziemliche Seltenheit,<br />

die sich meist nur Aerzte zugelegt hatten. Es kam daher<br />

öfters vor, daß die Hausglocke ertönte und vom Lande herkommende<br />

Bauern sich Rat und Hilfe beim Herrn Doktor<br />

holen wollten. An das Haus schloß sich ein kleiner Garten,<br />

und diesen wiederum beschloß ein kleines, grünumranktes<br />

Gartenhaus. Auch eine großblumige Clematis kletterte daran<br />

herauf, eine Seltenheit in dem rauhen Sigmaringer Klima,<br />

die daher viel bewundert wurde. An Abenden, an denen die<br />

Temperatur es erlaubte, war manche fröhliche Gesellschaft<br />

dort vereint. Das kleine Grundstück wurde fleißig bearbeitet,<br />

der Ertrag an Blumen, Früchten und Gemüsen war aber<br />

auch sehr erfreulich. Von den ersten VeiiChen bis zu den späten<br />

Herbstblumen und mancherlei Gemüse für die Küche<br />

wurden geerntet. Mein Vater hat sogar ein Spargelbeet angelegt.<br />

Ob die Arbeit sich gelohnt hat, ist mir nicht erinnerlich;<br />

wahrscheinlich haben nicht nur Ungunst von Klima und<br />

Boden es verhindert, sondern auch die Ereignisse der Jahre,<br />

die dann folgten. Der Höhepunkt für die Kinder war natürlich<br />

die Beeren- und Obsternte. Besonders war ein Pflaumenbaum<br />

geschätzt, der ohne große Mühe erklettert werden<br />

konnte, so daß man die Früchte aus nächster Nähe erreichen<br />

konnte.<br />

Auf der andern Seite der Brenzkoferstraße lag ein freier<br />

Platz, der Turnplatz der Stadt. Außer einigen Turngeräten,<br />

auch einem großen Gerüst mit Stangen, Seilen und Ringen<br />

zum Klettern, war er frei und bot einen herrlichen Spielplatz,<br />

im Sommer zum Laufen und Springen, zum Spielen<br />

und Bauen im Sand, im Winter, wenn hoher Schnee ihn<br />

bedeckte, haben wir oft Burgen und Wälle in denselben gebaut.<br />

Fußballkämpfe gab es in der damaligen Zeit noch<br />

nicht, der Platz wäre dazu auch zu klein gewesen. Die abschüssige<br />

Straße vom Berg benutzten wir nur zu gerne zu<br />

unseren Schlittenfahrten, trotz des immer wiederholten Verbotes.<br />

Wie schön war es, bis weit hinaus auf die Straße<br />

sausen zu können, die damals noch ungefährlich war.<br />

Doch nun zurück zu unserem Lindt.^baum Wie ich schon<br />

erwähnte, war er ganz außergewöhnlich groß und weit verzweigt.<br />

Wenn wir ihn im Spiel zu umkreisen suchten, bedurfte<br />

es gar mancher Kinderärmchen, bis dei Kreis sich<br />

schloß. Er war gewiß uralt, seine rauhe Rinde und gar<br />

manche kahle Steile im Geäst zeigten dies an. Am Fuße des<br />

Stammes war eine hohle Stelle, so groß, daß leicht ein Kind<br />

hineinschlüpfen konnte. Es schoß ein braunes Mehl heraus,<br />

das absterbende Lebensmark des alten Riesen. Wir konnten<br />

dies zu unseren Spielen gut gebrauchen und bildeten damit<br />

die Straßen in unseren Burgen- und Städtebauten im Sandhaufen.<br />

Wir trugen es auch hinunter in den Garten, um<br />

Reinhold Frank<br />

Es ist nicht notwendig, heute noch gegen den Nationalsozialismus<br />

zu wettern. Das schließt aber nicht aus, daß wir<br />

in Ehrfurcht seiner Opfer gedenken. Wir in Hohenzollern<br />

und mehr oder weniger in ganz Süddeutschland haben allen<br />

Grund, eines Mannes zu gedenken, daß sein Opfer nicht ganz<br />

und gar unbeachtet bleibt. Es ist der gute R e i n h o 1 d<br />

Frank von Bachhaupte n, Kreis Sigmaringen. Dies<br />

um so mehr, da in dem Bucne von Adolph: „Im Schatten des<br />

Galgens" die Gedächtnisrede des Domkapitulars Buchholz<br />

anläßlich des Katholikentages 1952 in Berlin neben der anderen<br />

Opfer des 20. Juli 1944 Reinhold Franks Namen speziell<br />

im Zusammenhang seines christlichen mutigen Sterbens<br />

nennt.<br />

Reinhold Frank ist am 23. 7. 1896 in Bachhaupten in der<br />

Nähe von Ostrach geboren als jüngstes von 7 Kindern. Den<br />

Vater Franz verlor er schon 1904. Es ist nicht verwunderlich,<br />

wenn er durch seine gute Begabung auffiel und 1906 im<br />

Herbst an das Gymnasium nach Sigmärmgen kam und damit<br />

auch als Zögling eintrat in das St. Fideliskonvikt. Seine Mitschüler<br />

und Klassengenossen lernten ihn balc schätzen als<br />

sehr fleißigen und gediegenen Kameraden. Und wenn er<br />

auch große Talente besaß, er war bescheiden und außerordentlich<br />

strebsam und hat aber doch auf die Schwächeren<br />

in keiner Weise herabgesehen. In seiner Klasse war er allzeit<br />

beliebt durch seine Umgänglichkeit; seine Lehrer hielten viel<br />

auf den eigenen Beetchen die Anpflanzungen zu düngen, wie<br />

wir es bei den Großen sahen. Aber trotz seines hohen Alters<br />

grünte der Riesenbaum in jedem Frühling aufs neue und<br />

verlor im Herbst sein Laub. Uns Kinder kümmerte das aber<br />

wenig, denn für gesunde Kinder hat jede Jahreszeit Gelegenheit<br />

zu mannigfachem Spiel. Aber einmal schlug auch die<br />

Stunde für den geliebten alten Freund. Das damalige Oberhaupt<br />

der Stadt, Bürgermeister Gayer, wohnte ganz in unserer<br />

Nachbarschaft und mußte daher täglich an dem alten<br />

Baum vorüber gehen. Schon länger hat er ihn wohl mit<br />

Sorgen beobachtet, und eines Tages ließ er die Bewohner der<br />

umliegenden Häuser warnen und eine Wache beim Lindenbaum<br />

aufstellen. Der Riese drohte umzustürzen. Nun kam<br />

die große, sorgenvolle Frage, nach welcher Seite er wohl<br />

fallen würde. War es nach der Seite, wo unser Besitztum lag,<br />

dann bestand die Gefahr, daß er im Sturz unsern schön gepflegten<br />

Garten, ja sogar das Wohnhaus schwer beschädigt<br />

hätte. Immer mehr mußte man einsehen, daß die Katastrophe<br />

heranrückte, es waren aufregende Stunden, da man<br />

darauf wartete. Da, — eines Mittags, wir waren gerade beim<br />

Essen, erfolgte ein großes Krachen und man wußte, nun ist<br />

es geschehen! Nachdem der erste Schrecken vorüber und<br />

anscheinend die Gefahr beseitigt war, ließen wir uns nicht<br />

mehr halten. Der erste Eindruck war der des Dankes, weil<br />

er nicht auf unsere Seite, sondern auf den gegenüberliegenden<br />

Turnplatz gestürzt war, wo er zwar die Turngeräte zer -<br />

splittert, aber weiter keinen Schaden angerichtet hatte. Erst<br />

jetzt, da man ihn in seiner ganzen Größe liegen sah, konnte<br />

man ermessen, wie furchtbar es hätte sein können, wenn er<br />

auf unser Heim gefallen wäre. Nun mußten wir aber dem<br />

toten Riesen nahe kommen. Wie erstaunte man, als man seiner<br />

sonst so fernen Krone gegenüber stand. Unzählig waren<br />

die Aeste und Zweige und wie viel Leben spielte sich darin<br />

ab. Wohnstätten der Vögel, Eichhörnchen und Fledermäuse<br />

waren zerstört worden und noch länger flatterten die vertriebenen<br />

Bewohner um ihre Nester. Und die uns so interessante<br />

Höhlung am Fuße des Baumes konnte man bis<br />

weit hinauf verfolgen. Sie hatte besonders den Fledermäusen<br />

willkommenen Unterschlupf gewährt. ISloch tagelang bot der<br />

gestürzte Baum eine beliebte Stätte zum Spiel, das abei stets<br />

mit stillem Grausen und mit Bewunderung seiner Größe<br />

begleitet war. Aber allmählich rückten die Arbeiter heran<br />

und zerlegten die einzelnen Teile, große Beigen an Holz<br />

türmten sich auf und wurden zu ihrer weiteren Bestimmung<br />

abgeführt. Die Schäden am Turnplatz wurden ausgebessert,<br />

und das Leben ging seinen gewohnten Gang weiter. Die<br />

Menschen, welche die leer gewordene Stätte bemerkten, hatten<br />

vielleicht noch ein Bedauern, aber wie so viele: ist auch<br />

dieses Ereignis bald der Vergessenheit anheimgefallen. Ein<br />

neuer Lindenbaum wurde gepflanzt, der sich nun seit Jahrzehnten<br />

bemühen muß, seinem Vorgänger nachzufolgen.<br />

Aber die Erinnerung an diesen ist in uns wach geblieben<br />

und immer, wenn ich bei einer Rückkehr in die alte <strong>Heimat</strong><br />

die Stätte wiedersehe, meine icn, die Worte zu hören: „Am<br />

Brunnen vor dem Tore, da stand ein Lindenbaum".<br />

zum Gedächtnis<br />

Christiane Zingeler.<br />

auf ihn. Wenn er auch ein turnbegeisterter Student war><br />

und es sich zeigte, daß er später nicht Theologie studieren<br />

werde, in die Hausordnung des Konvikts hat er sich jederzeit<br />

tadellos eingefügt, und man darf ruhig sagen, diese Jahre<br />

im St. Fideliskonvikt haben neben seinem Elternhaus seinen<br />

späteren Lebensweg bestimmt und zum Guten beeinflußt.<br />

Als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, ließ er sich in seiner<br />

ehrlichen vaterländischen Begeisterung nicht mehr lange halten,<br />

sich als Kriegsfreiwilliger zu melden, schreibt er ja am<br />

14. Oktober 1914 an seine Mutter: „ ... als Kriegsfreiwilliger<br />

ins Heer einzutreten. Sei nicht so ängstlich um mich. Stehe<br />

ich im Felde nicht ebenso unter Gottes Hut, nicht ebenso im<br />

Schutze d-^r lieben Himmelsmutter wie hier. Sollte ich fallen<br />

.... dann bekomme ich im Jenseits meinen Lohn! ..."<br />

Wahrhaftig ein schönes Zeugnis für einen jungen Mann, der<br />

auch mit dem Gedanken umging, aktiver Offizier zu werden,<br />

was er aber dann docn später nicht tat. Er meldete sich bei<br />

dem damaligen Feidartillerie-Regiment Nr. 84 in Straßburg.<br />

Den folgenden schönen Satz: „Mit der Bitte, mir alle Fehler<br />

die ich jemals gegen Dich, liebe Mutter, begangen habe, vergeben<br />

zu wollen " schrieb er beim Eintritt ins Heer. Da<br />

er mehr leisten wollte, meldete er sich weg von der Artillerie<br />

zu den Jägern zu Fuß. Neben dem E. K. II. Klasse<br />

brachte er es zum Feldwebel. Ohne Zweifel wäre er bald<br />

Ofiizier geworden, aber wer ihn kannte und vor allem seine

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