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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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das kaiserliche Kammergericht in Rottweil, bei dem ja ihr<br />

alter Fronbrief hinterlegt war und beantragten, den früheren<br />

Rechtszustand wieder herzustellen.<br />

Unter dem 5. Januar 1700 erging an den Fürsten ein kaiserliches<br />

Mandat, nach dem der durch Gewalt erpreßte neue<br />

Fronbrief für rechtswidrig erklärt wird. Selbst wenn man<br />

annehme, daß die Verweigerung der Hilfe ein sträflicher<br />

Ungehorsam sei, was aber bei der Freiheit von Jagdfronen<br />

nicht zutreffe, dann könne man unmöglich eine ganze Gemeinde<br />

dafür haftbar machen, noch weniger dürfe man dann<br />

die für die Freiheit erlegte Geldsumme weiterhin fordern.<br />

Nebenbei wird noch hingewiesen auf die „allzugroße Beschwerd<br />

der sambtlichen hierüber hefftig lamentierenden<br />

Landschafft", von der statt der klar festgelegten Leistungen<br />

beliebig unbestimmte verlangt würden, z. B. statt 8 bisweilen<br />

9 bis 10 Tage Frondienst sogar an Fest-, Sonn- und Feiertagen.<br />

Für den „Fleck Aubingen" komme noch erschwerend<br />

hinzu, daß er für die Leistung der Fron- und Jagddienste<br />

unter allen Gemeinden am weitesten abgelegen sei und „wegen<br />

der bey ereignenden großen Gewässer manchmahlen<br />

überfließenden Wassers, die They (Eyach) genannt, auß dem<br />

Flecken biß zu dessen Niederlegung nicht zu kommen vermöchte."<br />

Ohne der Kläger gänzlichen Ruin könne diese doppelte,<br />

ja mehr als dreifache Beschwerde gar nicht gefordert<br />

werden. Vielmehr seien sie „in ihren vorigen Befreyungs-<br />

Standt vollkommentlich wieder einzusetzen" ohne die mit<br />

Gewalt und Todesdrohung erpreßten neuen Verpflichtungen.<br />

Nachdem das kaiserliche Mandat noch eine Reihe von Entscheidungen<br />

namhafter Rechtsgelehrten angeführt hat, schließt<br />

es mit folgendem allerhöchstem Bescheid:<br />

„So gebiethen Wir Deiner Liebden und Euch Mitbeklagten<br />

von Römisch Kaiserlicher Macht und bey Poen (Strafe) Zehen<br />

Mark löthigen Goldes — halb in Unsere Kaiserliche Cammer<br />

und zum andern halben Theill denen Inpetranten (Klägern)<br />

ohnnachlässig zu bezahlen — hiermit ernstlich und wollen,<br />

daß der mit Gewalt und gegen alle Geist- und Weltlichen<br />

Rechte erzwungene Frohnbrief als null und nichtig kassiert<br />

und gäntzlich aufgehoben, sodann den gewalttätig abgenommenen<br />

Revers und die alten Pergamentinnen Freiheytsbrief<br />

samt allen (Straf) Geldern ohngesaumt restituiert werden."<br />

„Die Kläger sollen bei ihren alten Freiheiten belassen und<br />

mit keinen weiteren Frondienst beschwert werden, „als<br />

lieb Ihro und Euch seyn mag, obangeregte Poen zu vermeiden".<br />

Endlich wird noch befohlen, daß die Kläger an ihrem<br />

Hab und Gut in keiner Weise geschädigt auch ihre Recht»<br />

beistände (Advokaten, Notare und Schreiber) nicht im geringsten<br />

bedroht würden. Auch dafür wird die Poen von 10 Mark<br />

löthigen Goldes angedroht. Zuletzt wird der Fürst bezw. sein<br />

Vertreter vor das kaiserliche Kammergericht vorgeladen,<br />

H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T Jahrgang 1954<br />

falls er gegen dieses Urteil begründeten Einspruch zu erheben<br />

habe. Das kaiserliche Mandat ist also offenbar nicht als<br />

Folge einer Verhandlung vor dem Kammergericht, sondern<br />

als vorläufiges Urteil auf die Anklage der Unterthanen hin<br />

ergangen.<br />

Unterzeichnet ist es von Johann Adam Weikhart Dr. Kayserlichen<br />

Cammergerichts Canzley Verwaltern m. pr., Jacobus<br />

Michael Ltus (Licentiatus) Judicii Imerialis Camerae<br />

(Kaiserl. Kammergerichts) Protonotarius m. pr. und Petrus<br />

Rank Imp. Cam jud. Lector m. pr.<br />

Den Schluß bildet der Bericht des Kayserlichen Cammerbotten,<br />

der das Mandat den Beteiligten zuzustellen hatte. Am<br />

24. Jan. 1700 erschien er in der Stadt Hechingen, meldete<br />

sich bei der Hochfürstlichen Regierungskanzlei, wurde gleich<br />

in die „Regierungs-Stuben" berufen und übergab dem Kanzler<br />

Paul Stengel das Mandat im Original und einer Kopie,<br />

samt den Beilagen. Nachdem der Kanzler davon Kenntnis<br />

genom.men, erhielt der Bote das Original zurück. Der gleiche<br />

Vorgang wiederholte sich bei den Herrn Räten, dann bei<br />

dem Herrn Landrichter Paul Parrate (Baratti) im Schloß.<br />

Zuletzt ritt er am gleichen Tag auf die Burg. Dort wurde er<br />

gar nicht eingelassen. Der Herr Leutenant Sartorius schickte<br />

einen Soldaten heraus, der das Mandat entgegennahm und<br />

alsbald wieder erschien mit dem Vermelden, die Sache gehe<br />

den H. Leutenant nichts an, er solle die Sach anderstwohin<br />

tragen. Dazu hatte der Bote keinen Auftrag und nahm die<br />

Akten nicht mehr an. Während die zwei vor dem Tor verhandelten,<br />

rief der Leutnant von der Mauer herunter, er<br />

solle die Sachen nur wieder mitnehmen, wo nicht, werde er<br />

sie zum Berg hinunterwerfen lassen. Der Soldat legte die<br />

Schreiben auf den Sattel des Pferdes, von wo sie auf der andern<br />

Seite gleich wieder herunterfielen. Der Kammerbote<br />

ließ sie liegen, schwang sich auf sein Pferd und machte sich<br />

eilends aus dem Staub. Am Ende besorgte er, er könnte sonst<br />

den Rückweg nicht mehr finden.<br />

„So alles geschehen im Jahr, Monat, Tag, Stund und Orth<br />

wie obgemeldet.<br />

Henricus Kirschbaum Bottenmaister m. pr.<br />

Ein Einspruch des Fürsten gegen dieses Urteil des Reichskammergerichts<br />

ist offenbar nicht erfolgt. Wahrscheinlich<br />

fügte er sich knirschend der höheren Gewalt, bezahlte die<br />

Kammertaxe mit 3 Rthler 18 Kreuzer und wartete auf eine<br />

bessere Gelegenheit, sich an den widerspenstigen Bauern<br />

schadlos zu halten.<br />

Die Owinger aber hatten dieses Mal allen Grund, den Tag,<br />

an dem sie einen Teil ihrer Freiheit unter schwerer Bedrängnis<br />

gerettet hatten, im Kalender rot anzustreichen<br />

und auf lange Zeit hinaus festlich zu begehen.<br />

Die Hechinger Bürgergarde — einst und jetzt<br />

Wenn die Hechinger Bürgergarde über die Pfingsttage 1954<br />

in den Mauern ihrer <strong>Heimat</strong>stadt das große Bürgerwehr-<br />

Treffen durchzuführen die Ehre hat, so scheint mir dieser<br />

Anlaß besonders dazu angetan, die Geschichte dieser Vereinigung<br />

einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Dieser<br />

Streifzug in die Vergangenheit dürfte nicht nur bei jedem<br />

<strong>Heimat</strong>freund Interesse hervorrufen, sondern auch jenen<br />

Bürgern, die unsere Tätigkeit oft im falschen Licht sehen,<br />

von dem wahren Sinn unserer Sache ein klares Bild geben.<br />

Doch bevor ich die Seiten der Chronik zurückblättere, möchte<br />

ich auf eine immer wieder gehörte Frage eine kurze Antwort<br />

geben:<br />

„Was hat eine Bürgerwehr heute noch zu bedeuten?"<br />

Die Stadtgarden und Milizen, die sich im südwestdeutschen<br />

Raum nur noch in wenigen Gemeinden bis heute erhalten<br />

haben, sind weiter nichts als ein äußerliches Ueberbleibsel<br />

aus mittelalterlicher Zeit.<br />

Vorgänger dieser heutigen Vereine waren die Wehrgemeinschaften<br />

unserer Vorfahren. Dieses Erbe unserer Ahnen<br />

kann in den Begriffen „<strong>Heimat</strong>liebe und <strong>Heimat</strong>treue" zusammengefaßt<br />

werden; und diese Tradition zu pflegen, haben<br />

sich unsere heutigen Bürgerwehren zur Aufgabe gemacht.<br />

Natürlicherweise haben sich die Aufgaben dieser Gemeinschaften<br />

im Wandel der Zeiten geändert. War es früher<br />

ihre Bestimmung, persönliches Eigentum zu schützen, so treten<br />

sie heute in der Hauptsache zur Verschönerung kirchlicher<br />

und weltlicher Festlichkeiten in Erscheinung. Der Geist<br />

und die Kameradschaft dieser Männer sind gleich geblieben.<br />

Wenn auch Aufzeichnungen und Urkunden aus den früheren<br />

Zeiten nur sehr lückenhaft vorhanden sind, so kann man<br />

sich anhand des vorhandenen Materials doch ein ungefähres<br />

Bild machen, wie die Bürgerwehr unserer Vorfahren ausge-<br />

sehen haben mag, welchen Zweck sie hatte und wie sich<br />

ihr Werdegang bis heute vollzog.<br />

Die Geschichte unserer Bürgergarden ist ein Stück Ortsgeschichte,<br />

und ich möchte deshalb unsere Hechinger Betrachtung<br />

beginnen um die Zeit Karl d. Gr., also vor nunmehr<br />

fast 1200 Jahren. Aus dem Jahre 786 nämlich stammt die<br />

erste urkundliche Nachricht unseres <strong>Heimat</strong>ortes, der als<br />

„Hachingum" genannnt wird. (Wahrscheinlich ist aber die<br />

Siedlung, aus der sich Hechingen entwickelte, schon um das<br />

Jahr 300 entstanden.) Natürlich reicht die Geschichte unserer<br />

Bürgerwehren nicht so weit zurück, denn sie beginnt eigentlich<br />

erst mit dem Entstehen der Städte. „Hachingum" wurde<br />

damals (786) nur als Weiler oder Dorf (Vicus) bezeichnet,<br />

obwohl er als Hauptort der „Hattenhuntare" (Gau) schon<br />

damals eine gewisse Vorrangstellung hatte.<br />

Im Jahre 1255 wird Hechingen zum ersten Male urkundlich<br />

als Stadt erwähnt, also zu einem Zeitpunkt, indem die<br />

meisten alten Städte unserer Gegend entstanden sind. (Reutlingen,<br />

Eßlingen 1208; Tübingen 1231; Sigmaringen 1275;<br />

Rottenburg 1284; Stuttgart 1286). Mit der Erhebung zur Stadt<br />

waren besondere Vorrechte verbunden. Eine Stadt war it<br />

gewissem Sinne eine Festung oder Burg, die ihren Einwohnern<br />

Schutz bot. Da die Zeiten sehr unruhig waren, mag<br />

die Stadtmauer dazu beigetragen haben, daß mancher Auswärtige<br />

hinter ihrer Geborgenheit Wohnung nahm. Es ist<br />

auch anzunehmen, daß viele Bewohner des ursprünglichen<br />

Dorfes Hechingen im Tal der Starzel, in die jetzige Oberstadt<br />

hinaufgezogen sind und Bürger wurden. Die Oberstadt<br />

ist wahrscheinlich damals erst neu angelegt worden. Da im<br />

Mittelalter eine Stadt ohne Befestigung nicht denkbar ist,<br />

muß damals schon eine Stadtmauer bestanden haben. Auf<br />

diese Befestigung weist ja auch der Name „Bürger" hin, dmq

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