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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein

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20 H O II E N Z O L L E LT I S C H E H E I M A T<br />

der ja auch die Landwirtschaft betrieb, eine Weide für seine<br />

Rosse unterhielt. Aber alle diese Deutungen sinken in sich<br />

zusammen, wenn man den Garten im Zusammenhang mit<br />

dem anliegenden Gelände Weingärtie als einen Weingarten<br />

ansieht, und das war er auch. Das Gelände war vermöge<br />

seiner Lage am Südabhange eines Berges, geschützt vor dem<br />

Nord- und Ostwind, dem Weinbau überaus günstig. Außerdem<br />

erhöht der Laubwald das an ihm liegende Gelände in<br />

seiner Temperatur ganz beträchtlich. Daher hat vor vielen<br />

Jahren der „Käsperle" seinen ebenfalls dort liegenden Acker<br />

mit Zwetschgenbäumen bepflanzt und jedes Jahr eine reiche<br />

Ernte gehabt; nur hat er die Zwetschgen verkauft, anstatt<br />

sie selbst zu brennen.<br />

Der Par Roßgarten war also unzweifelhaft ein Weingarten.<br />

Aber der Pfarrer war offenbar auch ein Liebhaber<br />

eines besonders guten Tropfens und fortschrittlich gesinnt.<br />

Daher baute er in seinem Weinberg den in Württemberg<br />

damals besonders beliebten Roßwager Wein, dem die Rolle<br />

eines Festweines zukam, wie es vielfach aus den Kellerrechnungen<br />

des württbg. Hofes hervorgeht (siehe Fischer, Schwäbisches<br />

Wörterbuch V Seite 414). Die schönen Roßwager<br />

Trauben stachen natürlich besonders in die Augen, und das<br />

Volk nannte des Pfarrers Weingarten „den Par Roßgarten",<br />

wobei, da es immer darauf ausgeht, einer Sache die kürzeste<br />

Form zu geben, weil es Zeit spart und auch das Mundwerk<br />

nicht zu sehr belastet, des Parrs Roßwagergarten einfach<br />

des Parrs Roßgarten nannte. Diesen gekürzten Volksausdruck<br />

hat dann auch Hagen in sein Lagerbuch aufgenommen.<br />

Das war in einer Zeit, wo das „o" noch nicht zu „au"<br />

diphtongiert war, also vor 1400. Damals wurde noch Win<br />

statt Wein gesprochen, wie noch heute im Markgräflerland.<br />

Ebenso sagte man noch groß statt grauß, Owingen statt Aubingen,<br />

Rose statt Rause usw. Nur Most und Obst und<br />

einige andere Worte widerstanden der Diphtongierung.<br />

Die Roßwager Rebe wurde auch Trollinger genannt, weil<br />

sie aus Tirol bezw. aus dem Gebiet des Meraner Schlosses<br />

Trol bei uns eingeführt wurde. Bei dem Worte Trol lag der<br />

Akzent auf dem „O", das also lang gesprochen wurde. Erst<br />

später wurde das „o" kurz gesprochen, in volketymologischer<br />

Angleichung an das Wort troll = plump und Dralle =<br />

Tölpel.<br />

Die Trollinger Traube, also der Roßwager Weinstock, hat den<br />

Kreisjugendpfleger H. Haiber von Hausen hatte in der<br />

Zeitung ums Jahr 1934 über das ehemalige Jägerhäusle auf<br />

Schnait berichtet und sich dabei auf Ueberlieferungen der<br />

Leute berufen. Schon die Zollerische Landtafel von Merian<br />

vom Jahre 1622 enthält das Häuslein, und in der Anmerkung<br />

dazu sagt der fleißige Kupferstecher, es seien 12 derartige<br />

Tiergartenhäuslein gewesen. Über die Jagdliebhabereien der<br />

zollerischen Grafen und Fürsten braucht man nur J. Cramers<br />

Buch über die Grafschaft Hohenzollern und besonders<br />

seinen Abschnitt über die freie Pirsch zu lesen. (Vgl. dazu<br />

„Freibirsch und zollerischer Forst" in Hohenz. Jahreshefte<br />

1940. S, 1—56). Sicher ist, daß der Landesherr selbst sich<br />

bei dem Jagdvergnügen auch jeweils in den Wildhütten<br />

aufgehalten hat. Das Forsthaus auf dem Schwandel sei nach<br />

Burladinger Ueberlieferung um 1820 abgebrannt.<br />

In hohem Maße war meine Neugier durch Haibers Bemerkung<br />

angeregt worden, daß auf dem Haubenberg südlich<br />

von Hausen Spuren einer menschlichen Wohnstätte vorhanden<br />

seien, und so lockte denn damals ein schöner Herbstnachmittag<br />

mich hinaus in die Gegend um Fehla und Starzelquelle,<br />

und hier möge der Bericht darüber folgen:<br />

Die Schornsteine der Buirladinger Fabriken rauchten<br />

um die Wette, Sonnenschein lag auf Tal und Bergen, wenn<br />

er auch die kühle Herbstluft nicht mehr richtig erwärmen<br />

konnte. Die Wälder unserer Halden hatten den schönsten<br />

Farbenschmuck angelegt in hellstem Gelb einer Schwefelkarte<br />

bis zum tiefsten Rot und Braun meines Farbenkastens.<br />

Ich strebte nach Süden am Delisberg und Gießhübel vorbei.<br />

Von Westen her grüßte die Schnaiter Ebene oberhalb Hausen<br />

und darüber her von fern der Raichbergturm des Albvereins.<br />

Vor mir die Schlichte und Wasserscheide und gleichsam<br />

als Wächter dabei nach Mitternacht der Hausener Kapf<br />

mit seinem spitzen Kegel und den spärlichen Resten einer<br />

Burg. Da, wo die Straße sich ins Killertal senkt, stand einst<br />

in grauen Zeiten das feste Kastell der Römer und nur etwa<br />

50 Meter darunter entspringt der Neubrunnen, eine der vielen<br />

Starzelquellen. Gerade rechts an der Straße, wo jetzt<br />

das Feldkreuz sich erhebt, muß einst auch die bekannte<br />

Schlichtekapelle gestanden haben, deren eines Dachtrauf<br />

sich zur Fehla und das andere sich zur Starzel entleerte.<br />

Oben genannter Merian berichtet auch, die beiden Quellen<br />

Zwischen Fehla und Starzel<br />

Jahrgang 1954<br />

botanischen Namen Vitis vinifera macrocarpa. Sie ist, wie der<br />

Name schon sagt, eine großfrüchtige, saftige und blaue, aber<br />

spät reifende Traube, deren Anbau gerade deswegen wahrscheinlich<br />

von den damaligen Einwohnern verschmäht wurde.<br />

Die Menschen wollen eben möglichst früh ernten und trinken.<br />

Am Neckar war sie weit verbreitet und wurde auch<br />

Bammerer, Hüttler, Welsche und Schwarzwelsche genannt,<br />

denn Tirol rechnete man damals noch zum Welschland. Gegenwärtig<br />

baut sie noch der Weingutsbesitzer Johann<br />

L ä m m 1 e auf seinem Weingut in Stuttgart-Feuerbach,<br />

Diese Adresse verdanke ich dem Herrn Major von<br />

Westhoven in Sigmaringen, der mein Manuskript über<br />

Grosselfinger Flurnamen eingesehen und mir eine Etikette<br />

mit vorliegendem Namen in das Heft gelegt hat. Als ich<br />

kürzlich in Tübingen in der Bahnhofwirtschaft einkehrte,<br />

sah ich auf der Weinkarte auch den Namen „Roßwager".<br />

Es ist selbstverständlich, daß ich mir davon ein Glas geben<br />

ließ, und ich muß schon sagen, er hat mir ebensogut gemundet<br />

wie der Feuerbacher aus der Pfalz oder der Waldulmer<br />

oder Zeller Roter aus dem Badischen oder der Kälterer<br />

See aus Tirol.<br />

Dazu noch etwas Allgemeines: Die neuere Siedlungsforschung<br />

und Deutung der Flurnamen hat vielfach zu ganz<br />

anderen Ergebnissen geführt, als die Sprachgelehrten bisher<br />

darzutun sich bemüht haben. Die Orts- und Flurnamen<br />

hängen vielfach mit dem Leben der Menschen, mit ihren gewerblichen<br />

Tätigkeiten, mit der natürlichen Beschaffenheit<br />

des Geländes, aber auch mit politischen Gewohnheiten mehr<br />

zusammen, als man bisher glaubte. Die Anlehnung an mysteriöse<br />

Persönlichkeiten, z. B. Freistett = Stätte des Frego,<br />

Willstett = Stätte des Willo, Magenbuch = Bühel des Mago,<br />

Wittelbach = Bach des Wittilo, Roggenbach = Bach des<br />

Roggo, Wonnental = Tal der Wonne, Friedingen = bei den<br />

Angehörigen des Frido oder Eberbach = Bach oder Tal, in<br />

dem viele Eber vorgekommen sein sollen, Eppelheim Heim<br />

des Ebbelo und viele andere, ist abwegig und manche erweisen<br />

sich bei näherem Zusehen als alte Thing- und Zufluchts-<br />

oder Opferstätten. Darüber darf man sich auch nicht<br />

durch alte oder älteste Schreibweisen irre führen lassen.<br />

Man hat noch ältere Namen oft mit Gewalt beseitigt, weil<br />

man den Hang des Volkes zu seinen altheidnischen Dingen<br />

und Gebräuchen eben mit Stumpf und Stil ausrotten wollte.<br />

der angeführten Bäche seien nur eine Viertelstunde von<br />

einander entfernt. Im Jahre 1744 machte die Gemeinde Hausen<br />

an den Hechinger Fürsten das Bittgesuch um die Erlaubnis,<br />

die sehr ruinöse Kapelle auf Schlichten, die m e h rtail<br />

auf ihrem Zwing und Bann stehe, abzubrechen<br />

und das Material zur Renovierung ihrer fast baufälligen<br />

Pfarrkirche des Hl. Nikolaus nehmen zu dürfen.<br />

Dabei sollte den Burladingern freigestellt sein, näher gegen<br />

ihren Ort eine eigene kleine Kapelle zu bauen. Zwei Jahre<br />

darauf scheint dieser Bitte stattgegeben worden zu sein. Unsere<br />

heutige Schlichtekapelle steht also nicht mehr auf der<br />

Europäischen Wasserscheide Donau-Neckar! Was wohl die<br />

Hausener damals aus dem altehrwürdigen Hause noch<br />

Brauchbares für ihre Kirche herausgebracht haben? Es ist<br />

sicher herzlich wenig gewesen!<br />

Ich bin inzwischen auf der Höhe des „Forsts" angelangt<br />

und pirsche am Wald entlang dem Bernstein zu. Ein verlassener<br />

Feldstall mit riesigem Dach will fast vor Altersschwäche<br />

und Einsamkeit zusammenbrechen, da die Neuzeit<br />

keine Schafe und also auch keine Verwendung mehr für ihn<br />

hat. „Undankbares Geschlecht, dessen Vorfahren ich durch<br />

Jahrzehnte treu gedient! Jetzt schaut mich kaum mehr einer<br />

an und wenn nicht wenigstens hie und da eine Zigeunerfamilie<br />

sich hier ausruhte..." Der Rest des Klageliedes<br />

ging im Rauschen des Waldes unter. Aber Recht mußte ich<br />

dem Schafstall geben! (Kurz darauf ist er abgerissen worden.)<br />

Ich machte einen kleinen Umweg um den Tannenwald<br />

herum, trotzdem ein schöner Weg geradeaus auf den<br />

Haubenweg zuführt. Schon tauchen die Dächer von Hermannsdorf<br />

hinter dem Hügel auf; ich halte mich rechts<br />

am Waldrand, schneide den Zipfel der Gemarkung dieses<br />

Weilers ab (der bald damals zur Muttermarkung Burladingen<br />

zurückkehrte) und siehe: in dem winterlichen Waldeinschnitt<br />

liegt Schnee, richtiger Schnee. Ich bin in 870 m Höhe.<br />

Bald spürt man an den Füßen, daß der Winter ein harter<br />

und kalter Mann ist, der schnell die Vorherrschaft antreten<br />

wird und nicht mehr mit sich spassen läßt. Vor mir liegt der<br />

gesuchte Hohenberg; der im Volksmund Haubenberg heißt<br />

(zum hauba Bearg"). 928,5 m lese ich auf der Karte. Vor<br />

kurzem noch hielt man ihn für den höchsten Berg Hohenzollerns.<br />

Aber der nordöstlich nur 1500 Meter entfernte<br />

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