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Journal als PDF - Verkehrsjournal

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Das österreichische<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

www.verkehrsjournal.at 1. Jahrgang Heft 02/2007 € 8,-<br />

TO PAY<br />

OR<br />

NOT TO PAY<br />

BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE Auswirkungen der fahrleistungsabhängigen<br />

Maut CITY-MAUT in Österreichs Städten REALISIERUNGSVARIANTEN bei<br />

PPP-Projekten im Verkehrswegebau EINE TRADITION setzt sich durch


Das österreichische <strong>Verkehrsjournal</strong> erscheint einmal pro Quartal


Das österreichische <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

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T +43(0)664/517 09 69<br />

abo@verkehrsjournal.at<br />

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EDITORIAL<br />

Alles über einen Kamm scheren!<br />

Alle Menschen sind gleich! Zumindest vor Gott und dem Gesetz!<br />

Dass ich nicht lache... vor Gott kann ich zwar nicht wirklich beur-<br />

teilen, obwohl auch hier von Himmel und Hölle die Rede ist, was<br />

die unterschiedliche Behandlung der Menschen vermuten lässt, vor dem<br />

Gesetz stimmt‘s keinesfalls. Also warum macht man dann bei der Maut,<br />

Vignette oder wie auch immer das Instrument genannt wird, genau dieses.<br />

Stimmt für Österreich auch nicht ganz. Die Lkw-Maut berechnet sich an-<br />

hand der Achsanzahl des jeweiligen Lkw. Juhu... ich kann meine Freude<br />

kaum in Worte fassen.<br />

Doch das ist zuwenig!!! Eigentlich stimmt‘s ja nicht mal für die Lkw-Maut,<br />

denn die müsste ja eigentlich Lkw- und Busmaut heißen. Und dabei wird<br />

nicht mal zwischen einem Lkw und einem Autobus unterschieden. Na gut,<br />

auf den ersten Blick fallen mir bei diesen beiden Gefährten auch keine Un-<br />

terschiede auf.<br />

Was kann man sich dann überhaupt noch erwarten? Ich persönlich würde<br />

mir dennoch eine Menge erwarten: Die Maut - sowohl beim Lkw <strong>als</strong> auch<br />

beim Pkw - bietet nämlich deutlich mehr Differenzierungsmöglichkeiten <strong>als</strong><br />

die Achsanzahl: So könnte man die Maut regional (z.B. im Sinne eienr City-<br />

Maut, bei der gewisse überlastete Gebiete bemautet werden, um den Verkehr<br />

zu regulieren), ökologisch (z.B. durch Staffelung der Mautsätze aufgund des<br />

Kraftstoffverbrauchs bzw. der Emissionen), zeitlich (z.B. durch hohe Be-<br />

mautung von ausgewählten Straßen zu verkehrlichen Spitzenzeiten), Aus-<br />

lastungsgrad bezogen (z.B. durch höhere Bemautung von Pkw, die nur mit<br />

einer Person besetzt sind oder schlecht ausgelastete Lkw), aber auch Nutzer<br />

bezogen differenzieren (z.B. geringere Maut für wirtschaftlich notwenige<br />

Fahrten ala Zustell- oder Pendlerverkehr und höhere Maut für reine Privat-<br />

fahrten).<br />

Aber warum nachdenken, wenn‘s so auch ganz gut geht? Ganz einfach: Al-<br />

les über einen Kamm scheren, kann ich nicht mal beim Frisör leiden, warum<br />

soll ich es dann im Verkehr dulden.<br />

Alex Schubert, Herausgeber<br />

Mag. Alex Schubert,<br />

Herausgeber des<br />

österreichischen Verkehrsjourn<strong>als</strong><br />

alex.schubert@verkehrsjournal.at<br />

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EDITORIAL<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 05


INHALT 01 | 08<br />

INHALT<br />

06 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

18 32<br />

Betriebswirtschaftliche Aus-<br />

wirkungen der fahrleistungs-<br />

abhängigen Maut. Wie sich<br />

die Einführung der Lkw-Maut<br />

im Jahr 2004 auf den Verkehr<br />

ausgewirkt hat, wurde bereits<br />

zahlreich untersucht. Welche<br />

Konsequenzen hatte sie aller-<br />

dings auf die Transportunter-<br />

nehmen selbst?<br />

City-Maut in Österreichs<br />

Städten. London, Stockholm<br />

und jetzt auch noch Mailand<br />

exerzieren vor, wie eine City-<br />

Maut in Weltstädten eingeführt<br />

werden kann. Sind Österreichs<br />

Städte Weltstadt genug, um<br />

ebenfalls eine City-Maut zu<br />

vertragen?


36 48<br />

Realisierungsvarianten bei<br />

PPP-Projekten im Verkehrs-<br />

wegebau. Das stetig steigende<br />

Verkehrswachstum in Europa<br />

verlangt geradezu nach neuen<br />

Infrastrukturen. Da das staatli-<br />

che Budget zusehends knapper<br />

wird, müssen innovative Pro-<br />

jekte diese Lücke schließen.<br />

Können bzw. wie können PPP-<br />

Projekte dazu beitragen?<br />

Eine Tradition setzt sich<br />

durch. In den letzten drei Jah-<br />

ren gewann eine jeweils im<br />

November stattfindende Veran-<br />

staltung namens „Europäischer<br />

Schienengipfel“ zunehmend<br />

an Bedeutung. Kann sich diese<br />

Veranstaltung <strong>als</strong> Tradition im<br />

Schienenverkehrsbereich eta-<br />

blieren?<br />

Zahlenspielerei: Der Wirtschaftsverkehrsucht sich seinen Weg<br />

Meinung zum Thema: Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen<br />

Offen ausgesprochen - Ausgesprochen offen: Ist die Maut auf dem Weg ...?<br />

Impressum<br />

Umfrage: zu Licht am Tag<br />

Der Verkehrsflieger: Wer heute die Verkehrspolitik abschafft, ...!<br />

Verkehr in Kürze: Oktober, November, Dezember 2007<br />

RubRIKEN<br />

8<br />

10<br />

12<br />

45<br />

46<br />

50<br />

54<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 07


ZAHLENSPIELEREI<br />

ZAHLENSPIELEREI<br />

Der Wirtschaftsverkehr sucht sich seinen Weg!<br />

Seit 1. Jänner 2004 muss jeder Lastkraftwagen, der in<br />

Österreich das hochrangige Straßennetz (<strong>als</strong>o Auto-<br />

bahnen und Schnellstraßen) benutzen will, eine fahrlei-<br />

stungsabhängige Maut berappen; Fahrzeuge mit 2 Ach-<br />

sen müssen dabei 0,155 Euro pro Kilometer, Fahrzeuge<br />

mit 3 Achsen müssen 0,217 Euro pro km und jene mit 4<br />

oder mehr Achsen müssen 0,3255 Euro pro gefahrenem<br />

Kilometer bezahlen.<br />

Jetzt klingen diese Beträge durchaus überschaubar. Wenn<br />

man allerdings bedenkt, dass ein durchschnittlicher Lkw<br />

im Jahr zwischen 80 und 200 tausend Kilometer zu-<br />

rücklegt, abhängig von seinem Einsatzschwerpunkt im<br />

Nah- oder Fernverkehr, dann erscheinen diese Beträge<br />

in einem ganz anderen Licht: Selbst ein Lkw, der nur<br />

80.000 Kilometer Jahreslaufleistung aufweist, wird mit<br />

Mehrkosten in Höhe von 16.431 Euro pro Jahr konfron-<br />

tiert. Steigert sich die Jahreslaufleistung auf 140.000<br />

Kilometer, so erhöht sich die Mehrbelastung um immer-<br />

hin 38.233 Euro. Bei im Jahr gefahrenen Kilometern<br />

von 200.000 entstehen Mehrkosten in Höhe von 54.619<br />

Euro.<br />

Und genau diese Beträge lassen die Transporte überle-<br />

gen! Einerseits wird natürlich versucht, die Mehrbela-<br />

stungen auf die Kunden abzuwälzen; dies funktioniert<br />

08 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Alex Schubert<br />

allerdings (statistisch gesehen) lediglich in etwa 40<br />

Prozent aller Fälle. Die Gründe hierfür sind vielfältig,<br />

beispielhaft seien die unterschiedliche Marktmacht zwi-<br />

schen Auftraggebern und Auftragnehmern bzw. langfri-<br />

stige vertragliche Verpflichtungen angeführt. Anderer-<br />

seits suchen die Verkehrsunternehmen nach alternativen<br />

Routen.<br />

Die Transporteure suchen sich immer den günstigsten<br />

Weg; und das bedeutet nicht, dass sämtliche Fahrten am<br />

hochrangigen Netz durch Umwegfahrten auf niederran-<br />

gigem Netz (<strong>als</strong>o auf Bundes-, Landes- und/oder Ge-<br />

meindestraßen) ersetzt werden.<br />

Diese sog. Ausweichverkehre werden nur dann durchge-<br />

führt, wenn die damit verbundenen Mehrkosten - z.B. <strong>als</strong><br />

Zeitkosten verursacht durch die verlängerte Fahrtdauer,<br />

aber auch erhöhte Treibstoffkosten durch etwaige Um-<br />

wegfahrten bis hin zu vermehrter Abnutzung der Fahr-<br />

zeuge - geringer ausfallen <strong>als</strong> die Mehrkosten, die durch<br />

die zusätzlich zu entrichtende Lkw-Maut entstehen.<br />

Die beiden Grafiken rechts zeigen, dass der Straßengü-<br />

tertransportmarkt hervorragend funktioniert: An einem<br />

durchschnittlichen ochentag wurden im Bereich der<br />

Dauerzählstelle Lassnitzhöhe im Jahr 2003 ca. 4.200


Dauerzählstelle Lassnitzhöhe: tatsächliche Entwicklung und langfristiger Trend der Verkehrsentwicklung<br />

der Lastkraftwagen (LKW) und der Sattellastzüge (SLZ)<br />

Dauerzählstelle Haid: tatsächliche Entwicklung und langfristiger Trend der Verkehrsentwicklung<br />

der Lastkraftwagen (LKW) und der Sattellastzüge (SLZ)<br />

Lastkraftwagen und 2.200 Sattellastzüge gezählt. Dem-<br />

gegenüber fahren dort 2007 etwa 5.000 Lkw und 2.900<br />

SLZ vorbei. Dies entspricht nahezu dem langfristigen<br />

Trend; und dies obwohl in den Jahren 2004, 2005 und<br />

2006 reduzierte Verkehrsströme festzustellen waren. Für<br />

mich lässt dies den Schluß zu, dass sich die Ausweich-<br />

verkehre im Bereich Lassnitzhöhe für die Transporteure<br />

nicht ausgezahlt haben.<br />

Im Gegensatz dazu dürften die Ausweichmöglichkeiten<br />

im Bereich der Dauerzählstelle Haid ausreichen. Im<br />

Jahr 2007 fuhren dort mit ca. 9.800 Lkw und 5.900 SLZ<br />

kaum mehr Fahrzeuge <strong>als</strong> im Jahr 2003; und das obwohl<br />

dort eigentlich (dem langfristigen Trend folgend) mehr<br />

<strong>als</strong> 12.000 Lkw und knapp 8.000 SLZ zu beoachten sein<br />

müssten.<br />

Der Verkehr - und noch viel mehr der Wirtschaftsver-<br />

kehr - sucht sich seinen Weg! ...auch hier.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 09


MEINUNG ZUM THEMA<br />

MEINuNG ZuM THEMA<br />

Auszüge einer regen Diskussion zum Thema „Geschwindigkeits-<br />

beschränkungen auf Autobahnen“ auf verkehrsforum.at<br />

100er auf Autobahn - die dümmste Maßnahme<br />

aller Zeiten<br />

Anonym Dieses Tempolimit ist eine der dümmsten<br />

Massnahmen der jüngeren Geschichte. Bleibt zu<br />

hoffen dass da bald die Vernunft einkehrt und wieder<br />

130 kmh erlaubt sein werden.<br />

100 kmh auf einer 3spurigen Autobahn, unfassbar.<br />

Meint jmd. ernsthaft dass dadurch die Umwelt „we-<br />

sentlich“ entlastet wird?! In Relation zu den Gesamt-<br />

emissionen österreichweit (von Europa red‘ ich gar<br />

nicht) ist das doch absolut vernachlässigbar.<br />

Anonym Was bitte soll an 130 vernünftiger sein? Die<br />

Einsparung von, lass mich schätzen, 2 Minuten auf<br />

10 km?<br />

Anonym Den 100er fahre ich normalerweise im 4.<br />

Gang, die 130 im 5. Gang --- was wird wohl mehr<br />

Umweltbelastung bringen?<br />

Anonym Naja man kann sich den 5. Gang ja auch<br />

für spezielle Momente aufheben. Ich fahre bei 100<br />

durchaus auch im 5. Gang, außer beim Beschleuni-<br />

gen. Wie wärs damit? Schon mal probiert?<br />

marchfelder Also Ich fahr auf der A2 im Schnitt zwi-<br />

10 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

schen 130 bis manchmal auch 160 oder 170, je nach<br />

Verkehrsitutation. Meiner Beobachtung nach liegt<br />

das Durchschnittstempo auf der Autobahn bei ca 150<br />

km/h. Das Problem ist, das man bei der Verkehrsdich-<br />

te heute den Wagen nicht frei laufen lassen kann.<br />

Anonym Oesterreichs Politiker haben sonst keine<br />

anderen Sorgen und Probleme. Aber so kann man die<br />

Medien fuettern und von den wirklichen Problemen<br />

die mit Arbeit verbunden sind ablenken. So „arbeitet“<br />

ein Politiker, Klappe gross aufreissen, gewaehlt wer-<br />

den, nichts tun, fuer nichts verantwortlich sein, halbes<br />

Jahr vor der naechsten Wahl aufwachen und wieder<br />

die klappe gross aufreissen....<br />

Anonym Oesterreichs Politiker haben sonst keine<br />

anderen Sorgen und Probleme.<br />

Aber so kann man die Medien fuettern und von den<br />

wirklichen Problemen die mit Arbeit verbunden sind<br />

ablenken. So Tempo 100 >>> naja wie kann man die<br />

Autofahrer noch abzocken?!<br />

Mit Anlassgesetzgebung! Im Jahr 1980 würde ich ja<br />

noch einsicht haben aber heute?<br />

Mit Verkehrsicherheit oder Umweltschutz hat das<br />

nichts mehr zu tun!


Wir bauen Fahrzeuge mit Höchtgeschwindigkeiten<br />

von über 300km/h extremen Sicherheitsstandart und<br />

Motoren bzw Getrieben mit 6Gängen und Überset-<br />

zungen wo man 130km/h fast mit Standgas fährt!<br />

Gedanke zum Überlegen!!<br />

Anonym Es ist wirklich dämlich. Das steht fest.<br />

Na, das kommt heraus, wenn man Berater von a la<br />

Knoflacher hat.<br />

epo Anscheinend kommt Faymann auch endlich<br />

drauf, dass 100 auf Autobahnen nicht sinnvoll sind.<br />

Feinstaubbelastungen kann man damit nicht oder<br />

wenn nur ganz gering beeinflussen. Hofentlich sehen<br />

das auch endlich die Gutmenschen der Grünen ein.<br />

160 vor dem Aus!<br />

Anonym Endlich kommen die verantwortlichen<br />

Herren drauf, dass 160 km/h einfach zu schnell sind.<br />

Die meisten Autofahrer haben schon bei 130 kaum<br />

mehr Kontrolle über ihr Fahrzeug, geschweige mit<br />

160. Dass diese Höchstgeschwindigkeit zuviel ist,<br />

hätte jedem Laien sofort auffallen müssen.<br />

Anonym Man sollte die gesamten Projektkosten die-<br />

sem unseligen Ex-Verkehrsminister Gorbach weiter-<br />

verrechnen, die er auf Heller und Pfennig von seinem<br />

Privatvermögen zurückzahlen sollte. Es war von<br />

Haus aus klar, dass dieser Beschluss wieder zurück-<br />

genommen werden muss!<br />

Anonym Vielleicht kann man endlich einmal damit<br />

aufhören, alle Autofahrer, die schon mal schneller<br />

<strong>als</strong> 130 auf Autobahnen unterwegs waren, <strong>als</strong> Raser<br />

zu bezeichnen. Ich selbst fahre auch, wenn es die<br />

Wetterlage, die Beschaffenheit der Straße, die Ver-<br />

kehrsdichte, usw. zulassen, schneller <strong>als</strong> die erlaubten<br />

130 kmh. Jeder Autofahrer kann selbst am besten<br />

beurteilen, welche Geschwindigkeit möglich ist und<br />

welche nicht.<br />

Anonym Sie haben unrecht<br />

Anonym Wem 130 auf der Autobahn zu langsam<br />

sind, der solle bitte nur noch in Deutschland Auto-<br />

bahnrasen.<br />

Hier hat man sich an die herrschenden Tempolimits<br />

zu halten. Mir kann keiner sagen, dass auch mit<br />

modernen Autos der Bremsweg bei 160 km/h kürzer<br />

ist <strong>als</strong> bei 130. Sicherheit geht eben vor, auch für<br />

mündige Zeitgenossen.<br />

Anonym Der Gorbach war auch kein Licht.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

11


OffEN AUSGESPROcHEN - AUSGESPROcHEN OffEN<br />

IST DIE MAuT Auf DEM WEG<br />

Zu EINEM SINNVOLLEN<br />

bENuTZuNGSENTGELT?<br />

Damit unsere Wirtschaft funktionie-<br />

ren kann, brauchen wir Verkehr.<br />

Damit der Verkehr funktionieren<br />

kann, brauchen wir zu allererst die<br />

nötigen Infrastrukturen. Diese beste-<br />

hen aus Straßen, Schienen und Was-<br />

serwegen sowie dem Luftraum.<br />

Die Errichtung, Bewirtschaftung<br />

bzw. Instandhaltung dieser Infra-<br />

12 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Elmar Wilhelm M. Fürst<br />

strukturen ist kostenaufwändig. Be-<br />

sonders diskutiert wird dabei die Be-<br />

wirtschaftung des Verkehrsträgers<br />

Straße. Eigentlich wird schon lange<br />

nicht mehr hinterfragt, ob die Be-<br />

nutzung der Straßeninfrastrukturen<br />

mittels Bemautung sinnvoll ist oder<br />

nicht, sondern nur noch, in welcher<br />

Form die Bemautung erfolgen soll.<br />

Dabei erscheint es zu allererst sinn-<br />

elmar.fuerst@verkehrsjournal.at<br />

voll, klar zu stellen dass die All-<br />

gemeinheit (welche einen funda-<br />

mentalen Nutzen aus dem Verkehr<br />

zieht; z.B. durch Erhöhung des ge-<br />

sellschaftlichen Wohlstandes durch<br />

vermehrte Arbeitsteilung oder auch<br />

verbesserte medizinische Versor-<br />

gung besondes im ländlichen Raum)<br />

auch einen Teil dieser Kosten zu tra-<br />

gen hat.<br />

Ebenso nachvollziehbar ist jedoch


auch die Forderung, dass jene, die<br />

die Infrastruktur benützen, um un-<br />

mittelbare erwerbswirtschaftliche<br />

Ziele zu verfolgen bzw. jene, die<br />

solche Verkehre verursachen, eben-<br />

falls einen Teil der (internen und ex-<br />

ternen) Kosten tragen sollen.<br />

Genauso müssen jene, die die Ver-<br />

kehrsinfrastrukturen ausschließlich<br />

für Freizeitaktivitäten benutzen (z.B.<br />

um Freunde zu besuchen), einen Teil<br />

der Kosten übernehmen.<br />

Wie an dieser Stelle schon mehr-<br />

fach ausgeführt, gibt es kein allein<br />

richtiges Rezept zur Berechnung<br />

dieser Kosten. Es wäre <strong>als</strong> Vorfrage<br />

zunächst zu klären, ob man sich auf<br />

ein zumindest einheitlich verwen-<br />

detes System einigen kann, mög-<br />

lichst europaweit, um aus etwaigen<br />

Differenzen resultierende Standort-<br />

nachteile hintanzuhalten.<br />

Ferner wäre auch festzulegen, in<br />

welchen Bereichen die Vorhaltung<br />

der Verkehrsinfrastrukturen <strong>als</strong> ge-<br />

meinwirtschaftlicheStaatsaufga- be und ab wann <strong>als</strong> eine durch den<br />

Verursacher oder Nutzer zu tragende<br />

Leistung darstellt.<br />

Dies ist eine politische Frage. Dem-<br />

nach ist sie durch die gewählten<br />

Vertreter zu entscheiden. Aus dieser<br />

Entscheidung folgt indirekt auch, wo<br />

PPP-Modelle (= Public Private Part-<br />

nerships, auch <strong>als</strong> Öffentlich-Private<br />

Partnerschaft bezeichnet; beschreibt<br />

die Mobilisierung privaten Kapi-<br />

t<strong>als</strong> und Fachwissens zur Erfüllung<br />

staatlicher Aufgaben) <strong>als</strong> sinnvolle<br />

Finanzierungsvariante überlegt wer-<br />

den könnten.<br />

Steht dann schließlich fest, wofür<br />

der Nutzer bzw. der Verursacher des<br />

Verkehrs nun selbst aufzukommen<br />

hat, können ökonomische Mecha-<br />

nismen eingesetzt werden, die einer-<br />

seits zu einer effizienteren Ausnut-<br />

zung infrastruktureller Ressourcen<br />

und andererseits zu einer Reduktion<br />

negativer externen Effekte führen<br />

sollen.<br />

Der Preis für die Infrastrukturnut-<br />

zung kann <strong>als</strong> Knappheitsindikator<br />

dienen. Dies bedeutet, zu Zeiten<br />

hoher Nachfrage nach Verkehrsin-<br />

frastrukturen ist der Preis höher, zu<br />

Zeiten niedrigen Verkehrsaufkom-<br />

mens geht das Benutzungsentgelt<br />

gegen Null.<br />

Zusätzlich könnte man mittels Ein-<br />

satz moderner Erfassungs- und<br />

Abrechnungsverfahren strecken-,<br />

fahrzeug- sowie nutzerbezogene<br />

Preisdifferenzierung betreiben. Bei-<br />

spielsweise könnten Fahrzeuge mit<br />

geringerem Schadstoffausstoß be-<br />

günstigt oder Leerfahrten schlechter<br />

gestellt werden.<br />

Sinnvoll wäre <strong>als</strong>o ein ökosoziales<br />

Peak-load-Pricing anstelle von Ein-<br />

heitspreisen, die – abgesehen vom<br />

Unmut jener, sie diese zu bezahlen<br />

haben – kaum steuernde Wirkung<br />

haben; jedenfalls bei weitem weni-<br />

ger, <strong>als</strong> diese – gesellschaftlich wün-<br />

schenswert – entfalten könnten.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

13


EINE TRADITION SETZT SIcH DURcH<br />

14 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Stell dir vor, es ist Weihnachten ...


... und keiner geht hin!<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 15


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BETRIEBSwIRTScHAfTLIcHE AUSwIRkUNGEN DER fAHRLEISTUNGSABHäNGIGEN MAUT<br />

bETRIEbSWIRTScHAfTLIcHE<br />

AuSWIRKuNGEN DER fAHR-<br />

LEISTuNGSAbHäNGIGEN MAuT<br />

20 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Marcus Einbock<br />

Der Leitartikel dieser Ausgabe des Österreichischen Verkehrsjourn<strong>als</strong> gibt nach<br />

einer fachlichen Einführung einen Überblick über die betriebswirtschaftlichen<br />

Konsequenzen der fahrleistungsabhängigen Maut auf die Unternehmen. Neben<br />

Kostenaspekten werden die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit ange-


sprochen. Schlussendlich werden Stra-<br />

tegien aufgezeigt, welche die maut-<br />

bedingte Zusatzbelastung abfedern<br />

sollen.


BETRIEBSwIRTScHAfTLIcHE AUSwIRkUNGEN DER fAHRLEISTUNGSABHäNGIGEN MAUT<br />

bemautung keine Idee des 20. Jahrhun-<br />

derts<br />

Die Bepreisung der Nutzung von Verkehrsinfrastruktur<br />

im Allgemeinen und von Straßen im Besonderen ist kei-<br />

ne Idee des 20. Jahrhunderts. Bereits im Altertum wa-<br />

ren für die Benützung bestimmter Straßen Gebühren zu<br />

entrichten (vgl. Levinson 2002). Ein Beispiel dafür ist<br />

die Bepreisung der Verbindungsstraße zwischen Syrien<br />

und Babylon. Im 12. Jahrhundert führte England Maut-<br />

abgaben ein (vgl. Lay 1994). Im Jahr 1770 wurden etwa<br />

Neun Zehntel aller englischen Straßen mittels Straßen-<br />

benutzungsabgaben finanziert (vgl. Scheele 1993). Im<br />

mittelalterlichen Deutschland haben Fürsten sogar extra<br />

Brücken gebaut, um Mauteinnahmen für die Überque-<br />

rung der Brücke einzunehmen.<br />

Es ging bei der Bepreisung somit weniger um die Fi-<br />

nanzierung der Verkehrsinfrastruktur, vielmehr war die<br />

Erzielung von Staatseinnahmen das primäre Ziel (vgl.<br />

Kossak 204). Erst mit dem ausgehenden 17.Jahrhundert<br />

erkannten die Staaten die Bedeutung des Ausbaus der<br />

Verkehrsinfrastruktur für das Wachstum ihrer Volkswirt-<br />

schaft und begannen, die Nutzung von Straßen mit einer<br />

Abgabe zu belegen, um die Quantität der Verkehrsinfra-<br />

struktur zu verbessern (vgl. Scheele 1993).<br />

Arten der bepreisung von Straßeninfra-<br />

struktur<br />

Bei genauer Betrachtung der deutschsprachigen Lite-<br />

ratur zur Bepreisung von Straßen ist festzustellen, dass<br />

eine enorme Begriffsvielfalt vorherrschend ist. Gleiche<br />

Sachverhalte werden mit unterschiedlichen Begriffen<br />

beschrieben und unterschiedliche Sachverhalte mit dem<br />

gleichen Wort belegt. So werden Begriffe wie Stra-<br />

ßenbenutzungsgebühren, -beiträge, -abgaben, -preise,<br />

Mauten, City-Mauten, Staugebühren, Ballungsabgaben,<br />

Vignetten oder Road Pricing in Zusammenhang mit der<br />

Bepreisung von Straßeninfrastruktur verwendet. Diese<br />

20 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Vielfalt an Begriffen ist teilweise mit den unterschied-<br />

lichen, der Bepreisung zugedachten Aufgaben erklärbar<br />

(vgl. Teubel 2001).<br />

Eine „Maut“ bezeichnet im Allgemeinen ein Entgelt für<br />

die Nutzung von Straßen. Die Bezugsgrundlage für die<br />

Erhebung der Maut kann entweder ein bestimmter Zeit-<br />

raum (Vignette) oder die gefahrenen Kilometer (Péage)<br />

sein. Es wird somit zwischen einer zeitabhängigen und<br />

einer fahrleistungsabhängigen Maut unterschieden (vgl.<br />

Grandjot 2003). Als Zahlungsempfänger bei der Bemau-<br />

tung fungieren sowohl staatliche Stellen oder auch pri-<br />

vate Unternehmen. Von der Maut ist grundsätzlich jeder<br />

Verkehrsteilnehmer betroffen; dabei ist es irrelevant, ob<br />

inländische oder ausländische Verkehrsteilnehmer die<br />

Straße nutzen.<br />

Eine zeitabhängige Bemautung in Form von Vignetten<br />

wird in erster Linie unter Finanzierungsgesichtspunkten<br />

diskutiert. Für eine Lenkungsfunktion von Verkehrsströ-<br />

men ist eine zeitabhängige Bemautung denkbar ungeeig-<br />

net, da keine Differenzierung im Hinblick auf Häufigkeit<br />

sowie der zeitlichen und örtlichen Inanspruchnahme der<br />

Straßeninfrastruktur erfolgt (vgl. Just 1992). Charakte-<br />

ristisch für eine zeitabhängige Bemautung ist ihr Fixko-<br />

stencharakter.<br />

Einerseits wird dadurch tendenziell der Anreiz verstärkt,<br />

das bemautete Netz zur besseren Verteilung der Fixko-<br />

sten stärker zu nutzen und andererseits spielt eine zeit-<br />

abhängige Abgabe bei der Entscheidung des Verkehrs-<br />

teilnehmers über eine weitere Fahrt grundsätzlich keine<br />

Rolle, da die Grenzkosten der zeitabhängigen Abgabe<br />

bei einer weiteren Fahrt den Wert Null annehmen.<br />

Fahrleistungsabhängige Mautsysteme für den Güterver-<br />

kehr und / oder Personenverkehr lassen sich in der Praxis<br />

immer häufiger finden. Das hat verschiedene Ursachen.<br />

Mittlerweile sind die Technologien der Erhebung soweit<br />

fortgeschritten, dass eine hohe Zuverlässigkeit bei der<br />

Identifikation von mautpflichtigen Fahrzeugen erreicht<br />

wird. Europäische Regierungen erkennen die Möglich-<br />

keiten der Generierung zusätzlicher Steuereinnahmen


zw. der besseren Refinanzierung von Verkehrsinfra-<br />

struktur.<br />

Der große Vorteil der fahrleistungsabhängigen Maut<br />

liegt darin, dass das Prinzip der Verursachungsgerech-<br />

tigkeit realisiert wird. Wer mehr Fahrzeugkilometer<br />

auf dem mautpflichtigen Netz zurücklegt, muss ent-<br />

sprechend mehr zahlen. Die Mautkosten sind demnach<br />

variable Kosten und somit keine Fixkosten wie bei<br />

zeitabhängigen Systemen. Die Bepreisung anhand des<br />

Ressourcenverbrauches ist ja auch bei anderen Gütern<br />

üblich. Wenn ein privater Haushalt beispielsweise durch<br />

unangemessene Festbeleuchtung mehr Strom verbracht<br />

Straße frei. Aufgrund von Lkw- und/oder Pkw-Maut?<br />

Die Bepreisung ... von Straßen ist keine Idee des 20. Jahrhunderts.<br />

Bereits im Altertum waren für die Benützung bestimmter<br />

Staßen Gebühren zu entrichten. Ein Beispiel dafür<br />

ist die Bepreisung der Verbindungsstraße zwischen Syrien<br />

und Babylon.<br />

<strong>als</strong> ein mit elektrischer Energie sparsam wirtschaftender<br />

Haushalt, so ist es unmittelbar einleuchtend und verur-<br />

sachungsgerecht, dass der verschwenderische Haushalt<br />

höhere Energiekosten tragen soll. Der Unterschied ist<br />

jedoch, dass bei elektrischer Energie die Akzeptanz bei<br />

der Bevölkerung zur verursachungsgerechten Kosten-<br />

zuordnung gegeben ist, bei der fahrleistungsabhängigen<br />

Maut – zumindest bis heute – nicht.<br />

Nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Teilen der<br />

Welt wird eine zeit- bzw. fahrleistungsabhängige Be-<br />

mautung von Autobahnen und anderen Straßen verstärkt<br />

praktiziert. Beispielsweise nimmt die Anzahl bepreister<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 21


BETRIEBSwIRTScHAfTLIcHE AUSwIRkUNGEN DER fAHRLEISTUNGSABHäNGIGEN MAUT<br />

Letzte Ausfahrt Pkw-Maut?<br />

Jeder Verursacher trägt seine Kosten. Dank Pkw-Maut?<br />

22 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Autobahnen in China in den letzten Jahren stark zu. Die<br />

daraus generierten Einnahmen dienen der Finanzierung<br />

des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur (vgl. Yang/Tang/<br />

Cheung/Meng 2002).<br />

Eine fahrleistungsabhängige Maut ist jedoch nicht<br />

gleichzusetzen mit dem „Road Pricing“. Unter „Road<br />

Pricing“ wird generell eine stauabhängige sowie räum-<br />

lich und zeitlich differenzierte Preissetzung für Straßen-<br />

nutzungen verstanden (vgl. Berger 2000). Bei „Road<br />

Pricing“ erfolgt eine Erhebung von Preisen für die Stra-<br />

ßenbenutzung, die nach einzelnen Straßenabschnitten<br />

sowie nach unterschiedlichen Zeitpunkten sowie ggf.<br />

nach unterschiedlichen Fahrzeugarten differenziert sind.<br />

Neben den Kriterien der Region sowie des Straßentyps<br />

spielen demnach bei „Road Pricing“ auch Auslastungs-<br />

grade der Straßenverkehrsinfrastruktur eine Rolle (vgl.<br />

Aberle 2003). Daher wird auch oft von Congestion Pri-<br />

cing gesprochen. „Road Pricing“ geht folglich über pau-<br />

schale Nutzungsentgelte (Vignetten, Kfz-Steuer) weit<br />

hinaus.<br />

Im verkehrspolitischen Raum dagegen wird der Begriff<br />

des „Road Pricing“ sehr weit ausgelegt. Das erstaunt<br />

insofern wenig, da Straßenverkehr einen Verkehrsweg<br />

voraussetzt und so jedwede Belastung des Verkehrs <strong>als</strong><br />

eine des Weges interpretiert werden kann (vgl. Hauser<br />

1992). Mittels „Road Pricing“ werden grundsätzlich<br />

zwei Ziele verfolgt. Einerseits dient dieses Konzept der<br />

marktwirtschaftlichen Steuerung von Verkehrsströmen<br />

im Sinne einer effizienten Ressourcenallokation. Ande-<br />

rerseits ist „Road Pricing“ geeignet, den Eigentümern<br />

der Verkehrsinfrastruktur Einnahmen zu verschaffen<br />

(vgl. Wissenschaftlicher Beirat des Bundesministeriums<br />

für Verkehr 1997).<br />

Mittels der marktwirtschaftlichen Steuerung soll eine<br />

pretiale Beeinflussung der Nachfrage auf dem Straßen-<br />

netz vorgenommen werden und zwar derart, dass eine<br />

möglichst gleichmäßige Auslastung der Infrastrukturka-<br />

pazität erfolgt. Insbesondere sollen Überlastungen der<br />

Infrastruktur durch eine engpassorientierte Preisfindung,


die zu intertemporalen sowie strecken- und verkehrs-<br />

mittelspezifischen Verlagerungen führen soll, abgebaut<br />

werden (vgl. Döring 2003). Die aus dem „Road Pricing“<br />

zu erzielenden Erlöse sollten nicht in den allgemeinen<br />

öffentlichen Haushalt eingehen, sondern zur Finanzie-<br />

rung der Investition zur Beseitigung dieser Engpässe<br />

beitragen.<br />

Auswirkungen von fahrleistungsabhän-<br />

gigen Mauten auf unternehmen<br />

Überblick<br />

Die fahrleistungsabhängige Maut wirkt in vielfältiger<br />

Art und Weise auf Unternehmen. Dabei ist es für eine<br />

strukturierte Diskussion von Konsequenzen sinnvoll,<br />

Unternehmen nach der Theorie der Unternehmensfüh-<br />

rung in ein Führungs- und in ein Ausführungssystem<br />

zu differenzieren. Das Führungssystem (Management)<br />

kann dabei weiter unterteilt werden in fünf verschiedene<br />

Führungsteilsysteme und zwar in das Informationssy-<br />

stem, Kontrollsystem, Planungssystem, Organisations-<br />

system und Personalführungssystem.<br />

Die Maut hat zunächst einen unmittelbaren Einfluss auf<br />

das Ausführungssystem der Unternehmen, sofern maut-<br />

pflichtige Fahrzeuge des Unternehmens das bemautete<br />

Straßennetz benutzen.<br />

Transportleistungen <strong>als</strong> Bestandteil von Beschaffungs-,<br />

Absatz- oder Entsorgungsleistungen im Ausführungssy-<br />

stem erfahren Veränderungen durch die Notwendigkeit<br />

der Zahlung einer fahrleistungsabhängigen Maut auf<br />

den Autobahnen und Schnellstraßen. Die Zahlung der<br />

Maut hat Veränderungen in allen fünf Führungsteilsy-<br />

stemen zur Folge.<br />

Das Ausmaß der Auswirkungen auf die fünf Führungs-<br />

teilsysteme ist jedoch sehr unterschiedlich. Verände-<br />

rungen ergeben sich insbesondere im Informationssy-<br />

stem, im Kontrollsystem sowie im Planungssystem des<br />

Unternehmens. Dagegen halten sich die Auswirkungen<br />

auf das Organisations- sowie das Personalführungssy-<br />

stem in vielen Unternehmen in Grenzen.<br />

Im Informationssystem sind in erster Linie die Finanz-<br />

buchhaltung sowie die Kostenrechnung mit der fahr-<br />

leistungsabhängigen Maut konfrontiert. In der Finanz-<br />

buchhaltung wird ein eigenes Konto für Mautzahlungen<br />

eingerichtet und die Mautzahlungen dokumentiert. Die<br />

Veränderungen in der Kostenrechnung sind im Vergleich<br />

zur Finanzbuchhaltung weit gravierender. Die Maut führt<br />

zur Entstehung einer neuen Kostenart, den Mautkosten.<br />

Diese können in direkte und indirekte Mautkosten un-<br />

terteilt werden. Die Mautkosten erhöhen unmittelbar die<br />

Transportkosten eines Unternehmens. Mittelbar können<br />

durch die fahrleistungsabhängige Maut auch die Be-<br />

schaffungskosten eine Steigerung erfahren. Im Rahmen<br />

der Kostenverteilung müssen Methoden entwickelt wer-<br />

den, die Verrechnung der Mautkosten auf Kostenträger<br />

verursachungsgerecht vorzunehmen.<br />

Im Kontrollsystem ergibt sich in erster Linie ein Ände-<br />

rungsbedarf durch die Überprüfung der Rechnungen des<br />

Mautsystembetreibers. Umfangreiche Auswirkungen<br />

der Maut ergeben sich auch im Planungssystem eines<br />

Unternehmens. Die fahrleistungsabhängige Maut kann<br />

die Wettbewerbssituation für Unternehmen verändern.<br />

Die Wettbewerbsposition kann sich gegenüber inlän-<br />

dischen / ausländischen Mitbewerbern in Österreich wie<br />

in anderen Absatzmärkten verbessern oder verschlech-<br />

tern. Für die Unternehmen ist es in der strategischen<br />

Planung das Ziel, die sich durch die Maut verändernden<br />

Gesamtkosten des logistischen Systems unter einem ge-<br />

gebenen Service Level zu minimieren. Dafür bieten sich<br />

eine Vielzahl von Strategien an.<br />

Im Organisationssystem kann es zu Änderungen kom-<br />

men, wenn neue Aufgaben, die in Zusammenhang mit<br />

der fahrleistungsabhängigen Maut entstehen, Aufgaben-<br />

träger zugeordnet werden müssen. Die fahrleistungs-<br />

abhängige Maut kann im Einzelfall auch <strong>als</strong> Anlass für<br />

grundlegende Organisationsänderungen gelten, so zum<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 23


BETRIEBSwIRTScHAfTLIcHE AUSwIRkUNGEN DER fAHRLEISTUNGSABHäNGIGEN MAUT<br />

Beispiel dann, wenn der Planung und Durchführung von<br />

Transporten komplett an Dritte vergeben wird.<br />

Im Personalführungssystem spielt insbesondere die<br />

Weiterbildung der Mitarbeiter über mautrelevante As-<br />

pekte eine große Rolle. Eine Schulung des Fahrperso-<br />

n<strong>als</strong> ist ebenso von Bedeutung wie eine Schulung der<br />

Mitarbeiter der Buchhaltung, der Kostenrechnung oder<br />

der Disposition.<br />

Industrie- und Gewerbeunternehmen sowie Händler<br />

sind dann unmittelbar von der fahrleistungsabhängigen<br />

Maut betroffen, wenn sie über einen eigenen Werkver-<br />

kehrsfuhrpark mit mautpflichtigen Fahrzeugen verfü-<br />

gen, welche das hochrangige Straßennetz benutzen.<br />

Das Ausmaß der Auswirkungen ist jedoch stark bran-<br />

chenabhängig. In Branchen, in denen der Transportko-<br />

stenanteil am Umsatz hoch ist, wird die mautbedingte<br />

Transportkostensteigerung offensichtlich stärkere (Ko-<br />

sten-)Auswirkungen haben <strong>als</strong> in Branchen mit geringen<br />

Transportkostenanteilen am Umsatz. Mittelbar wirkt die<br />

fahrleistungsabhängige Maut unter der Voraussetzung<br />

einer zumindest teilweisen Weitergabe der Mautkosten<br />

an die Kunden über eine Zunahme der Beschaffungsko-<br />

sten auf die Unternehmen.<br />

Erhöhung der Kosten<br />

Mautkosten können in direkte und indirekte Mautkosten<br />

unterschieden werden, beide erhöhen die Transportko-<br />

sten eines Unternehmens.<br />

Unter direkten Mautkosten werden diejenigen Kosten<br />

verstanden, die den Zahlungen an den Betreiber des<br />

Mautsystems für die Benutzung des hochrangigen Stra-<br />

ßennetzes entsprechen. Sie sind grundsätzlich fahrzeug-<br />

bezogen. Die direkten Mautkosten für ein mautpflichti-<br />

ges Fahrzeug setzen sich in Österreich aus dem Mautsatz<br />

in Abhängigkeit der Achszahl sowie der zurückgelegten<br />

Fahrleistung auf dem mautpflichtigen Straßennetz in ei-<br />

ner Periode zusammen. In anderen Staaten, so beispiels-<br />

weise in der Bundesrepublik Deutschland, beeinflusst<br />

24 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

auch die Emissionsklasse des Fahrzeuges die Höhe des<br />

Mautsatzes.<br />

Schwerpunkt der Mautdiskussionen sind die direkten<br />

Mautkosten. Diese weisen in der Tat auch den größten<br />

Anteil an den gesamten Mautkosten auf. Allerdings ent-<br />

stehen durch die fahrleistungsabhängige Maut in den<br />

Unternehmen auch indirekte Mautkosten, die nicht ver-<br />

nachlässigbar sind (vgl. Kummer/Einbock 2003).<br />

Indirekte Mautkosten sind jene Kosten, die beim Trans-<br />

portdienstleister oder werkverkehrsbetreibenden Un-<br />

ternehmen anfallen, in einem unmittelbaren Zusam-<br />

menhang mit der fahrleistungsabhängigen Maut stehen<br />

sowie nicht zu den direkten Mautkosten gehören. Die<br />

indirekten Mautkosten gehören zu den Gemeinkosten<br />

und können in drei Kategorien unterteilt werden:<br />

Vorfinanzierungskosten,<br />

Kosten des Dekrederrisikos und<br />

Kosten des Mautcontrollings.<br />

Die indirekten Mautkosten fallen entweder permanent<br />

an oder sie sind einmaliger Natur.<br />

Vorfinanzierungskosten entstehen aufgrund der Vorfi-<br />

nanzierung, d.h., wenn die Einzahlungen des Auftragge-<br />

bers zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen <strong>als</strong> die für die<br />

Leistungserstellung relevanten Auszahlungen. Sie stellt<br />

folglich eine Art der Überbrückungsfinanzierung dar,<br />

die aus dem betrieblichen Leistungsprozess resultiert.<br />

Für Transportdienstleister sind die Vorfinanzierungsko-<br />

sten durchaus ein erhebliches Problem, da teilweise Ein-<br />

zahlungen vom Auftraggeber erst 60 oder 80 Tage nach<br />

Leistungserstellung eintreffen.<br />

Das Delkredererisiko spielt beim Management von For-<br />

derungen aus Lieferungen und Leistungen eine wichtige<br />

Rolle. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen<br />

entstehen durch unbare Transaktionen, die aus gegen-<br />

seitigen Ansprüchen von Vertragsparteien entstehen,<br />

wobei nur der Lieferant der Leistung seine Pflichten<br />

erfüllt hat. Das Delkredere stellt die Wertberichtigung


<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

25


BETRIEBSwIRTScHAfTLIcHE AUSwIRkUNGEN DER fAHRLEISTUNGSABHäNGIGEN MAUT<br />

im Umfang der erwarteten Einbußen bei zweifelhaften<br />

und bei uneinbringlichen Forderungen dar. Kosten für<br />

das Delkredere-Risiko fallen insbesondere bei Frächtern<br />

bzw. Speditionen an. Wenn beispielsweise ein Spediteur<br />

einen Frächter mit einer Transportdurchführung beauf-<br />

tragt und der Frächter benutzt für die Auftragserfüllung<br />

das mautpflichtige Straßennetz, so wird der Frächter<br />

Mautschuldner gegenüber dem Mautbetreiber. Gerät<br />

der Spediteur nach der Durchführung des Transportes<br />

in Konkurs und mangelt es an Konkursmasse, so muss<br />

der Transporteur - vollständige Weiterverrechnung der<br />

Mautkosten unterstellt - seine Forderung an den Spedi-<br />

teur vollständig abschreiben. Ebenso gilt dies im Fall,<br />

wenn ein Verlader <strong>als</strong> Auftraggeber und ein Spediteur<br />

<strong>als</strong> Auftragnehmer fungiert und letzterer die Transport-<br />

leistung selbst erstellt bzw. durch Frachtunternehmen<br />

erstellen lässt.<br />

Zu den indirekten Mautkosten gehören auch die Kosten<br />

des Mautcontrollings. Das Mautcontrolling beschäftigt<br />

sich mit jenen Prozessen der Zielsetzung, Planung, Steu-<br />

erung und Kontrolle in Unternehmen, die aus der Ein-<br />

führung der fahrleistungsabhängigen Maut resultieren.<br />

Das Ziel des Mautcontrollings besteht in der Sicherung<br />

und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions- und Ad-<br />

aptionsfähigkeit der Unternehmensführung aufgrund<br />

der mautinduzierten Veränderung der Umweltbedin-<br />

gungen der Unternehmen. Die Einführung eines Maut-<br />

controllings ist insbesondere für Transportdienstleister,<br />

aber auch für werkverkehrsbetreibende Unternehmen,<br />

die mit hohen direkten Mautkosten konfrontiert sind,<br />

sinnvoll.<br />

Durch die mautinduzierte Zunahme der Transportkosten<br />

im Beschaffungs- und Dis-tributionsbereich von Un-<br />

ternehmen in Supply Chains können mittelbar die Be-<br />

schaffungskosten der Unternehmen ansteigen. Zu den<br />

Beschaffungskosten gehören neben den Beschaffungs-<br />

objektkosten (Einkaufspreis) auch die Beschaffungspro-<br />

zesskosten. Zu den Beschaffungsprozesskosten gehören<br />

u.a. Kosten für Bedarfs-, Markt-, Lieferantenanalysen,<br />

für Verhandlungen mit Zulieferern, aber auch Kosten für<br />

26 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

die Abwicklung der Bestellungen. Die mautinduzierte<br />

Veränderung der Beschaffungskosten trifft insbesondere<br />

Industrie-, Gewerbe- sowie Handelsunternehmen.<br />

Weitergabe von Kostenerhöhungen in Supply<br />

chains<br />

Die fahrleistungsabhängige Maut wirkt wie eine Distanzsteuer<br />

und kann eine erhebliche Kostensteigerung<br />

bewirken. In bezug auf die Kostenträgerschaft<br />

der mautbedingten Zusatzkosten gibt es drei Möglichkeiten<br />

der Weitergabe:<br />

Sie können vollständig selbst getragen werden.<br />

Mautkosten können teilweise in der Supply chain<br />

weitergegeben werden oder<br />

vollständig in der Wertschöpfungskette weitergereicht<br />

werden.<br />

Die tatsächliche Weitergabe von Mautkosten ist u.a.<br />

von der Angebots- und Nachfragefunktion eines<br />

Gutes abhängig. unter einem Gut wird hier entweder<br />

die Transportdienstleistung oder ein materielles Gut<br />

verstanden. Die Elastizität der Angebotsfunktion spielt<br />

eine wichtige Rolle bei der Weitergabe der Kosten der<br />

fahrleistungsabhängigen Maut. bei Vorhandensein einer<br />

vollständig elastischen Angebotskurve kann eine<br />

vollständige Weitergabe der Maut erfolgen. Zu einem<br />

bestimmten Preis wird jede gewünschte Menge eines<br />

Gutes (hier z.b. Transportdienstleistung) angeboten,<br />

jedoch wird nichts zu einem niedrigeren Preis angeboten.<br />

Das bedeutet, dass der Preis ausschließlich<br />

durch die Angebotskurve und die Menge allein durch<br />

die Nachfragefunktion determiniert wird. Im fall eines<br />

völlig unelastischen Angebotes steht die Menge eines<br />

Gutes fest. Der Gleichgewichtspreis wird dann ausschließlich<br />

durch die Nachfragefunktion bestimmt.<br />

Das impliziert ein vollständiges Selbsttragen der direkten<br />

und indirekten Mautkosten. Der typische fall<br />

ist eine positiv geneigte, jedoch nicht vertikale funktion<br />

des Angebotes. Das Ausmaß der Weitergabe hängt


von der Steigung der Angebotskurve ab. Je höher die<br />

Steigung, desto geringer ist der Anteil der Zusatzko-<br />

sten, die weitergegeben werden können.<br />

Die Angebots- und Nachfragefunktionen können un-<br />

ter anderem durch die Machtverteilung, die Markt-<br />

struktur sowie durch die Kooperationswilligkeit bei-<br />

der Marktseiten beeinflusst werden. Als wichtiger<br />

Einflussfaktor für die Möglichkeit der Weitergabe der<br />

Zusatzbelastung ist die Machtverteilung zwischen der<br />

Anbieterseite (Lieferanten bzw. Transportdienstleister)<br />

und der Nachfragerseite (Kunden) zu nennen. Es ist<br />

evident, dass eine große Marktmacht eines unternehmens<br />

zugleich Möglichkeiten eröffnet, Preise aktiv zu<br />

beeinflussen. Ein großer Lieferant / Transportdienstleister<br />

wird gegenüber seinen Kunden mit einer höheren<br />

Wahrscheinlichkeit vollständig die Mautkosten weiterverrechnen<br />

können <strong>als</strong> ein kleiner Anbieter. Je größer<br />

der Nachfrager, desto weniger wird er ceteris paribus<br />

aufgrund seiner zunehmenden Machtfülle bereit sein,<br />

mautinduzierte Zusatzkosten zu übernehmen.<br />

Damit eng zusammen hängen die Marktstrukturverhältnisse<br />

und damit die Wettbewerbssituation auf der<br />

Anbieter- und Nachfragerseite, welche die Machtverhältnisse<br />

der Marktseiten beeinflussen (vgl. brümmerhoff<br />

2001). Interesse an vollständiger Weitergabe der<br />

Zusatzkosten unterstellt, können Anbieter versucht<br />

sein, kurzfristige Wettbewerbsvorteile durch ein vollständiges<br />

Selbsttragen oder nur teilweiser Weitergabe<br />

der Zusatzkosten zu lukrieren. Dieses Verhalten kann<br />

insbesondere bei polypolistischen Anbieterstrukturen<br />

auftreten. Je höher der Konzentrationsgrad - und damit<br />

die Machtbündelung - auf der Anbieterseite ist,<br />

desto leichter wird ceteris paribus eine Weitergabe der<br />

Zusatzkosten möglich sein. Je höher die Wettbewerbsintensität<br />

auf den Absatzmärkten der Nachfrager, desto<br />

geringer wird die bereitschaft ausfallen, Zusatzkosten<br />

zu übernehmen.<br />

Ein weiterer Einflussfaktor, der unter anderem durch<br />

Marktstrukturen beeinflusst werden kann, ist die Koo-<br />

www.verkehrsjournal.at<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 29


perationswilligkeit der Anbieter- und Nachfragerseite.<br />

Je intensiver die bereitschaft zu Kooperation auf beiden<br />

Seiten ausgeprägt ist, desto höher ist ceteris paribus<br />

der Anteil der weitergegebenen Zusatzkosten.<br />

Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />

Die Maut hat auch Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der unternehmen. Die Wettbewerbsfähigkeit<br />

eines unternehmens kann durch die fahrleistungsabhängige<br />

Maut entweder eine Verbesserung<br />

oder eine beeinträchtigung erfahren. Gleichwohl wird<br />

es jedoch auch eine Vielzahl von unternehmen geben,<br />

deren Wettbewerbsfähigkeit durch die fahrleistungsabhängige<br />

Maut keinen Veränderungen unterworfen<br />

ist. Pauschalaussagen, dass die fahrleistungsabhängige<br />

Maut generell zu einer Verschlechterung der<br />

Wettbewerbsfähigkeit von unternehmen führt, entbehren<br />

jeglicher Grundlage. bei der beurteilung der<br />

Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit macht es<br />

Sinn, bezugsobjekte für den Vergleich zu bestimmen.<br />

folgende bezugsobjekte erscheinen für eine Analyse<br />

<strong>als</strong> sinnvoll:<br />

österreichische Mitbewerber in Österreich,<br />

österreichische Mitbewerber im Ausland,<br />

ausländische Mitbewerb er in Österreich und<br />

ausländische Mitbewerber im Ausland.<br />

Aufgrund dieser Differenzierung können unterschiede<br />

in der Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit je nach<br />

bezugsobjekt aufgedeckt werden. So ist anzunehmen,<br />

dass die Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit im<br />

Ausland sich von der im Inland unterscheidet. Ebenso<br />

gilt dies für das Kriterium der Herkunft der Wettbewerber<br />

(inländische bzw. ausländische Herkunft). So<br />

beispielweise kann leicht die behauptung leicht widerlegt<br />

werden, dass die Maut im Hinblick auf die Wirkung<br />

einem Importzoll gleicht. bei der Gegenüberstellung<br />

zweier Supply chains – bei einer Herstellung auf<br />

allen Ebenen im Ausland und bei der zweiten Produktion<br />

auf allen Stufen in Österreich – wird offensichtlich,<br />

dass die Supply chain mit der Wertschöpfung im Ausland<br />

c.p. kostengünstiger ist <strong>als</strong> die inländische Wertschöpfungskette.<br />

Strategien der unternehmen <strong>als</strong> Antwort auf<br />

mautbedingte Zusatzkosten<br />

Die Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut kann<br />

zu einer Veränderung der Zielkonzeption von Unternehmen<br />

führen. Das generelle Oberziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Unternehmens trotz der Existenz der<br />

fahrleistungsabhängigen Maut sicherzustellen. Die Erfüllung<br />

dieses Oberzieles kann durch zwei Kategorien<br />

von Unterzielen ermöglicht werden:<br />

In der ersten Kategorie der Unterziele geht es darum,<br />

den durch die fahrleistungsabhängige Maut bedingten<br />

Zuwachs der Gesamtkosten zu minimieren.<br />

In der zweiten Zielkategorie werden Ziele im Hinblick<br />

auf die Weiterverrechnung der direkten und<br />

ggf. indirekten Mautkosten festgelegt.<br />

Ein wichtiges Unterziel in der ersten Zielkategorie dürfte<br />

bei vielen Unternehmen die Minimierung der Mautkosten<br />

sein. Ein alleiniges Ziel der Mautkostenminimierung<br />

greift jedoch zu kurz, da Interdependenzen mit<br />

anderen Planungsobjekten auftreten, d.h. Zielkonkurrenz<br />

besteht. Eine Minimierung von Mautkosten kann<br />

andere Kosten im logistischen System erhöhen. So führt<br />

beispielsweise eine Verminderung der Transportfrequenz<br />

bei Straßengüterfernverkehrstransporten zwar zu<br />

einer Verringerung der Mautkosten, jedoch nehmen andererseits<br />

die Lager- und Bestandskosten zu, abgesehen<br />

von damit einhergehenden längeren Lieferzeiten. Daher<br />

ist immer eine Minimierung der Gesamtkosten des logistischen<br />

Systems anzustreben (vgl. Pfohl 2003).<br />

Zur Erreichung dieser Ziele können die folgenden Strategien<br />

genutzt werden:<br />

Strategien im Beschaffungsbereich<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

29


BETRIEBSwIRTScHAfTLIcHE AUSwIRkUNGEN DER fAHRLEISTUNGSABHäNGIGEN MAUT<br />

30 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Strategien im Absatzbereich von Unternehmen<br />

Strategien zur Verbesserung der Standortstruktur in<br />

logistischen Netzwerken<br />

Strategien im Transport- und Verpackungsbereich<br />

Reorganisation in der Transportlogistik<br />

Verstärkte Nutzung nicht bemauteter Straßen<br />

Strategien der Veränderung der Fahrzeugzusam-<br />

mensetzung im Fuhrpark<br />

Verstärkter Einsatz nicht-mautpflichtiger<br />

Fahrzeuge<br />

Verstärkter Einsatz von kleineren, geringer<br />

bemauteten Fahrzeu-gen<br />

Verstärkter Einsatz größerer Fahrzeuge<br />

Verlagerung auf andere Verkehrsträger<br />

Bildung und Intensivierung von Kooperationen<br />

Verstärkte Kooperation bei Industrie und Ge-<br />

werbe<br />

Verstärkte Kooperation bei Transportdienst-<br />

leistern<br />

Verstärkte Auslagerung von Transportdienstlei-<br />

stungen bei Industrie und Gewerbe<br />

Ausflaggung von Fahrzeugen bei Transport-<br />

dienstleistern<br />

Häufigere Nutzung von Einwegverpackungen<br />

Welche der Strategien wirklich zweckmäßig eingesetzt<br />

werden, muss im Einzelfall beurteilt werden.<br />

Die fahrleistungsabhängige Maut führt zur Erhöhung der<br />

Transportkosten. Keineswegs kann paschal unterstelt werden,<br />

dass die mautbedingten Zusatzkosten vollständig weitergegeben<br />

werden können.<br />

Es zeigt sich in der Praxis, dass Mautausweichverkehre,<br />

<strong>als</strong>o die verstärkte Nutzung nicht bemauteter Straßen,<br />

nur im Ausnahmefall betriebswirtschaftlich vorteilhaft<br />

ist. Die Fuhrparkzusammensetzung wird auch nur ge-<br />

legentlich <strong>als</strong> ein Ansatzpunkt zur Mautkostensenkung<br />

aufgefasst.<br />

Die von der Verkehrspolitik erhoffte Verlagerung auf<br />

andere Verkehrsträger, insb. der Eisenbahn, war bisher<br />

eher ein Hoffen. Mengen im nennenswerten Umfang<br />

sind aufgrund der Maut nicht verlagert worden. Die Ei-<br />

senbahn könnte es auch nicht, weil für eine Güterver-<br />

lagerung im erheblichen Umfang gar keine Ressourcen<br />

zur Verfügung stehen.<br />

fazit<br />

Die fahrleistungsabhängige Maut führt zunächst unmit-<br />

telbar zu einer Erhöhung der direkten und indirekten<br />

Mautkosten, welche die Transportkosten erhöhen. Dies<br />

erhöht die Beschaffungskosten, da auch Lieferanten mit<br />

den zusätzlichen Kosten konfrontiert werden.<br />

Keineswegs kann pauschal unterstellt werden, dass die<br />

mautbedingten Zusatzkosten vollständig weitergegeben<br />

werden. Dies hängt von den geschilderten Faktoren ab.


Für ein Unternehmen ist es das generelle Oberziel, die<br />

Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens trotz Einfüh-<br />

rung der fahrleistungsabhängigen Maut sicherzustellen.<br />

Die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit erfolgt durch<br />

die Minimierung des durch die fahrleistungsabhängige<br />

Maut bedingten Zuwachses der Gesamtkosten des lo-<br />

gistischen Systems. Für die Minimierung des Gesamt-<br />

kostenzuwachses in Logistiksystemen bieten sich eine<br />

Reihe unterschiedlicher Strategien an. Neben Strate-<br />

gien im Beschaffungs- und Absatzbereich können auch<br />

Strategien zur Verbesserung der Standortstruktur in<br />

logistischen Netzwerken zur Zielerfüllung beitragen.<br />

Weiterhin existieren viele Ansätze im Transport- und<br />

Verpackungsbereich, welche die Gesamtkosten des lo-<br />

gistischen Systems vermindern helfen.<br />

Literatur<br />

Aberle, G.: Transportwirtschaft, 4., überarbeitete Aufl., München, 2003<br />

Berger, U.: Engpässe bei Verkehrs-Infrastrukturen, Berlin, 2000<br />

Brümmerhoff, D.: Finanzwissenschaft, 8., völlig überarb. u. stark erw.<br />

Aufl., München, 2001<br />

Döring, T.: Alternativen der Bereitstellung und Finanzierung kommunaler<br />

Infrastruktur, in: DVWG (Hrsg.): Zukünftige Verkehrsplanung im<br />

Zeichen der Finanzkrise, Schriftenreihe der DVWG, Band B 266, Berlin,<br />

2003, S. 134 - 197<br />

Grandjot, H.-H.: Die Maut - Fakten und Hintergründe, in: Hector, B.<br />

u.a.: Maut-Management, Hamburg, 2003, S. 21 – 31<br />

Hauser, G.: Setzt sich das Road Pricing doch noch durch?, in: Jahrbuch<br />

der Schweizerischen Verkehrswirtschaft 1991/ 92, St.Gallen, 1992, S.65<br />

– 78<br />

Just, K.: Mautsysteme und Finanzierung von Autobahnen aus gesamteuropäischer<br />

Sicht, in: Interalp Verkehrsforum (Hrsg.): Verkehrsforum<br />

1992, Tagungsband, Germering, 1992, S. 64 - 68<br />

Kossak, A.: Straßenbenutzungsgebühren weltweit, in: Internationales<br />

Verkehrswesen, 56. Jg., Nr. 6, 2004, S. 246 - 249<br />

Kummer, S. u. M.Einbock: Auswirkungen der Einführung der fahrleistungsabhängigen<br />

Lkw-Maut in Österreich - Ergebnisse einer empirischen<br />

Umfrage, Wien, 2003<br />

Lay, M.G.: Die Geschichte der Straße, Frankfurt / Main, 1994<br />

Levinson, D.: Financing Transportation Networks, Cheltenham, 2002<br />

Pfohl, H.-Chr.: Logistiksysteme, 7., korrigierte und aktualisierte Aufl.,<br />

Berlin, 2003<br />

Scheele, U.: Privatisierung von Infrastruktur, Köln, 1993<br />

Teubel, U.: Road Pricing - effizient, aber unsozial?, Frankfurt am Main,<br />

2001<br />

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr: Neue Wege<br />

zur Finanzierung und Nutzungsoptimierung für die Straßeninfrastruktur,<br />

in: Zeitschrift für Verkehrswissenschaft, 68.Jg., 1997, S. 73 – 93<br />

Yang, H.; Tang, W.; Cheung, W.M. a. Q.Meng: Profitability and welfare<br />

gain of private toll roads in a network with heterogeneous users, in:<br />

Transportation Research, Part A, Vol. 36, No. 6, 2002, pp. 537 – 554<br />

Dr. Marcus Einbock arbeitete bis Dezember 2007 <strong>als</strong><br />

Universitätsassistent an der Wirtschaftsuniversität<br />

Wien, Institut für Transportwirtschaft und Logistik.<br />

Nunmehr ist er <strong>als</strong> Projektmanager am Zentrum für<br />

Transportwirtschaft und Logistik in Wien tätig. Seine<br />

Forschungs- und Beratungsaktivitäten erstrecken sich<br />

von der Gestaltung von Supply Chains über Supply<br />

Chain Planning bis hin zu verkehrsträgerspezifischen<br />

Managementkonzeptionen.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

31


cITy-MAUT IN öSTERREIcHS STäDTEN<br />

cITy-MAuT<br />

IN ÖSTERREIcHS STäDTEN<br />

London, Stockholm und jetzt Mailand. Diese Städte ha-<br />

ben in den letzten Jahren die City-Maut eingeführt. Und<br />

mit jeder Einführung wurde auch in Österreich über die<br />

City-Maut heiß diskutiert. Denn manche sehen die City-<br />

Maut <strong>als</strong> „Schreckgespenst“. Andere sehen darin eine<br />

Lösung, um vorhandene Verkehrsprobleme zu verrin-<br />

gern. Erwartet wird von der City-Maut sowohl eine Ver-<br />

meidung von Straßenverkehr, <strong>als</strong> auch eine Verlagerung<br />

auf Öffentliche Verkehrsmittel sowie bei kurzen Strecken<br />

aufs Radfahren und Gehen. Die Auswirkungen: Weniger<br />

32 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

DI Martin Blum, Verkehrspolitik, Verkehrsclub Österreich<br />

Alex Schubert/Martin Blum<br />

Staus, weniger Schadstoffe und durch die Mauteinnah-<br />

men mehr Geld, etwa für den Ausbau des Öffentlichen<br />

Verkehrs oder die Förderung der lokalen Wirtschaft.<br />

In der Regel werden sämtliche öffentlichkeitswirksame<br />

Diskussionen zum Thema City-Maut abrupt gestoppt. Im<br />

Grunde stets, weil sich dieses Thema politisch nicht gut<br />

verkaufen lässt. Keine politische Gruppierung möchte<br />

sich den Unmut der größten Wählergruppe, der Auto-<br />

fahrer, zuziehen.


Das Österreichische <strong>Verkehrsjournal</strong> hat sich deshalb<br />

genau mit diesem Thema beschäftigt und zwar via Inter-<br />

view mit Martin Blum vom VCÖ (Verkehrsclub Österrei-<br />

ch). Der VCÖ ist durchaus dafür bekannt, auch politisch<br />

sensible Themen ehrlich anzupacken, um die objektive<br />

Diskussion zu unterstützen. Da sich das Österreichische<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> einer objektiven Darstellung verschrie-<br />

ben hat, baten wir Herrn Blum zum Gespräch:<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> Herr Blum, der VCÖ hat sich wieder<br />

mal sehr weit aus dem Fenster gelehnt und nach der<br />

raschen Einführung von City-Maut in österreichischen<br />

Städten verlangt. Warum genau?<br />

VCÖ In Städten ist das volkswirtschaftliche Optimum<br />

der Verkehrsstärke auf Straßen in der Regel überschrit-<br />

ten. Das heißt, dass Schäden und Folgekosten des zu-<br />

sätzlichen Verkehrs größer sind <strong>als</strong> der zusätzliche Nut-<br />

zen. Eine City-Maut kann die Verkehrsstärke auf das<br />

volkswirtschaftliche Optimum verringern.<br />

VJ Soll das bedeuten, dass mit Einführung von City-<br />

Maut-Systemen alle Verkehrsprobleme in Österreichs<br />

Städten gelöst werden können?<br />

VCÖ Nein. City-Mauten sind kein Allheilmittel, mit de-<br />

nen man sämtliche Verkehrsprobleme lösen kann. Den-<br />

noch hat sich gezeigt, dass überall dort, wo derartige<br />

Systeme bisher eingeführt wurden, es heute weniger<br />

Staus gibt <strong>als</strong> vor deren Einführung und dass die Schad-<br />

stoffbelastungen ebenfalls überall deutlich abgenom-<br />

men haben. In Stockholm z.B. ist der Kfz-Verkehr in der<br />

bemauteten Zone um immerhin 23 Prozent zurückgegan-<br />

gen, wodurch die die Feinstaubbelastung um satte 13<br />

Prozent abgenommen und die CO2-Emissionen um 14<br />

Prozent zurückgegangen sind.<br />

VJ In welchen österreichischen Städten wären City-<br />

Mauten sinnvoll?<br />

VCÖ Der VCÖ hat für die Landeshauptstädte Wien und<br />

Graz detaillierte Studien ausgearbeitet, welche die Ein-<br />

führung einer City-Maut positiv bewerten. Für die Städ-<br />

te Salzburg und Klagenfurt wurden Mautszenarien ent-<br />

wickelt, die <strong>als</strong> Impulse für weitere Untersuchungen und<br />

Abschätzungen dienen sollen. Die City-Maut kann aber<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 33


cITy-MAUT IN öSTERREIcHS STäDTEN<br />

auch in kleineren Städten mit spezifischen Verkehrspro-<br />

blemen, wie beispielsweise Bregenz, positive Effekte auf<br />

Wirtschaft und Umwelt haben.<br />

VJ Bleiben wir bei Wien und Graz, für die Sie <strong>als</strong>o de-<br />

taillierte Ergebnisse darlegen können. Wie würde sich<br />

die Einführung einer City-Maut in Wien bzw. Graz aus-<br />

wirken?<br />

VCÖ Die Umweltbelastung durch den Verkehr ist in bei-<br />

den Städten hoch. In Wien z.B. werden an jedem Werktag<br />

1,4 Tonnen Feinstaub, 9,1 Tonnen Stickoxide und rund<br />

2.900 Tonnen CO2 durch den Kfz-Verkehr verursacht.<br />

Das Reduktionspotential durch die City-Maut liegt, je<br />

nach Modell, bei etwa 15 bis 25 Prozent.<br />

VJ Wie muss ich mir ein solches City-Maut-System für<br />

Wien und Graz nun vorstellen?<br />

VCÖ Grundsätzlich könnte man City-Mauten auf den<br />

fließenden Verkehr ausrichten; ebenso könnten aber<br />

auch die abgestellten Fahrzeuge in ein City-Maut-Sy-<br />

stem eingebunden werden. Abgesehen davon sollte die<br />

Bepreisung eine Differenzierung nach der Tageszeit<br />

und/oder der Verkehrsstärke zulassen. Die Maut könnte<br />

entfernungsabhängig sein. Die Einfahrt in die bemau-<br />

tete Zone wäre dann zu bestimmten Tageszeiten kosten-<br />

pflichtig.<br />

VJ Das Thema ist <strong>als</strong>o sehr komplex. Dennoch sind in<br />

der Praxis nur selten inhaltliche Gründe für das Schei-<br />

tern der City-Maut-Diskussionen verantwortlich. Sehr<br />

häufig scheuen sich Politiker dieses „heiße Eisen“ an-<br />

zufassen.<br />

VCÖ Es gehört sicher Mut dazu, eine City-Maut poli-<br />

tisch umzusetzen. Mut, der von den Wählerinnen und<br />

Wählern belohnt wird. In London hat der dortige Bür-<br />

germeister Ken Livingston die City-Maut eingeführt und<br />

wurde danach wieder gewählt. In Stockholm wurde die<br />

City-Maut einige Monate getestet, die Bevölkerung hat<br />

sich danach mehrheitlich für die City-Maut ausgespro-<br />

chen. Das ist keine Überraschung. Bei Umfragen geben<br />

34 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

bis zu 90 Prozent der Stadtbevölkerung an, dass sie we-<br />

niger Autoverkehr und eine bessere Luftqualität haben<br />

möchten. Und genau das bringt die City-Maut. Deshalb<br />

spricht sich der VCÖ für ein Pilotprojekt in Österreich<br />

aus. Warum soll eine Maßnahme, die sich international<br />

sowohl in kleinen, <strong>als</strong> auch großen Städten bestens be-<br />

währt, gerade in Österreich nicht funktionieren?<br />

VJ Soll es nach der Pilotphase eine Abstimmung über<br />

die City-Maut geben?<br />

VCÖ Österreich ist eine repräsentative Demokratie. Im<br />

Wesentlichen fallen die Entscheidungen in den Parla-<br />

menten. Während etwa für die Schweiz die direkte De-<br />

mokratie charakteristisch ist, ist Österreich international<br />

bekannt für den sozialpartnerschaftlichen Weg. Ob nach<br />

einer Pilotphase die Bevölkerung oder der gewählte Ge-<br />

meinderat über die Fortführung abstimmt, muss die Po-<br />

litik entscheiden. Ich fände eine direkte Befragung der<br />

Bevölkerung sehr reizvoll, weil ich überzeugt bin, dass<br />

dann mit dem Mythos verkehrsvermeidende Maßnahmen<br />

wären nicht mehrheitsfähig aufgeräumt werden kann.<br />

VJ Sie sprechen sich demnach eindeutig für City-Mauten<br />

in Österreich aus?<br />

VCÖ Ja. Wir sprechen uns für die Einführung von City-<br />

Mauten in ausgewählten Städten Österreichs aus.<br />

Dennoch wollen wir an dieser Stelle auch festhalten,<br />

dass auch andere Pricing-Instrumente positive umwelt-<br />

<strong>als</strong> auch gesellschaftspolitische Effekte aufweisen, etwa<br />

Road-Pricing auf Autobahnen und Schnellstraßen oder<br />

Abgaben für Großparkplätze, etwa für Einkaufszentren.<br />

Letztlich geht es einfach darum: Auch im Verkehrsbe-<br />

reich muss endlich die Marktwirtschaft einziehen. Mit<br />

verursachergerechter Besteuerung wird auch der Ver-<br />

kehr effizienter und damit flüssiger.<br />

VJ Vielen Dank für das Gespräch.<br />

VCÖ Ich danke Ihnen.


Das österreichische <strong>Verkehrsjournal</strong> erscheint 4 mal pro Jahr


REALISIERUNGSvARIANTEN BEI PPP-PROjEkTEN IM vERkEHRSwEGEBAU<br />

REALISIERuNGSVARIANTEN<br />

bEI PPP-PROJEKTEN<br />

IM VERKEHRSWEGEbAu Sönke Reise<br />

36 <strong>Verkehrsjournal</strong>


<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

37


REALISIERUNGSvARIANTEN BEI PPP-PROjEkTEN IM vERkEHRSwEGEBAU<br />

Einführung<br />

In den letzten Jahren nahm die Anzahl umgesetzter Pu-<br />

blic-Private-Partnership-Projekte im europäischen Ver-<br />

kehrswegebau deutlich zu. Hintergrund ist einerseits das<br />

steigende Verkehrsaufkommen, welches bedarfsgerechte<br />

Infrastrukturen fordert und andererseits die Tatsache,<br />

dass mit der Bereitstellung dieser Infrastrukturen die<br />

öffentlichen Haushalte zunehmend überfordert sind, da<br />

der Finanzbedarf oftm<strong>als</strong> nicht gedeckt werden kann.<br />

Zur Lösung tragen PPP-Projekte bei, da bei diesen (Teil-<br />

)Aufgaben an private Institutionen übertragen werden, so<br />

dass die Belastung der öffentlichen Haushalte reduziert<br />

werden kann und zugleich Projekte in der Regel schnel-<br />

ler und effizienter umgesetzt werden. Der nachfolgende<br />

Beitrag skizziert verschiedene, teilweise neuartige, PPP-<br />

Realisierungsvarianten und stellt diese in der Reihenfol-<br />

ge abnehmender staatlicher Einflussnahme dar.<br />

Realisierungsvarianten<br />

Öffentliche beschaffung<br />

Die öffentliche Beschaffung ist die in der Vergangenheit<br />

häufigste Form der Bereitstellung von Infrastrukturen<br />

im Verkehrswesen gewesen.<br />

Eine öffentliche Institution schreibt hierbei die Planung,<br />

den Bau, den Betrieb und die Finanzierung getrennt aus.<br />

Die Verantwortung und Haftung für das gesamte Projekt<br />

liegt beim Staat, der auch für die Planung, Finanzierung<br />

und Realisierung das komplette Risiko trägt.<br />

Häufig kommt es bei der Variante der öffentlichen Be-<br />

schaffung zu Zeit- und Kostenüberschreitungen, da bei<br />

den gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibungen oft-<br />

m<strong>als</strong> der günstigste Anbieter ausgewählt wird und weni-<br />

ger auf qualitative Aspekte geachtet wird. Da die öffent-<br />

liche Beschaffung nicht im Fokus dieses Beitrags steht,<br />

wird von einer näheren Untersuchung abgesehen.<br />

38 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

Verfügbarkeitszahlungen<br />

Bei den Verfügbarkeitszahlungen wird üblicherweise<br />

auch von norwegischen und holländischen Konzessionen<br />

gesprochen. Eine private Projektgesellschaft übernimmt<br />

das Risiko, die Infrastruktureinrichtung plan- und ter-<br />

mingerecht zu errichten und – im Sinne von vereinbar-<br />

ten Kriterien und Anforderungen – verfügbar zu halten.<br />

Die Gesellschaft trägt die Verantwortung für den Bau,<br />

den Betrieb, die Finanzierung und die Instandhaltung.<br />

Risiken, welche die Projektgesellschaft trägt, sind Pla-<br />

nungs-, Bau- und Performancerisiken, nicht jedoch die<br />

Markt- und Verkehrsrisiken.<br />

Die Höhe des Entgeltes der Projektgesellschaft ist damit<br />

bei den Verfügbarkeitszahlungen nicht abhängig von der<br />

Anzahl der Nutzer (Verkehrsteilnehmer) und gegebenen-<br />

falls dem von diesen gezahlten Nutzungsentgelt (Maut).<br />

Statt dessen erhält sie vom Auftraggeber (dem Staat)<br />

Zahlungen, deren Höhe vom Verfügbarkeitsgrad der In-<br />

frastruktur bzw. bei anderen Projekten vom erreichten<br />

Service-Level abhängig ist und deren Bestandteile ver-<br />

traglich definiert sind. Der turnusmäßig zu ermittelnde<br />

Verfügbarkeitsgrad setzt sich aus verschiedenen Fak-<br />

toren zusammen, die für die jeweils anstehende Zahlung<br />

berücksichtigt werden. Üblicherweise fallen die Zah-<br />

lungen geringer aus, wenn z.B. wegen einer Baustelle<br />

eine Fahrbahn zeitweise gesperrt ist.<br />

Am Ende der Konzessionslaufzeit fällt die Infrastruktur<br />

in die vollständige Verantwortung des Staates. Bis dahin<br />

sollte die Projektgesellschaft ihre Investitionen und eine<br />

Wagnisprämie durch die Verfügbarkeitszahlungen refi-<br />

nanziert haben.<br />

Beispiele für Projekte mit Verfügbarkeitszahlungen<br />

finden sich u.a. in Norwegen und Ungarn. Bei der E39<br />

Klett-Bardshaug in Norwegen handelt es sich um einem<br />

26,9km langen Straßenabschnitt südlich von Trond-<br />

heim mit sechs Tunnel und zehn Brücken, welcher in<br />

nur 2,5 Jahren Bauzeit fertig gestellt wurde (vgl. Au-<br />

gustin 2006). Ein anderes Beispiel ist ein 59km langer


PPP-Projekte zur Stauprävention? Durchaus denkbar.<br />

Abschnitt der Autobahn M6 von Budapest nach Dunau-<br />

jvaros in Ungarn. Er wurde nach zwei Jahren Bauzeit<br />

dem Verkehr übergeben. Die Zahlungen des ungarischen<br />

Staates an die Projektgesellschaft „M6-Duna-Autoplaya<br />

Rt“ beginnen mit der Verkehrsübergabe der Straße und<br />

werden bei Fahrbahnsperrungen und mangelhaften Be-<br />

triebs- und Instandsetzungsleistungen reduziert.<br />

Die Höhe der Reduzierung bei Fahrbahnsperrungen ist<br />

abhängig von der Länge und der Anzahl der gesperrten<br />

Fahrbahn, der evtl. Nutzung einer Fahrtrichtung im Ge-<br />

genverkehr, der Dauer der Sperrung, des Wochentags,<br />

der Tageszeit und der Jahreszeit der Fahrbahnsperrung.<br />

Die Höhe der Reduzierung bei Betriebs- und Instand-<br />

setzungsleistungen ist u.a. von der Termineinhaltung bei<br />

Instandsetzungsarbeiten, dem Zustand der Grünanlagen,<br />

der fristgerechten Schneeräumung etc. abhängig (vgl.<br />

Becher 2006). Für die Gesellschaft besteht von daher<br />

ein großer Anreiz, die Infrastruktur hochgradig verfüg-<br />

bar zu halten und erforderliche Arbeiten, um den Betrieb<br />

zu erhalten, möglichst so zu gestalten, dass der negative<br />

Einfluss auf die Verfügbarkeit gering ist. Nach 22 Jahren<br />

Betriebszeit wird die Autobahn 2028 dem ungarischen<br />

Staat übergeben.<br />

Minimale Verkehrsgarantie<br />

Auch bei dem Modell der minimalen Verkehrsgarantie<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 39


REALISIERUNGSvARIANTEN BEI PPP-PROjEkTEN IM vERkEHRSwEGEBAU<br />

40 <strong>Verkehrsjournal</strong>


ist eine Projektgesellschaft typischerweise für den Bau,<br />

die Instandhaltung und den Betrieb der Infrastruktur<br />

verantwortlich. Die Planungs- und Baurisiken liegen bei<br />

der Projektgesellschaft. Das Marktrisiko (Nutzungshäu-<br />

figkeit der Infrastruktur durch Verkehrsteilnehmer) tei-<br />

len sich der Staat und die privaten Investoren.<br />

Die Projektgesellschaft refinanziert sich grundsätzlich<br />

über die Erhebung einer Benutzungsgebühr (Maut).<br />

Für die Gesellschaft stehen damit Verkehrsprognosen<br />

in besonderem Interesse. Der Staat garantiert der Pro-<br />

jektgesellschaft dabei aber ein minimales Verkehrs-<br />

aufkommen, so dass für die Projektgesellschaft ein<br />

Mindesteinnahmeniveau bekannt ist, d.h. liegt das Ver-<br />

kehrsaufkommen unter dem festgelegten Niveau, zahlt<br />

der Staat die Einnahmeausfälle bis zum minimalen Ver-<br />

kehrsaufkommen.<br />

Übersteigt das Verkehrsaufkommen das festgelegte Mi-<br />

nimum, so fließen die zusätzlichen Einnahmen der Pro-<br />

jektgesellschaft zu. Für den Staat hat dies den Vorteil,<br />

dass die finanziellen Belastungen zwar in der genauen<br />

Höhe unbekannt, dafür aber von vornherein auf ein be-<br />

stimmtes maximales Level gedeckelt sind. Das Modell<br />

der minimalen Verkehrsgarantie ist für all solche In-<br />

frastrukturen geeignet, bei denen eine Mauterhebung<br />

möglich ist, aber unsichere Marktrisiken bestehen, d.h.<br />

Prognosen über das Nutzungsniveau der Infrastruktur<br />

(besonders) unsicher sind (vgl. Augustin 2006).<br />

Ein Beispiel für dieses PPP-Modell findet sich im Au-<br />

tobahnbau in Kroatien. Das ca. 60km lange Teilstück<br />

zwischen Zagreb und Macelj (nördlich von Zagreb an<br />

der Grenze zu Slowenien – weiterführend nach Graz)<br />

mit einem Volumen von 367 Mio. € wurde 2007 dem<br />

Verkehr übergeben. Der kroatische Staat garantiert der<br />

Projektgesellschaft ein.<br />

Schattenmaut<br />

Beim Modell der Schattenmaut trägt die Projektgesell-<br />

schaft ebenfalls wie beim Modell der minimalen Ver-<br />

kehrsgarantie die Verantwortung für den Bau, die In-<br />

standhaltung und den Betrieb der Verkehrsinfrastruktur.<br />

Die Schattenmaut ist jedoch dadurch gekennzeichnet,<br />

dass der Nutzer der Infrastruktur selber keine Maut an<br />

die Projektgesellschaft zu entrichten hat. Das Verkehrs-<br />

aufkommen wird gemessen, die Mautzahlungen an die<br />

Gesellschaft werden vom Staat übernommen (vgl. Au-<br />

gustin 2006).<br />

Vorteil dieser Variante für den Nutzer ist, dass er selber<br />

keine Maut zu bezahlen hat und die (neue) Infrastruktur<br />

annimmt – für ihn bestehen keine Nutzungshindernisse.<br />

Hätte der Nutzer die Maut selber zu zahlen, könnte er<br />

mautfreie Alternativrouten bevorzugen womit es zu (un-<br />

erwünschten) Verdrängungseffekten kommt. Der Pro-<br />

jektgesellschaft kommt genau dies ebenfalls zugute.<br />

Allerdings garantiert der Staat kein Mindestnutzungs-<br />

niveau, so dass bei diesem PPP-Modell höhere Markt-<br />

risiken durch die Gesellschaft zu tragen sind. Für den<br />

Staat wirkt sich nachteilig aus, dass er keine Sicherheit<br />

hinsichtlich seiner zukünftigen Mautzahlungen besitzt.<br />

Für die Wirtschaftlichkeitsanalyse eines Schattenmaut-<br />

Projekts sind Verkehrsprognosen von besonderem Inte-<br />

resse; hierbei sollte berücksichtigt werden, dass die In-<br />

frastruktur für den Nutzer nicht mautpflichtig erscheint.<br />

Das Modell der Schattenmaut ist daher für all solche<br />

Infrastrukturen geeignet, bei denen eine Mauterhebung<br />

möglich ist, aber durch die Schattenmaut selber die<br />

Marktrisiken <strong>als</strong> sicherer anzusehen sind.<br />

Beispiele für Projekte mit Schattenmaut finden sich u.a.<br />

England, Finnland und Portugal. In Portugal dienen die<br />

Schattenmaut-Projekte der Erweiterung und der Ver-<br />

besserung des Autobahnnetzes, u.a. auch in ländlichen<br />

Bereichen, wo im Gegensatz zu Agglomerationsräumen<br />

von einem geringeren Verkehrsaufkommen auszugehen<br />

ist. Damit wäre ein Modell mit echter Maut (siehe 2.5)<br />

hier für den Investor unattraktiver. In Portugal wurde<br />

festgelegt, dass die Höhe der Maut pro Nutzer und Fahr-<br />

leistung stufenweise in den kommenden Jahren sinkt.<br />

Trotzdem machen die Zahlungen Portug<strong>als</strong> an die Ge-<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

41


REALISIERUNGSvARIANTEN BEI PPP-PROjEkTEN IM vERkEHRSwEGEBAU<br />

Schattenmaut... oder Echte Maut?<br />

sellschaft derzeit 0,4% des BSP aus und stellen für den<br />

portugiesischen Haushalt einen nicht zu vernachlässigen<br />

Posten dar und es zur Diskussion steht, die Konzessi-<br />

onen in Modelle mit echter Maut umzuwandeln.<br />

In Finnland bildet der 70km lange Ausbau der E75 zwi-<br />

schen Helsinki und Lahti dagegen ein positives Beispiel<br />

des Modells der Schattenmaut. Der Bau erfolgte schnel-<br />

ler <strong>als</strong> geplant, das Nutzungsniveau ist hoch und die Un-<br />

fallzahlen sanken (vgl. Schrefel/Hajszan 2008).<br />

Echte Maut<br />

Modelle mit echter Maut, die häufig auch <strong>als</strong> BOT-Mo-<br />

delle (build-operate-transfer) bezeichnet werden, stellen<br />

die Modelle mit dem geringsten staatlichen Einfluss<br />

42 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

dar. Der Umfang des Risikos wird größtmöglich auf<br />

die private Seite übertragen. Eine Projektgesellschaft<br />

ist verantwortlich für den Bau, Instandhaltung, Betrieb<br />

und Finanzierung der Infrastruktur. Nach Ablauf einer<br />

Konzessionslaufzeit fällt die Infrastruktur an einen öf-<br />

fentlichen Träger.<br />

Die Refinanzierung der Infrastruktur erfolgt über Maut-<br />

zahlungen der Nutzer, welche direkt und in voller Höhe<br />

der Projektgesellschaft zufließen. Neben dem Staat kön-<br />

nen auch internationale Organisationen wie die EU oder<br />

die Weltbank Zuschüsse gewähren mit dem Ziel einer-<br />

seits das Projekt zu realisieren und/oder andererseits die<br />

Höhe der Maut zu reduzieren.<br />

Die Projektgesellschaft sollte diese Möglichkeiten bei


der Angebotserstellung validieren. Da die Gesellschaft<br />

das volle Marktrisiko trägt, sollte sie auch über die Mau-<br />

thöhe frei entscheiden können. Wenn ein öffentlicher<br />

Zuschuss die Mauthöhe verringern kann, so kann dies<br />

zu einer höheren Nutzerzahl der Infrastruktur führen.<br />

Modelle mit echter Maut sind generell geeignet für stark<br />

frequentierte Routen mit geringem Verdrängungsrisiko<br />

und bei einer gesellschaftlichen, grundsätzlichen Akzep-<br />

tanz von Mautgebühren.<br />

Dies ist gerade in Deutschland nicht der Fall. Deswegen<br />

stehen die Modelle mit echter Maut hier derzeit häufig<br />

und vermehrt in der Kritik. Im Gegensatz zu den Alpen-<br />

ländern Österreich und der Schweiz, wo Mautmodelle<br />

Egal. Hauptsache die Autos können Gas geben.<br />

gemeinhin akzeptiert sind.<br />

In Deutschland gibt es bereits mindestens zwei Beispiele<br />

für dieses PPP-Modell. Den Warnowtunnel in Rostock<br />

und den Herrentunnel in Lübeck. Beiden Projekten ist<br />

gemein, dass das Nutzungsaufkommen weit hinter den<br />

Erwartungen zurück bleibt. In Rostock nutzen derzeit<br />

ca. 10.500 Fahrzeuge den Tunnel täglich, 20.000 wären<br />

zur Sicherstellung der Rentabilität erforderlich.<br />

Aus diesem Grund wurde die Konzessionslaufzeit be-<br />

reits von 30 auf 50 Jahre verlängert. Zwar liegt das Ver-<br />

kehrsaufkommen in Lübeck höher (21.000 Fzg. tägl.),<br />

aber auch hier wurde ein höheres Aufkommen prognos-<br />

tiziert (37.000 Fahrzeugen pro Tag). Nach 30 Jahren<br />

Konzessionslaufzeit soll der Herrentunnel der Stadt Lü-<br />

beck übergeben werden.<br />

Nicht nur in Deutschland, auch beim Cross City Tunnel<br />

in Sydney bleibt das reale Verkehrsaufkommen hinter<br />

den Erwartungen der Betreiber zurück. Hier nutzen nur<br />

20.000 bis 25.000 Fahrzeuge den Tunnel anstatt der er-<br />

warteten 90.000 täglich (vgl. Baker et al 2006). Langfri-<br />

stig ist eine Insolvenz der Betreibergesellschaften nicht<br />

auszuschließen.<br />

fazit und bedeutung von Verkehrspro-<br />

gnosen<br />

Inzwischen haben sich eine Vielzahl von Modellen mit<br />

diversen Varianten an PPP-Modellen zur Realisierung<br />

von Infrastrukturen im Verkehrswegebau herausgebil-<br />

det. Entscheider haben daher nicht nur die Wahl zwi-<br />

schen der klassischen öffentlichen und der privaten<br />

Beschaffung und Bereitstellung, sondern können auch<br />

Zwischenmodelle in Erwägung ziehen. Alle vorgestell-<br />

ten Modelle unterscheiden sich in dem unterschiedlichen<br />

Anteil des Risikos, den der öffentliche bzw. die private<br />

Partner trägt. Zwischen den beiden Extremen, nämlich<br />

dem Modell der öffentlichen Beschaffung und dem der<br />

echten Maut, bestehen drei weitere Modelle.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

43


REALISIERUNGSvARIANTEN BEI PPP-PROjEkTEN IM vERkEHRSwEGEBAU<br />

Eine wesentliche Erkenntnis der kurzen Betrachtung in<br />

diesem Beitrag ist jedoch, dass den Verkehrsprognosen,<br />

welche im Vorfeld eines Infrastrukturprojektes durchzu-<br />

führen sind, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung<br />

zukommt.<br />

Je sicherer die Kenntnis über die Anzahl der zukünftigen<br />

Infrastrukturnutzer ist, desto eher kann ein Modell mit<br />

44 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

starker privatwirtschaftlicher Verantwortung favorisiert<br />

werden. Denn damit werden Berechnungen hinsichtlich<br />

der Amortisationszeit und andere Wirtschaftlichkeitsein-<br />

schätzungen sicherer, von denen letztlich die Entschei-<br />

dung des privaten Investors abhängig ist.<br />

Empirischen Untersuchungen von Standard & Poors zu<br />

Verkehrsprognosen für Mautstraßen und von Flyvbjerg<br />

Dr. rer. pol. Sönke Reise, Dipl.-Verkehrswirtschaftler, ist<br />

derzeit <strong>als</strong> Port Consultant bei der Hamburg Projekt-<br />

management GmbH (HPMG) tätig und ist in einem<br />

großen Containerterminalausbauprojekt in Hamburg<br />

eingebunden. Nach seinem Studium der Verkehrs-<br />

wirtschaft war er <strong>als</strong> wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

an der Technischen Universität Dresden, Fakultät<br />

Verkehrswissenschaften tätig und promovierte bei<br />

Prof. Dr. Kummer über Offshore-Containertermin<strong>als</strong><br />

<strong>als</strong> Transshipment-Hub.


zu Verkehrsprognosen für mautfreie Straßenbauprojekte<br />

zufolge besteht tendenziell eine Neigung zu einer zu<br />

optimistischen Einschätzung des erwarteten Verkehrs-<br />

aufkommens (vgl. Flyvbjerg 2006 und Bain 2007).<br />

Bei Mautstraßen beträgt dieser „Optimismus-Bonus“<br />

durchschnittlich 20-30%, bei mautfreien Straßen ist er<br />

niedriger, etwa 10% (vgl. Bain 2007), dafür ist hier aber<br />

die Varianz markant höher (vgl. Flyvbjerg 2006).<br />

Die voran stehenden Beispiele bestätigen diese Untersu-<br />

chung. Die prognostizierten Nutzerzahlen wurden deut-<br />

lich zu hoch prognostiziert. Möglicherweise wurden bei<br />

der Erstellung der Prognosen bestimmte Faktoren, wie<br />

z.B. das Ausweichverhalten in Abhängigkeit der Maut-<br />

höhe unterschätzt oder es wurden andere Infrastruktur-<br />

projekte (in Lübeck beispielsweise die Fertigstellung<br />

der A20 und damit der Schaffung einer weiträumigen<br />

Umfahrungsmöglichkeit Lübecks) nicht ausreichend<br />

berücksichtigt.<br />

Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Gründe,<br />

welche zu diesen teilweise erheblichen Abweichungen<br />

zwischen erwartetem und tatsächlichem Verkehrsauf-<br />

kommen führen um daraus Maßnahmen für zukünftige<br />

Verkehrsprognosen abzuleiten.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Augustin, C.: Realisierungsvarianten von PPP Projekten, Vortrag beim<br />

Baltic Sea Forum am 10.10.06 in Hamburg.<br />

Baker, J. et al: Cross City Tunnel heads for the bargain basement bin, in:<br />

The Sydney Morning Herald, 17. Nov. 2006.<br />

Becher, G.: Erfahrung in PPP-Projekten mit Verkehrs- und Marktrisiken,<br />

Vortrag beim Baltic Sea Forum am 10.10.06 in Hamburg.<br />

Flyvbjerg, B. et al: Inaccuracy in Traffic Forecasts, in: Transport Reviews,<br />

Vol. 26, 2006, H. 1, S. 1-24.<br />

Bain, R: S&P Traffic Forecasting Risk: Study Update 2004, London.<br />

Download von: www.people.hbs.edu/besty/projfnportal/S&P_traffic_<br />

risk_2004.pdf am 08.03.2007<br />

Schrefel, C. u. Hajszan, R.: Erfahrungen mit Public Private Partnership<br />

im Hochleistungsstraßenbau in Europa. Download von: www.17und4.at/<br />

downloads/ppp-studie_17und4.pdf am 08.01.08<br />

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veröffentlicht und widmet sich jeweils einem verkehrsspezifischen<br />

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Licht am Tag ...<br />

sollte unverändert beibehalten bleiben. 34,73%<br />

sollte nur im Winter verpflichtend sein. 18,41%<br />

sollte nur auf Autobahnen verpflichtend sein. 2,51%<br />

sollte auf Autobahnen und Bundesstraßen verpflichtend sein. 3,77%<br />

sollte gänzlich abgeschafft werden.<br />

ist mir gleichgültig/betrifft mich nicht.<br />

46 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

38,08%<br />

2,51%<br />

Umfragezeitraum: April/Mai 2007


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EINE TRADITION SETZT SIcH DURcH<br />

EINE TRADITION<br />

SETZT SIcH DuRcH<br />

Weihnachten bereits im November!<br />

Alex Schubert<br />

Weihnachten ohne Gäste? Für mich durchaus<br />

vorstellbar. Der Europäische Schienengip-<br />

fel ohne Gäste? Absolut unvorstellbar! Ob<br />

meine Ansicht zum Thema Weihnachten von den Veran-<br />

staltungsteilnehmern geteilt wurde, kann ich nicht beur-<br />

teilen (hab ich auch nicht erfragt), meine Position zum<br />

Schienengipfel wurde und wird jedenfalls geteilt; dies<br />

zeigt schon die Entwicklung der Teilnehmerzahlen: Wa-<br />

ren in den ersten beiden Jahren fast ausschließlich abso-<br />

lute Schienenverkehrs-Insider anwesend, so erweiterte<br />

sich dieser Kreis beim 3. Europäischen Schienengipfel<br />

auf nahezu 200 Personen; alle relevanten Player bzw.<br />

Stakeholder waren vertreten wie z.B. aus dem recht-<br />

48 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

lichen Bereich das BMVIT sowie aus dem technischen<br />

Bereich die Fa. ??? oder die Fa. ??? genauso wie aus<br />

dem wirtschaftlichen Bereich die Wirtschaftskammer<br />

Österreich bzw. die Fa. ??? gleichsam auch aus dem uni-<br />

versitären Bereich die Wirtschaftsuniversität Wien oder<br />

die Technische Universität Wien und viele mehr.<br />

Anscheinend entwickelt sich hier eine Tradition! Was<br />

nicht weiter verwundert, denn neben der Möglichkeit,<br />

Networking zu betreiben, waren auch heuer wieder die<br />

Vortragenden von allerhöchster Güte. o berichteten etwa<br />

Dr. Gürtlich vom Verkehrsministerium, Prof. Kummer<br />

von der WU, Mag. Domany vom Flughafen Wien oder


KommRat Poschalko von Rail Cargo Austria über aktu-<br />

elle Entwicklungen im Schienenverkehrsbereich.<br />

Und wie bei jeder Business Circle Veranstaltung rundet<br />

die angenehme Atmosphäre die fachliche Kompetenz<br />

perfekt ab; nicht nur das kulinarische Angebot war viel-<br />

fältig und reichlich, sondern auch die Lokalität bot den<br />

(gewohnten) Wohlfühlfaktor.<br />

Befinden sich - dem Thema entsprechend - „Europas<br />

Bahnen auf dem Weg zur Effizienz“, so kann man mit<br />

Fug und Recht behaupten: Der Schienengipfel erfüllt<br />

bereits in seiner dritten Auflage alle Anforderungen an<br />

eine effiziente Veranstaltung.<br />

Und um den Vergleich mit der anderen traditionsreichen<br />

Veranstaltung zu Jahresende abzuschließen, bleibt mir<br />

nur noch festzustellen, dass weder bei der einen noch<br />

bei der anderen Veranstaltung auf die Geschenke ver-<br />

zichtet werden musste: Während ich mich über meine<br />

Weihnachtsgeschenke nicht weiter verbreitern möchte,<br />

habe ich vom Schienengipfel neben dem umfangreichen<br />

Tagungsband zahlreiche weitere informative Unterlagen<br />

mit nachhause nehmen dürfen; lediglich die Verpackung<br />

lies das berühmte Geschenkspapier vermissen.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

49


DER vERkEHRSfLIEGER<br />

WER HEuTE DIE VERKEHRSPOLITIK<br />

AbScHAffT, bESEITIGT MORGEN<br />

DAS VERKEHRSMINISTERIuM!<br />

Auf der Suche, was den politischen Parteien zur Stra-<br />

ßenmaut einfällt, findet der Verkehrsflieger schon zur<br />

allgemeinen Verkehrspolitik nur mühsam einen Lande-<br />

platz.<br />

Auf der Webseite der ÖVP sucht man die „Verkehrspoli-<br />

tik“ vergebens: Im Parteiprogramm (von 1995!) gelangt<br />

man erst über den Menüpunkt „Ländlicher Raum“ zu<br />

„Infrastruktur am Land sichern und weiter ausbauen“.<br />

Darin bekennt sich die Volkspartei zur „Sicherung und<br />

Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur im länd-<br />

lichen Raum“ – fünf Zeilen.<br />

Pröll-Programm ohne Verkehr: Auch die Fürschrift<br />

der „Perspektivengruppe“ von Landwirtschaftsmini-<br />

ster Pröll (2007), das Rohpapier des neuen Parteipro-<br />

50 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

gramms, bringt zu Verkehr nichts, wiewohl „Umwelt“<br />

zu des Bauernbündlers eigenem Arbeitsbereich zählt<br />

und er sich im Herbst 2006 für das Profil im Magna-<br />

Mila ablichten ließ. Zur „schwarzen“ Ehrenrettung: Das<br />

Regierungsprogramm wird auch der ÖVP zugerechnet,<br />

und in der Tagespolitik meldeten sich Molterer und Pröll<br />

– zuletzt mit der NoVA-Anpassung – zu Wort. In der<br />

Landespolitik widmet sich die Partei seit Jahren Tun-<br />

nelfragen…<br />

paul.rittler@verkehrsjournal.at<br />

Paul Rittler<br />

Nicht besser sind Freiheitliche und BZÖ: Während das<br />

BZÖ „Verkehr“ auf seiner Webseite nicht einmal er-<br />

wähnt, kennt man bei den Freiheitlichen auf fünf Zeilen<br />

gerade einmal – aber immerhin – drei Schlagwörter: „ex-<br />

terne Kosten“, „Kostenwahrheit“ und „Verursacherprin-<br />

zip“. Ein ausgefeiltes Programm sucht man vergebens


ei dem Lager, das sechs Jahre lang dem BMVIT vor-<br />

stand, was nachdenklich stimmt. Auf welchem (Bund-<br />

es-)Plan fußt nun der Koralmtunnel?<br />

Zwiefaltig sind – wo man sich zuerst mehr erwartet hät-<br />

te – die Grünen: Das Grundsatzprogramm läßt enttäu-<br />

schenderweise Verkehr <strong>als</strong> eigenen Bereich aus, verteilt<br />

ihn auf andere Sachgebiete. Nur von der Hinterbank<br />

verbreiten sich Gabriela Moser und Reinhard Gschöpf<br />

„kurz und bündig“ über die „Verkehrswende“, dies aber<br />

sehr ausführlich, nicht ausschweifend, fachkundig und<br />

mit guten verkehrswirtschaftlichen Einschlägen.<br />

Grüner Maut-Populismus: Bei der möglichen Einfüh-<br />

rung einer flächendeckenden Pkw-Maut folgt aber auch<br />

Moser dem populistischen „Rettet-den-Steuerzahler“-<br />

Ruf: Stadtmaut: ja, Lkw-Maut sowieso, sogar mit In-<br />

dexanpassung. Aber allgemeine Pkw-Maut? Da streikte<br />

wohl der Professor…<br />

4:0 gegen die Verkehrspolitik: Bis hierher – blenden<br />

wir die grüne Einzelkämpferin Moser aus – fällt Öster-<br />

reichs Bundesparteien zum Verkehr wenig ein, kaum<br />

Zielgerichtetes, keine geplante Politik. Man könnte da-<br />

her meinen, den Parteien läge weder an einer gezielten<br />

Verkehrspolitik noch an einem eigenen, sich nur darauf<br />

gründen könnenden, Verkehrsministerium.<br />

Wäre da nicht: …die große alte Partei der Sozialde-<br />

mokratie – sie enttäuscht uns in Verkehrsfragen nicht:<br />

Schon das Grundsatzprogramm verbreitert sich auf<br />

mehreren Seiten über Verkehr und seine Politik. Unter<br />

„Positionen“ finden wir auf deren Homepage ein eige-<br />

nes 82-seitiges Infrastrukturprogramm der Partei mit<br />

Ausbauplänen von Verkehrsträgern und technischen<br />

Vorschlägen, wobei die Genauigkeit der Ausbaupläne<br />

samt Kostenschätzungen einen Urheber im Verkehrsmi-<br />

nisterium vermuten läßt, die Pkw-Maut wird abgelehnt.<br />

SP-Hickhack auf Tagespolitik: Kleine Schönheitsfehler<br />

des Programms sind die Schläge auf die frühere Regie-<br />

rung, was die Weiterverwendung der Ideen etwas verlei-<br />

det: gezählte elfmal beschweren sich die Verfasser über<br />

die Vorgängerregierung.<br />

Zusammenfassung: Ein Verkehrsministerium ohne Ver-<br />

kehrspolitik ist wie eine Kirche ohne Bibel. Zur Einrich-<br />

tung eines Ministeriums (wie zu dessen Fortbestand)<br />

gehört meines Erachtens untrennbar ein Plan einer da-<br />

zugehörigen (Verkehrs-)Politik. Über eine solche Poli-<br />

tik verfügen von den Parteien derzeit nur die Sozialde-<br />

mokraten. Die anderen politischen Bewegungen sollten<br />

überlegen, welche Pläne sie für das BMVIT haben. Wer<br />

keinen Plan hat, muss damit rechnen, dass ihm unter-<br />

stellt wird, er sei für (bzw. zumindest nicht gegen) eine<br />

Aufteilung dieser Behörde.<br />

Der Verkehrsflieger meint, dass der große Betrag an<br />

Ausgaben im Verkehrsbereich sowie dessen Auswir-<br />

kungen auf Umwelt und Mensch die Beibehaltung eines<br />

Verkehrsministeriums jedenfalls rechtfertigen wie auch<br />

einen entsprechenden politischen Unterbau samt Wil-<br />

lensbildung bei allen Bundesparteien erfordern. Denn<br />

ohne politische Willensbildung geschieht es, wie es ein<br />

namhafter TU-Verkehrsprofessor von der Abwicklung<br />

von Bauvorhaben bei einer ÖVG-Veranstaltung berich-<br />

tete: „Gebaut werden zuerst die unwichtigen Strecken-<br />

teile. Wenn die stehen, werden dann auch die wichtigen<br />

gebaut, weil sie dann gebaut werden müssen.“ Wenn die<br />

Parteien bei der Verkehrspolitik auslassen, betreiben die<br />

Konzerne sie.<br />

Lob gebührt <strong>als</strong>o der SPÖ, der einzigen Partei mit einer<br />

Verkehrspolitik im Grundsatzprogramm. Lob geht auch<br />

an die Frau Abgeordnete Moser, wobei ihr zu wünschen<br />

ist, ihre verkehrspolitischen Standpunkte zukünftig in<br />

der grünen Zieleschrift verankern zu können.<br />

Gerügt werden die Parteien der Minister Gorbach, For-<br />

stinger und Reichhold, die trotz sechsjähriger Obmann-<br />

schaft im BMVIT ihren Parteien keine Verkehrspolitik<br />

hinterlassen haben. Die gleiche Rüge geht auch an die<br />

Volkspartei, der vor allem wegen ihrer Größe das Fehlen<br />

entsprechender Ausführungen vorzuwerfen ist.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong> 51


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vERkEHR IN kÜRZE<br />

VERKEHR IN KÜRZE<br />

OKTObER 2007<br />

EU-Lokführer-<br />

scheinbeschlos- sene Sache<br />

Rund drei Jahre harte<br />

Verhandlungen wurden<br />

mit der jüngsten Annah-<br />

me des Dritten EU-Ge-<br />

setzespaketes zur Bahn-<br />

liberalisierung beendet.<br />

Das Gesetz regelt u. a. die<br />

Öffnung der Bahnnetze<br />

ab 2010 für den grenzü-<br />

berschreitendenPassa- gierverkehr, die Stärkung<br />

der Fahrgastrechte und<br />

sieht einen einheitlichen<br />

EU-Lokführerschein im<br />

internationalen Personen-<br />

und Güterverkehr vor.<br />

Unfälle mit<br />

schweren Lkw neh-<br />

men ab<br />

Die Anzahl der Unfäl-<br />

le mit schweren Lkw<br />

ging auf 838 Unfälle<br />

(um 3,7%) zurück. Die<br />

Zahl der bei Unfällen<br />

mit schweren Lkw getö-<br />

54 <strong>Verkehrsjournal</strong><br />

teten Verkehrsteilnehmer<br />

war sogar um ein Viertel<br />

niedriger (um 12 Per-<br />

sonen weniger, insgesamt<br />

37) <strong>als</strong> im Vergleichszeit-<br />

raum des Vorjahres. Die<br />

Beteiligung eines Lkw<br />

bedeutet noch nicht, dass<br />

der Unfall vom Lkw auch<br />

verschuldet wurde. Bei<br />

tödlichen Unfällen, wo<br />

Nutzfahrzeuge beteiligt<br />

sind, gelten diese selten<br />

<strong>als</strong> Verursacher des Un-<br />

falles.<br />

217 Millionen für<br />

umweltfreundliche<br />

Luftfahrt<br />

Umweltfreundlichere<br />

Turbinen und leichtere<br />

Werkstoffe gehören zu<br />

den insgesamt 36 For-<br />

schungsprojekten für die<br />

Luftfahrt, die die EU mit<br />

217 Mio Euro fördern<br />

wird. Die Vorschläge für<br />

Forschungsprojekte, aus<br />

dem Bereich Luftfahrt<br />

erhalten Gelder aus den<br />

Töpfen des 7. Forschungs-<br />

Rahmenprogamms. Der<br />

Luftverkehr soll damit<br />

umweltfreundlicher, si-<br />

cherer und kostengün-<br />

stigerer werden. Zur<br />

Einreichung solcher Vor-<br />

schläge wurde zum ersten<br />

Mal EU-weit aufgerufen.<br />

Für die erste Reihe von<br />

Projekten stellt die EU<br />

217 Mio Euro (von insge-<br />

samt 2,1 Mrd Euro für die<br />

Luftfahrtforschung in den<br />

Jahren 2007-2013) zur<br />

Verfügung.<br />

NOVEMbER 2007<br />

Hohes Verkehrs-<br />

wachstumpro- gnostiziert<br />

Sowohl der Güter- <strong>als</strong><br />

auch Personenverkehr<br />

werden in den nächsten<br />

zehn bis 15 Jahren in Ös-<br />

terreich stark steigen, im<br />

EU-Vergleich sogar über-<br />

durchschnittlich, geht aus<br />

einer Studie der Schwei-<br />

zer ProgTrans AG hervor.<br />

Der Güterverkehr wird bis<br />

zum Jahr 2020 um mehr<br />

<strong>als</strong> die Hälfte zulegen,<br />

wobei die Marktanteile<br />

der Bahn gleich bleiben.<br />

Fast ein Drittel aller Ton-<br />

nenkilometer entstehen<br />

dabei durch ausländische<br />

Nachfrage, insbesonde-<br />

re was den Verkehr nach<br />

Italien betrifft. Von den<br />

hierzulande erwarteten 90<br />

Mrd Tonnenkilometern<br />

bis 2020 entfallen knapp<br />

60 Mrd auf den Lkw;<br />

2006 fuhren die Lastwa-<br />

gen noch knapp 40 Mrd<br />

Tonnenkilometer.<br />

Emissionshandel<br />

in der Luftfahrt be-<br />

reits ab 2011<br />

Das Europäische Parla-<br />

ment sprach sich dafür<br />

aus, ab 2011 alle Flüge,<br />

die innerhalb der EU star-<br />

ten und landen, in den<br />

Handel mit CO2-Emissi-<br />

onszertifikateneinzube- ziehen.


GALILEO-Finan-<br />

zierung weiter<br />

unklar<br />

Beim Treffen der EU-Fi-<br />

nanzminister hat es keine<br />

Fortschritte im Streit über<br />

die Finanzierung des EU-<br />

Satelliten-Navigationssy-<br />

stems Galileo gegeben.<br />

Im Vorfeld regte Finanz-<br />

minister Molterer an, Ga-<br />

lileo über Kredit zu finan-<br />

zieren. Österreich schlug<br />

vor, in die Finanzierung<br />

des milliardenschweren<br />

Projekts die Hausbank<br />

der EU, die Europä-<br />

ische Investitionsbank in<br />

Luxemburg, einzubezie-<br />

hen. Auf dem Programm<br />

der Minister stand zudem<br />

die schadstoffabhängige<br />

Besteuerung von Autos.<br />

DEZEMbER 2007<br />

ASFINAG reagiert<br />

auf Schneechaos<br />

Nach dem Verkehrscha-<br />

os auf der A21 will die<br />

ASFINAG durch schnel-<br />

leres Reagieren eine<br />

zeitgerechtere Schnee-<br />

kettenpflicht, ein allfäl-<br />

liges Fahrverbot und/<br />

oder früheres Umleiten<br />

des Verkehrs wirken las-<br />

sen. Geplant sind wei-<br />

ters die Errichtung von<br />

Überkopftafeln für Len-<br />

ker-Informationen, die<br />

Überarbeitung der Win-<br />

tereinsatzpläne/-dienste,<br />

die Optimierung des Kri-<br />

senmanagements und der<br />

Unterstützung der Helfer<br />

an Ort und Stelle.<br />

Ausdehnung der<br />

Winterreifenpflicht<br />

Während des Zeitraumes<br />

von jeweils 1. Novem-<br />

ber bis 15. April darf der<br />

Lenker einen Omnibus<br />

bzw. ein schweres Nutz-<br />

fahrzeug nur verwenden,<br />

wenn zumindest an den<br />

Rädern einer Antriebsach-<br />

se Winterreifen (Schnee-<br />

und Matschreifen) ange-<br />

bracht sind. Weiters darf<br />

der Lenker eines Per-<br />

sonenkraftwagens oder<br />

eines leichten Nutzfahr-<br />

zeuges während dieses<br />

Zeitraumes bei winter-<br />

lichenFahrbahnverhält- nissen wie insbesondere<br />

Schneefahrbahn, Schnee-<br />

matsch oder Eis, dieses<br />

Fahrzeug nur in Betrieb<br />

nehmen, wenn an al-<br />

len Rädern Winterreifen<br />

montiert sind.<br />

RoLa sieht rosigen<br />

Zeiten entgegen<br />

Weil sie günstiger ist <strong>als</strong><br />

die Straße, platzt die Rol-<br />

lende Landstraße für den<br />

Transport von Lkws aus<br />

allen Nähten. Das Niveau<br />

beläuft sich wie vor Aus-<br />

laufen des Transitvertrags<br />

Ende 2003. Mittlerweile<br />

komme es bei der Verla-<br />

dung von Lkw derzeit ´zu<br />

ganz schönen Staus´, so<br />

Heinz Schierhuber vom<br />

Fachverband Güterver-<br />

kehr der WKÖ. Um die<br />

jetzigen langen Verlade-<br />

zeiten zu verringern, ist<br />

ein Ausbau von Kombi-<br />

termin<strong>als</strong> das Gebot der<br />

Stunde. Die Schiene ist<br />

billiger <strong>als</strong> die Straße. So<br />

kostet ein Rollende Land-<br />

straßen-Ticket für die<br />

Fahrt über den Brenner<br />

laut ÖBB 79 €, während<br />

auf der Straße allein für<br />

Maut und Treibstoff 94<br />

Euro fällig werden. Das<br />

Bahnfahren hat zwei wei-<br />

tere Vorteile: Lkw-Fahrer<br />

können auch in der Nacht<br />

unterwegs sein und zu-<br />

gleich Ruhezeiten sam-<br />

meln.<br />

Sektorales Fahr-<br />

verbot in Tirol<br />

Ein Fahrverbot’ gilt ab<br />

Mai 2008 auf einem 84<br />

km langen Steckenab-<br />

schnitt der A 12 Inntalau-<br />

tobahn.<br />

<strong>Verkehrsjournal</strong><br />

55


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