Finnisch für Anfänger- mein vierwöchiges Praktikum im ... - Kassel

Finnisch für Anfänger- mein vierwöchiges Praktikum im ... - Kassel Finnisch für Anfänger- mein vierwöchiges Praktikum im ... - Kassel

07.02.2013 Aufrufe

Finnisch für Anfänger- mein vierwöchiges Praktikum im Rahmen der Ausbildung zum gehobenen Dienst in der Partnerstadt Rovaniemi, der Hauptstadt Finnisch- Lapplands, vom 31.08.-25.09.2009, ein Bericht von Heike Diener Der Gepäcksbegrenzung auf 20 kg war es geschuldet, dass ich das dicke Finnisch-Buch, welches ich mir samt Kassetten aus der Stadtbibliothek ausgeliehen hatte, in Deutschland lassen musste. Denn schließlich musste im Koffer Bekleidung für alle möglichen Temperaturen Platz finden. Im Endeffekt waren es zwischen 20° C und 10 °C, normalerweise kann es Kemijoki mit Holzfällerbrücke um diese Jahreszeit bereits auch kälter sein. Außerdem wollte ich gleichermaßen für Außen,- und Büroaktivitäten gerüstet sein. Denn im Vorfeld hatte ich erfahren, dass ich bei der Behörde der Gesundheitsinspektoren eingesetzt bin, die auch schon mal ein paar Kilometer zu Fuß zu einem Trinkwasserreservoir im Wald zurücklegen, um die Wasserqualität zu überprüfen. Ausgerüstet mit der schmaleren Version des Wörterbuchs war ich jedoch zuversichtlich, auch so ein paar Wörter dieser nicht ganz einfachen Sprache zu erlernen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Helsinki, dank der Flugzeiten hatte ich auch Gelegenheit mir die Hauptstadt Finnlands auf der Hinreise kurz anzuschauen, ging es weiter an den Napapiiri, den Polarkreis. Die Lage Rovaniemis am Polarkreis führt dazu, dass die Sonne im Sommer an einem Tag gar nicht untergeht und im Winter einen ganzen Tag lang nicht aufgeht, was natürlich auch zur Folge hat, dass es zur Winterzeit tagsüber sehr dunkel und im Sommer auch nachts sehr hell ist. Von diesen extremen Lichtverhältnissen habe ich im September allerdings nichts mitbekommen, vielmehr war am 22. September Tag,- und Nachtgleiche. Wer aber am Polarkreis das ganze Jahr anzutreffen ist, ist der Weihnachtsmann. Mit dem Bus ist das Weihnachtsmanndorf leicht zu erreichen und dort hat man die Möglichkeit, den Weihnachtsmann persönlich zu sprechen oder in dessen Hauptpoststelle schon mal Weihnachtskarten zu schreiben, die dann an Weihnachten den Freunden und Verwandten von dort aus mit Weihnachtsmannstempel zugestellt werden. Außerdem kann man eine Auswahl der vielen Wunschzettel besichtigen, die den Weihnachtsmann jeden Tag aus aller Welt erreichen, in der Weihnachtszeit über 30.000 an ei-

<strong>Finnisch</strong> <strong>für</strong> <strong>Anfänger</strong>- <strong>mein</strong> <strong>vierwöchiges</strong> <strong>Praktikum</strong> <strong>im</strong> Rahmen der Ausbildung<br />

zum gehobenen Dienst in der Partnerstadt Rovaniemi, der Hauptstadt <strong>Finnisch</strong>-<br />

Lapplands, vom 31.08.-25.09.2009, ein Bericht von Heike Diener<br />

Der Gepäcksbegrenzung auf 20<br />

kg war es geschuldet, dass ich<br />

das dicke <strong>Finnisch</strong>-Buch,<br />

welches ich mir samt<br />

Kassetten aus der<br />

Stadtbibliothek ausgeliehen<br />

hatte, in Deutschland lassen<br />

musste. Denn schließlich<br />

musste <strong>im</strong> Koffer Bekleidung <strong>für</strong><br />

alle möglichen Temperaturen<br />

Platz finden. Im Endeffekt<br />

waren es zwischen 20° C und<br />

10 °C, normalerweise kann es<br />

Kemijoki mit Holzfällerbrücke<br />

um diese Jahreszeit bereits auch kälter sein.<br />

Außerdem wollte ich gleichermaßen <strong>für</strong> Außen,- und Büroaktivitäten gerüstet sein.<br />

Denn <strong>im</strong> Vorfeld hatte ich erfahren, dass ich bei der Behörde der Gesundheitsinspektoren<br />

eingesetzt bin, die auch schon mal ein paar Kilometer zu Fuß zu einem Trinkwasserreservoir<br />

<strong>im</strong> Wald zurücklegen, um die Wasserqualität zu überprüfen. Ausgerüstet<br />

mit der schmaleren Version des Wörterbuchs war ich jedoch zuversichtlich,<br />

auch so ein paar Wörter dieser nicht ganz einfachen Sprache zu erlernen.<br />

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Helsinki,<br />

dank der Flugzeiten hatte ich auch Gelegenheit<br />

mir die Hauptstadt Finnlands auf der Hinreise kurz<br />

anzuschauen, ging es weiter an den Napapiiri,<br />

den Polarkreis. Die Lage Rovaniemis am Polarkreis<br />

führt dazu, dass die Sonne <strong>im</strong> Sommer an<br />

einem Tag gar nicht untergeht und <strong>im</strong> Winter einen<br />

ganzen Tag lang nicht aufgeht, was natürlich auch<br />

zur Folge hat, dass es zur Winterzeit tagsüber<br />

sehr dunkel und <strong>im</strong> Sommer auch nachts sehr hell<br />

ist. Von diesen extremen Lichtverhältnissen habe<br />

ich <strong>im</strong> September allerdings nichts mitbekommen,<br />

vielmehr war am 22. September Tag,- und<br />

Nachtgleiche.<br />

Wer aber am Polarkreis das ganze Jahr anzutreffen<br />

ist, ist der Weihnachtsmann. Mit dem Bus ist<br />

das Weihnachtsmanndorf leicht zu erreichen und<br />

dort hat man die Möglichkeit, den Weihnachtsmann<br />

persönlich zu sprechen oder in<br />

dessen Hauptpoststelle schon mal<br />

Weihnachtskarten zu schreiben, die dann an Weihnachten den Freunden und Verwandten<br />

von dort aus mit Weihnachtsmannstempel zugestellt werden. Außerdem<br />

kann man eine Auswahl der vielen Wunschzettel besichtigen, die den Weihnachtsmann<br />

jeden Tag aus aller Welt erreichen, in der Weihnachtszeit über 30.000 an ei-


nem Tag. Für Rovaniemi ist das Weihnachtsmanndorf ein wichtiger Touristenmagnet,<br />

besonders zur Winterzeit, zu der dann auch Schlittenhundefahrten und Schneemobilausflüge<br />

von dort aus angeboten werden. Dann platzt die Stadt aus allen Nähten,<br />

aber auch <strong>im</strong> September habe ich Rovaniemi als lebendige Kleinstadt erlebt, die<br />

durch ihren Status als Universitätsstadt und Handelszentrum Lapplands einiges an<br />

Infrastruktur in Bezug auf Einkaufs,- und Ausgehmöglichkeiten zu bieten hat.<br />

Auch <strong>mein</strong> Ausbilder, Jaakko, hat als Student <strong>im</strong> Weihnachtsmanndorf gearbeitet.<br />

Heute meldet er sich am Diensthandy allerdings mit „ Rovaniemen Kaupunki, Terveystarkastaja“,<br />

was so viel heißt wie „Stadt Rovaniemi, Gesundheitsinspektor“.<br />

Dass ich nur seinen Vornamen erwähne, ist nicht unhöflich, denn in Finnland sprechen<br />

sich alle mit dem Vornamen an, was gleich eine angenehme Gesprächsatmosphäre<br />

schafft. Zu der gehört auch, dass bei jeder Gelegenheit eine Tasse Kaffee<br />

angeboten wird, die Finnen sind weltweit Kaffeetrinker Nr.1. Also kann ich nach dem<br />

Mittagessen, welches ich <strong>im</strong>mer mit allen Gesundheitsinspektoren ge<strong>mein</strong>sam wie<br />

dort üblich oft bereits um 11.00 morgens (!) eingenommen habe, <strong>mein</strong>en Wunsch<br />

nach einer Tasse Kaffee nach einiger Zeit auch auf finnisch äußern : Khavi maidon<br />

kera, kiitos. ( „Einen Kaffee mit Milch bitte“, wobei kiitos allerdings danke heißt, ein<br />

finnisches Äquivalent <strong>für</strong> das deutsche bitte gibt es in der Form nicht ).<br />

Aber natürlich habe ich nicht nur Kaffee getrunken und Sightseeing gemacht, sondern<br />

auch gearbeitet. Direkt am ersten Tag erklärt mir Jaakko, dass es <strong>mein</strong>e Aufgabe<br />

sein wird, Hygienevorschriften, die Gastwirte <strong>im</strong> Umgang mit Essen zu beachten<br />

haben, vom Englischen ins Deutsche zu<br />

übersetzen. Das Ergebnis dieser Arbeit ist<br />

wichtig <strong>für</strong> die Gesundheitsinspektoren, denn<br />

Einwanderer aus vielen verschiedenen Ländern<br />

machen oft Imbisse oder Restaurants in<br />

Finnland auf um sich ihren Lebensunterhalt zu<br />

sichern. Es müssen noch nicht einmal deutsche<br />

Muttersprachler sein, manchmal haben sie<br />

vielleicht aus irgendeinem Grund die deutsche<br />

Sprache erlernt und die<br />

Gesundheitsinspektoren sind froh, sich in<br />

Rathaus der Stadt Rovaniemi<br />

irgendeiner Sprache mit Ihnen verständigen<br />

können. Darüber hinaus n<strong>im</strong>mt mich meist<br />

Jaakko, aber auch andere Mitarbeiter ,mit auf die täglichen Inspektionen die sie in<br />

öffentlichen Einrichtungen aber auch Gaststätten, Supermärkten, Schw<strong>im</strong>mbädern<br />

oder Trinkwasserreservoiren durchführen, um sowohl Lebensmittelsicherheit als<br />

auch Wasserqualität sicherzustellen. Eine Behörde also, die Aufgaben der deutschen<br />

Gesundheits,- Ordnungs,- und Veterinärämter in sich vereint, die Abteilungsleiterin ist<br />

Tierärztin. Einmal besichtigen wir sogar eine<br />

Huskyfarm. Jaakko hat ein Studium in Agrarwissenschaften<br />

absolviert, aber auch seine<br />

vorherige Tätigkeit als Sanitäter macht ihn zum<br />

Experten in Gesundheitsfragen.<br />

Bei den Inspektionen lerne ich viel über die<br />

Gesprächsführung finnischer Behörden. Oft<br />

dient es als Eisbrecher, den angebotenen Kaffee<br />

mit den Kunden zu trinken, und sich auch<br />

Auf Inspektionstour am Kemijoki


die Sorgen und Nöte anzuhören, die zunächst nicht direkt etwas mit der Inspektion<br />

zu tun haben. Man erfährt hierbei vieles, was man ansonsten nicht erfahren würde.<br />

Der Ton bleibt <strong>im</strong>mer freundlich , auch wenn es etwas zu bemängeln gibt. Wie mir<br />

erklärt wird, steckt dahinter die Strategie, den guten Draht zu den Menschen nicht zu<br />

verlieren. Entsteht erst einmal Skepsis oder Misstrauen gegenüber oder sogar Angst<br />

vor der Behörde, so könnte es sein, dass diese auch nicht mehr in Missstände oder<br />

Probleme eingeweiht wird. Das Ziel sei aber <strong>im</strong>mer, diese Missstände ge<strong>mein</strong>sam<br />

mit den Betreibern zu beheben. In <strong>mein</strong>en Augen ein guter Ansatz, den ich mir <strong>für</strong><br />

<strong>mein</strong>e zukünftige Tätigkeit in der Verwaltung merken will.<br />

Das Neueste in der finnischen Gesundheitspolitik erfahre ich auf einem Kongress,<br />

auf dem sich die Gesundheitsinspektoren aus ganz Nordfinnland treffen. Interessant<br />

ist beispielsweise, dass das Fernziel Finnlands ist, <strong>im</strong> Jahre 2040 ganz tabakfrei zu<br />

sein. Schon jetzt sind die Lizenzen zum Verkauf von Tabak sehr teuer. Auch darf<br />

bald auf privaten Balkonen, die in der Sichtweite von Schulen sind und auf Grundstücken<br />

und Straßenabschnitten die an Schulen angrenzen, nicht mehr geraucht werden.<br />

Grundsätzlich bekommen die Gesundheitsinspektoren auch erweiterte Befugnisse,<br />

gegen den Willen von Hausbesitzern in deren Gebäude einzudringen. Bei einem<br />

dringenden Verdacht auf eine vom Grundstück ausgehende Gesundheitsgefährdung<br />

geht dies in Zukunft sogar ohne richterlichen Beschluss. All das weiß ich<br />

natürlich nur dank <strong>mein</strong>es S<strong>im</strong>ultanübersetzers Jaakko.<br />

Den krönenden Abschluss <strong>mein</strong>es Aufenthaltes bildet ein Betriebsausflug mit der<br />

Abteilung nach Louevaara, wir machen eine kleine Wanderung zu einer Art „Steinernem<br />

Meer“, welches dort in der Eiszeit entstanden ist. Wie mir <strong>im</strong> Vorfeld mitgeteiltwurde,<br />

gibt es anders als in Deutschland in Lappland kaum Wanderwege. Auf <strong>mein</strong>e<br />

Frage hin, ob wir denn dann nicht eine Karte mitnehmen sollen, bekomme ich nur ein<br />

altes samisches 1 Sprichwort zur Antwort: „Wenn wir uns verlaufen haben, dann gehen<br />

wir einfach nach Hause“.<br />

1 Die Sámi sind die Ureinwohner Lapplands. Im finnischen Teil Lapplands leben heute ca. 6500 von Ihnen. Sámi<br />

ist genau wie Schwedisch und Gebärdensprache eine der vier finnischen Amtssprachen.


Und auch sonst verläuft die Wanderung nach typisch finnischem Muster: wichtig ist<br />

zunächst einmal, soviel Kaffee wie möglich als Proviant mitzunehmen.<br />

Die Wanderung selbst dauert nicht lange, vielleicht eine halbe Stunde. Dann werden<br />

Blau,- und Preißelbeeren und Pfifferlinge gesammelt, außerdem werden Würstchen<br />

über einem Feuer auf Stöcke gespießt und gegrillt und dann gesellen sich noch drei<br />

Kukkeli, über die mir gesagt wurde, es seien lucky birds, zu uns, die deutsche Übersetzung<br />

lautet allerdings Unglückshäher….( möglicherweise basiert diese auf dem<br />

Unheil, das einem droht, wenn man einem solchen Vogel etwas zu Leide tut). Wir<br />

treffen auch auf zwei Jäger, ein weiterer Beweis da<strong>für</strong>, dass die Finnen meist nicht<br />

nur um des Wanderns willen die Wälder aufsuchen, sondern dort ein best<strong>im</strong>mtes Ziel<br />

verfolgen. Jagen ist sogar die Hauptbeschäftigung der Finnen um diese Jahreszeit,<br />

die sich wegen der meist rot eingefärbten Blätter Ruska nennt. In diesem Jahr fällt<br />

diese allerdings etwas weniger farbenfroh aus als sonst, denn es ist einfach nicht kalt<br />

genug. Jedoch bekomme ich kurz nach <strong>mein</strong>er Abreise eine E-mail, dass nun bereits<br />

der erste Schnee gefallen ist.<br />

Ich gebe zu , ich habe, auch dank <strong>mein</strong>es<br />

perfekt englisch sprechenden Ausbilders,<br />

nicht viel finnisch gelernt. Durch seine Übersetzungen<br />

habe ich jedoch viel über Land<br />

und Leute mitbekommen und es war mir<br />

auch nie langweilig, wenn ich den Gesprächen<br />

der Leute in dieser sehr freundlich<br />

klingenden Sprache einfach mal eine Weile<br />

lang zuhören musste. Dank der<br />

Gastfreundschaft aller Mitarbeiter habe ich<br />

mich jederzeit integriert gefühlt und konnte<br />

den Aufenthalt als bereichernde Erfahrung<br />

erleben.

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