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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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„Menschliche Wissenschaft“ 99<br />

geben? Im Grunde sind doch alle einan<strong>der</strong> gleich, und was man mit jenen<br />

Worten bezeichnet, ist doch nur das Uebergewicht <strong>der</strong> einen Seelenkraft<br />

über die an<strong>der</strong>e, und insofern eine Krankheit, eine Abnormität, [eigentlich<br />

nur eine Art des Wahnsinns, in <strong>der</strong> noch Methode ist; Anm. <strong>Schellings</strong><br />

mit Verweis auf Hamlet], statt daß bei den vernünftigen, ordentlichen,<br />

nüchternen Menschen alles in behaglichem Gleichgewicht und<br />

darum in vollkommener Gesundheit ist.“ (SW I,5,271 f.)<br />

Im „ordentlichen, nüchternen Menschen“ wird man eine, wenn vielleicht auch<br />

nicht persönlich gemeinte, Karikatur Schmids sehen können. Schelling müßte<br />

im Gegenzug eine Wissenschaftsauffassung entwickeln, <strong>der</strong> es gelingt, gerade<br />

das nach oben offene Potential des Menschen einzubeziehen, seine <strong>Freiheit</strong>,<br />

aber auch – wie es die Genie-Debatten um 1800 stets mitdenken – seine Gefährdungen<br />

und Irrungen. Eine solche Wissenschaft und Wissenschaft vom<br />

Menschen kann dann nicht mehr die traditionelle Anthropologie sein; mit<br />

Argumenten, die seinem Vorwurf gegen das „Applanierungssystem“ entsprechen,<br />

verwahrt Schelling sich ausdrücklich gegen die in <strong>der</strong> französischen<br />

Kant-Rezeption erfolgende Titulierung <strong>der</strong> kritischen Philosophie als „une<br />

bonne Anthropologie rationelle“ (SW I,5,198).<br />

III. <strong>Schellings</strong> „neue Wissenschaft“ vom Menschen<br />

Schelling for<strong>der</strong>t an einer <strong>der</strong> wenigen Stellen, an denen er überhaupt ausdrücklich<br />

von „Anthropologie“ spricht, nämlich im Würzburger System <strong>der</strong><br />

gesamten Philosophie und <strong>der</strong> Naturphilosophie insbeson<strong>der</strong>e von 1804,<br />

folgerichtig gleich eine ganz neue Wissenschaft, die er „Anthroposophie“<br />

nennt: 15<br />

15 In <strong>der</strong> Bibliothek Rudolf Steiners befindet sich eine Nachschrift <strong>der</strong> entsprechenden Vorlesungen<br />

<strong>Schellings</strong>; die Vermutung liegt nahe, daß Steiner gerade wegen des Terminus<br />

„Anthroposophie“ auf diesen Text <strong>Schellings</strong> beson<strong>der</strong>es Gewicht legte. Diese Nachschrift<br />

wurde entdeckt und wird herausgegeben von Harald Schwaetzer (Trier, jetzt<br />

Alfter). – Allgemeine Literatur zu <strong>Schellings</strong> Anthropologie: Theunissen, „<strong>Schellings</strong><br />

anthropologischer Ansatz“; Francesc Pereña: „Identitätsphilosophie und Anthropologie<br />

bei Schelling“, in: Arturo Leyte Coello (Hg.): Una mirada a la filosofía de Schelling.<br />

Vigo 1999, 111-114; <strong>Schellings</strong> philosophische Anthropologie, hrsg. von Jörg Jantzen<br />

u. Peter L. Oesterreich, Stuttgart-Bad Cannstatt 2002.

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