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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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„Menschliche Wissenschaft“ 97<br />

keit <strong>der</strong> Kritik als Wissenschaft von allen Aspekten des Menschen betont,<br />

rückt zwei Gedankengebäude in unmittelbare Nähe, die zum Zeitpunkt von<br />

Kants Streit <strong>der</strong> Fakultäten bereits de facto miteinan<strong>der</strong> verbunden waren:<br />

Kants kritische Philosophie und eine empirische Psychologie. Im Lehrprogramm<br />

<strong>der</strong> <strong>Universität</strong>en werden Veranstaltungen zu Kant und zur Psychologie<br />

grundsätzlich gemeinsam eingeführt; die Kritik <strong>der</strong> reinen Vernunft<br />

wird sogar in Literaturlisten zur Psychologie aufgenommen, und wenn man<br />

den Aufbau <strong>der</strong> Kritik in ihrer Orientierung an menschlichen Erkenntnisvermögen<br />

mit dem typischen Psychologie-Lehrbuch vergleicht, wird es<br />

denkbar, daß man aus <strong>der</strong> Kritik – so absurd das in einer transzendentalphilosophisch<br />

geprägten Philosophenkultur scheinen mag – tatsächlich empirische<br />

Psychologie erlernen konnte. 12<br />

Allerdings ist klar, daß diese Kant-Deutung (man könnte sie als eine<br />

‚empiristische’ Lesart <strong>der</strong> Kantischen Philosophie bezeichnen) nur eine von<br />

mehreren möglichen Auslegungen Kants darstellt. Das ganze Pathos, die ganze<br />

intellektuelle, aber auch polemische, Schärfe <strong>der</strong> nach-Kantischen Debatten<br />

läßt sich anhand dieses Problems verfolgen. Das beste Beispiel bieten wie<strong>der</strong>um<br />

Schmid und die Anfeindungen, die er von seiten Fichtes erfahren hat;<br />

<strong>der</strong> Annihilationsakt, den Fichte gegen Schmid ausspricht, ist sprichwörtlich<br />

geworden. 13 Wichtiger aber ist, worauf dieser aggressive Akt beruht. Für<br />

Fichte steht früh fest, daß <strong>der</strong> Wert einer menschlichen Person danach beurteilt<br />

werden kann, welche Philosophie diese wählt; da Philosophie für Fichte<br />

untrennbar mit einem Begriff unbedingter Wissenschaftlichkeit verbunden ist,<br />

überträgt sich dies auf die Wissenschaftsauffassung, die <strong>der</strong> zu Beurteilende<br />

wählt. Alle Verachtung, <strong>der</strong>en er Schmid gegenüber fähig ist, legt Fichte in<br />

ein – ebenfalls von einem bedeutungsschweren Gedankenstrich eingeleitetes –<br />

„ – Wissenschaften“:<br />

„wenn man nämlich nur über unsre Vorstellungen allein o<strong>der</strong> über die<br />

Dinge allein, – welches, jene vollkommene Harmonie zwischen beiden<br />

vorausgesetzt, Eins und eben dasselbe ist, – schlechthin aber nicht über<br />

den Zusammenhang zwischen beiden räsonnirt. Auf diese Weise entsteht<br />

12 Vgl. Georg Eckardt/Matthias John/Temilo van Zantwijk/Paul Ziche: Anthropologie und<br />

empirische Psychologie um 1800. Ansätze einer Entwicklung zur Wissenschaft. Köln/<br />

Weimar/Wien 2001.<br />

13 Johann Gottlieb Fichte: Vergleichung des vom Hrn Prof. Schmid aufgestellten Systems<br />

mit <strong>der</strong> Wissenschaftslehre [1796], in: Johann Gottlieb Fichte-Gesamtausgabe Bd. I,3,<br />

Stuttgart-Bad Cannstatt 1966, 229-271. – S. 266. Fichte erklärt hier, mit allem formaljuristischen<br />

Gewicht, Schmid als Philosophen zur, jedenfalls für ihn, nicht existierenden<br />

Person.

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