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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Abgründige <strong>Freiheit</strong> und die Notwendigkeit des Bösen 85<br />

fernten Heuballen verhungert. So dumm <strong>der</strong> Esel auch auf <strong>der</strong> einen Seite zu<br />

sein scheint, so präzise klärt dieses Bild auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en die Probleme<br />

menschlicher Willkürhandlungen auf, denn wenn man die <strong>Freiheit</strong> einer<br />

Entscheidung darauf bauen will, dass sie auf einer Unentschiedenheit beruht,<br />

<strong>der</strong> zufolge man ebenso gut das eine wie das an<strong>der</strong>e tun kann, ohne dass es<br />

für eine <strong>der</strong> Alternativen bessere Gründe gibt, als für die an<strong>der</strong>e, so wäre<br />

diese grundlose Willkür letztlich an den Zufall verwiesen, <strong>der</strong> zwecks Vermeidung<br />

von bindenden Gründen die Entscheidung zu übernehmen hätte. Es<br />

sind also nicht erst Peter Bieri und Michael Pauen, die in <strong>der</strong> aktuellen<br />

Debatte Zufall und <strong>Freiheit</strong> als inkompatibel kennzeichnen, da hierdurch eine<br />

Handlung keinem Autor eindeutig zuschreibbar ist, son<strong>der</strong>n bereits Schelling<br />

weist darauf hin, dass <strong>der</strong> Zufall kein einschlägiger Genosse <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> ist,<br />

wenn er schreibt: „wenn <strong>Freiheit</strong> nicht an<strong>der</strong>s als mit <strong>der</strong> gänzlichen Zufälligkeit<br />

zu retten ist, so ist sie überhaupt nicht zu retten.“ (VII, 383)<br />

Aber wie kann hier noch etwas Rettendes nahen? Der Determinismus fällt<br />

selbstredend aus, obgleich Schelling diesem sogar noch den Vorzug gegenüber<br />

dem Zufall gibt. (Vgl. ebd.) Schelling will gegenüber diesen schlechten<br />

Alternativen jedoch einen dritten Weg einschlagen, <strong>der</strong> auf einer „höhere(n)<br />

Notwendigkeit“ (Ebd.) aufbaut, womit er zugleich seine negative Argumentation<br />

verlässt und einen positiven Ansatz vorträgt. Ausgangspunkt desselben<br />

ist <strong>der</strong> Verweis auf das „intelligible Wesen jedes Dings, und vorzüglich des<br />

Menschen“ (ebd.), das aus <strong>der</strong> idealistischen Philosophie (insb. Kant) hinlänglich<br />

bekannt sei. Zentral ist hierbei, dass dieses intelligible Wesen des<br />

Menschen nicht sein empirisch erscheinen<strong>der</strong> Charakter ist und aus diesem<br />

Grund jenseits von Zeitlichkeit und kausalen Zusammenhängen zu verorten<br />

ist. Wenn Schelling also von einer „höheren Notwendigkeit“ spricht, so ist<br />

diese keine empirisch-kausale, son<strong>der</strong>n vielmehr eine wesenhafte Notwendigkeit,<br />

insofern das sich selbst bestimmende freie Wesen in sich selbst bestimmt<br />

sein muss, um eine solche freie Selbstbestimmung vornehmen zu<br />

können. Wenn es aus genannten Gründen nicht <strong>der</strong> Zufall sein darf, <strong>der</strong> die<br />

Bestimmung vornimmt, und ebenfalls nicht eine äußere, empirische Notwendigkeit,<br />

dann muss <strong>der</strong> freien Selbstbestimmung eine intelligible Bestimmtheit<br />

vorangehen, aus <strong>der</strong> die Selbstbestimmung folgt.<br />

Was resultiert nun hieraus? Zunächst einmal, dass das Vermögen zum<br />

Guten und zum Bösen keineswegs ein solches ist, das sich empirisch in je<strong>der</strong><br />

Situation so o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s entscheiden kann, denn dies würde notwendig zu<br />

einer <strong>der</strong> genannten zwei schlechten Alternativen führen: entwe<strong>der</strong> ein grundloses<br />

Entscheiden aus Zufall, o<strong>der</strong> ein aus empirisch-psychologischen Gründen<br />

sich herleitendes Entscheiden, das letztlich zu einem Determinismus führt.<br />

Gemäß <strong>Schellings</strong> drittem Weg, sind wir empirisch gesehen immer schon

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