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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Abgründige <strong>Freiheit</strong> und die Notwendigkeit des Bösen 83<br />

Eschenmayer an, wonach „dieses Princip das einzige Werkzeug <strong>der</strong> Aktualisierung<br />

des verborgenen und an sich bloß in sich selbst seyenden Wesens <strong>der</strong><br />

Gottheit sey“ (VIII, 170). Ohne dieses dunkle Prinzip würde Gott also lediglich<br />

in sich, in seinem ewigen Wesen bleiben und hätte keinen Grund, sich<br />

zu offenbaren. Damit das Offenbaren Gottes möglich ist, bedarf es somit<br />

dieses dunklen Grundes in Gott, auf dessen Basis er sich äußern kann.<br />

Doch wie verläuft nun dieses Offenbaren? Ausgangspunkt ist gleichsam<br />

<strong>der</strong> „in Gott gezeugte Gott selbst“ (VII, 361) <strong>der</strong> als existieren<strong>der</strong> Gott beide<br />

Prinzipien, Existenzgrund und Wesen, umgreift und in seiner Einheit enthält.<br />

Die reale Welt nun zeichnet sich durch Scheidung <strong>der</strong> beiden Prinzipien aus,<br />

wobei die Darstellung dieses Entfaltungsprozesses „Aufgabe einer vollständigen<br />

Naturphilosophie“ (VII, 362) wäre. Die Potenzen, die dieser Prozess<br />

durchläuft, sind durch eine fortlaufende Erweiterung <strong>der</strong> Scheidung charakterisiert,<br />

so dass „bei jedem Grade <strong>der</strong> Scheidung <strong>der</strong> Kräfte ein neues Wesen<br />

aus <strong>der</strong> Natur entsteht, dessen Seele um so vollkommener seyn muß, je mehr<br />

es das, was in den an<strong>der</strong>en noch ungeschieden ist, geschieden enthält.“<br />

(Ebd.) Dieser Entfaltungsprozess wird nun von Schelling nicht weiter ausgeführt,<br />

obgleich hier seine reiferen naturphilosophischen Ansätze eine Vorstellung<br />

geben, an was Schelling hier gedacht haben könnte. Zentral für die <strong>Freiheit</strong>sschrift<br />

bzw. das Problem <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> ist allein das Ziel dieses Prozesses,<br />

insofern <strong>der</strong> Mensch von <strong>der</strong> Natur herkommend bestimmt wird und somit<br />

ebenfalls beide Prinzipien in sich hat, jedoch – als Spitze des gesamten Prozesses<br />

– in <strong>der</strong> höchsten Scheidung: „Im Menschen ist die ganze Macht des<br />

finstern Princips und in eben demselben zugleich die ganze Kraft des Lichts.“<br />

(VII, 263) Das ist also das Ziel <strong>der</strong> Offenbarung, dass im Menschen die in<br />

Gott vereinigten Prinzipien im Menschen im höchsten Maße auseinan<strong>der</strong>treten<br />

und dieser dadurch einerseits die Möglichkeit hat sich zum Licht zu<br />

wenden und sich in Geist zu verklären, was sein göttliches Wesen bedeutet,<br />

jedoch an<strong>der</strong>erseits ein von Gott unabhängiges Prinzip in sich hat, seine<br />

kreatürliche Herkunft, durch die er sich zugleich von Gott abwenden kann.<br />

Diese <strong>Freiheit</strong>, in <strong>der</strong> Möglichkeit zum Guten und zum Bösen sowohl von<br />

Gott als auch von <strong>der</strong> Natur frei zu sein, ist gewissermaßen <strong>der</strong> Schlussstein<br />

des ganzen systematischen Entwurfs, so dass man sagen kann, Schelling hat<br />

hiermit seine Ausgangsthese einer nachträglichen systematischen Ableitung<br />

unterzogen. Inwieweit diese als gelungen gelten kann, wird später noch thematisch<br />

– zunächst sei jedoch <strong>der</strong> moralphilosophische Zugang zum <strong>Freiheit</strong>sproblem<br />

näher erörtert.

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