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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Abgründige <strong>Freiheit</strong> und die Notwendigkeit des Bösen 81<br />

setzen, wodurch <strong>der</strong> Begriff eines allervollkommensten Wesens gänzlich zerstört<br />

wird; o<strong>der</strong> es muß auf irgend eine Weise die Realität des Bösen geleugnet<br />

werden, womit aber zugleich <strong>der</strong> reale Begriff von <strong>Freiheit</strong> verschwindet.“<br />

(VII, 353) Mit seiner Definition <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> wendet sich Schelling<br />

also gegen alle Leugner <strong>der</strong> Realität des Bösen, worunter er auch all diejenigen<br />

versteht, die das Böse lediglich als ein Abfallen vom Guten verstehen,<br />

was er dann auch exemplarisch am Emanationsmodell Plotins demonstriert<br />

(vgl. VII, 355 f.).<br />

Eine Erklärung dafür, warum die Realität des Bösen für Schelling eine so<br />

zentrale Rolle in <strong>der</strong> Definition von <strong>Freiheit</strong> einnimmt, wird deutlicher in<br />

einer Passage aus den „Stuttgarter Privatvorlesungen“, die im zeitlichen Kontext<br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>sschrift entstanden sind. Hier schreibt er: „Dadurch also, daß<br />

<strong>der</strong> Mensch zwischen dem Nichtseyenden <strong>der</strong> Natur und dem absolut-Seyenden<br />

= Gott in <strong>der</strong> Mitte steht, ist er von beiden frei. Er ist frei von Gott<br />

dadurch, daß er eine unabhängige Wurzel in <strong>der</strong> Natur hat, frei von <strong>der</strong> Natur<br />

dadurch, daß das Göttliche in ihm geweckt ist, das mitten in <strong>der</strong> Natur über<br />

<strong>der</strong> Natur.“ (VII, 458) Vor diesem Hintergrund wächst sich die genannte Definition<br />

zu einer gehaltvollen These aus, insofern das Vermögen zum Guten<br />

die <strong>Freiheit</strong> des Menschen gegenüber <strong>der</strong> Natur gewährleistet und das Vermögen<br />

zum (realen) Bösen seine <strong>Freiheit</strong> von Gott, wobei dann beides zusammengenommen<br />

die reale <strong>Freiheit</strong> des Menschen ausmacht. Gäbe es demzufolge<br />

kein reales Böses, so wäre <strong>der</strong> Mensch zwar frei von <strong>der</strong> Natur,<br />

jedoch nicht frei von Gott. Erst wenn <strong>der</strong> Mensch nach beiden Seiten hin befreit<br />

ist, kann von <strong>der</strong> wirklichen <strong>Freiheit</strong> des Menschen gesprochen werden.<br />

So interessant und plausibel diese These auch klingen mag, sie muss sich<br />

zunächst erst dadurch bewähren, dass ihre Kompatibilität mit dem Begriff<br />

eines allervollkommensten Wesens gezeigt werden kann, damit das ganze<br />

System nicht in dem genannten Malstrom ersäuft. Hierfür sei zunächst das<br />

System, wie es Schelling darstellt, kurz skizziert.<br />

II. Gott am Abgrund<br />

Es ist sicher keine beson<strong>der</strong>s kühne Behauptung, dass jedes System – ein<br />

absolutes zumal – eines Prinzips bedarf, das es in seinen Grundfesten gestaltet,<br />

mithin demjenigen, das es zu systematisieren gilt, seine Grundstruktur<br />

verleiht. Noch weniger kühn ist es wohl anzufügen, dass all diejenigen Probleme,<br />

die das System aufweist, ihren Grund in jenem Prinzip und seiner<br />

Fassung haben. Deshalb sei auch bei diesem Grundproblem am ausführlichsten<br />

verweilt.

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