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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Warum ist das Vollkommene nicht gleich von Anfang? 75<br />

vollkommen verwirklicht und nun ganz persönliches Wesen ist. (...). Der<br />

letzte Feind, <strong>der</strong> aufgehoben wird, ist <strong>der</strong> Tod... “ 23 .<br />

In <strong>Schellings</strong> Lehre vom lebendigen Gott findet sich vergöttlicht das Telos<br />

einer vernünftig eingerichteten Menschheit, in <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>, nicht bloß notwendiger<br />

Gedanke, son<strong>der</strong>n praktisch realisiert wäre. Kant verstand Theodizee<br />

als „Verteidigung <strong>der</strong> höchsten Weisheit des Welturhebers gegen die<br />

Anklage, welche die Vernunft aus dem Zweckwidrigen in <strong>der</strong> Welt gegen<br />

jene erhebt“, <strong>der</strong>en Verfasser sich darin überhebt, „... daß er die höchste Weisheit<br />

Gottes aus dem, was die Erfahrung an dieser Welt lehrt, auch sogar beweise;<br />

denn hiermit würde es ihm auch schlechterdings nicht gelingen, weil<br />

Allwissenheit dazu erfor<strong>der</strong>lich ist, um an einer gegebenen Welt diejenige<br />

Vollkommenheit zu erkennen, von <strong>der</strong> man mit Gewißheit sagen könne, es<br />

sei überall keine größere in <strong>der</strong> Schöpfung und Regierung <strong>der</strong>selben möglich.“ 24<br />

Gekürzt um die Überhebung bleibt eine utopisch-praktische Intention, die<br />

sich hinter <strong>der</strong> Metaphysik des Idealismus, die in Gott das perfektionierte<br />

Weltliche wi<strong>der</strong>spiegelt, eine Anweisung, das Himmelreich auf die Erde zu<br />

holen, die sich freilich schon bei Schelling andeutet, wenn er von <strong>der</strong> Endabsicht<br />

<strong>der</strong> Schöpfung spricht, was ja religionskritisch als vernünftiges Telos<br />

<strong>der</strong> Weltgeschichte lesbar ist, als eine regulative Idee, die die Praxis leitet.<br />

Der Titel dieser Abhandlung wurde aus <strong>der</strong> folgenden Passage genommen:<br />

„Nach allem diesem bleibt immer die Frage übrig: endet das Böse, und<br />

wie? Hat überhaupt die Schöpfung eine Endabsicht, und wenn dieß ist,<br />

warum wird diese nicht unmittelbar erreicht, warum ist das Vollkommene<br />

nicht gleich von Anfang? Es gibt darauf keine Antwort als die schon<br />

gegebene: weil Gott ein Leben ist, nicht bloß ein Seyn. Alles Leben aber<br />

hat ein Schicksal, und ist dem Leiden und Werden unterthan. Auch diesem<br />

also hat sich Gott freiwillig unterworfen, schon da er zuerst, um persönlich<br />

zu werden, die Licht- und die finstere Welt schied. Das Seyn wird<br />

sich nur im Werden empfindlich. Im Seyn freilich ist kein Werden; in<br />

diesem vielmehr ist es selber wie<strong>der</strong> als Ewigkeit gesetzt; aber in <strong>der</strong><br />

Verwirklichung durch Gegensatz ist nothwendig ein Werden.“ 25<br />

Gott ist ein Leben, darin steckt die Utopie, das menschliche Leben so einzurichten,<br />

wie es idealisiert in Gott als das erscheint, was den Menschen bis-<br />

23 Schelling, I.7.405.<br />

24 Kant, Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in <strong>der</strong> Theodizee, A197.<br />

25 Schelling, I.7.403.

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