Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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Zur Entwicklung des <strong>Denken</strong>s von W. Schmied-Kowarzik 35<br />
in einen viel größeren Zusammenhang eingebettet und tritt als Teil eines<br />
Naturprozesses in Erscheinung. Das unterstreicht er noch einmal, wenn er<br />
sagt: „Ohne Materie ist kein Boden <strong>der</strong> Antizipation, ohne Antizipation kein<br />
Horizont <strong>der</strong> Materie erfassbar. Die reale Möglichkeit wohnt <strong>der</strong>art in keiner<br />
fertig gemachten Ontologie des Seins des bisher Seienden, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong><br />
stets neu zu begründenden Ontologie des Seins des Noch-nicht-Seienden,<br />
wie sie Zukunft selbst noch in <strong>der</strong> Vergangenheit entdeckt und in <strong>der</strong> ganzen<br />
Natur.“ 74 Somit verankert Bloch nach Schmied-Kowarzik „das antizipierende<br />
Bewusstsein als konkret utopische Potenz, die über das Schlecht-Bestehende<br />
auszugreifen sucht, im geschichtlich Vorwärtstreibenden <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Praxis, diese aber darüber hinaus in <strong>der</strong> Produktivität des offenen Prozesses<br />
<strong>der</strong> Natur, dem prozessierenden Daß-Grund <strong>der</strong> Materie.“ 75<br />
Diese Vorstellung erinnert zweifellos an <strong>Schellings</strong> Naturphilosophie, <strong>der</strong><br />
sich Bloch als einer <strong>der</strong> wenigen Denker <strong>der</strong> Gegenwartsphilosophie unmittelbar<br />
anschließt und sie im Sinne einer materialistischen Auffassung interpretiert.<br />
Aber Bloch betont Schmied-Kowarzik zufolge mehr als Schelling,<br />
dass „dieser Gesamtprozess <strong>der</strong> Natur als hervorbringendes Existieren und<br />
Werden auch naturhaft noch keineswegs abgeschlossen ist, son<strong>der</strong>n noch<br />
Möglichkeiten, Latenzen und Tendenzen in sich birgt, die ihr einen offenen<br />
Zukunftshorizont verleihen.“ 76 Es bedarf deshalb eines Entzifferns <strong>der</strong> Real-<br />
Chiffern dieses Prozesses, um die utopische Funktion <strong>der</strong> darin enthaltenen<br />
menschlichen Planung und Verän<strong>der</strong>ung zu enthüllen.<br />
In diesem Zusammenhang unterstreicht Schmied-Kowarzik auch das „Problem<br />
einer Allianz zwischen Mensch und Natur“, 77 denn bereits im Prinzip<br />
Hoffnung verweist Bloch frühzeitig auf die verheerenden Auswirkungen<br />
einer vom Menschen nicht richtig beachtete und über das Maß ausgebeutete<br />
Natur. Dabei for<strong>der</strong>t er, dass „an Stelle des Technikers als bloßen Überlisters<br />
o<strong>der</strong> Ausbeuters [...] konkret das gesellschaftliche mit sich selbst vermittelte<br />
Subjekt [steht], das sich mit dem Problem des Natursubjekts wachsend<br />
vermittelt.“ 78 Damit gehört Bloch – wie Schmied-Kowarzik betont – zu den<br />
Pionieren im Bereich einer kritischen Ökologie.<br />
Bloch sieht allerdings im Marxismus die Möglichkeit einer „fundierten<br />
Hoffnung“ zur Aufhebung des vorhandenen Wi<strong>der</strong>spruchs zwischen dem mit<br />
74 Ibid., 274.<br />
75 Schmied-Kowarzik, „Das Prospektive <strong>der</strong> Marxschen Theorie“, 19.<br />
76 Schmied-Kowarzik, „Ernst Bloch – Hoffnung auf eine Allianz von Geschichte und Natur“,<br />
222.<br />
77 Ibid., 228.<br />
78 Bloch, Prinzip Hoffnung, 787.