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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Die <strong>Freiheit</strong> und das Absolute 281<br />

gleich Selbstüberhöhung ist dem Bewusstsein nach Schelling nicht möglich,<br />

denn es ist immer auf sein An<strong>der</strong>es, die Existenz, bezogen, und dieses An<strong>der</strong>e<br />

ist ihm das Absolute, das es niemals ins <strong>Denken</strong> aufzuheben, son<strong>der</strong>n<br />

immer wie<strong>der</strong> nur neu zu deuten vermag. 30<br />

Konkret ist <strong>Schellings</strong> Philosophie <strong>der</strong> Mythologie bis zur Gestalt des<br />

Prometheus und bis zu den griechischen Mysterien eine Phänomenologie <strong>der</strong><br />

Befreiung des Bewusstseins aus den es beherrschenden Götterwelten. In <strong>der</strong><br />

griechischen Aufklärung (Sophistik) und mehr noch in <strong>der</strong> Aufklärung des<br />

18. Jahrhun<strong>der</strong>ts ist <strong>der</strong> Punkt höchster Krisis erreicht, denn <strong>der</strong> Mensch<br />

glaubt sich selbst absolut bestimmen zu können. Es erhebt sich die Frage,<br />

wie <strong>der</strong> Mensch seine <strong>Freiheit</strong> bestimmt. Setzt er sie vor und für sich selbst<br />

zum Maß aller Dinge o<strong>der</strong> vermag er seine <strong>Freiheit</strong> aus und vor dem Absoluten<br />

zu bestimmen?<br />

Die jesuanische Lehre impliziert – wie Schelling in <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong><br />

Offenbarung ausführt – eine Theologie <strong>der</strong> Befreiung, da Jesus einerseits –<br />

aus seiner jüdischen Glaubenstradition heraus – den Gottesdienst ganz in die<br />

tätige Nächstenliebe und somit in die sittliche Sinnbestimmung menschlichen<br />

Lebens hereinholt, und an<strong>der</strong>erseits sich gerade nicht zu einer göttlichen<br />

Gestalt o<strong>der</strong> gar selbst für Gott erklärt, son<strong>der</strong>n Lehre und Leben als<br />

Weg zum „Vater“ versteht. „Der Sohn konnte unabhängig von dem Vater in<br />

eigner Herrlichkeit existiren, er konnte freilich außer dem Vater [...] Herr des<br />

Seyns [...] seyn. Diese Herrlichkeit aber [...] verschmähte <strong>der</strong> Sohn, und<br />

darin ist <strong>der</strong> Christus. Das ist die Grundidee des Christenthums.“ (XIV, 37) 31<br />

So kann seine Nachfolge zu einem noch keineswegs abgeschlossenen Weg<br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> für die Menschheit werden.<br />

Nur mühsam geht dieser Weg <strong>der</strong> Offenbarwerdung in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

Christenheit voran. Nach den Gestalten <strong>der</strong> petrinischen und <strong>der</strong> paulinischen<br />

Kirche, die heute noch unser Bewusstsein bestimmen, hofft Schelling auf die<br />

noch ausständige johanneische Gemeinschaft, die – mo<strong>der</strong>n gesprochen – die<br />

Züge eines sozialistischen Christseins aufweisen wird. (XIV, 324) 32<br />

30 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, „Läßt sich Religion in Philosophie aufheben?“,<br />

in: Glauben und Wissen, 3 Bde. (Hegel-Jahrbuch 2003–05), Berlin 2003-05, Bd. I, 118.<br />

31 Siehe auch F. W. J. Schelling, Urfassung <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Offenbarung (1932), 2 Bde.,<br />

Hamburg 1992, 518.<br />

32 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, „Wirklichkeit – Skizze zum Denkweg <strong>Schellings</strong>“,<br />

in: Adolf Vukowich u.a. (Hg.), Natur – Selbst – Bildung. Festschrift für Joachim<br />

Christian Horn, Regensburg 1990, 58 ff.

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