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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Die <strong>Freiheit</strong> und das Absolute 279<br />

mit dem „Postulat des Daseins Gottes“ im Hinblick auf die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

geschichtlichen Verwirklichung von Sittlichkeit angesprochen. 25 Fragen wir<br />

aber nach <strong>der</strong> wirklichen Ermöglichung geschichtlich-sittlicher Sinngebung<br />

durch die Menschen, so können wir das Absolute nicht als bloße Vernunft-<br />

Notwendigkeit bestimmen, son<strong>der</strong>n müssen es selbst als freie Synthesis von<br />

Sinn und Existenz begreifen – und eben diese freie Synthesis nennen wir Gott.<br />

Daher spricht Schelling nun von einem frei handelnden Gott, aus dem die<br />

Erschaffung <strong>der</strong> Welt erfolgt, <strong>der</strong> sich dem Menschen offenbart, <strong>der</strong> selbst<br />

am Bösen in <strong>der</strong> Welt leidet. Aber auch <strong>der</strong> Gott gegenübertretende Mensch<br />

strebt nicht mehr nur nach einer verklärenden Schau des All in seiner absolut<br />

göttlichen Wahrheit, son<strong>der</strong>n er wird nun in seiner wirklichen <strong>Freiheit</strong> zum<br />

Guten und zum Bösen begriffen. D. h. <strong>der</strong> Mensch wird in seiner geschichtlichen<br />

Verantwortung für den ihm mit anvertrauten Weltzusammenhang erfasst,<br />

denn nur durch seine entschiedene Mitwirkung kann <strong>der</strong> sittliche<br />

Sinnhorizont <strong>der</strong> Welt erfüllt werden; doch <strong>der</strong> Mensch kann sich auch, in<br />

dem er sich selbst ins Zentrum setzt, wi<strong>der</strong> Gott als absoluten Existenz- und<br />

Sinnzusammenhang entscheiden.<br />

Auf den ersten Blick mag die ganze Themenstellung und sprachliche<br />

Ausgestaltung <strong>der</strong> Spätphilosophie lediglich als Rückkehr <strong>Schellings</strong> zur<br />

christlichen Glaubenslehre erscheinen, und so wurde sie auch von vielen<br />

seiner Gegner und seiner Verehrer verstanden. Doch <strong>Schellings</strong> „positive Philosophie“<br />

ist keineswegs eine christliche Glaubensinhalte bloß auslegende<br />

Philosophie, auch wenn sie sich vornehmlich mit den Inhalten <strong>der</strong> christlichen<br />

Religion auseinan<strong>der</strong>setzt, denn das Christentum gilt ihr einerseits –<br />

wie die vorausgehende Mythologie und die jüdische Glaubenslehre auch –<br />

als ein geschichtlicher Schritt auf dem Wege <strong>der</strong> Bewusstwerdung <strong>der</strong> menschlichen<br />

<strong>Freiheit</strong> im Verhältnis zu Gott und zum an<strong>der</strong>n stellt die christliche<br />

Theologie von den Kirchenvätern über die Scholastik bis zur Mystik eine<br />

hoch differenzierte philosophische Gedankenarbeit dar, an <strong>der</strong> Schelling seine<br />

eigenen Bemühungen um die philosophische Bestimmung eines geschichtlichen<br />

Gottes immer wie<strong>der</strong> zu überprüfen versucht. Die „positive Philosophie“<br />

ist vielmehr als eine Philosophie <strong>der</strong> Religion zu verstehen, die sich<br />

selbst als eine „philosophische Religion“ begreift, insofern sie die Frage nach<br />

dem Verhältnis von Mensch und Gott nicht von außen beschreibend, son<strong>der</strong>n<br />

als erfahrene Bewusstwerdungsgeschichte in die wir immer noch einbezogen<br />

sind, aufzuhellen versucht. Gerade weil es Schelling in seiner „positiven Phi-<br />

25 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, „Kant – Ethische Anthropologie und emanzipative<br />

Geschichtsphilosophie“, in: <strong>der</strong>s., <strong>Denken</strong> aus geschichtlicher Verantwortung. Wegbahnungen<br />

zur praktischen Philosophie, Würzburg 1999, 40 ff.

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