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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Wolfdietrich Schmied-Kowarzik<br />

fahren hat o<strong>der</strong> zu überspielen versucht, denn er betont viel stärker die<br />

Kontinuität. Erst in <strong>der</strong> späteren Rückschau markiert er den grundlegenden<br />

Einschnitt, <strong>der</strong> zugleich auch Rückkehr zu einigen Motive seiner Frühphilosophie<br />

darstellt. 23<br />

Biographisch liegt dazwischen die durch die politischen Umstände erzwungene<br />

Aufgabe seiner Professur in Würzburg (1803–1806), seine Übersiedlung<br />

nach München, wo er zwar als Mitglied <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften<br />

und als Sekretär <strong>der</strong> neu gegründeten Akademie <strong>der</strong> bildenden Künste<br />

ehrenvolle Ämter und Würden bekleidet, jedoch die Herausfor<strong>der</strong>ung akademischer<br />

Lehre sehr vermisst. Entscheiden<strong>der</strong> für die Umwendung ist aber die<br />

von Hegel in <strong>der</strong> Phänomenologie des Geistes (1807) publikgemachte Distanzierung<br />

vom gemeinsam beschrittenen Weg, die Schelling sehr betroffen<br />

macht und die ihn – beginnend mit den Philosophischen Untersuchungen über<br />

das Wesen <strong>der</strong> menschlichen <strong>Freiheit</strong> – schrittweise zu einer Abkehr von <strong>der</strong><br />

„negativen Philosophie“ des absoluten Idealismus führt. Die „positive Philosophie“,<br />

die er schließlich in seinen späten Vorlesungen zur Philosophie <strong>der</strong><br />

Mythologie und <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Offenbarung entfaltet, versucht über die<br />

„negative Philosophie“ o<strong>der</strong> Vernunftwissenschaft hinaus zu einer existentiellen<br />

Standortfindung in <strong>der</strong> geschichtlichen Welt vorzudringen. 24<br />

Wir haben aus den Zitaten <strong>der</strong> vorhergehenden Epoche seines <strong>Denken</strong>s<br />

vernommen, dass Schelling die Vernunfterkenntnis des absoluten Wirklichkeitszusammenhangs<br />

ganz entschieden von <strong>der</strong> verständigen Bestimmung<br />

<strong>der</strong> Sinnenwelt abtrennt. Während die Vernunft alles Seiende in Natur und<br />

Geschichte aus ihrer zeitlosen Verbindung mit Gott betrachtet, löst <strong>der</strong> Verstand<br />

das empirisch Vereinzelte in die abstrakte Unendlichkeit von Kausalbeziehungen<br />

in Zeit und Raum auf. Zwischen beiden Welten – wobei die<br />

zweite für Schelling eine Scheinwelt darstellt – gibt es und darf es keine Verbindung<br />

geben, son<strong>der</strong>n die Verstandeserkenntnis markiert, insofern sie sich<br />

selbst für absolut erklärt, einen Abfall von Gott, dem Absoluten.<br />

Jetzt, beginnend mit <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>sschrift bis hin zur Philosophie <strong>der</strong> Offenbarung,<br />

wird <strong>der</strong> Problemzusammenhang zwischen <strong>Freiheit</strong> und Absolutem<br />

nochmals neu aufgerollt, wobei allerdings Motive <strong>der</strong> Frühphilosophie wie<strong>der</strong><br />

aufgenommen werden: Die menschliche <strong>Freiheit</strong> als sittliche Sinngebung in<br />

die Geschichte hinein kann nur unter <strong>der</strong> Voraussetzung ihrer Ermöglichung<br />

im Weltzusammenhang bedacht und begründen werden – dies hatte schon Kant<br />

23 Schelling, Zur Geschichte <strong>der</strong> neueren Philosophie (1827), (X, 99 ff.).<br />

24 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Bruchstücke zur Dialektik <strong>der</strong> Philosophie. Studien<br />

zur Hegel-Kritik und zum Problem von Theorie und Praxis, Ratingen-Kastellaun-<br />

Düsseldorf 1974.

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