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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Wolfdietrich Schmied-Kowarzik<br />

Subjektives, son<strong>der</strong>n geht aus <strong>der</strong> Vernichtung aller Subjektivität hervor.“<br />

(VII, 149)<br />

Sind wir einmal bei dieser Neufassung <strong>der</strong> intellektuellen Anschauung<br />

angelangt, so haben wir nun alles aus <strong>der</strong> Ein- und Allheit <strong>der</strong> Vernunfterkenntnis<br />

des Absoluten zu entfalten. Das System <strong>der</strong> Philosophie ist ja nicht<br />

nur eine Erkenntnis Gottes schlechthin und ausschließlich, son<strong>der</strong>n Erkenntnis<br />

des All, d. h. alles Seienden sofern es aus und in Gott ist, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s<br />

gesagt: Gott ist das durch alles hindurch Wirkende und so kann auch Gott nur<br />

durch alles hindurch erfasst werden. Somit wird in diesem System <strong>der</strong> Philosophie<br />

alles Seiende <strong>der</strong> Natur, <strong>der</strong> Geschichte und ihrer absoluten Vermittlung<br />

allein aus seiner Idee, seinem Wesen, seiner Position, die es im All einnimmt,<br />

begriffen. „Das All ist daher lautere Realität, unendliche Position von<br />

Positionen, die selbst wie<strong>der</strong> unendlich sind, ohne alle Negation. [...]<br />

Beson<strong>der</strong>es kann nichts in Gott seyn als das Gottgleiche, also das Wesen,<br />

sofern es unmittelbar auch das Seyn und demnach die Position von sich<br />

selbst ist. [...] Die Idea ist daher [...] <strong>der</strong> Begriff als die unendliche Bejahung<br />

von Seyn; auch ist sie nicht außer dem Beson<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n selbst das Beson<strong>der</strong>e,<br />

inwiefern es als eine ewige Wahrheit in Gott ist.“ (VII, 161 f.)<br />

Hatte Kant <strong>der</strong> wissenschaftlichen Verstandeserkenntnis eine Grenze gezogen,<br />

insofern diese niemals zur Erkenntnis <strong>der</strong> Wirklichkeit an sich vorzudringen<br />

vermag, so dreht Schelling diese Grenzeinsicht vollständig um. Die<br />

Vernunft vermag die Wirklichkeit an sich in ihrem absoluten Zusammenhang<br />

zu begreifen, aber von dieser Vernunfterkenntnis gibt es keinen Übergang zur<br />

Verstandeserkenntnis <strong>der</strong> Erscheinungen in ihrer Vereinzeltung, wie sie von<br />

den Wissenschaften thematisiert werden. Die Wissenschaften zerglie<strong>der</strong>n den<br />

Erfahrungszusammenhang in vereinzelte Sinneseindrücke und unterwerfen<br />

sie gemäß ihrer jeweiligen Methodologie den Konstitutionsgesetzen des Verstandes,<br />

die die Welt <strong>der</strong> Erscheinungen berechenbar und technisch beherrschbar<br />

machen. Aber mit dieser Verstandeserkenntnis wird das Band, das<br />

die Vernunft mit <strong>der</strong> Wirklichkeit an sich verknüpfte, zertrennt. Die ganze<br />

Welt unserer verständigen Erkenntnis ist ein einziges „Absehen von Gott“, ja<br />

ein „Abfall von Gott“. (VII, 165) Die Welt die wir verständig erkennen, hat<br />

keine wahrhafte Realität und ist die Nichtigkeit schlechthin. „Mit einem Wort,<br />

vom Absoluten zum Wirklichen [Vereinzelten] gibt es keinen stetigen Übergang,<br />

<strong>der</strong> Ursprung <strong>der</strong> Sinnenwelt ist nur als ein vollkommenes Abbrechen<br />

von <strong>der</strong> Absolutheit, durch einen Sprung, denkbar [...], er kann nur in einer<br />

Entfernung, in einem Abfall von dem Absoluten liegen.“ (VI, 38)<br />

Nun ist von Schelling mit dem Abfall kein Seinsereignis, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Abfall<br />

des Verstandes gemeint, <strong>der</strong> das Seiende nicht mehr in seinem göttlichen<br />

Wirklichkeitszusammenhang bedenkt, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> die Welt <strong>der</strong> Erscheinun-

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