Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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Die <strong>Freiheit</strong> und das Absolute 275<br />
Schelling und Hegel 1801 in Jena gemeinsam; allerdings auf von Anfang an –<br />
ihnen selbst zunächst verborgen bleibenden – getrennten Wegen. 21<br />
Schelling vollzieht den Überstieg zur Vernunfterkenntnis des Absoluten<br />
in einer methodologischen Reflexion auf das Verfahren, das er bereits in <strong>der</strong><br />
Naturphilosophie erfolgreich angewandt hat. Abgekürzt könnte man dies in<br />
Anlehnung an oben bereits erbrachte Zitate so umschreiben: Wir erfahren<br />
immer schon eine in sich vermittelte Wirklichkeit, also muss es auch möglich<br />
sein ihren Wirklichkeitszusammenhang denkend nachzuvollziehen. Auch wir<br />
selbst sind nicht nur als Naturwesen, son<strong>der</strong>n auch in all unserem geschichtlichen<br />
Wirken – <strong>Denken</strong>, Handeln, Gestalten – Teil des uns mit umfassenden<br />
Existenzzusammenhangs. Das Absolute offenbart sich durch unser Handeln<br />
hindurch in <strong>der</strong> Geschichte und es ist die Vernunft – und nur sie –, die diesen<br />
Gedanken zu fassen und zu begreifen vermag. „Die Vernunft kann nichts bejahen<br />
[... als] was schlechthin und in jedem Betracht aus und von sich selbst,<br />
o<strong>der</strong> was die unendliche Position seiner selbst ist. Dieses ist die Idee <strong>der</strong> Absolutheit.<br />
Die Vernunft mag daher nur erfüllt seyn von dem, was [...] in allem<br />
und jedem das auf unendliche Weise [...] sich selbst Bejahende ist [...]. (Dieß<br />
nur Gott. Denn er ist Bejahung von sich selbst [...]).“ (VII, 147).<br />
Allerdings müssen wir, um zu dieser Vernunfterkenntnis zu gelangen, die<br />
selbstauferlegte Begrenzung und Bindung des transzendentalen Idealismus<br />
an die Unhintergehbarkeit <strong>der</strong> Selbstgewissheit des „Ich bin“ aufgeben. Wir<br />
können diesen Überstieg vollziehen und diese selbstauferlegte Bindung an die<br />
subjektive Subjekt-Objekt-Identität des „Ich bin“ überwinden, wenn wir uns<br />
unseres Wirklichseins aus und in dem alles durchwirkenden Wirklichkeitszusammenhang<br />
begreifen. In diesem Vernunftbegreifen des absoluten Wirklichkeitszusammenhangs<br />
durch das ausgeführte System <strong>der</strong> Philosophie hindurch<br />
erfüllt sich die von ihr immer schon in <strong>der</strong> intellektuellen Anschauung vorausgesetzte<br />
absolute Identität von Wirklichkeit und Vernunft. Die Vernunfterkenntnis<br />
<strong>der</strong> absoluten Wirklichkeit ist somit zugleich die absolute Selbsterkenntnis<br />
<strong>der</strong> Wirklichkeit. „Auch die Vernunft ist nicht eine Bejahung des<br />
Einen, die selbst außer dem Einen wäre, son<strong>der</strong>n ein Wissen Gottes, welches<br />
selbst in Gott ist. Ist nichts außer Gott, so ist auch die Erkenntniß von Gott<br />
nur die unendliche Erkenntniß, welche Gott von sich selbst hat in <strong>der</strong> ewigen<br />
Selbstbejahung, d. h. sie ist selbst das Seyn Gottes und in diesem Seyn. Die<br />
Vernunft hat nicht die Idee Gottes, son<strong>der</strong>n sie ist diese Idee, nichts außerdem<br />
[...], so wenig kann man die Erkenntniß Gottes weiter beschreiben o<strong>der</strong><br />
mitteilen, denn sie ist, selbst indem sie sich im Subjekt ausspricht, doch nichts<br />
21 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, „Hegels Weg zur Dialektik des Geistes“, in: Wolfdietrich<br />
Schmied-Kowarzik/Heinz Eidam (Hg.), Anfänge bei Hegel, <strong>Kassel</strong> 2008, 31 ff.