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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Wolfdietrich Schmied-Kowarzik<br />

Ganzen, und Selbsterfin<strong>der</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Rolle, die wir spielen.“ (III, 602)<br />

„Der Mensch führt durch seine Geschichte einen fortgehenden Beweis von<br />

dem Daseyn Gottes, einen Beweis, <strong>der</strong> aber nur durch die ganze Geschichte<br />

vollendet seyn kann.“ (III, 603). – Wenn sie vollendet sein wird, „dann wird<br />

auch Gott seyn.“ (III, 604)<br />

2. Das System <strong>der</strong> Philosophie<br />

Ende 1800 – ein halbes Jahr nach Erscheinen des System des transzendentalen<br />

Idealismus – wird Schelling in <strong>der</strong> immer schärfer werdenden Kontroverse<br />

mit Fichte klar, dass die transzendentale Frage nach den Bedingungen<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Welterfahrung nur propädeutische Hinführung zum<br />

System einer materialen Wirklichkeitsphilosophie sein kann. Schelling hatte<br />

im Grunde schon zwei Jahre zuvor mit seinen Entwürfen zur Naturphilosophie<br />

einen Einstieg in eine solche Wirklichkeitsphilosophie unternommen.<br />

Ihm war bewusst geworden, dass wir immer schon eine in sich vermittelte<br />

Natur erfahren, also muss es doch auch möglich sein, ihren Wirklichkeitszusammenhang<br />

denkend nachvollziehen zu können. „Nicht also wir erkennen<br />

die Natur, son<strong>der</strong>n die Natur ist a priori, d. h. alles Einzelne in ihr ist<br />

zum voraus bestimmt durch das Ganze o<strong>der</strong> durch die Idee einer Natur überhaupt.<br />

Aber ist die Natur a priori, so muß es auch möglich seyn, sie als<br />

etwas, das a priori ist, zu erkennen, und dieß eigentlich ist <strong>der</strong> Sinn unserer<br />

Behauptung.“ (III, 279)<br />

Das Problem, die Natur als eine sich selbst in all ihren Gestalten hervorbringende<br />

Produktivität denken zu müssen, erwächst Schelling – wie vor ihm<br />

Kant in <strong>der</strong> Kritik <strong>der</strong> Urteilskraft 16 – aus dem Problem <strong>der</strong> Bestimmung<br />

lebendiger Organismen, die wir ja selber ebenfalls sind. Doch sind wir nicht<br />

nur als Naturwesen, son<strong>der</strong>n auch in all unserem geschichtlichen Wirken –<br />

<strong>Denken</strong>, Handeln, Gestalten – Teil des durch uns hindurch wirkenden Geschichtszusammenhangs<br />

und thematisieren weiterhin den absoluten Existenzzusammenhang<br />

in Kunst, Philosophie und Religion. Wollen wir diese uns<br />

jeweils mitumfassenden Wirklichkeitszusammenhänge bedenken, so können<br />

wir dies nicht von <strong>der</strong> intellektuellen Anschauung des „Ich bin“ aus tun,<br />

16 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, „Die Bedeutung <strong>der</strong> ‚Kritik <strong>der</strong> teleologischen<br />

Urteilskraft‘ für das kritische System und das Problem <strong>der</strong> Natur“, in: <strong>der</strong>s., „Von <strong>der</strong><br />

wirklichen, von <strong>der</strong> seyenden Natur. <strong>Schellings</strong> Ringen um eine Naturphilosophie in Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit Kant, Fichte und Schelling, Stuttgart-Bad Cannstatt 1996, 37 ff.

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