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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Walter E. Ehrhardt<br />

Ein Bereich, auf den ich neu die Aufmerksamkeit lenken möchte, ist die<br />

beson<strong>der</strong>e Methode <strong>der</strong> Philosophiegeschichtsschreibung bei Schelling. In<br />

meinem Buch Philosophiegeschichte und geschichtlicher Skeptizismus 43 habe<br />

ich gezeigt, dass die Philosophien auch durch die Art und Weise ihrer Bezugnahme<br />

auf Philosophiegeschichte zu charakterisieren sein müssen. Dieses<br />

Verfahren bietet eine vorzügliche Möglichkeit, die Richtigkeit einer Interpretation<br />

in einem unthematischen Gebiete zu prüfen. Wenn es richtig ist, dass<br />

die Teile in <strong>Schellings</strong> Philosophie nur organisch durch ihre wesenhafte<br />

Unbedingtheit, durch <strong>Freiheit</strong>, verbunden sind, müssen wir bei Schelling eine<br />

Art und Weise <strong>der</strong> Philosophiegeschichtsschreibung finden, die den Anspruch<br />

<strong>der</strong> Selbständigkeit und Absolutheit philosophischer Systeme nicht<br />

negiert, son<strong>der</strong>n zum positiven Bande erhebt. Die historische Vielfalt <strong>der</strong><br />

philosophischen Versuche erscheint als ein Abgrund unüberspringbarer Relativitäten.<br />

Die Wirklichkeit <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Philosophien würde einen unübersteigbaren<br />

Einwand bedeuten, wenn es nicht gelänge, auch diese Wirklichkeit<br />

als einen organischen Zusammenhang tätiger <strong>Freiheit</strong> zu begreifen, <strong>der</strong>,<br />

weit entfernt, eine Manifestation dunkler Abhängigkeiten zu sein, vielmehr<br />

selbst als ein Ort <strong>der</strong> Bewährung <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> erscheint. Schelling behandelt<br />

in <strong>der</strong> Tat auch die Wirklichkeit <strong>der</strong> geschichtlichen Verschiedenheit <strong>der</strong> Philosophien<br />

nicht als etwas, das man einfach hinwegschelten o<strong>der</strong> durch einen<br />

höheren Dogmatismus zur Einheit bringen könnte. 44 Auch diese Wirklichkeit<br />

soll eine wissenschaftliche Betrachtung sein lassen, was sie ist. Die Verschiedenheit,<br />

ja Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit, <strong>der</strong> Systeme nennt Schelling eine unleugbare<br />

Erfahrung, und zwar die „düstere und abschreckende Seite“ 45 <strong>der</strong> Philosophie;<br />

und schon ein Blick in ihre Geschichte gäbe „Stoff genug zu<br />

melancholischen Betrachtungen“. 46 Schelling glaubt nicht, dass man sich über<br />

diese Verschiedenheit <strong>der</strong> Philosophien hinwegsetzen könnte. Er bestreitet<br />

auch die Relevanz von Gleichnissen wie „... daß man sagt, jede Philosophie<br />

sei doch eben auch Philosophie, wie jede Art von Obst Obst sei“. 47 Für ihn<br />

liegt vielmehr in <strong>der</strong> Verschiedenheit <strong>der</strong> Philosophien eine positive Basis<br />

des Wissens von <strong>der</strong> Philosophie. „Diese Verschiedenheit, dieser Wechsel<br />

nicht bloß voneinan<strong>der</strong> verschiedener, son<strong>der</strong>n einan<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>streiten<strong>der</strong> Systeme<br />

ist eine Erscheinung, welche auf jeden Fall eine ganz eigentümliche<br />

Natur <strong>der</strong> Philosophie ankündigt; und wenn wir nicht darauf verzichten, diese<br />

43 Walter E. Ehrhardt: Philosophiegeschichte und geschichtlicher Skeptizismus, Bern 1967.<br />

44 Vgl. o. S. 114.<br />

45 XIII, 13.<br />

46 Ebenda.<br />

47 XIII, 15. Vgl. Hegel, WW XIII, 31.

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