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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Walter E. Ehrhardt<br />

Die Natur aber, die neue Entdeckungen in das Zentrum des Interesses <strong>der</strong><br />

Zeit gerückt hatte, „hinwegzuschelten“ 18 und idealistisch dem subjektiven Prinzip<br />

nachzuordnen, lag Schelling fern. Ihm ist vielmehr das Physische das<br />

Erste, „von dem alle, auch die Entwicklung des göttlichen Lebens, anfängt“.<br />

Er lehnt es ab, „von <strong>der</strong> weiten Ferne abgezogener Gedanken“ 19 in <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

zum Natürlichen herabzusteigen. Der scharfe Spott, den er in dieser<br />

Frage gegen Fichte richtet, 20 lässt keinen Zweifel, dass Schelling die Naturphilosophie<br />

nicht als einen Idealismus verstanden wissen will, und es erscheint<br />

zweifelhaft, ob Schelling überhaupt je versucht hat, die Naturphilosophien in<br />

eine Transzendentalphilosophie einzubauen. 21 <strong>Schellings</strong> Methode, das organische<br />

Grundmodell seines <strong>Denken</strong>s, lässt Subordinationen kaum zu: „Welcher<br />

Gegenstand Objekt <strong>der</strong> Philosophie sein soll, <strong>der</strong>selbe muß auch als schlechthin<br />

unbedingt angesehen werden“. 22<br />

Allen Dogmatismen feind schuf Schelling vielmehr einen neuen Begriff<br />

<strong>der</strong> Natur, <strong>der</strong> ein für allemal ausschließen sollte, dass subjektive Annahmen<br />

den allgemeinverbindlichen Antworten <strong>der</strong> Experimente vorgezogen würden:<br />

Die Natur selbst ist nun das Unbedingte und muss nicht erst durch hypothetische<br />

Annahmen reflektieren<strong>der</strong> Urteilskraft begründet werden; „aber ist<br />

die Natur a priori, so muß es auch möglich sein, sie als etwas, das a priori ist,<br />

zu erkennen“. 23 Es ist daher „die erste Maxime aller wahren Naturwissenschaft,<br />

alles auch aus Naturkräften zu erklären“. 24 Schelling steht nicht ab,<br />

diese Erklärungsart sogar auch für das <strong>Denken</strong> als Teil <strong>der</strong> Natur für möglich<br />

zu halten, „denn da alles <strong>Denken</strong> zuletzt auf ein Produzieren und Reproduzieren<br />

zurückkommt, so ist nichts Unmögliches in dem Gedanken, daß dieselbe<br />

Tätigkeit, durch welche die Natur in jedem Moment sich neu reproduziert,<br />

im <strong>Denken</strong> nur durch das Mittelglied des Organismus reproduktiv<br />

sei“. 25 Materialismus wäre für diese Philosophie kein „Schmähwort“, 26 sofern<br />

Materie das primum existens und nicht irgendeine dogmatisierte Erdichtung<br />

wäre. 27 Die Natur als Gegenstand <strong>der</strong> Naturwissenschaft soll als ein<br />

18 X, 93.<br />

19 VIII, 205.<br />

20 Vgl. VII, 95.<br />

21 Vgl. Wolfgang Wieland: „Die Anfänge <strong>der</strong> Philosophie <strong>Schellings</strong> und die Frage nach<br />

<strong>der</strong> Natur“, in: Natur und Geschichte (Karl Löwith zum 70. Geb.), Stuttgart 1967, S. 420.<br />

22 III, 11.<br />

23 III, 279.<br />

24 III, 273.<br />

25 III, 274: vgl. V. 383.<br />

26 VII, 357.<br />

27 Vgl. IV, 144.

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