07.02.2013 Aufrufe

Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

232<br />

Myriam Bienenstock<br />

„nur das für wesentlich [zu] halten, was im Neuen wie<strong>der</strong>holt ist. Allein<br />

das Neue ist auf den Grund des Alten Testaments erbaut und setzt es<br />

sichtlich voraus. Die Anfänge, die ersten großen Punkte jenes bis in die<br />

äußersten Glie<strong>der</strong> des Neuen sich fortentwickelnden Systems finden sich<br />

nur im Alten. Aber eben die Anfänge sind das Wesentliche; wer sie nicht<br />

kennt, kann niemals zum Ganzen kommen. Es ist ein Zusammenhang in<br />

den göttlichen Offenbarungen, <strong>der</strong> nicht in seiner Mitte, <strong>der</strong> nur vom Anfang<br />

her begriffen werden kann. Das Neue Testament zeigt uns alles in<br />

dem Licht späterer Zeiten und Verhältnisse, die jene früheren voraussetzen;<br />

aber das Dunkel <strong>der</strong> Urzeiten, die ersten und ältesten Verhältnisse im<br />

göttlichen Wesen selbst beleuchten nur die einzelnen Blitze, die aus <strong>der</strong><br />

Wolke des Alten Testaments fahren.“ (I/8, S. 271 f.).<br />

Was Schelling hier interessiert, so scheint es, ist nicht so sehr das Alte Testament<br />

selbst, als vielmehr <strong>der</strong> Anfang <strong>der</strong> Offenbarung, den es verkörpert,<br />

denn „eben die Anfänge sind das Wesentliche“. Schelling sagt uns auch,<br />

warum dies so sein sollte: es sind „die ersten und ältesten Verhältnisse im<br />

göttlichen Wesen selbst“, die er dort sucht, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s ausgedrückt, eine<br />

Antwort auf die Frage, was „Schöpfung“ eigentlich bedeuten soll. Im Alten<br />

Testament, und genauer in den ersten Sätzen <strong>der</strong> Genesis, sucht Schelling<br />

eine Erklärung <strong>der</strong> Idee, des Gedankens <strong>der</strong> Schöpfung.<br />

„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; [...] Warum steht hier: Elohim<br />

[…] schuf (bara); warum nicht gleich hier, wie im Folgenden immer: Im<br />

Anfang sprach Elohim: es werden Himmel und Erde. O<strong>der</strong> warum nicht:<br />

er machte, wie (v. 16) von den zwei großen Lichtern, Sonne und Mond,<br />

die er ja nicht mehr zu machen brauchte, wenn das Schöpfen v. 1 schon<br />

ein Machen war. Alle Auslegung ist trüglich, o<strong>der</strong> diese Hervorbringung<br />

im Anfang, die ein Schöpfen genannt wird, ist eine an<strong>der</strong>e als die spätere,<br />

die ein Sprechen ist.“ 46<br />

Schöpfung – aber nicht durch das „Wort“. Die Schöpfung ist früher als die<br />

Offenbarung durch das Wort. Kann es davon aber einen „Begriff“ geben?<br />

O<strong>der</strong> doch eher eine Theosophie?<br />

Einige Bemerkungen über die Wende <strong>Schellings</strong> zur Kabbala sind hier<br />

angebracht. Diejenigen, die <strong>Schellings</strong> Bezug zur Kabbala ideengeschichtlich<br />

nachgegangen sind, heben hervor, dass <strong>Schellings</strong> Rezeption dieser Texte<br />

46 Ibid., I/8, S. 331 f.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!