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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Myriam Bienenstock<br />

„daß eben von den höchsten Begriffen eine klare Vernunfteinsicht möglich<br />

seyn muß, indem sie nur dadurch uns wirklich eigen, in uns selbst<br />

aufgenommen und ewig gegründet werden können.“<br />

Lessing zitierend, folgt er, gegen Jacobi, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Erziehung des Menschengeschlechts<br />

(§ 76) vertretenen These, nach welcher „die Ausbildung geoffenbarter<br />

Wahrheiten in Vernunftwahrheiten [...] schlechterdings nothwendig<br />

sei, wenn dem menschlichen Geschlecht damit geholfen werden soll“ (I/7,<br />

S. 412). Dieser Punkt verdient es, stark betont zu werden: in seinen Untersuchungen<br />

über das Wesen <strong>der</strong> menschlichen <strong>Freiheit</strong> stellt sich Schelling<br />

auf die Seite Lessings, <strong>der</strong> des Spinozismus angeklagt wurde – und er riskierte<br />

damit, selbst als ein „Pantheist“, <strong>der</strong> die Persönlichkeit Gottes und die<br />

<strong>Freiheit</strong> leugnet, betrachtet und angeklagt zu werden (I/7, S. 409 f.). Es ist<br />

offensichtlich, dass Schelling genauso wenig wie Hegel bei Mythen o<strong>der</strong> bei<br />

<strong>der</strong> Theosophie stehenbleiben wollte, selbst wenn er selbst wohl nicht so<br />

weit gegangen wäre wie Hegel, im Hinblick auf die Intuitionen Böhmes von<br />

„Barbarei“ zu sprechen – eher hätte Schelling wohl Hegel <strong>der</strong> „Barbarei“<br />

angeklagt: in diesem Zusammenhang lässt sich an <strong>Schellings</strong> Dialog Klara<br />

erinnern, in dem Schelling auf ein „philosophisches Buch“, also Hegels Phänomenologie<br />

des Geistes, anspielte, und über welches er dann sagte, „das bei<br />

manchem Vorzüglichen, das es enthielt, [es] in einer ganz unverständlichen<br />

Sprache geschrieben war, und so zu sagen von Barbarei aller Art strotzte“<br />

(I/9, S. 86). In demselben Dialog – <strong>der</strong> sicher von allen Arbeiten <strong>Schellings</strong><br />

<strong>der</strong>jenige ist, welcher <strong>der</strong> Theosophie am nächsten steht – hebt er hervor,<br />

„daß alles auseinan<strong>der</strong>gesetzt und stückweis erkannt“ wird, nicht aus einer<br />

„centralischen Anschauung“ 36 ; was sicher auch eine Kritik an <strong>der</strong> Theosophie<br />

enthält. In vielen seiner späteren Schriften sollte Schelling diesen Punkt<br />

detaillierter wie<strong>der</strong> aufgreifen: z. B. in seinen Weltaltern (I/8, S. 203), aber<br />

auch, und dort explizit gegen die Theosophie gerichtet, in seiner Geschichte<br />

<strong>der</strong> neueren Philosophie:<br />

„Unsere Bestimmung ist nicht, im Schauen zu leben, son<strong>der</strong>n im Glauben,<br />

d. h. im vermittelten Wissen. Unser Wissen ist Stückwerk, d. h. es muß<br />

stückweis, successiv, nach Abstufungen und Abtheilungen erzeugt werden.<br />

Wer das Wohlthätige <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung seiner Gedanken, einer<br />

successiven Erzeugung von Wissen und Erkenntniß je gefühlt hat, <strong>der</strong><br />

36 Schelling, Werke, I/9, S. 41 und 42.

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